Ganz blau und still liegt er da, der Titisee, umrahmt von grünen Bergen. Die Mietboote stehen aufgereiht Seite an Seite am Ufer, sie schlummern jetzt am frühen Morgen noch. Wie fängt man seinen Urlaubstag hier am besten an? Heute machen wir’s mal so: mit dem Rad schnell vom Campingplatz rüber in den Ort Titisee zum Bäcker. Dort gibt’s frische Laugenweckle. Wieder retour, dann ein Sprung in den klaren See, ein paar Runden schwimmen und das Morgenlicht genießen – anschließend ein ausgiebiges Frühstück mit Blick aufs Wasser. Besser geht’s nicht, oder?
Unsere große Schwarzwald-Runde beginnen wir dort, wo der Hochschwarzwald am schönsten ist: Der Caravan steht auf dem Campingplatz Sandbank, einem schlichten, aber gut gelegenen Terrassenplatz am Südufer des Titisees. Er ist für ein paar Tage unser Ausgangspunkt für Fahrradtouren, Spaziergänge und Ausflüge. Hier am Titisee hat man übrigens die Wahl: Es gibt gleich zwei Campingplätze am Südufer – und das ist gut so, denn an Sommertagen kann es hier voll werden.
Mit den E-Bikes ist es leicht zu bummeln. Am Nachmittag fahren wir mit den Rädern die idyllische Strecke durchs Bärental, hinauf in Richtung Hinterzarten – dort ist der Schwarzwald richtig bergig, zeigt seine wilde, dunkle Waldseite. Am Weg liegen eine Reihe von magischen Ausblicken über den See. Als wir wieder zurückkommen, blinzelt gerade noch die Sonne über den Berg und taucht den Titisee in ein warmes Licht. Ein knallrotes Ruderboot zieht einen flotten Strich über den See. Menschen flanieren am Wasser, Radfahrer und Wanderer kommen aus dem Waldweg, der Teil des etwa sechs Kilometer langen Rundwegs um den See ist. Das Publikum hier in Titisee ist üblicherweise international.
In diesem Jahr bleiben allerdings Gäste aus Amerika, China oder arabischen Staaten dem Schwarzwald fern. Beim Abendessen im Restaurant mit Blick auf See und Sonnenuntergang sitzen Urlauber aus vielen Regionen Deutschlands an den Nebentischen – wir alle sind fast andächtig still auf der Terrasse des Restaurants Bergsee und schauen dem Heraufziehen des Abends zu.
Vielfältiger Schwarzwald

Das Schöne an einer Schwarzwald-Tour ist – das merken wir bald – die Vielfalt. Und deshalb denkt man jeden Tag: Ach, vielleicht sollten wir noch einen weiteren Tag genau hier bleiben. Auf dem Feldberg, dem mit 1493 Metern Höhe höchsten Gipfel des Schwarzwalds, machen wir zum Beispiel einen stundenlangen Spaziergang auf dem Panorama-Weg – und können uns kaum sattsehen, so klar ist die Sicht: Auf der einen Seite bis zu den Vogesen, und die Berggipfel dahinten gehören schon zur Schweiz. Unter uns liegt der kleine Feldsee, in seinem klaren Wasser spiegeln sich die hohen, dunkelgrün bewaldeten Felswände.
Wir könnten von hier aus auch den prämierten Feldbergsteig weiterwandern, unterwegs einkehren, die Ruhe um den Feldsee aus der Nähe genießen. Aber es ist auch zu schön hier oben, also bleiben wir länger – und fahren dann gemütlich mit der Seilbahn wieder runter. Am nächsten Vormittag erleben wir Hightech auf dem neuen Thyssenkrupp-Testturm in Rottweil: Der 246 Meter hohe Turm wurde gebaut, um Aufzugstechnik von morgen zu erproben, aber er ist auch für Besucher zugänglich (Tickets zur Zeit nur online). Wir schauen uns einmal Rottweil von der Aussichtsplattform des Turms aus an und den eigenwilligen Turm von Rottweil aus.
Fazit: Hat beides was. Und es macht Spaß, durch die älteste Stadt Baden-Württembergs mit ihren gut erhaltenen Fachwerkhäusern zu schlendern. Zwischen den vielen alten Türmen fällt der Testturm aber schon ganz schön ins Auge. Unwirklich sieht er aus, fast wie eine Fata Morgana. Oder wie ein riesengroßer Bohrer. Was ist das bloß für ein Material? Die Fahrstuhlführerin erklärt es auf der nur 30 Sekunden dauernden Fahrt mit dem Aufzug zur Aussichtsplattform in 232 Metern Höhe: Es ist eine Stoffhülle aus Glasfasergewebe, die nach oben hin immer weitmaschiger wird – weshalb der Durchblick sich während der rasanten Fahrt rasch verbessert. Der Ausblick von der höchsten Besucherplattform Deutschlands ist der Hammer.
