Auf dem europäischen Markt sind sie die beliebtesten Transporter in der Drei-Tonnen-Klasse: Ford Transit Custom, Mercedes Vito und VW T6 beanspruchen in diesem Segment zusammengenommen mehr als die Hälfte (56,9 Prozent) aller Neuzulassungen für sich. Die meisten Exemplare dienen freilich als Lastesel für Gewerbetreibende, gefragt sind die drei aber auch als Basis für Campingbus-Ausbauten. Wie schon bei früheren Tests von Basisfahrzeugen hat sich promobil deshalb ein weiteres Mal mit den Kollegen der Partner-Zeitschrift lastauto omnibus zusammengetan und zu einem umfangreichen Vergleichstest geladen. Angetreten sind die drei kompakten Kastenwagen dazu mit der kürzesten Karosserievariante, mittelstarker Motorisierung und einem vorgegebenen Budget für die Sonderausstattung von jeweils maximal 10.000 Euro – in diesem Fall exklusive der Mehrwertsteuer.

Die Motoren im Vergleich
Während Vito und T6 mit 114 PS starken Dieselmotoren ins Rennen gehen, bekommen es im Transit lediglich 105 Pferdestärken mit dem größten Eigengewicht und der bei allen fahrrelevanten Messungen mitgeführten Testbeladung von 500 kg zu tun. Da erscheint es zunächst logisch, dass der Ford bei Beschleunigung, Elastizität und Höchstgeschwindigkeit die schwächsten Werte abliefert. Trotzdem fühlt er sich agiler an als seine beiden Konkurrenten. Das liegt zum einen am straff gefederten Fahrwerk, der präzisen Lenkung und dem vergleichsweise spät eingreifenden ESP – eine Kombination, die auf kurvigen Landstraßen durchaus nennenswerten Fahrspaß beschert. Zum anderen liefert sein neu entwickelter Zweiliter-Ecoblue-Diesel in diesem Teilnehmerfeld das stärkste Drehmoment (370 Nm). Die ausgeprägte Anfahrschwäche früherer Motorengenerationen hat Ford zwar gut in den Griff bekommen, an Traktion mangelt es aber weiterhin. Vor allem in engen Kehren und auf nasser Fahrbahn ringen die Vorderreifen um Halt. Da die Kraft schlagartig einsetzt, verlangt der Transit in diesen Situationen einen sensiblen Gasfuß.
Auch die harte Federung fordert Kompromisse beim Komfort, was sich auf der neuen Schlechtwege-Strecke von Goldschmitt klar erkennen lässt. Grobe Unebenheiten gibt das Fahrwerk beinahe ungefiltert an die Insassen weiter und auf welligen Passagen schaukelt sich die Karosserie auf.
Mercedes Vito – Beschleunigung und Fahrwerk
Der Mercedes Vito offenbart einen ganz anderen Charakter. Sein Maximum an Leistung und Drehmoment liefert der im 111 CDI eingebaute, von Renault beigesteuerte 1,6-Liter-Turbodiesel vergleichsweise spät. Ein ausgeprägter Turbopunch wie im Ford setzt nicht ein, was dazu verleitet, das Triebwerk für schwachbrüstig zu halten. Dass der Schein trügt, beweist der Vito auf der Teststrecke. Sanft und gleichmäßig beschleunigt er nicht nur am schnellsten aus dem Stand, sondern erreicht auch die höchste Geschwindigkeit und lässt sich bei den Zwischensprints am wenigsten Zeit. Die entscheidende Ursache dafür dürfte auf der Waage stehen: Der Vito ist exakt 180 kg leichter als der Transit.
Überzeugen kann beim Mercedes aber vor allem das komfortable Fahrwerk. Selbst Kopfsteinpflaster kann es kaum aus der Ruhe bringen. Dank seiner geschwindigkeitsabhängigen elektromechanischen Servolenkung macht der Vito auch beim Handling eine gute Figur – trotz langem Radstand und großem Wendekreis.
