Vom Mikro-Camper zum 70er-Megamobil
Außergewöhnliche Wohnmobile aus aller Welt

Wohnmobil ist gleich Wohnmobil? Von wegen! Neben den Massenproduktionen großer Hersteller, kleinen Manufakturbetrieben und individuellen Ausbauten gibt es in der Geschichte des Wohnmobils viele Exoten, die durch ihre Besonderheiten aus der Menge herausstechen.

ungewoehnliche Wohnmobile
Foto: Bonhams

Ein 100 Jahre altes Wohnmobil? Ein Saab-Camper? Oder ein Hippie-Mobil aus den 1970ern? Wer mit diesen Fahrzeugen unterwegs ist, sorgt garantiert für Aufsehen, selbst bei ReisemobilstInnen, die glauben schon vieles gesehen zu haben. Lassen Sie sich inspirieren, welche Kapriolen Wohnmobil-Ausbauten drehen können und welche verrückten Ideen Wirklichkeit geworden sind. Wenn Ihnen das doch zu wild ist, können Sie sich natürlich direkt die Branchen-Neuheiten 2023 anschauen.

Kultig, knuffig, kurios - promobil zeigt Camping-Oldies

Alle abenteuerlustigen Camping-Fans, die mal etwas anderes als altbekannte Aufbauformen wie kompakt Camper, Integrierte, Teilintegrierte oder Liner erkunden wollen, finden unten einige der ungewöhnlichsten Wohnmobile aus der Historie und aktuellen Produktion. Die Liste wird fortgesetzt.

1. Das womöglich älteste Wohnmobil der Welt

Uns allen ist klar, dass es zu irgendeinem Zeitpunkt in der Geschichte von allem einmal einen Anfang gab. Auch Reisemobile bilden da keine Ausnahme. Spekulationen (eines Lesers) besagen, das erste Wohnmobil sei ein kaiserlicher Reisewagen aus der Qin-Zeit (ca. 210 v. Chr.) und könne mit der berühmten Terrakotta-Armee besichtigt werden. Ein erstes motorisiertes Wohnmobil der Welt könnte der Ausbau des Ford Model T aus dem Jahr 1914 sein. Gebaut wurde das Fahrzeug für ein Mitglied der britischen Familie Bentall.

Der Ausbau des Ford Model T-Chassis mit 20 PS erfolgte in einem Einraum-Konzept auf Basis einer Ganzholzkarosserie. Das Highlight des urigen Fahrzeugs ist die drehbare Ledercouch im Cockpit, die gleichzeitig Wohnelement und Fahrersitz ist. Neben Stockbetten und Stauraum in antiken Schränken gibt es im Ford-Oldtimer einen Herd zum Heizen und Kochen. An die Möglichkeit, ein Badezimmer einzubauen, hat damals wohl noch niemand gedacht. Vergangenes Jahr am 10. September 2022 wurde das älteste Wohnmobil der Welt in Großbritannien für 73.000 Euro versteigert. Mehr über den Ford T mit Womo-Ausbau gibt es hier.

2. Fleetwood Pace Arrow Baujahr 1979

Reisen wir in der Geschichte ein paar Jahrzehnte weiter, finden wir ein Wohnmobil, das so sehr den Zeitgeist seiner Epoche verkörpert, wie kaum ein anderes. Das 8,50 Meter lange Reisemobil stammt aus den USA und aus einer Zeit als der Rock’n’Roll regierte. Fast kann man sich vorstellen, wie ein langhaariger Aussteiger im Arrow anhält, um einen Tramper am Straßenrand einzusammeln. Na ja, der aktuelle Besitzer Theo passt da quasi wie die Faust aufs Auge.

