Es ist passiert. Das Reisemobil sitzt im Schnee fest. Die kritischen Zonen sind bekannt: wirklicher Tiefschnee ohne festen Untergrund oder die lockere Neuschneeauflage auf spiegelglatt vereisten Parkplätzen. Was kann man tun?
Zuerst: Wer jetzt nicht die Geduld oder gar die Nerven verliert, ist klar im Vorteil. In der Ruhe liegt die Kraft. Und dann: Herantasten an die möglichen Optionen.
Sitzt das Wohnmobil fest, hilft nur: Ruhe bewahren
1. Klar, der sicherste Weg zurück aus dem Schlamassel ist die eigene Spur. Denn die ist schon ein wenig festgefahren und bietet so etwas mehr Grip als der lockere Schnee drum herum.
2. Und wenn die eigene Spur bergauf führt? Dann gilt es, einen sicheren Weg bergab zu finden. Aber zunächst zu Fuß, versteht sich, wer weiß, was sich unter dem Schnee versteckt und wie tief er wirklich ist.
3. Dann: Schon mal mit Herausschaukeln versucht? Dazu wird das Fahrzeug in der Mulde, in der es festsitzt, durch wechselseitiges, gefühlvolles, aber dennoch energisches Anfahren, mal vor, mal zurück in eine Schaukelbewegung versetzt. Mit etwas Glück erreichen die angetriebenen Räder den oberen Muldenrand und können, ohne abzusetzen, den Gefahrenbereich verlassen.
4. Hilft auch das nicht weiter und ist weder eine Schiebe- noch eine Schlepphilfe in Sicht, muss herhalten, was das Fahrzeug selbst zu bieten hat. Eine Chance hat nur, wer das Fahrzeug nicht durch unsinniges Gasgeben und haltlos durchdrehenden Rädern bis zu den Achsen respektive der Bodenplatte versenkt hat. Sitzt das Mobil so tief drin, geht ohne fremde Hilfe nichts mehr, auch sind Folgeschäden nicht sicher auszuschließen. Die einzige Chance nach diesem GAU ist, die Räder etwa mit einem mit starken Brettern sicher unterlegten Wagenheber anzuheben, das Loch mit festem Material auszufüllen oder auf das nun frei zugängliche Rad eine wirkungsvolle Traktionshilfe wie etwa geeignete Schneeketten zu montieren. Wer über eine Hubstützenanlage verfügt, kann sich möglicherweise damit aus diesem Schlamassel befreien.
5. Sitzt das Problem weniger tief, können auch unterlegbare Traktionshilfen zum Einsatz kommen. Der Handel bietet hierfür diverse Spezialitäten, etwa die Anfahrmatten oder die auch als Auffahrkeile nutzbaren multifunktionellen Rampen Uniko. Welches Gadget funktioniert am besten? Hier haben wir 5 Traktionshilfen getestet.
6. Keine Traktionshilfe an Bord? Auch Fußmatten aus dem Fahrerhaus dienen notfalls als Traktions- und Anfahrhilfe. Wichtig ist: das Rad muss irgendwie drauf kommen. Flache Gegenstände mit rauer Oberfläche sind dazu bestens geeignet. Lässt sich das Fahrzeug ein wenig in der Mulde schaukeln, gelingt es fast immer, dem haltlosen Rad haltbringende Dinge unterzuschieben. Auch Tannenzweige, Äste, Kies und nasser Sand können helfen, die Fuhre zurück auf die Straße zu bringen. Denken Sie daran, in den orangefarbenen Streugutbehältern an vielen Steigungsstrecken finden Sie Streusplitt, der genau für diese Fälle da ist. Scheuen Sie sich nicht, die Entnahme ist erlaubt, ein geeignetes Gefäß sollte sich in der Not finden.
