Vor sieben Jahren sind Doreen Düe und ihr Partner Sven Mohr ins kalte Wasser gesprungen. Camping in einem Wohnmobil? Damals völliges Neuland. Doch das hat das Paar nicht abgehalten, Ernst zu machen und einfach direkt in einen Campingbus einzuziehen.
"Direkt" bedeutet hierbei nicht von heute auf morgen. Insgesamt hat es drei Jahre Vorbereitung gebraucht, um die Wohnung in Schönebeck in Sachsen-Anhalt aufzugeben und startklar für das neue, nomadische Leben zu sein. Vollzeit in einem Wohnmobil zu leben war für Düe und Mohr die beste Möglichkeit, um den kalten Wintern in Deutschland zu entfliehen und dabei ortunabhängig zu sein.

Vor dem Fahrzeugkauf selbst gab es kein Testcampen und Ausprobieren verschiedener Fahrzeuge, dafür langes Überlegen – mit dem Ergebnis: Ein Campingbus sollte es sein. Für die beiden der beste Kompromiss zwischen Wohnkomfort und Praktikabilität. "Dafür, dass wir keine Ahnung vom Campen hatten, war unser blauer Kasten wirklich ein Glücksgriff", gibt die 38-Jährige zu. Die Wahl fiel schließlich auf ein Hymercar 322 von 2011 auf Basis eines 120 PS starken Fiat Ducato. 40.000 Euro hat der sechs Meter lange, neue Campingbus mit klassischem Kastenwagen-Grundriss samt Querbett im Heck gekostet.
Was benötigt ein Vollzeit-Campingfahrzeug?
Damit sie noch autarker unterwegs sein können, haben die Langzeitreisenden zwei Solarpaneele mit 200 Watt Leistung und vor rund zweieinhalb Jahren eine Lithium- Eisenphosphat-Batterie, kurz LiFePo4, eingebaut. Das Paar hat gute Erfahrung mit dieser relativ kostenintensiven Aufbaubatterie gemacht: Sie ist bei gleicher Kapazität leichter und kleiner als herkömmliche Batterien, benötigt wenig Wartung und ist auch kaum temperaturanfällig. "Die neue Batterie war eine echte Revolution", schwärmt Düe. Weitere größere Wohnmobil-Optimierungen während der letzten Jahre waren Luftfederungen von Goldschmitt und Sicherheitsnachrüstungen wie Zusatzschlösser an Schiebe- und Hecktür sowie "an jeder Fahrerhaustür eine Öse für eine Edelstahlkette, die mittig nach unten abgespannt werden kann". Bis heute hat dieses System jegliche Eindringlinge abgehalten.

Doreen Düe und Sven Mohr schätzen an ihrem blauen Kasten gegenüber größeren Wohnmobilen auch die große Schiebetür und die Hecktür. "Sie sorgen immer für viel Draußen-Feeling, auch wenn man gerade drinnen sitzt und arbeiten muss", erzählt Düe. Richtig vermissen tut das Paar nichts in seinem Bus, auch wenn Doreen Düe gerne eine größere Küche hätte, denn sie kocht leidenschaftlich gerne. Seitdem das Paar im Campingbus unterwegs ist, wurde Düe von anderen Campern immer wieder nach Rezepten gefragt. Deshalb fing sie 2014 schließlich an, ihr Hobby online zu dokumentieren. Egal ob süß, salzig oder für den mobilen Omnia-Campingbackofen: Heute finden Kochbegeisterte auf ihrem Foodblog "Kochen und Backen im Wohnmobil" Hunderte im Bus erprobte Rezepte zum Nachkochen. 2015 wurde passend dazu schließlich ihr erstes Kochbuch "Essen auf Rädern" im Ganghaus Verlag veröffentlicht.
Kasten in Blau: Leben und Arbeit zugleich
Der blaue Kasten ist der Spitzname ihres Campingbusses. Unter "Kasten in blau" haben die ehemaligen Schönbecker außerdem einen weiteren, gleichnamigen Blog im Internet. Hier teilt das Paar für Camping-Fans Reiseerlebnisse, Tipps zum nomadischen Leben und Neuigkeiten aus ihrem Alltag im blauen Kasten. Und für Womo-Technik-Interessierte haben die beiden mit "Computer und Technik im Wohnmobil" ebenso eine Plattform für Gleichgesinnte geschaffen.
Düe und Mohr ist es möglich, von den Einnahmen aus den drei Blogs, von Kochbuchverkäufen und durch Online-Aktienhandel genug Geld zum Leben zu verdienen, um seit mehr als sieben Jahren Vollzeit im Campingbus reisen zu können. Eigentlich war 2011 nur eine Auszeit von ein paar Jahren geplant. Damals hat das Paar gemeinsam in einem Reisebüro gearbeitet und wollte vor allem ganzjährig schönes Wetter. "Die Idee, mit dem Bus loszufahren, ist auf meinem Mist gewachsen", lacht Düe.

Die Sommermonate verbringt das Paar seit seinem Start hauptsächlich im portugiesischen Hinterland, so wie auch wieder dieses Jahr; die Winter im wärmeren Marokko. "Eine weitere, tolle Facette an unserem Leben sind die vielen netten und interessanten Menschen, die uns unterwegs immer wieder begegnen: Ob Aussteiger, Weltreisender oder digitaler Nomade – da braucht man keinen Fernseher mehr", berichtet Düe begeistert. Marokko wird gegen Ende des Jahres wieder ihr Zuhause werden, wo sie auch die ersten Monate des neuen Jahres verbringen wollen. Anvisiert für den Sommer 2019 ist dann Nordspanien. So weit der Plan.
Buchtipp

Essen auf Rädern heißt das 100-seitige Kochbuch von Doreen Düe, das im Ganghaus Verlag erschienen ist und 16,90 Euro kostet. Mehr zum Leben der Langzeitreisenden: