Es ist ein Winter wie schon lange nicht mehr. Mit annähernd drei Metern Schnee im Tal ist auch das Schweizer Oberland tief in der weißen Pracht versunken. Ein ehemaliges Flugfeld der Schweizer Luftwaffe in einem Hochtal ist Anfang 2018 Schauplatz der Fahrversuche auf Schnee zum großen promobil-Winterreifentest. Schon vor Wochen hatten gewaltige Maschinen den verwinkelten Handlingkurs aus dem tiefen Schnee gefräst – Tage später kam mit einer Warmfront jedoch Tauwetter und Regen. Jetzt steht das Thermometer wieder bei 15 Grad unter Null, seit Einbruch der Nacht sind die Temperaturen stabil. Die rund zwei Meter hohen Schneewände der schnellen, aber engen Rundstrecke sind inzwischen allerdings betonhart gefroren.
Volle Konzentration, ein Ausrutscher beim Fahren am Limit, und der Ducato wäre ein Fall für die Werkstatt. Aber der tapfere Transporter spult sein Testprogramm zuverlässig ab, liefert Runde um Runde Fahreindrücke, Rundenzeiten und Messwerte. Nach drei intensiven Testtagen und -nächten und ungezählten Radwechseln in Eiseskälte liegen die Karten auf dem Tisch.
Testergebnis 2018
Wir haben 7 aktuelle Winterreifen der Dimension 225/70 R 15 getestet, darunter der neue Continental Van-Contact Winter, der Maxmiler WT2 von GT Radial, der Goodyear Cargo Ultragrip 2, der Maxxis Vansmart Snow WL 2, der Michelin Agilis Alpin, der Nokian WR C 3 und der Vredestein Comtrac 2 Winter.

Platz 1: Continental Van-Contact Winter
promobil-Gesamturteil 8,8 – Empfehlenswert
traktionssicherer und dynamisch ausgewogener Reifen auf Schnee
überragend auf Nässe
leichte dynamische Defizite auf trockener Bahn
Preis (inkl. MwSt.): 138 Euro
Platz 2: GT Radial Maxmiler WT2
promobil-Gesamturteil 7,9 – Noch empfehlenswert
ausgewogener Reifen ohne Schwächen auf Schnee
mit gutem Grip verlässlich auf Nässe
kurvenfest auf trockener Strecke
frühes Aufschwimmen bei Aquaplaning
Preis (inkl. MwSt.): 87 Euro
Platz 3: Michelin Agilis Alpin
promobil-Gesamturteil 7,9 – Noch empfehlenswert
sichere Schneeperformance mit kurzen Bremswegen und guter Traktion
weitgehend sicheres Verhalten auf nasser und trockener Strecke
Lange Bremswege und Seitenführungsschwächen trocken, leichte Defizite im Aquaplaning
Preis (inkl. MwSt.): 144 Euro
Platz 4: Vredestein Comtrac 2 Winter
promobil-Gesamturteil 7,9 – Noch empfehlenswert
mit nur kleinen Schwächen sehr ausgewogen auf Nässe
lenkspontan und harmonisch auf trockener Fahrbahn
mäßige Leistungen auf Schnee
wenig komfortabel
Preis (inkl. MwSt.): 122 Euro
Platz 5: Goodyear Cargo Ultragrip 2
promobil-Gesamturteil 7,8 – Noch empfehlenswert
sehr sicheres Bremsen trocken
harmonischer Fahreindruck
hohe Kurvensicherheit auf Schnee, bei Nässe und trockener Bahn
etwas verlängerte Bremswege auf Schnee
frühes Aufschwimmen bei Aquaplaning
Preis (inkl. MwSt.): 140 Euro
Platz 6: Maxxis Vansmart Snow WL 2
promobil-Gesamturteil 7,5 – Noch empfehlenswert
weitgehend ausgewogen und sicher auf nasser und trockener Strecke
Mit wenig Kurvengrip und deutlichen Lastwechselreaktionen schwach auf Schnee
leichte Defizite im Aquaplaning
wenig Komfort
Preis (inkl. MwSt.): 98 Euro
Platz 7: Nokian WR C 3
promobil-Gesamturteil 6,6 – Bedingt empfehlenswert (Reifen wegen gravierender Schwächen bei Nässe um einen Punkt abgewertet
gute Trocken-Performance
trotz überragender Schneequalitäten führen gravierende Defizite auf Nässe zur Abwertung
Komfortschwächen
Preis (inkl. MwSt.): 119 Euro
Übersicht und Preisvergleich
- Bremsleistung: Vollbremsung mit ABS-System von 50–10 km/h auf festgefahrener Schneedecke.
