Crosscamp im Test (2020)
Wandlungsfähiger Toyota-Campervan

Crosscamp heißt die brandneue Marke der Erwin Hymer Group. Sie soll bei den kompakten Campingbussen mit Aufstelldach einschlagen. Der Fokus liegt auf Flexibilität und günstigen Einstiegspreisen.

Crosscamp
Foto: Andreas Becker

Alltagsfahrzeug, Transporter, Camper – all das möchte der Crosscamp sein. Für den Neuling geht der Hymer-Konzern neue Wege: Neues Basisfahrzeug, neues Händlernetz, neue Marketingstrategie. Mit dem Crosscamp drängt ein Newcomer auf den Markt, der auf den zweiten Blick gar nicht so neu erscheint. Aber der Reihe nach.

Ein Toyota als Basis? Campingbusfans reiben sich verwundert die Augen, hat der japanische Autohersteller doch bislang im Camperbereich wenig von sich reden gemacht. Genauer gesagt handelt es sich um einen Toyota Proace Verso. Verso steht bei der Marke für die Pkw-Version und präsentiert sich damit deutlich gemütlicher als die schlichte Proace-Variante mit Transporter-Ausstattung. Mit seinem Pkw-ähnlichen Bedienkonzept kommen auch Neueinsteiger schnell mit dem Verso zurecht.

Kompakte Camper

Für Stadt und Land geeignet

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Andreas Becker
Keine Umgewöhnung notwendig: der Proace Verso mit Pkw-ähnlichem Cockpit.

Das Cockpit-Interieur präsentiert sich zwar kunststofflastig, sieht aber dank feiner Verarbeitung trotzdem schick aus. Mit einer Länge von 4,95 Metern und einer Breite von 1,92 Metern kommt der Toyota auch in der Stadt in Parklücken – und mit einer Höhe von 1,99 Metern auch in nahezu jedes Parkhaus. Im Ernstfall helfen die serienmäßigen Parksensoren vorne und hinten oder die optionale Rückfahrkamera mit 7-Zoll-Touchscreen und 180-Grad-Birdview-Funktion.

Das klare Statement von Crosscamp an die Käuferschaft: Wir können urban. In der Tat, der Diesel mit 6-Gang-Schaltgetriebe präsentiert sich im Testbetrieb in den teils engen und ansteigenden Straßen in Stuttgart äußert wendig und geschmeidig. Diesel und Stuttgart, da war doch was? Richtig, Fahrverbote! Doch dank Abgasnorm Euro 6d Temp schafft es unser 150 PS starker 2,0-Liter-Vierzylinder mit Adblue-System durch jede Polizeikontrolle in der Landeshauptstadt. In der Basisversion müssen sich Interessierte dagegen mit 120 PS und einer eher mageren Serienausstattung begnügen. Startpreis 42.999 Euro.

Crosscamp
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Der Zeltbalg im Aufstelldach lässt sich an der Vorderseite öffnen.

Die 150 Pferdestärken kosten 2249 Euro extra. Optional gibt es den Japaner zudem auch als 177-PS-Variante mit 8-stufiger Wandlerautomatik (4649 Euro). Doch selbst mit Extras wie dem sportlichen Night-Paket für 1699 Euro oder dem Comfort-Paket mit 17-Zoll-Leichtmetallfelgen für 2649 Euro erscheint das immer noch relativ günstig. Zumindest wenn man den Branchenführer VW California zum Maßstab nimmt. Ein vergleichbares Modell beginnt dort bei rund 60.000 Euro.

Doch warum ausgerechnet Toyota? Mit dem in der Szene bislang eher unbekannten Basisfahrzeug erhofft sich Crosscamp gleich doppelten Profit. Einerseits um sich abzuheben von ähnlichen Produkten, andererseits soll Toyota nicht nur als Fahrzeuglieferant, sondern auch als Vertriebspartner agieren. Das große Händlernetz kümmert sich um den Verkauf, aber auch um Reparaturen – am Basisfahrzeug wie am Ausbau. Gebaut wird der Toyota Proace Verso übrigens in Frankreich. Im gleichen Werk des PSA-Konzerns rollen auch die Spacetourer von Citroën vom Band. Kein Wunder also, dass die beiden Modelle weitgehend baugleich sind.

Wieder zurück nach Deutschland, besser gesagt nach Isny. Denn bei Reisemobilhersteller Dethleffs wird der Toyota zum Crosscamp ausgebaut. Kenner der Szene zählen da schnell eins und eins zusammen: Am gleichen Standort wird auch der beliebte Pössl Campster gefertigt, der auf dem Spacetourer basiert. Erwartbar, dass sich da noch mehr Ähnlichkeiten finden.