Der Pace Arrow fällt auf dem Stellplatz sofort auf. Von innen ist das Fahrzeug noch komplett mit Originalteilen ausgestattet, inklusive der zeitgenössischen Polster der Sitze. Im Wohnraum lädt die Lounge-Gruppe bestehend aus drehbaren Fahrsitzen, einem Sofa und zwei Cocktailsesseln zum Verweilen ein. Da wird manch modernes Wohnmobil-Wohnzimmer neidisch. Direkt dahinter ist eine Küchenzeile inklusive Ofen und Kühlschrank sowie eine weitere Sitzgruppe mit Tisch angeschlossen und im hinteren Teil befindet sich ein vollausgestattetes Badezimmer. Bis zu 5 Schlafplätze lassen sich im Innenraum nutzen.

Das Monstrum mit GFK-Aufbau zu betreiben, ist bei den aktuellen Spritpreisen allerdings teuer: Der 302-Liter-Tank hat eine Reichweite von circa 1.000 km. Die ganze Story mit allen Infos zum Fleewood Pace Arrow gibt es hier.

3. Saab 9000 CC Toppola-Camper

Ein Kind der 1990er ist dieser außergewöhnliche Saab 9000 CC. Der kantige Pkw des schwedischen Herstellers wurde 1985 eingeführt, der Camper ist von 1991. Dieser Mini-Camper, der im selben Jahr wie Nirvanas Nevermind entstanden ist, wird also nicht nur bei 90s-Fans Begehrlichkeiten wecken.

Als Toppola-Camper ist der Saab eine echte Rarität, in Schweden soll es ihn nur noch fünfmal geben. Kein Wunder, denn sowohl den Autobauer Saab als auch den Ausbauer Toppola gibt es heute nicht mehr.

Die Wohnkabine auf dem Heck des Pkw ist für bis zu vier Personen ausgebaut. Dadurch, dass die Rücksitze ausgebaut wurden, ist die Rückbank als Bett nutzbar und unterhalb der Matratze entsteht mehr Stauraum. Die größere Schlafmöglichkeit bietet das Bett im oberen Teil des Mini-Campers mit einer Liegefläche von 1,70 x 2 Meter. Neben den Betten sind im Toppola weitere Möbelmodule mit Staufächern, ein Elektroherd und kleines Spülbecken verbaut. Den ausführlichen Artikel zum Saab-Toppola-Camper lesen Sie hier.

4. Suzuki Jimny Camper

Noch so einen umgebauten Pkw haben wir in UK gefunden: Ein Geländewagen mit Camping-Bonus – als solchen könnte man den Suzuki Jimny, Baujahr 2003, beschreiben. Theoretisch lässt sich der Allrad-Geländewagen offroad nutzen, ob Strom und Wasserreserven für eine längere autarke Reise ins Unbekannte reichen, bleibt zu bezweifeln. Um die Wohnkabine am Fahrzeug aufzusetzen, wurden die Rücksitze entfernt. Der Einstieg in den Camper erfolgt bequem durch die hintere Aufbautür über eine kleine Trittleiter.

In der Wohnkabine mit 1,50 Meter Innenhöhe sind Wohn- und Schlafbereich auf zwei Ebenen angeordnet. Unten ist neben Staufächern genug Platz für eine Sitzbank und eine Mini-Küche mit Waschbecken, 2-Flammkocher und Kühlschrank. In der oberen Etage ist der recht beengte Schlafbereich für 2 Personen untergebracht. Neben einem kleinen Frischwassertank unter der Spüle befinden sich in einem Außenfach eine Gasflasche und eine Aufbaubatterie, die das Fahrzeug mit Energie versorgen. Hier gibt es alle Details zum Jimny-Camper.

