Allradantrieb ist unter Wohnmobilen bislang nicht weit verbreitet, obwohl es doch gerade für Reisende zu jeder Jahreszeit und in verschiedenen Gefilden mehr Sicherheit bringt. Vor allem für Wintercamper ist eine 4x4-Ausstattung optimal, da es Fahrzeuge bei verschneiten Straße stabiler auf der Spur hält und auf einem vereisten Parkplatz am Skilift für sichereres Einparken sorgt. Unsere beiden Testkandidaten sind gerade zu prädestiniert dafür durch den Schnee zu fahren.
Allrad-Campingbusse mit Ford- und Fiat-Basis
Der Westfalia Amundsen 540 D auf Fiat Ducato ist mit einem 23.150 Euro teuren Offroad-Paket ausgestattet, das unter anderem einen Allradantrieb von Dangel sowie eine Differentialsperre für die Hinterachse beinhaltet. Beim Karmann Dexter 560 4x4 kommt der Allradantrieb direkt von Ford, die hier mit dem Transit die Basis für das Fahrzeug stellen.
Schon beim ersten Blick auf die beiden Campingbusse fallen einem die Unterschiede auf: Der Westfalia Amundsen mit seinen 18-Zoll-All-Terrain-Reifen auf Beadlock-Felgen, dem großen Frontbügel sowie den Zusatz-Scheinwerfern auf dem Dach schreit förmlich "Offroad". Dem Karmann Dexter hingegen sieht man den Allradantrieb auf den ersten Blick nicht direkt an.
Eines haben die beiden 4x4-Campingbusse gemeinsam: Obwohl ihr Aussehen in verschiedene Richtungen geht, heben sie sich beide durch ihr buntes Äußeres von den üblichen Campingbussen ab. Bei Freizeitfahrzeugen dominieren häufig weiß und grau, anders bei diesen Allradlern: Der Amundsen in Nato-Olivgrün und der Dexter in blau-metallic machen ganz schön was her.
Testfahrt mit Westfalia- und Karmann-Campern

ln der Innenstadt von Stuttgart hat es zwar ordentlich geschneit, aber das ist nicht das richtige Terrain für die beiden Camper. Deshalb haben wir uns auf den Weg auf die Schwäbische Alb gemacht und da lag wahrlich nicht zu wenig Schnee. Für beide Fahrzeuge ist die Fahrt auf der nassen Autobahn kein Problem und wir fühlen uns zu jeder Zeit sicher. Doch es wird schnell klar, mehr als 120 km/h sind für den Westfalia Amundsen ein wahrer Kraftakt. Schon bei den kleinsten Hügeln müssen wir in den fünften Gang zurückschalten und bei größeren Steigungen sogar in den vierten, um überhaupt an die 100 km/h zu kommen. 130 PS sind für den 3,3-Tonner dann doch zu wenig und so fluchen wir bei dem ein oder anderen Überholvorgang über den Bus.
Ganz anders im Karmann Allrad-Camper: Deutlich zu spüren ist der Unterschied zwischen dem 170 PS starken Transit-Motor gegenüber dem schwächeren Ducato-Motor. Problemlos bleibt der Dexter auf der Autobahn bei einer Geschwindigkeit zwischen 120 und 140 km/h, ganz ohne herunterzuschalten selbst bei geringer Steigung.
Fahren und Rangieren im Schnee
Angekommen auf einem schneebedeckten Waldweg kommt im Westfalia Amundsen wieder Begeisterung auf. Er gleitet ohne Geräusche sanft über den Schnee. Auf dem eingeschneiten Parkplatz wenden und Kurven fahren – alles kein Problem für den Offroad-Bus und das nicht zuletzt wegen der erhöhten Bodenfreiheit und der All-Terrain-Bereifung. Dabei wird er zwar gefordert und muss auch einiges an Kraft aufwenden, doch hat man nie das Gefühl, dass er droht stecken zu bleiben. Eine echte Unterstützung ist dabei die zuschaltbare Differentialsperre an der Hinterachse. Sie verhindert das Durchdrehen der Reifen und sorgt für den nötigen Schub.
Beim Fahrerwechsel in den Karmann Dexter zweifle ich kurz an meinen Fahrkünsten, weil ich den Campingbus immer wieder abwürge. Bis der andere Fahrer zu mir eilt und sagt: "Ich musste mir das zuvor auch erklären lassen, die Handbremse ist noch angezogen, selbst wenn sie unten liegt". Wem so eine Handbremse noch nie begegnet ist, wird so seine Schwierigkeiten mit ihr haben. Sie wird bei der Ford-Transit-Basis ganz klassisch mit gedrücktem Knopf hochgezogen, dann fällt der Knüppel allerdings wieder nach unten – trotzdem ist die Handbremse jetzt angezogen. Leider leuchtet im Display nirgendwo ein Zeichen auf, ob sie nun angezogen ist oder nicht. Da der Handbrems-Hebel immer unten liegt, muss man also raten. Um sie zu lösen zieht man den Hebel nach oben, drück den Knopf und zieht dann noch einmal ca. ein bis zwei Zentimeter weiter nach oben. Erst dann ist sie gelöst.

