Kein Tempolimit und kein Lkw-Überholverbot auf der Autobahn, preiswerte Maut, günstige Steuer – Wohnmobile bis 3,5 Tonnen zulässigem Gesamtgewicht haben unbestritten Vorteile. Bei der Zuladung erreichen viele aber schnell ihre Grenzen. Zubehör und Gepäck drücken auf die Waage. Auflastung heißt ein bewährter Weg, der Überladungsfalle zu entkommen.
Denn Übergewicht kann unangenehme Folgen haben. Das Strafspektrum reicht je nach Grad der Überladung von Geldstrafen über sofortiges Entladen bis hin zur Festsetzung des Reisemobils.
Gegen Übergewicht hilft Abnehmen oder Auflastung
Eine Auflastung des Fahrzeugs ist fast zum Spottpreis zu haben. Günstig kommen jene weg, deren Wohnmobil-Fahrgestell bereits auf höhere Gewichte ausgelegt ist und das Fahrzeug lediglich mit Begrenzung auf 3,5 Tonnen zugelassen wurde. Hier genügt der Gang zu Prüforganisation und Zulassungsstelle, schon darf der Wagen legal bis zum ursprünglich zulässigen Gesamtgewicht beladen werden.
Ähnliches gilt für Wohnmobile, deren Summe der einzelnen Achslasten in der Zulassungsbescheinigung höher ist als das zulässige Gesamtgewicht. Auch hier kann zur Auflastung bereits der Gang zu TÜV und Zulassungsstelle genügen, sofern auch der Basisfahrzeughersteller keine Einwände gegen eine Auflastung hat. Doch Vorsicht: Im Falle einer polizeilichen Wiegung ist nicht nur das Gesamtgewicht entscheidend. Bereits Übergewicht an einer Achse gilt als Überladungsdelikt und wird geahndet.
Gewisse Reserven an Achslast und Gesamtgewicht sind somit nie von Nachteil, doch was ist für eine Auflastung notwendig? Für Wohnmobile werden von verschiedenen Ausrüstern Auflastungssätze angeboten. Sie ermöglichen, die jeweils zulässigen Achslasten wie auch das zulässige Gesamtgewicht anzuheben. Erreicht wird die Auflastung meist durch den Einsatz verstärkter Federn an Vorder- und Hinterachse.
Beim Fiat Ducato mit Light-Chassis und nominell 3,5 Tonnen zulässigem Gesamtgewicht sind so bis zu 3850 Kilo Gesamtmasse machbar, der Ducato Maxi – er erreicht ab Werk bis zu 4,0 Tonnen – kann bis zu 4,5 Tonnen aufgelastet werden. Bei anderen Fahrzeugen wie etwa Mercedes Sprinter und VW Crafter oder Opel Movano und Renault Master liegen die Auflastmöglichkeiten auf ähnlichem Niveau.
Auflastung am Wohnmobil – das sind die Änderungen.
Der Einsatz kräftigerer oder längerer Federn ergibt als Nebeneffekt auch eine dezente Höherlegung des Reisemobils. Das hat zur Folge, dass der zur Verfügung stehende Restfederweg zunimmt und den Fahrkomfort verbessern kann.
Wieso funktioniert das? Gegenüber Nutzfahrzeugen, die ständig mit wechselnden Lasten konfrontiert werden und somit leer wie voll beladen bestmögliches Fahrverhalten sicherstellen sollen, bewegen sich Reisemobile aufgrund ihres hohen Aufbaugewichts oft nahe an den maximalen Achslasten. Ohne Anpassung des Fahrwerks sind diese Fahrzeuge somit häufig in nahezu voll eingefedertem Zustand auf der Straße unterwegs.
Der Restfederweg ist gering, beim Überfahren von Bodenwellen setzen oft die vorne und hinten als Endanschläge angebrachten PU-Zusatzfedern ein. Ein Großteil des zur Verfügung stehenden Federwegs bleibt ungenutzt, der Feder- und Dämpfungskomfort ist beeinträchtigt. Darüber hinaus bedeuten geringe Federwege eine geringere Verschränkungsfähigkeit des Fahrwerks. Bei wechselseitigem Einfedern führt das zu Traktionsverlust an der Antriebsachse.
Die Redaktion macht die Probe aufs Exempel. Ein Carthago C-Tourer mit einem zulässigen Gesamtgewicht von 3,5 Tonnen soll mit verstärkten Federn aufgerüstet werden. Als einer der größten Anbieter von Reisemobil-Fahrwerkskomponenten wird Goldschmitt in Walldürn im Odenwald mit dieser Aufgabe betraut.
Nach Vermessung und Wiegung des Fahrzeugs ist klar: Hier besteht Handlungsbedarf. Bereits das leere Fahrzeug bringt es auf eine Vorderachslast von 1600 Kilogramm. Addiert man 150 Kilogramm für Fahrer und Beifahrer, sind bis zu den serienmäßig zulässigen 1850 Kilo vorn gerade mal 100 Kilo Reserve für Gepäck übrig.
An der Hinterachse sieht es üppiger aus: Hier könnten bis zur Achslast von 2,0 Tonnen noch 380 Kilogramm eingeladen werden. Wäre da nicht das in den Fahrzeugpapieren eingetragene, auf 3,5 Tonnen beschränkte zulässige Gesamtgewicht. Dieses berücksichtigt, bleiben Fahrer und Beifahrer lediglich 130 Kilogramm Restzuladung übrig.