7. Hilft auch das nicht, ist Schlepphilfe angesagt: Auch wenn die Achslastverteilung ungünstig und die Traktion vieler frontgetriebener Mobile eher mäßig ist, kann dabei bereits ein Mittelklasse-Pkw effizient helfen. Geländewagen oder SUV oder auch leistungsstarke Allrad-Pkw sind als Schlepper besonders gut geeignet. Zum Ziehen verbleibt das potenzielle Zugfahrzeug auf festem, griffigem Untergrund. Lange Bergegurte oder Schleppseile überbrücken die Entfernung. Soll ein frontgetriebenes Fahrzeug ziehen, ist's besser, wenn Nase zu Nase angekuppelt wird. Im Rückwärtszug kann so mehr Kraft auf den Untergrund übertragen werden.
Bei tief festsitzendem Wohnmobil hilft nur ein Schlepper
Der freundliche Landwirt mit seinem gewaltigen Ackerschlepper? Auch das ist kein Problem, solange die richtigen Anschlagmittel, sprich Abschleppseile verwendet werden. Solche Taue sind dehnbar und dämpfen so den Anfahrruck. Hochkritisch ist es, wenn schwere Zugmaschinen mit Stahlseilen oder gar Ketten als Helfer fungieren wollen. Auf diese gewaltigen Zugkräfte einschließlich des harten Anfahrrucks sind weder die Zugösen des Basisfahrzeugs noch die dahinter liegenden Rahmenteile ausgelegt. Insbesondere bei besonders tief festsitzendem Fahrzeug und notwendigem Schrägzug kann hier schnell mal ein Längsträger in Mitleidenschaft gezogen werden.
Auch im Fall des Bruches von Seil oder Kette besteht durch zurückschnellende Teile Lebensgefahr. Zum Schutz des teuren Fahrzeugs ist hier professionelle, allerdings meist kostenpflichtige Bergehilfe gut gemeinten Laienaktionen vorzuziehen. Und wenn das viel zu lange dauert? Dann sollten Sie eine Option Ihres Reisemobils nutzen, die kein noch so wintertauglicher Allrad-PKW zu bieten hat: Zeit! Wer die Muße hat, entspannt und gemütlich in den eigenen vier Wänden auf den Schneepflug zu warten, ist klar im Vorteil.
Zubehör: Das sollte im Winter drin sein
- Schaufel, Klappspaten
- Taschenlampe
- langes festes Abschleppseil
- Schneeketten
- Handschuhe
- Decke oder Plane zum Unterlegen
- Wagenheber
- Unterlegkeile
- Feste Unterlagen aus Holz zum Unterbauen von Wagenheber oder Hubstützen
Traktionshilfen für den Winter
Schneeketten und Traktionshilfen sind kein Ersatz für Winterreifen. Wird eine Kette auf kalten, nassen Sommerreifen montiert, können die Pneus im Schneeketten-Netz durchdrehen, das Gripniveau liegt weit unter dem guter Winterreifen ohne Ketten.
Anders sieht das mit textilen Traktionshilfen mit geschlossener Oberfläche aus. Die Auto-Socken können im Notfall auch auf Sommerreifen montiert werden und erzielen so ähnliche Traktionswerte wie Schneeketten auf Winterreifen. Allerdings nur, solange die Räder nicht durchdrehen. Dann vereisen die Socken innen, und mit der Haftung ist's vorbei.
Eingesetzt werden sollten Schneeketten übrigens nur auf Schneefahrbahnen. Auf Eis kann plötzliches Über- oder Untersteuern die Fahrt zum gefährlichen Abenteuer machen. Da Schneeketten erst unter schwierigen Witterungsverhältnissen zum Einsatz kommen, sollte man das Anlegen noch vor Reiseantritt proben. So vermeidet man Fehler und damit Schäden an Radlauf oder Bremsanlage. Die Pflege: Nach jedem Einsatz auf salznasser Straße sollten Ketten gründlich mit Wasser abgespült und in trockenem Zustand in der Verpackung gelagert werden.