Freilichtmuseum Vogtsbauernhof

Nachmittags wird es traditioneller: Im Schwarzwälder Freilichtmuseum Vogtsbauernhof bei Gutach erfahren wir, wie die Schwarzwälder vor 400 Jahren gelebt haben. Dort sind sechs alte Höfe und einige weitere Gebäude aus der Region wieder aufgebaut worden. Nun lernt dort auch jeder Nicht-Schwabe, dass ein "Bollen" eine Kugel ist, in diesem Fall aus roter Wolle, die auf einem Strohhut sitzt, der irgendwie zum Symbol für den ganzen Schwarzwald geworden ist. Und das, obwohl er doch eigentlich zu einer Tracht gehört, die von unverheirateten Frauen so getragen wurde – und das auch nur in drei Schwarzwalddörfern.
Im Freilichtmuseum Vogtsbauernhof kann man zu bestimmten Terminen sogar einer Bollenhutmacherin über die Schulter schauen – oder auch Drechslern, Korbflechtern und Drehorgelspielern. Für Kinder ist das ein perfektes Programm, für uns Erwachsene Entschleunigung und eine gemächliche Reise in die Vergangenheit.
Es geht so weiter. Auch am Schluchsee denken wir schon wieder über eine Verlängerung nach: Eigentlich wollten wir hier nur baden und uns ausruhen – dann fällt uns am Nachmittag ein kleines Magazin in die Hände, in dem wir eine klasse Geschichte über das Heilklima im Hochschwarzwald lesen. Wir lernen, dass unter anderem die Höhe, die Stille und die saubere Luft dazu beitragen, dass allein die Bewegung im Wald schon therapeutische Wirkung hat. 18 unterschiedlich anspruchsvolle Heilklimawege sind zwischen Schluchsee, St. Blasien, Lenzkirch, Hinterzarten und Titisee ausgewiesen. Wahrscheinlich sollten wir doch noch eine ganze Woche dableiben und einfach im Wald wandern. Oder noch besser gleich zwei?
Der Schwarzwald im Überblick
Die große Schwarzwald-Tour führt über Berge und durch Täler, vorbei an funkelnden Seen, durch dichte Wälder und über weite, grüne Ebenen – mit Zwischenstopps in malerisch-bezaubernden Städten.
1. Baden-Baden: Mondäne Belle-Époque-Architektur, Thermalbäder und Luxus-Boutiquen, Galopprennbahn, Festspielhaus und Casino – dafür steht der traditionsreiche Kurort. Das etwas angestaubte Image hat die Schwarzwald-Metropole inzwischen abgeschüttelt, heute kommen auch hippe und junge Gäste gern hierher.
Tipp: Schon die Römer schätzten die heißen Quellen der Region. Besonders schön ist das Thermalbad-Erlebnis im Friedrichsbad, einem prächtigen, 130 Jahre alten Renaissance-Bau.
2. Freudenstadt: Eigentlich sollte hier ein Schloss stehen – nun ist der 1599 erbaute Marktplatz der größte Deutschlands, quadratisch und stolze viereinhalb Hektar groß. Zu Beginn des 20. Jahrhunderts gab sich in Freudenstadt die Prominenz die Ehre, kurten hier die Schönen und Reichen, Könige und Schriftsteller.
Tipp: Dreimal täglich erklingt das Glockenspiel am Martin-Luther-Platz, unweit des Marktplatzes.
3. Gutach: Der Ort im Ortenaukreis trägt den Zusatz "Schwarzwaldbahn", um die Verwechslung mit dem gleichnamigen Ort im Breisgau zu vermeiden. Die international als Symbol des Schwarzwaldes bekannte Tracht mit dem roten Bollenhut hat in Gutach und Umgebung ihren Ursprung.
Tipp: Das Freilichtmuseum Vogtsbauernhof erzählt vom Leben und Arbeiten im Schwarzwald während der letzten 600 Jahre.
4. Triberg: Gleich mehrere Superlative bietet der kleine Ort: einen Unterschied von 250 Höhenmetern innerhalb der Stadt, den mit 163 Metern höchsten Wasserfall Deutschlands – abends mit Beleuchtung schön in Szene gesetzt.
Tipp: Die weltgrößte begehbare Kuckucksuhr mit ihrem im Maßstab 60:1 nachgebauten Uhrwerk und dem 150-Kilo-Kuckuck.

5. Freiburg: In der Hauptstadt des Schwarzwalds lohnt sich ein ausgedehnter Bummel durch die geschichtsträchtige Altstadt mit ihren historischen Bauten und den Bächle.
