Ein Nordseehafen, die friesische Seenplatte, sympathische Kleinstädte und eine junge Studentenstadt: Diese Mobil-Tour führt in den Norden der Niederlande, in die Provinzen Friesland und Groningen.
Ein Nordseehafen, die friesische Seenplatte, sympathische Kleinstädte und eine junge Studentenstadt: Diese Mobil-Tour führt in den Norden der Niederlande, in die Provinzen Friesland und Groningen.
Das Schöne an einem Urlaub in den Niederlanden ist ja, dass man als FahrradfahrerIn so eine Art Heilige-Kuh-Status hat. Nehmen wir mal Groningen im Norden der Niederlande.
Groningen ist eine lebendige Stadt mit großer Vergangenheit, wunderschönen alten Kaufmannshäusern und verwunschenen Grachten, an denen man schön spazieren gehen kann. Außerdem hat Groningen eine uralte Universität, deren Gebäude ein bisschen aussehen wie die "Hogwarts School of Witchcraft and Wizardry" – und viele, richtig viele nette Restaurants und Kneipen. Groningen ist auch eine junge Stadt, ein Drittel seiner 200.000 EinwohnerInnen sind Studierende.
Wir haben das Reisemobil auf dem Campingplatz im Stadtpark abgestellt und haben uns vorgenommen, alles mit dem Rad zu erkunden. Und das ist, wenn wir das mal so sagen dürfen, ein Traum. Hier gibt es Radwege durch die ganze Stadt, immer schön ausgeschildert und ins Ampelsystem eingepasst. Auf der Fahrradspur läuft eine kleine Uhr, die die Wartezeit an der Ampel rückwärts zählt. Hier sind RadfahrerInnen nicht nur mühsam geduldete Mit-VerkehrsteilnehmerInnen – im Zweifel haben sie sogar Vorrang.
Wir sind natürlich auf den ersten Blick als Touristen zu erkennen, denn hier trägt niemand einen Helm – aber es ist trotzdem jeden Tag wieder das reine Vergnügen, die 20 Minuten vom Stadtpark in die City zu fahren. Bald verstehen wir, warum die Stadt gerade auch bei deutschen Studierenden so beliebt ist. Groß, aber nicht zu unübersichtlich, viel Kultur, große Parks, kleine Shops zum Beispiel in der Folkingestraat, der schönsten Einkaufsstraße der Niederlande. Und an der Nordsee oder einem Badesee ist man auch schnell.
Unsere Tour durch den Norden der Niederlande hatten wir in Delfzijl begonnen, einem kleinen Städtchen kurz hinter der Grenze, noch in der Ems-Mündung, dort, wo der Fluss schon Kilometer breit ist und man die offene Nordsee schon riechen kann. Hier merkt man gleich, dass die Niederlande eine Camping-Nation sind – am Ortsrand, direkt hinter dem Deich, ist ein neuer Stellplatz, der in jeder Hinsicht ideal ist: Die Parzellen sind groß, gepflastert und klar gekennzeichnet, V + E sind perfekt angelegt, und der Preis ist überschaubar – zwölf Euro pro Nacht, zu bezahlen beim entspannten Amtsmann, der am frühen Abend vorbeigeradelt kommt, gerne auch mit Karte.
Neben Groningen wollen wir auch die kleinen friesischen Städte erkunden – sie sind alle bezaubernd und jede für sich ist einen Besuch wert: Leeuwarden zum Beispiel ist von Grachten durchzogen, auf denen sich Gondeln, friesische Bauernboote und SUPs tummeln. Wir gehen durch die kleine Kerkstraat vorbei an Delikatessenläden, Chocolatiers, Cafés und Designer-Shops zum Wahrzeichen "de Oldehove". Ein unvollendeter Kirchturm von 1529, der schiefer ist als der Schiefe Turm von Pisa.