Variabler Innenraum zum Transportieren

Und als Transporter? Wenn es darum geht, Sperriges von A nach B zu verfrachten, punktet der Crosscamp mit einem besonders hohen Maß an Variabilität. Sein großer Pluspunkt: der herausnehmbare Küchenblock. Dazu müssen zunächst zwei Schrauben gelöst werden. Um an die hintere heranzukommen, muss allerdings die Sitzbank mühsam ganz nach vorne geschoben werden. Noch die Stromversorgung kappen, dann kann der Küchenblock an zwei Griffen herausgehoben werden – am besten macht man das zu zweit.

Crosscamp
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Schwarz auf Braun: Die Führungsschienen sind ohne Schuhe deutlich spürbar. Die Sitzbank läuft darin optimal.

Sind auch noch Sitzbank und Bettverlängerung ausgebaut, finden locker zwei Fahrräder im Crosscamp Platz. Ebenfalls praktisch für den Transport: die zwei serienmäßigen Schiebetüren – für 1199 Euro auch elektrisch – und das separat öffnende Heckfenster. Der zweigeteilte Kofferraum bietet unterhalb der arretierbaren Bettverlängerung Platz für niedrige Kisten. Darüber lassen sich Bettdecke, Kissen und der Wanderrucksack für Ausflüge verstauen. Mit einem zulässigen Gesamtgewicht von 2695 Kilogramm kommt der Crosscamp, je nach Ausstattung, auf eine befriedigende Zuladung von rund 420 Kilo.

Für die 150- und 177-PS-Varianten ist zudem eine Auflastung auf 3100 Kilogramm möglich. Damit bietet der Crosscamp nicht nur die nötigen Lastreserven für gewichtiges Ladegut, sondern ist auch gerüstet, um mit optionaler dritter Bank und dann sieben vollwertigen Gurtplätzen als praktischer Familienvan zu dienen.

Tragbarer Küchenblock für Outdoor-Kochspaß

Beim Stauraum in Schränken und Fächern präsentiert sich der Crosscamp dagegen etwas zugeknöpft. Der Kleiderschrank ist nur bei vorgerückter oder umgeklappter Rückbank zu erreichen und der Küchenblock mit lediglich zwei Schubladen lässt den Hobbykoch etwas ratlos zurück. Auch unter der Sitzbank ist keine Schublade oder Ähnliches zu finden. Wer die optionale, fest eingebaute – und im Urlaub nötige – 16-Liter-Kühlbox wählt, verzichtet im Gegenzug auf ein nützliches Aufbewahrungsfach. Zum Glück gibt es noch den Hängeschrank quer im Heck. Trotzdem: California und Co. bieten hier mehr.

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Kochen unter freiem Himmel? Dank mobilem Küchenblock kein Problem.

Apropos California: Beim Grundriss orientiert sich der Crosscamp – wie auch das Schwestermodell Pössl Campster und viele andere – prinzipiell an dem Klassiker: Möbelzeile links und Schlafsitzbank rechts. Bei der Küchennutzung ist man dem Wolfsburger aber einen Schritt voraus. Die herausnehmbare Kombüse ermöglicht im Zusammenspiel mit dem Outdoor-Kit für 199 Euro Kochspaß im Freien oder im Vorzelt. Die 2,8-Kilo-Gasflasche sowie ein Frisch- und Abwasserkanister sind unter Kocher und Spüle integriert. Letztere fallen mit einem Fassungsvermögen von nur zehn Litern eher klein aus. Zum Vergleich: Ein Ford Nugget bunkert 42 Liter.

Die Möbel sind herkömmlich aus Sperrholz gefertigt. Anders als beim Campster tragen die Oberflächen einen Bicolor-Look in zwei Grau-Tönen. Nur der Boden ist mit Holzdekor gestaltet – unterbrochen von den schwarzen Schienen der Sitzbank. Kleines Manko: Das Verschieben der Bank funktioniert zwar relativ leicht, doch die dick auftragenden Metallprofile stören beim Barfußlaufen.

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Optional gibt's eine 13-Liter-Kühlbox zwischen den Fahrersitzen.

Sollte es draußen regnen, kann man es sich auf der Bank mit verstellbarer Lehne und den gedrehten Vordersitzen gemütlich machen. Mit geöffnetem Dach und dem dank Gasfedern leicht nach oben geklappten Bettrost wirkt der Innenraum auch deutlich großzügiger. Ist die optionale Kühlbox zwischen den beiden Frontsitzen mit an Bord, muss sie zum Sitzdrehen allerdings aus ihrer Halterung entfernt und im Kofferraum verstaut werden. Dort findet sich auch der Esstisch. Genauer gesagt unter der Bettverlängerung – das Herausnehmen ist etwas umständlich.

Kompakter Camper mit vier Schlafplätzen

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Mit wenigen Handgriffen wird aus der Sitzbank eine Liegefläche.