VW T6 – sparsamer Verbrauch
Der VW Transporter holt sich die entscheidenden Punkte für den Sieg im Antriebskapitel mit dem sparsamsten Verbrauch. Die 200 km lange Verbrauchsrunde absolviert er mit 6,7 l/100 km – 0,7 l weniger als Transit und Vito. Und das, obwohl VW den Motor lediglich mit einer Fünfgang-Schaltung kombiniert, während die beiden Konkurrenten mit einer Sechsgang-Schaltung ausgestattet sind. Seine Langstreckentauglichkeit wird dadurch aber eingeschränkt. Der letzte Gang ist ab Tempo 70 drin, bei 130 km/h ist die Drehzahlnadel bereits bei 3.000 Umdrehungen. Auf Autobahnetappen steigen daher Verbrauch und Lärmpegel merklich an. Da wünscht man sich die gute Motorgeräuschdämmung des Ford. Punktabzüge muss der VW auch beim Federungskomfort hinnehmen. Um Sprit zu sparen, liegt seine Karosse tiefer als bei den anderen. Mit den rollwiderstandsoptimierten 17- Zoll-Rädern poltert der VW daher recht unbeholfen über Schlaglöcher. Dass er im Komfortkapitel dennoch vorn liegt, verdankt er der guten Ausstattung der Fahrerkabine.
Fahrerraum
Auch im Ford Transit taugt selbige zum Wohlfühlen. Die Sitzpolster sind zwar recht hart, dafür lässt sich der Fahrersitz am weitreichendsten verstellen. Ablagen gibt es genug, teilweise sind sie aber, wie der große Getränkehalter auf Kniehöhe, nicht optimal platziert. Als praktisch erweist sich der Smartphone-Halter zwischen Lenkrad und Infotainmentsystem. Dessen Tasten und Knöpfen für die Steuerung fehlt es aber an logischer Struktur, teilweise liegen sie versteckt hinterm Lenkrad. Von hier aus genießt der Fahrer aber dank Weitwinkelspiegeln die beste Rundumsicht. Spitzenwerte erreicht der Transit ebenso bei der Abmessung von Laderaum und Türausschnitten. Für einen Ausbau bietet das Heckabteil also den meisten Platz.
Im Vito fühlt sich der Fahrer mehr wie in einem Pkw als in einem Transporter. Die Sitzposition ist tief, an den Sitzen selbst gibt es außer der knappen Schenkelauflage nichts zu meckern. Das dicke Lederlenkrad und die ansprechenden Instrumente stechen im kargen Cockpit klar hervor. Daneben wirkt das grobpixelige Becker-Navi etwas veraltet. Die Übersicht nach vorne ist gut, der Blick durch die Außenspiegel aufgrund der ausgeprägten toten Winkel aber dürftig. Abhilfe schafft der optionale Totwinkel-Assistent. Bei Ablagen und Laderraumvolumen markiert der Mercedes das Schlusslicht. Der Laderaum hat zwar das größte Längenmaß, erreicht dies aber nur, weil sich die Trennwand am Boden tief in Richtung der Fahrerkabine wölbt. Für einen Campingausbau bleibt im Vito folglich am wenigsten Platz.
Der VW sortiert sich bei Laderaumvolumen und Abmessungen der Türöffnungen in der Mitte ein. Neben dem barrierefreien Einstieg gefallen in der Fahrerkabine die überaus bequem gepolsterten Sitze, das durchdachte Ablagenkonzept und das gut verarbeitete, klar strukturierte Cockpit mit intuitiver Bedienung. In Sachen Multimedia hat der Transporter die Nase vorn. Smartphone-Inhalte lassen sich spiegeln, die Navigation liefert Verkehrsinformationen in Echtzeit und auf Wunsch dient der VW als W-LAN-Hotspot. Die Übersicht ist insgesamt passabel, nach vorne gewähren die schlanken A-Säulen einen guten Einblick in Kurven.
