Fahrtenschreiberpflicht für schwere Reisemobile?

Verordnung für Wohnmobile über 7,5 Tonnen
Brauchen Wohnmobile über 7,5 t Fahrtenschreiber?

Veröffentlicht am 31.01.2025

Brauchen Reisemobile über 7,5 Tonnen oder Wohnmobile mit Anhänger, die über diese Grenze kommen einen Fahrtenschreiber? Dazu gibt es hitzige Diskussionen im Netz. Zuletzt kurz vor Weihnachten 2024. In Youtube-Videos aus der Reisemobil-Szene kommen Mobilisten zu Wort, die mit ihren schweren Mobilen inklusive Anhänger in Deutschland von der Polizei angehalten und nach der Fahrerkarte ihres Fahrtenschreibers gefragt worden sind. Der Fahrtenschreiber dokumentiert unter anderem die Fahrzeuggeschwindigkeit sowie Lenk- und Ruhezeiten der Fahrer.

Da die von der Polizei angehaltenen Reisemobilisten keinen Fahrtenschreiber an Bord hatten, wurden ihnen Bußgelder angedroht – von Summen bis 1.500 Euro ist in den Videos die Rede.

Welche Fahrzeuge sind betroffen?

Viele Fahrer von schweren Wohnmobilen sind nun besorgt und stellen sich die Frage, ob sie ihr Fahrzeug mit einem Fahrtenschreiber ausstatten müssen oder nicht. Um die Frage beantworten zu können, stößt man zunächst auf die EU-Verordnung Nr. 561 aus dem Jahr 2006. Hierin werden als fahrtenschreiberpflichtig Fahrzeuge genannt, die der Güterbeförderung dienen und schwerer als 3,5 Tonnen sind. Außerdem Fahrzeuge, die für die Beförderung von mehr als neun Personen einschließlich des Fahrers konstruiert sind.

Morelo Grand Empire
Morelo

Ausgenommen von der Fahrtenschreiberpflicht sind laut dieser Verordnung Fahrzeuge unter 7,5 Tonnen, die zur nichtgewerblichen Güterbeförderung verwendet werden. Eine weitere EU-Verordnung, Nr. 165 aus dem Jahr 2014, ergänzt die Verordnung aus 2006. Wie die Rechtslage speziell für Reisemobile ist, wird in beiden EU-Verordnungen nicht explizit erwähnt.

Urteil EU-Gerichtshof 2023

Konkretere Aussagen in Bezug auf Reisemobile macht ein Urteil des Europäischen Gerichtshofs aus dem März 2023. In diesem Urteil wurde ein schwedisches Fahrzeug mit mehr als 12 Tonnen zulässiger Gesamtmasse, das einen Wohnraum besitzt und mit zwei Motorschlitten im Laderaum zu einem Wettkampf unterwegs war, für fahrtenschreiberpflichtig erklärt.

Auf dieses Urteil und die EU-Verordnungen bezieht sich in Deutschland das Bundesamt für Logistik und Mobilität (BALM) in seinen Hinweisen zu den Sozialvorschriften im Straßenverkehr aus dem September 2023. In der BALM-Veröffentlichung heißt es, dass Wohnmobile grundsätzlich keinen Fahrtenschreiber benötigen.

Volkner Mobil 11er Performance MJ
Volkner Mobil

Falls ein Mobil bzw. eine Wohnmobil-Anhänger-Kombination allerdings neben dem Wohnbereich auch Lademöglichkeiten für Güter besitzt – die großen Staufächer und Garagen der schweren Mobile können als solche ausgelegt werden –, dann sind laut BALM bei nichtgewerblicher Güterbeförderung Fahrzeuge bzw. Gespanne über 7,5 Tonnen fahrtenschreiberpflichtig.

Auf Nachfrage von Reisemobilisten, ob und warum die Fahrtenschreiberpflicht besteht, wird von Seiten der Ministerien als Begründung unter anderem auf das Gefahrenpotenzial verwiesen, das von diesen schweren Fahrzeugen bzw. Gespannen ausgeht.

