Bei ausgebauten Kastenwagen haben potentielle Käufer die Qual der Wahl. Das beliebte Segment boomt. Kein Wunder, dass immer mehr Hersteller ein Stück vom Kuchen haben wollen: Stieg 2014 die Fachhandelskette Intercaravaning mit dem Van-Tourer in den Wettbewerb ein, folgte ein Jahr später Hobby mit dem Vantana, ehe 2016 Bürstner mit dem City Car mitmischte. Im Jahr 2017 kam auch Ahorn Camp mit dazu – und bietet mittlerweile drei Modelle an. Im Vergleich zu anderen setzen die Pfälzer bei der Basis – für den Fahrzeugtyp eher ungewöhnlich – auf einen Renault Master. Der erfüllt mit Adblue-Einspritzung die Abgabsnorm Euro 6b und kommt zum promobil-Test mit einem 2,3 Liter-Diesel und 145 PS. Bei der Testfahrt punktet der Franzose – der beim Dekra Gebrauchtwagenreport in der Kategorie "Transporter" in den letzten fünf Jahren viermal auf Platz eins landete – mit einer angenehmen Federung. Im Übrigen stammt nicht nur das Chassis aus Frankreich: Ahorn Camp lässt auch seine Vans in einem französischen Werk der Trigano-Gruppe fertigen.

Die gute Seitensicht im Master kompensiert beim Fahren die kleinen und fix installierten Weitwinkelspiegel, die je nach eingestellter Sitzhöhe nicht immer ihrem Zweck beim Blick nach hinten vollumfänglich nachkommen. Apropos hinten: Die zwei großen Fenster im Heck sorgen tagsüber nicht nur für viel Licht bis vor in den Wohnbereich, sondern erleichtern auch das Einparken. Im Zusammenspiel mit der optionalen Rückfahrkamera für 690 Euro gelingt das dann ohne Probleme. Der 4,33 Meter und damit besonders lange Radstand schränkt die Wendigkeit des 3,5-Tonners jedoch gewaltig ein. Weiteres kleines Manko: Das Lenkrad ist zwar in der Höhe, nicht aber in der Weite verstellbar.
Vom Cockpit in den Fond: Die zwei drehbaren Fahrerhaussitze bilden im Van 620 zusammen mit der Querbank die Sitzgruppe. Der Esstisch misst samt Verlängerung 105 Zentimeter und bietet damit genug Platz für ein ausgiebiges Frühstück. Workholics können den Wohnbereich nach der morgendlichen Stärkung dank USB-, 12- und 230-Volt-Anschluss auch als Arbeitsplatz nutzen. Die steile Lehne der Querbank schränkt den Sitzkomfort auf Dauer jedoch erheblich ein.
Nützliche Pakete je nach Jahreszeit

Eine dimmbare Lichtquelle bei der Sitzgruppe ergänzt das umfangreiche LED-Konzept. Die blaue Ambientebeleuchtung lässt sich bei Bedarf vom zentralen Lichtregler am Eingang hinzuschalten und sorgt am Abend für eine besonders spezielle Atmosphäre. Ansonsten führt Ahorn Camp die Bedienbarkeit der Elektronik am Boardpanel im Küchenbereich zusammen. Die Truma Heizung Combi 4 sorgt im Zusammenspiel mit fünf Ausströmern für eine optimale Warmluftverteilung. Stichwort Wärme: Wer auch im Winter mit dem Van 620 unterwegs sein möchte, der sollte den serienmäßig nicht isolierten Abwassertank mit der passenden Heizung für 490 Euro nachrüsten. Mit dessen 100 Liter Fassungsvermögen – auch beim Frischwassertank – eignet sich der Ahorn auch für mehrtägige Touren.
Genug vom kalten Wetter, es ist schließlich Sommer. Für alle, die die heißen Tagen bis spät in den Abend im Freien verbringen wollen, empfiehlt sich der Kauf des 30-Kilogramm-Vorzelts für 1850 Euro. Gemeinsam mit der serienmäßigen LED-Außenleiste macht Urlaubern die Dunkelheit so keinen Strich durch die Rechnung.
Kompakter Wohnraum mit eingeschränkter Beweglichkeit