Die Fahrsicherheit
Bei der Fahrsicherheit landet der VW ganz vorne. Das liegt zum einen an seinen standfesten Bremsen, die ihn deutlich früher als seine Konkurrenten zum Stehen bringen. Da der Ford den längsten Bremsweg hat, muss er sich in diesem Kapitel hinten anschließen – trotz der guten Sicherheitsausstattung und den zahlreichen Assistenzsystemen. Bei Antrieb und Komfort noch knapp vor dem Mercedes, verliert er seinen Vorsprung bei der Bewertung der Zuladungsreserven wegen seiner schwachen Nutzlast von lediglich 645 kg. In der rund 1.500 Euro teureren Kastenwagen-Variante 310 L1 mit bis zu 1.200 Kilo Nutzlast stünde er hier besser da. Dann wiederum würde er aber Punkte im Kostenkapitel verlieren.
Und gerade hier trumpft der Transit groß auf. Der Testwagen ist nicht nur der günstigste in diesem Vergleich, sondern auch am umfangreichsten ausgestattet. Wichtiges wie eine Einparkhilfe, ein Kollisionswarner oder ein Notbremsassistent finden sich zwar auch in den beiden anderen Testwagen. Abbiegelicht, Rückfahrkamera, Seitenwindassistent oder Tempomat mit adaptiver Geschwindigkeitsregelung werden aber in mindestens einem von ihnen jeweils vermisst. Mit dem besten Preis-Leistungs-Verhältnis und der längsten Garantieerweiterung holt der Ford schließlich die nötigen Punkte, um am Vito vorbeizuziehen. Der VW muss sich seinen beiden Konkurrenten nur in einigen Einzeldisziplinen geschlagen geben und fährt daher verdient den Sieg ein. Dass er mit mehr als einem Drittel (42 Prozent) aller Neuzulassungen auch der Beliebteste in seinem Segment ist, erscheint daher wenig überraschend.

Sicht-Testergebnisse der Transporter
Ford Transit
Gute Sicht direkt vor den Bug und nur geringe Einschränkung durch die A-Säulen (1), als Einziger im Test mit Weitwinkelspiegeln, die den Blick nach hinten breit abbilden (2).
Hohe Spiegelgehäuse und die zusätzlichen Fensterstege limitieren die Sicht in Kurven (3), kleinster Sichtwinkel zu den Seiten und nach oben.
Mercedes Vito
Trotz tiefster Sitzposition und langer Motorhaube beste Sicht direkt vor die Front (1), guter vertikaler Blickwinkel nach oben.
Sehr großer, durch die Spiegel nicht einsehbarer Bereich seitlich vom Fahrzeug – vor allem rechts (2), größte Sichteinschränkung durch die A-Säulen, praktisch nutzlose Mini-Dreiecksfenster an den Spiegeln (3).
VW T6
Bestwerte beim Blickwinkel nach oben, wenig Einschränkung durch die A-Säulen (1) und damit gute Sicht in Kurven, breit abbildende Außenspiegel mit akzeptablem Sichtfeldbeginn (2).
Im Vergleich schlechteste Sicht direkt vor das Fahrzeug (3), merkliche Sichtfeldeinschränkung durch die Außenspiegel (4).

So haben wir getestet
Ein umfassender Vergleichstest besteht aus einer Vielzahl unterschiedlichster Messungen. Ob Laderaumgröße, Gewichte und Sichtfelder oder Beschleunigung und Bremsweg, alles wurde exakt ermittelt und anhand eines festen Punkteschemas bewertet. Dabei erhielt der beste Transporter jeweils die volle Punktzahl. Je nach Abstufung der Messwerte wurden die Punkte an die folgenden vergeben. Einige Kriterien können dagegen nur subjektiv bewertet werden – etwa der Fahrkomfort. Als besonders hilfreich erwies sich dabei die 500 Meter lange Schlechtweg-Teststrecke von Goldschmitt mit Kopfsteinpflaster, Schlaglöchern und Bodenwellen. Eine ausführliche Beschreibung der Messmethoden finden Sie unter hier.