Einschätzung des CIVD zum Thema Gefahrenpotenzial

Dieses Gefahrenpotenzial besteht laut dem Caravaning Industrie Verband e. V. (CIVD) nicht. Der CIVD untermauert dies durch Statistiken der Bundesanstalt für Straßenwesen (BASt), wonach die Unfälle mit Beteiligung von Reisemobilen über 7,5 Tonnen verschwindend gering sind. In den Jahren 2019 bis 2023 sind pro Jahr nie mehr als fünf Unfälle mit Beteiligung schwerer Mobile registriert worden.

"Aus unserer Sicht verbietet sich eine pauschale Fahrtenschreiberpflicht für Reisemobile und Gespanne über 7,5 Tonnen", lautet die Forderung von Jost Krüger, Leiter des Referats Technik, Umwelt und Infrastruktur beim CIVD. Mit dieser Forderung wird der Verband auf die entsprechenden Ministerien zugehen – mit dem Ziel, dass das BALM seine Vorschriften ändert.

Wie sollen Betroffene vorgehen?

Wie sollten Reisemobilisten vorgehen, falls sie wegen eines fehlenden Fahrtenschreibers ein Bußgeld zahlen müssen? "Man sollte sich gegen ein solches Bußgeld zur Wehr setzen, Einspruch erheben und sich gegen die Verhängung des Bußgelds verteidigen", rät Manfred Zipper, Anwalt für Verkehrsrecht aus Schwetzingen. Auch für ihn ist "ein Wohnmobil ein Fahrzeug zur Freizeitgestaltung, das eben nicht analog zum Güterverkehr bewertet werden darf."

Fahrtenschreiber von analog bis intelligent

Ein Fahrtenschreiber, auch Tachograf oder EG-Kontrollgerät, zeichnet unter anderem Fahrstrecke und Geschwindigkeit des Fahrzeugs auf sowie Lenk- und Ruhezeiten der Fahrer.

VDO Fahrtenschreiber im Fahrerhaus mit Hand
VDO

Bis 2006 wurden analoge Geräte in Fahrzeuge eingebaut, danach wurden digitale Tachografen Pflicht. In neu zugelassenen, fahrtenschreiberpflichtigen Fahrzeugen dürfen seit August 2023 nur noch sogenannte intelligente Fahrtenschreiber der zweiten Version eingebaut werden. Sie dokumentieren unter anderem die Fahrzeugposition, Grenzübertritte sowie Be- und Entladevorgänge.

Kommentar von promobil-Redakteur Holger Schwarz zum Fahrtenschreiber-Thema

Fahrtenschreiber machen in großen Bussen und Lkw für den gewerblichen Gütertransport absolut Sinn. Die Fahrerinnen und Fahrer legen Tag für Tag lange Strecken zurück. Buslenker tragen Verantwortung für viele Mitreisende, Lkw-Fahrer stehen zum Teil unter enormem Zeitdruck. Da ist ein Fahrtenschreiber wichtig: zum einen, damit gesetzliche Vorgaben eingehalten werden, aber auch zum Schutz der Fahrer selbst.

Aber welchen Sinn machen die Geräte in Wohnmobilen? Hier reisen (nicht rasen!) Personen in ihrer Freizeit – ohne Termindruck und ohne dass von ihnen eine bedeutende Gefahr ausgeht. Nur weil Reisemobile bzw. -gespanne über 7,5 Tonnen Laderaum für Güter besitzen, werden sie mit Lkw gleichgestellt und müssen einen Fahrtenschreiber an Bord haben. Das macht keinen Sinn. Die betroffenen Reisemobilisten fühlen sich durch ein Kontrollgerät zu Recht in ihrer Freiheit eingeschränkt. Deshalb sollten schwere Reisemobile auch als solche behandelt werden – und nicht wie Lkw. Und deshalb sollte es für Wohnmobile und -gespanne über 7,5 Tonnen auch keine Fahrtenschreiberpflicht geben.