Tipp: Mit der kleinen Schienenbahn hoch zum Kanonenplatz auf dem Schlossberg, von hier bietet sich ein phänomenaler Blick über die Stadt und ihr Wahrzeichen, das Münster.
6. Titisee: Einer Sage nach ist der Titisee unermesslich tief – tatsächlich sind es "nur" 39 Meter. Seinen Namen, so heißt es in einer anderen Sage, bekam der See vom römischen Feldherrn Titus, der hier einst sein Lager aufschlug.
Tipp: Rundfahrt mit dem knuffigen Zäpfle-Bähnle durch romantische Täler, auf die Fürsatzhöhe und zurück zum See. Abfahrt: Gaststätte Pferdestall.
7. Feldberg: Der Feldberg selbst ist mit seinen 1493 Metern die höchste Erhebung Baden-Württembergs, die gleichnamige Ortschaft auf 1277 Metern die höchstgelegene Deutschlands.
Tipp: Auf den Gipfel kommt man ganz bequem mit der Feldbergbahn. Dort geht es per Lift im Feldbergturm noch 45 Meter höher hinauf – von der Aussichtsplattform reicht der Rundumblick bis zur Zugspitze und zum Mont Blanc.
8. Sankt Blasien: Ende des 19. Jahrhunderts begann der Aufschwung zum Kurort, bis heute ist der Ort am Flüsschen Alb von Parkanlagen, Kneipp-, Thermal- und Radonheilbädern geprägt. Mittendrin thront der Dom mit dem mächtigen Kuppeldach.
Tipp: Das Aushängeschild der Region ist die berühmte Schwarzwälder Kirschtorte. Und die beste weit und breit gibt’s im Café Ell.
9. Schluchsee: Der größte See Baden-Württembergs ist ein Stausee, seiner gut zugänglichen Ufer wegen zugleich einer der beliebtesten Badeseen der Region. Ein weitgehend ebener, 18 Kilometer langer Wanderweg führt drum herum.
Tipp: Das Ausflugsschiff MS Schluchsee steuert inzwischen wieder vier Haltepunkte rund um den See an – so lässt sich eine Wanderung perfekt mit einer Schifffahrt kombinieren.

10. Wutachschlucht: Der "Grand Canyon des Schwarzwalds" ist ein 30 Kilometer langes Engtal entlang der Wutach mit einigen spektakulären canyonartigen Abschnitten und rauschenden Wasserfällen.
Tipp: Zwischen dem westlichen und dem östlichen Einstieg in die Schlucht liegen rund zwölf Kilometer – ein Wanderbus verkehrt bis Oktober zwischen den beiden Punkten.
11. Bad Dürrheim In 105 Metern Tiefe stieß man im Jahr 1822 auf einen Salzstock – das Startkapital des Sole-Kurorts, 100 Jahre später erhielt Dürrheim das Prädikat Bad. Diese Tradition wird bis heute weitergeführt. In der Saline wird die Geschichte des Kurwesens in Bad Dürrheim erzählt.
Tipp: Einmal im Monat nimmt "Badedienerin Johanna" mit auf eine Reise in die Blütezeit des Kurorts im 19. Jahrhundert.
12. Rottweil: Schon 73 v. Chr. siedelten die Römer hier am Neckar, heute beeindruckt die älteste Stadt Baden-Württembergs mit ihrer unglaublich gut erhaltenen mittelalterlichen Innenstadt.
Tipp: Der Ausblick vom 246 Meter hohen Thyssenkrupp-Testturm – einfach atemberaubend (Tickets zur Zeit nur online).
13. Bad Wildbad: In der Stadt am Oberlauf der Enz gibt’s gleich mehrere Thermal- und Heilbäder. Besonders schön ist das 1847 im klassizistischen Stil errichtete Palais Thermal, das zu den ältesten Bädern Europas zählt.
Tipp: Der Baumwipfelpfad und die benachbarte Hängebrücke. Von der Plattform des Baumwipfelpfades kann man eine spiralförmige und 55 Meter lange Rutsche hinabsausen.
14. Bad Liebenzell: Die Bäder- und Kurstadt im Nagoldtal ist ein kleines Schwarzwald-Idyll, umgeben von dichtem Wald und grünen Bergen. Sehenswert sind der Kurpark mit dem Apothekergarten und die im 12. Jahrhundert erbaute Burg Liebenzell, die oben auf dem Schlossberg über der Stadt thront.
Tipp: Vom Zentrum aus führt ein Spazierweg bis zum "Badhaus 1897" am Ortsende, wo es leckeren Kuchen aus der eigenen Backwerkstatt gibt.