- Traktion: Zugkraft beim Anfahrversuch auf homogen festgefahrener Schneedecke.
- Handling: Auf schneebedeckter Rundstrecke (1600 m) wird auf Zeit gefahren.
Auf Nässe:
- Bremsleistung: ABS-Vollbremsung 80–0 km/h auf bewässertem Asphalt
- Seitenführung: Maximale Querbeschleunigung auf bewässerten Asphaltkreis, Durchmesser: 80 Meter.
- Handling: Auf dem 1.823 Meter langen Handlingkurs zählt die maximale Durchschnittsgeschwindigkeit.
- Aquaplaning längs: Ermittelt wird die Aufschwimmgeschwindigkeit bei geführter Geradeausfahrt in km/h bei 15 % Schlupf.
- Aquaplaning quer: Haftung bei Wasserdurchfahrt im 200-m-Kreis (VDA). Gewertet wird die Querbeschleunigung in m/s².
Auf trockenem Asphalt:
- Bremsleistung: ABS-Vollbremsung 100–0 km/h auf trockenem Asphalt. Mittelwert aus zehn gültigen Versuchen.
- Handling: Auf einem Rundkurs zählen Fahrsicherheit und Rundenzeit.
- Rollwiderstand: Der Rollwiderstandsbeiwert in kg/t wird auf einem stationären Rollenprüfstand ermittelt.
- Abrollgeräusch: Abrollgeräusch der Reifen auf ISO-Norm-Asphalt mit abgestelltem Motor bei 80 km/h.
Im direkten Vergleich der sieben namhaften Winterreifen liegt der bissige und seitenführungsstarke Nokian WR C 3 mit dem Traum-Notendurchschnitt von satten 9,9 Zählern eindeutig in Führung. Zusammen mit Conti und Michelin liefert er die kürzesten Bremswege auf Schnee.

Auch bei den Traktionsmessungen ist er ganz vorne mit dabei und hat – das zeigen die Handlingzeiten – die besten Gripreserven bei Kurvenfahrt. Hohe Anfahr- und Bremssicherheit haben auch Conti und Michelin, in Kurven ist bei den beiden jedoch weniger drin. Recht ausgewogen auf Schnee ist auch der Goodyear Ultragrip. Er glänzt mit guter Seitenführung, bremst aber etwas schwach und kommt beim Beschleunigen schnell ins Rutschen. Nur dürftige Schneeperformance ist von Vredestein und Maxxis zu erwarten. Ob sie dagegen auf anderen, im Winter ebenso anzutreffenden Untergründen überzeugen?
Gute Winterreifen meistern nasse und trockene Strecken
Schnee und Eis sind das eine, ein guter Winterreifen muss sich aber genauso auch auf nassen und trockenen Straßen behaupten können. Um die Nassqualitäten zu bewerten, müssen alle Reifen ein exakt definiertes Testprogramm absolvieren. Geprüft und verglichen werden die Bremswege, der Kurvengrip auf Nässe, die Empfindlichkeit der Reifen gegenüber Aquaplaning in Längs- und Querrichtung sowie das Fahrverhalten im Grenzbereich, bei dem ein künstlich bewässerter Rundkurs auf Zeit bewältigt werden muss.

Was der Nokian auf Schnee kann, schafft der neue Conti Van-Contact Winter auf nasser Straße: Mit kürzesten Bremswegen, bestem Kurvengrip und ausgewogenen Handlingeigenschaften. Zwar kommen die Hannoveraner an die überragende Aquaplaningsicherheit des Vredestein nicht heran, doch der patzt etwas im Nassbremsen und muss so dem Conti knapp den Sieg in der Nässewertung überlassen.
Sehr zufrieden waren wir zudem mit den Nässeleistungen des GT Radial Maxmiler WT2 der übrigens auch auf Schnee schon ohne nennenswerte Schwächen ein rundum solides Ergebnis ablieferte.