Wieder ins Fahrzeuginnere: Der Küchenblock schräg gegenüber der Sitzgruppe bekommt einen 90-Liter-Kompressorkühlschrank inklusive Gefrierfach und einen Zweiflammkocher mit Piezozündung. Eine zusätzliche Arbeitsplatte in Richtung Beifahrersitz ergänzt das ausreichend vorhandene Stauraumangebot von zwei Schubladen, einem Schiebefach und einem Hängeschrank um eine notwendige Ablage. Letzterem fehlt es aufgrund seiner Formgebung etwas an Volumen – im Gegensatz zu seinen Kollegen im Heck. Das gilt auch für den Abstand zwischen Küchenzeile und Sitzbank. Der misst gerade einmal 37 Zentimeter. Hier macht sich die kompakte Wohnflächen-Breite im Ahorn bemerkbar, die verglichen zu Kastenwagen auf Ducato-Basis rund zehn Zentimeter schmaler ausfällt.
Engere Platzverhältnisse herrschen auch in der Nasszelle mit integrierter Dusche, die sich hinter der verschiebbaren Lamellentür befindet. Ohne Fenster, dafür aber mit serienmäßiger Dachhaube, Spiegel und einigen Staufächern ausreichend ausgestattet, muss beim Duschen die herausziehbare Brause am Eckwaschbecken ohne Halterung auskommen. Ein umlaufender Vorhang soll dabei das Bad trocken halten. Generell hält sich der Komfort platzbedingt in Grenzen. Das gilt vor allem für die Stehhöhe, die mit 1,80 Metern niedrig ausfällt. Hier sei die optionale Außendusche für 490 Euro als Alternative empfohlen.

Beim Thema Betten weiß der Ahorn Camp dagegen zu überzeugen. Hier profitiert er von seiner 6,20 Meter Fahrzeuglänge. Wo in kürzeren Modellen nur Platz für ein Querbett ist, trumpft der Van 620 mit seinen komfortablen, bequem zugänglichen Einzelbetten auf. Die jeweils mit einem Lattenrost unterfederten Matratzen haben eine Länge von 183 beziehungsweise 198 Zentimeter. Lediglich die am Fußende verlaufende Abdeckung der Versorgungsleitungen erweist sich beim Barfußlaufen als störend. Leider fehlt es im Heckbereich an Stromquellen. Auch das Licht lässt sich in Schlafposition – bis auf die beiden Leselampen – nicht ein- und ausschalten.
Ein drittes Bett entsteht mit ein paar Handgriffen vorne bei der Sitzgruppe. Die dafür notwendige Konstruktion samt Polsterungen passt aber nicht in den Stauraum unter den Betten. Ansonsten präsentiert sich der Ahorn beim Thema Beladung als flexibler Gefährte: Die Lattenroste lassen sich auf beiden Seiten aufstellen und mit einem Gurt an der Wand fixieren, die Einstiegshilfe zwischen den Betten kann ausgebaut werden. Vier Hängeschränke und zwei offene Staufächer komplettieren das Angebot.
Basisinformationen Ahorn Camp Van 620
Gurte/Schlafplätze: 4/2-3
Zul. Gesamtgewicht: 3500 kg
Länge/Breite/Höhe: 6,20/2,05/2,60 m
Grundpreis ab: 37.700 Euro
Daten
Auf- und Ausbau
Stahlblechkarosserie, innen Kunststoffformteile, Isoliermaterial Wand/Dach/Boden Steinwolle/Steinwolle/EPS, Wandstärke Wand/Dach/Boden 25/9/41 mm, kein Doppelboden, 3 Rahmenfenster, 3 Dachhauben.
Bordtechnik
Diesel-Gebläseheizung/Boiler Truma Combi 4, 5 Ausströmer (1 x Sitzgruppe, 1 x Einstieg, 1 x Küche, 1 x Bad, 1 x Heckbett), Frisch-/Abwasserschläuche, Druckpumpe.
Basisfahrzeug
Renault Master, Vorderradantrieb, Vierzylinder-Biturbodiesel, Hubraum 2299 cm3, Leistung 107 kW/145 PS bei 3500/min, Drehmoment 360 Nm bei 1500–2750/min, Sechsgangschaltgetriebe.
Fahrleistungen
Beschleunigung 0–50/80/100 km/h 5,5/11,2/17,1 s; Elastizität 60–80/100 km/h (4.//5. Gang) 7,1/17,0//8,3/20,1 (6. Gang) 80–100 km/h 9,9 s, Testverbrauch 10,5 L/100 km
Preise
Grundpreis: 37.700 Euro
(Renault Master, Motor 96 kW/130 PS) mit TÜV und Zulassungsbescheinigung II
Testwagenpreis: 46.770 Euro
Fazit
Wenig Kritikpunkte, aber auch wenig herausragende Highlights: Der Van 620 präsentiert sich als ein solides Fahrzeug mit tollem Preis-Leistungs-Verhältnis. Punkte sammelt der Ahorn Camp mit seinen komfortablen Einzelbetten. Abzüge gibt es für die kleine Nasszelle. Der Master rechtfertigt mit einem angenehmen Fahrkomfort seinen Einsatz. Beim Rangieren erfordert es allerdings etwas Kurbelei.
Ahorn Camp | |
Grundpreis | 37.700,00 € |
Aufbau | Campervan |
Maße | 620 x 205 x 260 mm |
Leistung | 96 kW / 131 PS |
Leergewicht | 3.035 kg |
Sitze mit Gurt | 4 bis – |
Schlafplätze | 2 bis 2 |