EU plant Führerschein-Änderungen 2023
Verband fordert Widerstand gegen EU-Pläne

Bislang durfte man mit Führerschein Klasse B nur Fahrzeug bis 3,5 Tonnen Maximalgewicht fahren. Eine neue EU-Führerscheinrichtlinie 2023 sollte das Gewichtslimit für Camper nach oben setzen. Jetzt die Kehrtwende: Das soll nur für Wohnmobile mit alternativen Antrieben gelten. Der Verband Reisemobil Union (RU) ist dagegen.

Führerschein, junge Frau
Foto: GoodLifeStudio via Gettyimages

Noch in diesem Jahr, 2023, will die EU eine neue Richtlinie für Führerscheine verabschieden. Das Ziel davon ist, dass für alle Bürgerinnen und Bürger der Europäischen Union dieselben Regeln gelten. Verschiedene Punkte könnten sich dann für alle ändern, die einen B-Klasse-Führerschein besitzen oder erwerben möchten. Interessant für Wohnmobil-Fans: Die maximale Gewichtsgrenze sollte von 3,5 auf 4,25 Tonnen angehoben werden.

Wohnmobil fahren mit Klasse-B-Führerschein

Seit 1999 ist der "normale" Pkw-Führerschein der Fahrerlaubnisklasse B nur gültig für Fahrzeuge bis zu einem Maximalgewicht von 3,5 Tonnen. Damit ist es mit B Klasse nicht möglich, alle aufgebauten Wohnmobile zu fahren, die häufig über dieser Grenze liegen. Auch viele große Campingbusse sind für mehr Gewicht zugelassen, um genügend Zuladung zu garantieren.

In Brüssel stand immer wieder zur Diskussion, diese Grenze anzuheben auf 4,25 Tonnen. Damit könnten alle, die nach 1999 ihren Führerschein gemacht haben, größere Campingfahrzeuge fahren. Bislang mussten sie den Führerschein C1 machen, der das Fahren von Fahrzeugen bis 7,5 Tonnen erlaubt. Betroffen sind vor allem jüngere Autofahrende, die nach 1981 geboren wurden.

Nach neuesten Infos der Reisemobil Union (RU) soll das im aktuellen Änderungsvorschlag vom 1.3.2023 nur für Campingfahrzeuge mit alternativen Antrieben gelten – nicht für Verbrenner.

Reisemobil Union: Widerstand kundtun bei EU-Kommission

Die Interessenvertretung RU e.V. ruft dazu auf, Widerspruch einzulegen: Es sei "komplett unlogisch, aus Verkehrssicherheitsgründen diese Anhebung auf Fahrzeuge mit alternativen Antrieben zu beschränken", so die Reisemobil Union. Deshalb sollte sich die Öffentlichkeit, sprich alle Reisemobilistinnen und Reisemobilisten, nicht entmutigen lassen. "Beharrlichkeit sollte final belohnt werden".

Bis 19. Mai können Bürgerinnen und Bürger der Europäischen Union bei der EU-Kommission eine Rückmeldung zur Führerschein-Richtlinie geben. Auf der Website zur Überarbeitung der Richtlinie können sie einen Kommentar, ihre Meinung und ihre Wünsche abgeben. Dafür müssen sie auf dieser Website den gelben Button "Rückmeldung geben" anklicken und sich anmelden.

Während des Konsultationszeitraums zu den Änderungen sammelt die EU-Kommission die Meinung der Bürgerinnen und Bürger.

Laut RU gab es bereits eine dreistellige Zahl von Rückmeldungen innerhalb weniger Tage: "Unisono wird die Anhebung der Gewichtsgrenze für Fahrzeuge aller Antriebsarten gefordert."

Die bisher geltenden Regeln können Sie hier nachlesen: Welcher Führerschein für welches Wohnmobil?

Weitere geplante Änderungen

Neben dem Hochsetzen der Gewichtsgrenze für den Führerschein Klasse B ist die Anerkennung des B196 im Ausland in der Diskussion. Seit einigen Jahren kann man in Deutschland den Klasse B Führerschein auf B196 erweitern. Damit kann man Leichtkrafträder bis 125 ccm fahren. Dann könnte man mit einem 125er-Motorrad auch im EU-Ausland fahren.

Das Mindestalter für Lkw- und Bus-Führerscheine liegt in Deutschland bislang bei 21 (Lkw) bzw. 24 Jahren (Bus). Aufgrund des akuten Mangels an Lkw-FahrerInnen könnte die Altersgrenze fallen und auf 18 Jahre herabgesetzt werden.

Weiterhin soll der digitale Führerschein eingeführt werden. Damit würde eine Smartphone-App genügen, um die Fahrerlaubnis zu prüfen, wie es bei einer Polizeikontrolle oder bei einer Autovermietung geschehen kann. Die Führerschein-Scheckkarte soll außerdem statt des Chips, wie es ihn heute gibt, einen QR-Code erhalten. Das soll gegen Fälschungsversuche helfen.

Schlechte Nachrichten für alle, denen die Fahrerlaubnis genommen wird: Wird der Führerschein in einem Land der EU entzogen, soll das künftig für alle EU-Länder gelten. Erhält man in einem Land ein Fahrverbot, gilt das EU-weit.

Die Punktesysteme aller Länder sollen angeglichen und einheitliche Grenzwerte für Alkohol- und Drogenkonsum eingeführt werden. Die Führerscheindaten alle Bürgerinnen und Bürger in der EU werden dafür in einer europaweiten Datenbank gespeichert, um behördliche Kontrollen zu erleichtern.

Wohnsitzregelung und Refresher-Kurs für neue Autofahrende

Aktuell ist es nicht möglich, die theoretische und die praktische Führerscheinprüfung in verschiedenen EU-Mitgliedsstaaten zu absolvieren. Da die Bevölkerung in der EU immer mobiler wird, könnte sich auch das bald ändern. Dazu müsste die Wohnsitzregelung vereinfacht werden.

Außerdem soll ein verpflichtender Refresher-Kurs eingeführt werden. Nach einem Jahr Führerscheinbesitz soll man diesen ablegen, um dadurch die Unfallzahlen zu verringern. Empfohlen haben diese Maßnahmen Profis für Verkehrssicherheit.

Fazit

Der lange Weg der EU-Regelungen: Aktuell arbeiten die Behörden in Brüssel und Straßburg daran, eine neue Führerscheinrichtlinie auf den Weg zu bringen. Sie soll EU-weit für mehr Einheit im Paragrafen-Dschungel sorgen. Die Maxime lautet: gleiches Recht für alle.

Ironischerweise bezieht sich das nicht nur auf nationale Unterschiede. Was bislang ein Privileg der älteren Jahrgänge mit Klasse-3-"Lappen" in Deutschland war, kommt bald vielleicht für die jüngere Generation: Fahrzeuge über 3,5-Tonnen-Gesamtgewicht fahren.

Allerdings mahlen diese europäischen Mühlen recht langsam. Zwar soll diese 4. Führerscheinrichtlinie der EU noch dieses Jahr verabschiedet werden. Bevor sie in Deutschland gilt, muss der deutsche Gesetzgeber sie noch in nationales Recht überführen – damit die Jungen ans Steuer von schweren Wohnmobilen dürfen, muss der Bundestag die Richtlinie erst durchwinken.

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Erscheinungsdatum 13.09.2023

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