Mit Ausnahme einiger Defizite in der Aquaplaningvorsorge kann auch der Maxxis Vansmart Snow – auf Schnee eher schwach – ein durchaus akzeptables Nässeresultat erzielen. Hingegen eher mau im Regen: Michelin, Goodyear und ganz besonders der Nokian, der mit zu langen Bremswegen und dürftigem Aquaplaningschutz weit nach hinten rutscht.
Kurze Bremswege und hohe Fahrsicherheit gefragt
Schnee und Nässe sind geprüft. Zu einem vollumfänglichen Bild eines Reifens gehören außerdem die Eigenschaften auf trockenen Strecken, die auch im Winter – und in den letzten Jahren zunehmend häufiger – anzutreffen sind. Auf trockenem Asphalt gilt unser Augenmerk neben möglichst kurzen Bremswegen besonders einer hohen Fahrsicherheit des beladenen Fahrzeugs. Um das Fahrverhalten eines bepackten Reisemobils möglichst realitätsnah und reproduzierbar beurteilen zu können, wird, wie auch bei den Schnee- und Nässetests, der Ducato vornehmlich auf der Hinterachse beladen.

Bei schnellen Spurwechseln, die im Test mit Geschwindigkeiten um Tempo 120 gefahren werden – hier wird das plötzliche Ausweichen um ein unvermittelt auftauchendes Hindernis auf der Autobahn simuliert –, kann so eine eventuelle Instabilität unmittelbar erkannt und bewertet werden.
Besonders stabil und fahrsicher gibt sich bei diesen Versuchen der robust gebaute Vredestein. Beim Spurwechsel, aber auch im Handling auf Zeit gefällt er mit guter Fahrstabilität und einfacher Beherrschbarkeit im Grenzbereich.
Seine Trocken-Bremswerte sind mit durchschnittlich 47,5 Metern aus Tempo 100 mehr als okay. Besser ist hier nur Goodyears Cargo Ultragrip 2, der zwar einen guten Meter kürzer bremst, dafür aber in den dynamischen Tests etwas unruhiger wirkt. Sichere Eigenschaften auf trockener Bahn liefern auch Conti, Nokian und Maxxis; bei Michelin und GT Radial lassen die Bremswege etwas zu wünschen übrig.
Fazit
Mit bester Overall-Performance und den breitangelegtesten Qualitäten geht der neue Conti klar in Führung. Kleine Schwächen im Trockenen hindern uns daran, die Bestnote "Sehr empfehlenswert" zu vergeben.
Der Rest des Feldes liegt in diesem Test – trotz teils diametral unterschiedlich ausgeprägter Stärken und Schwächen – in der gemittelten Endnote überraschend dicht beieinander. So dicht, dass sich fünf Reifen fast gleichauf im oberen Bereich der "Noch empfehlenswert"-Note tummeln. Mit dabei die noch relativ ausgewogenen Modelle von GT Radial, Michelin, Vredestein, Goodyear und Maxxis. Abgeschlagen am Ende findet sich der zunächst auf Schnee wirklich überragende Nokian. Mit seinen sehr schwachen Nässeleistungen schießt er sich weit ins Abseits und kann so nur sehr bedingt empfohlen werden.
Etwas besorgniserregend ist allerdings das relativ niedrige Leistungsniveau insgesamt. Aktuelle Vergleiche zu Pkw-Reifen zeigen, dass gerade auch beim Bremsen Nass und Trocken im Schnitt gut vier Meter mehr benötigt werden – da ist noch reichlich Luft nach oben.
Statt der schlanken Campingreifen-Sommergröße 215/70 R 15 CP empfiehlt Fiat beim gerne genutzten Ducato Light bis 3,5 Tonnen Gesamtgewicht für die Winterbereifung die Dimension 225/70 R 15 C. Der Grund: CP-Winterreifen gibt es nicht. Die höhere Tragfähigkeit von rund 90 kg pro Rad wird durch die breiteren Reifen ausgeglichen. Trotz des relativ hohen Bedarfs ist das Angebot an Top-Winterreifen in dieser Größe – wie der Test zeigt – aber eher dürftig. Die Leistungen hinken dem technisch Machbaren deutlich hinterher. Liebe Reifenhersteller: Es besteht Handlungsbedarf!
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