Wenn die Sonne wieder rauskommt, ist es draußen noch angenehmer. Mit der serienmäßigen Dachreling rechts und links kann man bei Bedarf flugs ein Sonnensegel einziehen. Irgendwann geht aber auch der schönste Tag zu Ende und dann heißt es Bettenbauen. In drei Schritten wird aus der Sitzbank eine Liegefläche: Bank ganz nach vorne fahren, Kopfstützen abnehmen, Lehne flachlegen. Der Liegekomfort hält sich ohne Zusatzauflage allerdings in Grenzen, die Unebenheiten sind beim Schlafen doch deutlich zu spüren. Dazu kommt, dass die Liegefläche mit einer Breite von 95 bis 105 Zentimeter für zwei Personen nicht gerade üppig ist. Wer nicht kuscheln, aber nachts auch nicht frieren möchte, investiert am besten 2199 Euro in die Diesel-Standheizung. Zumal nur Dach und Boden eine dünne Isolierschicht aufweisen.

Was der Liegefläche an Breite fehlt, bekommt man bei der Länge obendrauf: Diese misst über zwei Meter. Genug Platz für großgewachsene Menschen. Die hinteren Seitenfenster und die Heckscheibe sind getönt und sorgen im Fahrzeug für eine gewisse Privatsphäre. Richtige Verdunkelungsmatten rundum gibt es zudem im Zubehörshop gegen Aufpreis.

Wie bei vielen Kompaktcampern erfordert der Aufstieg ins Dachbett etwas Übung. Über die Vordersitze geht es nach oben. Unter der nur drei Zentimeter dicken Matratze verbessern Tellerfedern den Liegekomfort. Die Liegefläche von 1,86 mal 1,05 Meter reicht aus. Sehr empfehlenswert: die zwei optionalen Schwanenhalsleuchten mit USB-Anschluss für 159 Euro in der sonst finsteren Dachmansarde. Damit ist für Licht und Ladestrom für das Smartphone gesorgt. Im Erdgeschoss sind Urlauber mit jeweils drei 12-Volt- und 230-Volt-Steckdosen serienmäßig bestens versorgt.

Crosscamp
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Gegen Aufpreis sind zwei Leselampen fürs Bett oben erhältlich.

Zurück unters Dach: Im Stoffbalg sind zwei Gaze- und ein Folienfenster integrierte. Ideal, so kann man einerseits querlüften und hat andererseits bei Regenwetter trotzdem etwas Tageslicht. Als Highlight lässt sich der Balg vorne öffnen und an die Decke hängen. So können Urlauber den Sonnenauf- und -untergang entspannt in der VIP-Lounge genießen. Beim Schließen greift das SCA-Dach auf einen neuen Mechanismus zurück, der den Zeltstoff schonen soll. Dafür muss auf jeder Seite ein Spannkegel den Weg in die dazu passende Halterung finden, ehe ein Sicherungsclip einrasten kann. Dieser Vorgang benötigt etwas Kraft. Ein Stofflappen verschließt im Anschluss die Öffnung am Cockpithimmel.

Mit arretiertem Dach kann die Fahrt dann weitergehen: in die Stadt zu Freunden, auf das Land an den See, zur Familienfeier oder ins Möbelgeschäft. Der Crosscamp ist ein Tausendsassa.

Daten und Messwerte

Auf- und Ausbau
Stahlblechkarosserie mit GfK-Aufstelldach, Isoliermaterial Boden/Dach XPS, Stärke 40/20 mm, Wand nur Original-Verkleidungsteile, 5 fest eingebaute Einscheiben-Glasfenster, 1 Folienfenster und 2 Gazefenster im Dachbalg.

Bordtechnik
Kraftstoff-Gebläseheizung Webasto Airtop 2000, 1 Ausströmer (Sitzgruppe), Frischwasserschläuche, Abwasserrohre, Tauchpumpe.

Basisfahrzeug
Toyota Proace, Frontantrieb, Vierzylinder-Turbodiesel, Hubraum 1997 cm3, Leistung 110 kW/150 PS bei 4000/min, Drehmoment 370 Nm bei 2000–2500/min, Sechsgangschaltgetriebe.

Fahrleistungen
Beschleunigung 0–50/80/100 km/h 4,63/9,65/13,80 s; Elastizität 60–80/100 km/h (4.//5. Gang) 4,23/8,80//6,5/12,41 s, (6. Gang) 80–100 km/h 9,41 s, Testverbrauch 9,1 L/100 km.

Preise Crosscamper

Grundpreis: 42.999 Euro
(Toyota Proace 1.5 L D, Motor 88 kW/120 PS) mit TÜV und Zulassungsbescheinigung II
Testwagenpreis: 59.885 Euro

Wertung

Test Wertungen
Wohnen
Beladen
Technik
Fahren
Preise

Fazit

Egal ob in der Stadt oder auf dem Land – der Neue punktet mit enormer Variabilität. Wobei "neu" relativ ist. Die Ähnlichkeit zum Pössl Campster lässt sich nicht leugnen. Das tut seinen Vorzügen aber keinen Abbruch. Mit kompakten Maßen und wandelbarem Grundriss zeigt sich der Crosscamp flexibel einsetzbar. Und das zum günstigen Preis – im Vergleich zum Marktführer VW California, dessen Verarbeitungsqualität er allerdings auch nicht erreicht.