Nun werden die Restfederwege ermittelt. Auch hier geht’s in unbeladenem Zustand schon recht knapp zu. Die Gegenmaßnahme: verstärkte Goldschmitt-Schraubenfedern vorn und eine Luft-Zusatzfeder an der Hinterachse. Alternativ sind hinten auch verstärkte Blattfedern oder Stahl-Zusatzfedern zu haben. Ihr Preis ohne Einbau fällt aber im Vergleich zur Luftfeder nur um rund 250 Euro günstiger aus.
Für die moderate Mehrausgabe bietet die Luftfeder gegenüber konventionellen Stahlfedern den Vorteil, dass sich die Luftunterstützung der Feder je nach Beladung individuell anpassen lässt. Bei geringer Hecklast kann komfortabel mit wenig Luftdruck gefahren werden, während bei hoher Beladung durch den eingebauten Kompressor mehr Luft in die Federbälge gedrückt werden kann.
Im Praxistest sind die Vorteile der Umrüstung schnell erfahrbar, nicht nur durch mehr als 300 Kilo Zuladungsgewinn: Sensibleres Ansprechen der Feder, spürbar mehr Federweg und damit deutlich verbessertes Schluckvermögen beim Überfahren von Fahrbahnunebenheiten. Dem steht eine etwas erhöhte Seitenneigung bei schneller Kurvenfahrt gegenüber. Auch filtert das Fahrwerk trotz Luftfeder harte Schläge nicht sänftenartig aus. Dennoch ist das Goldschmitt-Fahrwerk im Rahmen des technisch und finanziell Sinnvollen eine ausgereifte, harmonische und sehr fahrsichere Lösung mit reichlich Reserven.
Das ist aber kein Freibrief für unbegrenztes Zuladen. Auch nach der Auflastung müssen Beladungsgrenzen penibel eingehalten werden, denn oft sind nach einer Verstärkung des Fahrwerks die Reifen das schwächste Glied in der Kette. Aber auch ohne Auflastung ist mit diesen Komponenten eine Verbesserung des Fahrkomforts eine sinnvolle Maßnahme.
Goldschmitt-Hydropneumatik auf dem Hockenheimring
Schon 2010 hatte promobil darüber berichtet – nun ist die Entwicklung abgeschlossen. Die Rede ist von einem hydropneumatischen Fahrwerk für Reisemobile. An einem Dethleffs Liner als Technologieträger wurden an jeder Radposition Federn und Stoßdämpfer durch einen Hydraulikzylinder ersetzt. Über eine elektrisch betriebene Pumpe kann Hydrauliköl zwischen stickstoffgefüllter Federkugel und Zylinder hinzugefügt oder abgelassen werden. So wird das Fahrzeug angehoben oder abgesenkt. Stoßdämpfer sind nicht mehr nötig. Deren Funktion übernehmen Drosselventile, sie regeln die Durchflussgeschwindigkeit des Öls in den Leitungen. Zur Demonstration des seriennahen Prototypen ließ sich der frischgebackene FIA-GT1-Weltmeister Markus Winkelhock nicht zweimal bitten. Ambitioniert scheuchte er den fast 7,5 Tonnen schweren Dethleffs Liner um den Kurs und bescheinigte ihm zuletzt eine sichere Fahrdynamik bei beeindruckendem Fahrkomfort. Über eine mögliche Serienfertigung des aufwendigen und teuren Konzepts wurde noch nicht entschieden.
Auflastung und Fahwerksumbauten – das sind die Anbieter
Goldschmitt in Walldürn
Telefon 06282/9276990
www.goldschmitt.de
Kuhn Autotechnik in Zeltingen
Telefon 06532/95300
www.kuhn-autotechnik.de
MAD in Kaarst
Telefon 02131/797777
www.mad-vertrieb.de
SMV in Bohmte,
Telefon 05471/95830,
www.smv.ag
VB Airsuspension in Hagen
Telefon 02331/624740
www.vbairsuspension.de
Typ/zGG. | Auflastung auf: Achslasten v/h | Umbaumaßnahmen vorn/hinten | Preise v/h ohne Montage |
30 Light, 3000 kg | 3500 kg, 1850 kg/1950 kg | Schraubenfeder/Zusatzschrauben- oder Zusatzblatt- oder Zusatzluftfeder | 469 Euro/299-599 Euro |
33 Light, 3300 kg | 3850 kg, 2000 kg/2240 kg | Schraubenfeder/6“-Zusatzluftfeder Schraubenfeder/8“-Zusatzluftfeder | 949 Euro/ 1049 Euro |
33 Light, 3300 kg | 3500 kg, - | Wahlweise Federänderung vorn oder hinten | 299-699 Euro |
35 Light, 3500 kg | 3850 kg, 2000 kg/2240 kg | Schraubenfeder vorn/hinten wahlweise: • Zusatzschraubenfeder • Zusatzblattfeder • Zusatzluftfeder 6 Zoll • Zusatzluftfeder 8 Zoll | 469 Euro/ |
35 Heavy, 3500 kg | 4250 kg, 2250 kg/2400 kg | 299 Euro, 329 Euro | |
40 Heavy, 4000 kg | 4500 kg, 2500 kg/2400 kg | ab 599 Euro, ab 699 Euro |