Nachdem dieses Hindernis aus der Welt geschafft ist, fahren wir mit dem Karmann eine Runde durch den Schnee. Der intelligente Allradantrieb verteilt die Kraft auf die jeweils geforderte Achse. Im Schnee kann er mit einem Knopf neben dem Lenkrad direkt zugeschaltet werden. Als ich kurz im Schnee stecken bleibe, hilft mir der Knopf wieder hinaus. Dann klappt es auch mit dem Karmann Dexter super im Schnee. Auf asphaltierter Straße macht der Camper einen stabileren Eindruck, da er fest auf der Straße steht und die straffe Lenkung dazu beiträgt, dass man nicht viel korrigieren muss. Im Gegensatz dazu schwankt mir der Amundsen gefühlt etwas zu stark auf der Straße.
20 Zentimeter länger ist der der Karmann Dexter und der Radstand ist mit 3,75 Metern sogar ganze 30 Zentimeter größer als der Westfalia und das spürt man vor allem beim Wenden. Der Westfalia Amundsen 540 D hat ein deutlich kleineren Wendekreis und man kann auf einer breiten Straße in einem Zug wenden, wohin gegen man mit dem Dexter grundsätzlich einmal zurücksetzen muss. Ein wendigerer Bus ist im Offroad-Gelände von Vorteil, da er besser auf Richtungswechsel reagiert.
Sind die beiden winterfest?

Nachdem sich beide Allrad-Campingbusse auf verschneiten Straßen bewährt haben, bleibt noch die Frage, ob sie sich auch zum Wintercamping eignen. Der Westfalia Amundsen ist mit einer Diesel-Heizung ausgestattet. Das erlaubt es dem Camper auch in abgelegenen Gegenden unbeschwert zu heizen ohne sich sorgen zu müssen, wann die Gasflasche leer ist. Im Karmann Dexter steckt eine Truma Combi 6, außerdem ist ausreichend Platz für zwei 11-Liter-Gasflaschen. Serienmäßig ist beim Dexter der isolierte Abwassertank. Beim Amundsen gibt es nur im Zusammenhang mit dem Winterpaket einen isolierten Abwassertank.
In einer Kategorie punktet der Westfalia deutlich: Der Amundsen hat jede Menge Halterungen auf dem Dach und an der Hecktür für Fahrräder, Ski, Surfbretter und Zubehör an Board. Auf dem Dach kann ein Ski-Rack angebracht werden für den sicheren Transport von Ski und Snowboard. Im Heck kann aber auch das Bett umgeklappt werden und dieser zusätzliche Stauraum genutzt werden. Der Karmann Dexter bietet keinen so großzügigen Stauraum im Heck.
Fazit
Sowohl der Westfalia Amundsen 540 D mit Offroad-Paket als auch der Karmann Dexter 560 4x4 sind gute Begleiter im Schnee.
Mit der richtigen Ausrüstung und dem zusätzlichen Winter-Paket, eignet sich der Westfalia-Campingbus perfekt fürs Wintercampen und als Begleiter für Ski-Touren. Mit dem Amundsen hat man im Schnee noch ein bisschen mehr Fahrspaß, aufgrund der hohen Bodenfreiheit und der großen Reifen.
Der Dexter überzeugt vor allem auf verschneiten Autobahnen und Landstraßen. Einen kleinen Punktabzug bekommt er für den geringen Stauraum.