Oder Sneek, nur eine halbe Stunde weiter – das Städtchen ist das Zentrum der friesischen Seenplatte, eines Netzwerks von 35 miteinander verbundenen Seen. Der idyllische Hafen liegt mitten in der Stadt. Und wenn die Yachten und Segelboote in den nächsten See wollen, müssen sie unter einer Hebebrücke durch. Das ist ein beeindruckendes Schauspiel, für Autos, FußgängerInnen und RadfahrerInnen geht dann ein paar Minuten nichts mehr, und im Wasser wuselt’s. Nebenan steht das wunderschöne Wassertor, jahrhundertealt und ursprünglich wohl Teil der Stadtmauer.
Am Ende unserer Tour landen wir in Harlingen, der einzigen der friesischen Städte, die direkt an der Nordsee liegt. Im Hafen liegen Fischtrawler vor Anker, im Städtchen gibt es eine Fußgängerzone mit schönen Restaurants und Kneipen – und einen Sportboothafen. Von hier aus fahren die Fähren zu den Friesischen Inseln Vlieland und Terschelling.
Und wenn man von Harlingen ein Stück weiter fährt über den Breezanddijk, den Abschlussdeich, der das Ijsselmeer von der offenen Nordsee trennt, erreicht man schnell Den Helder. Von dort fährt in der Saison jede halbe Stunde die Schnell-Fähre zur Insel Texel.
Auf den Inseln gibt es schönste Sandstrände, eine ganze Menge Campingplätze und auch einige Stellplätze. Aber das ist eine andere Geschichte, die wir ein anderes Mal erzählen.
Historische Bauten, wohin das Auge blickt, prächtige noch dazu. Wer die Architektur liebt, ist im Norden der Niederlande gut aufgehoben und kann sie ganz in Ruhe bewundern, ohne Großstadttrubel. Auf einer Tour von Ost nach West durch diese sechs Städten können Sie das auf einer Wohnmobil-Tour entdecken.
Menkemaborg Uithuizen: Die Gesten werden sanfter, der Rücken gerader – beim Wandeln durch die Räumlichkeiten und Gärten der Menkemaborg fühlt man sich gar herrschaftlich, auch in Jeans und Sandalen. Das Anwesen im Norden der Provinz Groningen wurde im 14. Jahrhundert von Familie Menkema, über die wenig bekannt ist, erbaut und von den nachfolgenden Besitzern im Laufe der Jahrhunderte zu einer barocken Burg erweitert. Die letzten Umbauarbeiten wurden von den damaligen Schlossherren Alberda in Auftrag gegeben, die sich dafür im 18. Jahrhundert verschiedene Künstler in Haus und Garten holten. Seit 1927 ist die Menkemaborg ein Museum, in dem das Leben der Groninger Junker dargestellt wird. Und nach einem Spaziergang durch die großen Gartenanlagen der Burg kann man im "Schathuis" gut essen, auf Wunsch auch draußen im Hof.
Hollandse Nieuwe: Schwanzflosse packen, Kopf in’n Nacken, den Fisch von oben in den Mund senken: Das ist eine Art, die holländische Spezialität zu verspeisen. Die ersten Matjes der neuen Fangsaison, Nieuwe Haring, Hollandse Haring oder einfach Nieuwe genannt, werden hier regelrecht zelebriert. Auf Heringsfesten etwa, wie dem Vlaggetjesdag (Fähnchentag), an dem auch das erste Heringsfässchen versteigert wird.
Fahren nach Zahlen: Wer schon mal in den Niederlanden Fahrrad gefahren ist, will es nie wieder woanders tun. Es gibt gut gepflegte Fahrradwege, schräg gestellte Mülleimer, damit man fahrend den Müll einwerfen kann, und noch das Fietsknoop-System, ein beschildertes Netzwerk von Knotenpunkten. An jeder Kreuzung oder Abzweigung, an der Radwege aufeinandertreffen, liegt solch ein Knotenpunkt, der eine eigene Nummer hat. Die steht auf einem Hinweisschild, mitsamt Richtungspfeilen zu den nächsten Knotenpunkten. Per App (Fietsknoop) und online kann man seine Tour planen und dann ganz entspannt nach Zahlen fahren.