Campingplätze im Visier: Wie große Investoren den deutschen Markt verändern

Überland wächst zum Campingplatz-Imperium
Camping wird zum Geschäft für große Investoren

ArtikeldatumVeröffentlicht am 20.12.2025
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Hegi Familien Camping
Foto: Hegi Familien Camping

Da waren es sieben und acht: Mit der Übernahme des Nordsee-Campingplatzes Hooksiel (Niedersachsen) und des Campingplatzes Prahljust im Oberharz (Niedersachsen) in den vergangenen Wochen ist Überland Camping zu einem kleinen Imperium herangewachsen. Drei Plätze im Schwarzwald, je einer im Sauerland, Teutoburger Wald und Weserbergland, einer im Oberharz und einer an der Nordseeküste gehören dem noch relativ jungen Unternehmen, das erst 2024 in Berlin gegründet wurde und kürzlich nach Hamburg umzog. Die – offiziell – Überland Service GmbH ist damit immer noch deutlich kleiner als Deutschlands größter Campingplatzbetreiber. Ihr Auftreten ist aber sinnbildlich für eine Entwicklung: Campingplätze in Deutschland werden langsam zu großen Investitionsobjekten und der bundesweite Markt zu einem Spieltisch für finanzkräftige Unternehmen aus ganz Europa. Wo sie hinkommen, verändern sie Kultur, Konzepte und Angebote auf den Campingplätzen.

Steigende Übernachtungszahlen machen Campingplätze attraktiv

Das Phänomen ist neu und der Markt noch kleinteilig. Ein Großteil der über 3.000 Campingplätze in Deutschland sind noch in kommunaler Hand oder sind Familienbetriebe. "Fakt ist auch, dass unsere Campingplätze unter internationaler Beobachtung stehen, weil die Campingzahlen in Deutschland nach oben gehen", sagt Frank Schaal, Geschäftsführer des Bundesverbandes der Campingwirtschaft in Deutschland e.V. Fast 43 Millionen Übernachtungen registrierten Deutschlands Campingplätze 2024. Jahr für Jahr kommen mehr Campende, obwohl die Übernachtungspreise gestiegen sind. Fast die Hälfte der Gäste gehört laut Statista zum oberen Einkommensdrittel und 37 Prozent sind junge Menschen zwischen 30 und 40. Flankiert wird das von einer wachsenden Zahl Campingfahrzeuge. Viele Betreiber haben sich darauf eingestellt und ihre Konzepte modernisiert, ohne die Stammgäste zu vergraulen. Wo die Geschäfte gut laufen, fallen aber auch die Blicke derer hin, die viel Geld haben und noch mehr verdienen wollen.

First Camp und Capefun kaufen deutsche Plätze

Es überrascht kaum, dass mehrere Unternehmen am Spieltisch Platz genommen hat. Der Campingplatz Via Claudia, einer der größten und bekanntesten im Allgäu, gehört seit dem Sommer First Camp. Der großen Kette aus Stockholm gehören in Dänemark, Norwegen, Finnland und Schweden 75 Campingplätze. Capefun, der französische Betreiber von über 200 Ferienanlagen, hat sich im Mai einen Campingplatz in Tecklenburg von der deutschen Kettte Regenbogen AG gekauft. Die ursprüngliche Bulli Vermietung Ahoi Camp hat in den letzten Jahren auch vier Campingplätze übernommen. Überland ist in dem Spiel nur der Käufer, der mit Abstand am schnellsten wächst.

Camping  Gut Kalberschnacke
Campingplatzbetreiber

Dass die genannten Unternehmen relativ viel Kapital mitbringen, verschafft ihnen einen Vorteil, der gerade in der aktuellen Situation wichtig ist. "Wir erleben gerade einen Generationenwechsel auf den Campingplätzen, wo die Plätze nicht übergeben werden können, werden sie verkauft", erklärt Frank Schaal. Da die Kassenlage vieler Städte und Gemeinden immer angespannter wird, gab es in den letzten Jahren auch einige Verkäufe kommunaler Campingplätze – Prahljust, Hooksiel. Die Kosten für Immobilien und Grundstücke liegen oft im siebenstelligen Bereich. Das leistet kein kleines Familienunternehmen einfach so. Beim Campingplatz Prahlust hat Überland zum Beispiel neben Ahoi Camping auch den Familienbetrieb ausgestochen, der den kommunalen Teil des Campingplatzes der Stadt Clausthal-Zellerfeld zuvor gepachtet hatte. Wobei das laut Medienberichten auch daran gelegen haben soll, dass die früheren Pächter keine Bank für die Finanzierung fanden.

Investoren verbinden Campingplatz und Ferienpark

Die wachsenden Campingplatz-Ketten schlagen dabei einen ähnlichen Weg ein, wie die Kettenhotellerie in Südeuropa. "Die Ansätze sind deutlich heterogener und verbinden oft die Themen Camping und Ferienpark", erlärt Frank Schaal. Abenteuerspielplätze, tauchen, paddeln, größere Schwimmbäder gehören dazu und machen Campen mehr zum Happening. Die Investoren greifen auch gerne zu familienfreundlichen Campingplätzen wie dem Gut Kalberschnacke. Überland denkt auch oft etwas größer als die vorherigen Betreiber. Kurz nach der Übernahme des Hegi Familien Campings in Tengen im Schwarzwald wurde bekannt, dass die neuen Hausherren den erlaubten Ausbau von 200 auf 450 Stellplätze angehen wollen. Viel der konzeptionellen Veränderungen der großen Investoren vergrößern das Angebot und verbessern es auch inhaltlich.

Hegi Familien Camping
Hegi Familien Camping

Dem Kulturwandel fallen aber auch alte Strukturen und Abläufe zum Opfer. Unmittelbare Preiserhöhungen sind eine Änderung, die viele Campenden nicht mögen, aber noch akzeptieren. Umbaumaßnahmen und Neustrukturierungen brauchen aber auch Platz. Das trifft nicht selten Dauercamper, deren Stellplätze gekündigt werden. Überland verweist in solchen Fällen gegenüber Lokalmedien auf Verstöße gegen die Platzordnung, und ausbleibende Zahlungen. Dass einige Kündigungen auch mit Modernisierungen einhergehen, streitet das Unternehmen nicht ab. Dabei kommt es auch zu Härtefällen wie am Überland Campingplatz Campotel in Bad Rothenfelde, wo auch ein Rentnerpaar mit Erstwohnsitz auf dem Campingplatz betroffen ist. Wobei Überland hier auch in einer juristischen Zwickmühle steckt. Der Bebauungsplan lässt in dem Erholungsgebiet keine Wohnnutzung zu.

Fazit