5. Xinge: Elektro-Mikrocamper

Diese Asien-Ape ist ein vollständig ausgerüstetes Campingfahrzeug. Erstmals hat der italienischen Hersteller Piaggio 1948 eine dreirädrige Motorrad-Rikscha namens Ape vorgestellt. Das chinesische Pendant kennen Asien-Reisende als Tuk-Tuk, die überall als Taxi fungieren. Seit 1987 baut der chinesische Hersteller Xinge baut seit 1987 solche Rikschas aus und hat seit 2020 sogar ein Fahrzeug mit elektrischem Antrieb im Angebot. Das typische "tuk tuk"-Geräusch fällt damit leider weg. An Bord ist eine 7,2-Kilowattstunden-Batterie. Wie weit diese das Micro-Womo bringt, wird allerdings nicht angegeben.

Mit den Maßen von 3,50 Meter Länge, 1,40 Meter Breite und 2,35 Meter Höhe ist das E-Tuk-Tuk wirklich ein Mini-Camper. Trotzdem passt alles Essenzielle an Board: Eine Toilette, ein Waschbecken, eine Dusche, einen Kühlschrank und ein Bett sind eingebaut. Oder besser gesagt: aneinander gequetscht. Gekocht wird in einer Außenküche. Für das Gepäck gibt es eine für die Verhältnisse geräumige Heckgarage. Mehr zum Camping-Tuk-Tuk gibt es hier.

6. Piaggio Porter

Unter all den zahlreichen ausgebauten Kastenwagen und Vans, sticht ein Piaggio Porter mit seiner geringen Größe heraus. An die Maße von 3,4 Meter Länge, 1,9 Meter Höhe und 1,4 Meter Breite kommt nur der Daihatsu Hijet, der allerdings in Europa nicht mehr angeboten wird, heran.

Der hier gezeigte Selbstausbau aus dem Jahr 2009 hat ein Gesamtgewicht von circa 1.200 Kilogramm und einen 64-PS-Motor mit 7 Liter Verbrauch. Von außen ist nicht zu erkennen, dass der Piaggio ausgebaut wurde. Im Innenraum verbirgt sich eine clever ausgearbeitete Multifunktions-Holzeinheit aus Fichte. Je nach Klappzustand der Holzteile lässt sich der Innenraum für unterschiedliche Zwecke nutzen. Somit entsteht wahlweise ein Schlaf- oder ein Wohnzimmer im Innenraum, außen unter der Heckklappe öffnet sich eine Außenküche mit Sitzgruppe oder ein Badezimmer. Alles über den individuellen Piaggio Porter erfahren Sie hier.

7. San Berlino

6 Schlafplätze auf nur 6 Meter Länge? Im San Berlino ist das möglich. Das auffällige Wohnmobil mit 2,20 Meter Breite passt nicht so recht in eine klassische Reisemobilkategorie. Optisch ist das Fahrzeug ein Mix aus Camper, Bus und Liner. Die Basis bildet ein türkischer Personenbus der Marke Karsan mit einem ein Fiat-Motor.

Der Innenraum ist klassisch aufgeteilt. Gegenüber der Tür befindet sich die Sitzgruppe, dahinter auf der Beifahrerseite die Küche und auf der Fahrerseite das Bad. Ebenfalls klassisch ist das Querdoppelbett im Heck. Außerdem lässt sich die Dinette zum Schlafplatz umbauen und das Bett im Hubdach liefert den 5. und 6. Schlafplatz. Weitere Highlights im Sechs-Meter-Platzwunder sind die hölzerne Dachterrasse, die von außen per Leiter zugänglich ist, und die 600-Watt-Solaranlage auf dem Hubdach. Noch mehr über den San Berlino können Sie hier nachlesen.

Fazit

Für die meisten Reisenden wird es keine Option sein, eins der oben gezeigten Fahrzeuge zu erwerben. Bei den meisten ist es sogar gänzlich unmöglich, weil es sich um Unikate oder wirkliche Raritäten handelt. Spannend bleibt es trotzdem einen Blick in die Welt der ungewöhnlichen Wohnmobile zu werfen.

Die aktuelle Ausgabe
Promobil 10 / 2023

Erscheinungsdatum 13.09.2023

172 Seiten