Nicht nur im Namen finden sich Bezüge zu den Nachbarn von der Insel. In mancherlei Hinsicht ist die Bretagne ein ganz eigenständiges Stück Frankreich. Auf Besucher mit Wohnmobil warten hier ganz im Westen vielfältige Entdeckungen und obendrein ein engmaschiges Netz an Stellplätzen.
Ein Hightlight der Bretagne: Die Korsarenstadt Saint-Malo
Unter holländischen und englischen Handelsschiffen waren sie gefürchtet. Robert Surcouf und seine Korsaren stachen von St. Malo aus in See und kaperten alles, was fette Beute versprach. Sie waren dabei so erfolgreich, dass sich Surcouf bereits mit 35 Jahren zur Ruhe setzen und hinter den hohen Mauern der Stadt ungestört sein Leben genießen konnte.
Dem Bombardement im Zweiten Weltkrieg hielten aber auch sie nicht stand. Glücklicherweise konnte ein Großteil der Häuser und Stadtbefestigung weitgehend originalgetreu wieder aufgebaut werden, so dass Besucher heute dem stolzen, selbstbewussten Geist der auf einer Insel erbauten Altstadt nachspüren können.
Den Charakter von St. Malo prägen auch die gigantischen Tidenhübe von bis zu zwölf Metern, die die Ansicht der Stadt vor allem von der Meerseite aus im sechsstündigen Wechsel radikal verändern. Vom Gezeitenfreibad unterhalb der Mauer ist bei Flut nur noch der Sprungturm zu sehen, und bei Ebbe taucht – fast wie in einem Fantasyfilm – aus den Wellen ein Fußweg zu den vorgelagerten Inseln auf.
Wer nicht nur das Meer, sondern auch die Tiere darin kennenlernen möchte, besucht das Aquarium der Stadt mit seinem bunt besetzten „Streichelbecken“. Wer Meeresfrüchte lieber auf dem Gaumen spürt, findet in der nahegelegenen Austernhochburg Cancale sein Dorado.
Eine echte Besonderheit der sakralen Baukunst findet sich in gut einem Dutzend kleinerer Orte im Nordwesten der Bretagne. Die sogenannten „Umfriedeten Pfarrbezirke“ bestehen aus stilistisch sehr einheitlich gestalteten Gebäudeensemblen mit stets ähnlichem Aufbau. Einem Mauerring mit Triumphtor, innerhalb dessen sich neben einer Kirche mit Vorhalle ein Beinhaus und ein Kalvarienberg findet. Die steinernen Kalvarienberge etwa in Guimiliau oder St. Thégonnec sind reich mit Figuren geschmückt, die vor allem die Leidensgeschichte Jesu erzählen. Es tauchen aber auch Personen aus der Zeit der Entstehung dieser Bauwerke im 16. und 17. Jahrhundert auf. Die Figuren sind aus hartem bretonischen Granit gearbeitet, zeigen aber dennoch eine verblüffend lebendige Mimik und Gestik.
Unter den Gemeinden, die durch den Tuchhandel zu einem gewissen Wohlstand kamen, entbrannte damals offenbar ein Wettstreit um den schönsten Pfarrbezirk.
Wahrzeichen der Bretagne: Der Mont-Saint-Michel
Was wäre eine Bretagne-Reise ohne einen Besuch des „Wunderbergs“ an der Grenze zur Normandie? Der vielbesuchte Klosterfelsen im Meer bewahrt in seinen engen Gassen und Häuschen das Flair des Mittelalters. Freilich bleibt davon an manchen Tagen nicht mehr viel übrig, wenn der Besucherandrang einfach zu groß ist.
Weit entspannter und stimmungsvoller ist ein Besuch am Abend, wenn die Lichter entzündet werden und der Trubel deutlich abebbt. Dann lädt das Kloster auf dem Gipfel zu einem ganz besonderen Rundgang: Der Besucher kann im eigenen Tempo durch die verschiedenen Räume wandeln, die durch Licht- und Klanginstallationen, teils auch live gespielte Stücke in eine ganz besondere Atmosphäre getaucht werden. Ähnlich eindrucksvoll ist ein Wattspaziergang rund um den Mont-Saint-Michel zum Sonnenauf- oder -untergang. Vorher sollte man sich aber über die Gezeiten informieren. Die Flut strömt besonders im Frühjahr und Herbst mit atemberaubendem Tempo in die Bucht.
Einen eigenwilligen, an die schwedischen Schärenküsten erinnernden Reiz entfaltet der Golf von Morbihan an der Südküste der Bretagne. Das weitläufige, mit zahlreichen Inseln besetzte Naturhafenbecken ist nur über einen engen Durchlass mit dem offenen Meer verbunden. Die strategischen und klimatischen Vorzüge dieser Laune der Natur erkannten bereits vorzeitliche Siedler, wie die vielen megalithischen Überreste in Form von Dolmen und Menhiren eindrucksvoll überliefern. Eines der berühmtesten Zeugnisse sind die langen Steinreihen von Carnac, deren Bedeutung oder Verwendungszweck bis heute nicht entschlüsselt werden konnte.
Der Golf von Morbihan ist aber natürlich auch ein Dorado für Wassersportler. Mit dem Segelboot oder Kajak lassen sich die weit verzweigten Wasserflächen und die teils bewohnten, teils unbewohnten Inseln ganz nach Gusto erkunden. Badenixen, Kitesurfer und Strandsegler zieht es dagegen auf die nahegelegene Halbinsel Quiberon. Ob kilometerlange Sandstreifen oder kleine, lauschige Buchten zwischen Felsen – hier findet jeder etwas Passendes für seinen Strandtag. Feinschmecker machen einen Abstecher ins südöstlich gelegene Salinenstädtchen Guérande. Dort wird in Flachwasserbecken seit Jahrhunderten Meersalz gewonnen, auch das begehrte Fleur de Sel.
Bis ans Ende der Welt: Das Finistère
Finis Terrae – Ende der Welt nannten die Römer den äußersten Zipfel der bretonischen Halbinsel. Hier wetteifern gleich mehrere wildromantische Kaps um den Schönheitstitel, das westlichste ist aber laut Geografen eindeutig die Pointe du Raz nahe dem Ort Plogoff.
Doch solche Superlative interessieren wenig, wenn man an einem sonnigen Sommertag irgendwo unterhalb der schroffen Steilklippen seinen Traumstrand aus weißem Sand, türkisblauem Meer und schier grenzenloser Weite findet.
Das urbane Zentrum dieser relativ dünn besiedelten Region ist die Hafenstadt Brest, die sich in eine lange Bucht schmiegt. Die Stadt wurde im Zweiten Weltkrieg stark zerstört. Heute kann man die Hafen- und erhaltenen Festungsanlagen nebst einem gigantischen U-Boot-Bunker besichtigen. Einen längeren Besuch lohnt Océanopolis. Dieser Ozean-Erlebnispark mit zahlreichen Großaquarien beherbergt nicht nur Fische, sondern auch marine Säugetiere und Vögel wie Robben und Pinguine. www.oceanopolis.com
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