Mercedes Van Electric Architecture Van.EA (2025)
So will Mercedes Campervans elektrifizieren

Wie schaffen Sprinter und Vito aus der Mercedes Van-Nutzfahrzeugklasse den Sprung in die Elektromobilität? Die Antwort des Herstellers lautet: Van.EA.

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Foto: MB Vans

Die Pläne von Mercedes sind ehrgeizig. Noch in diesem Jahr soll in allen Segmenten – vom Kompaktvan bis zum mittelgroßen Transporter – eine vollelektrische Variante verfügbar sein. Ab 2026 sollen mehr als 20 Prozent des Gesamtabsatzes aus dem Bereich E-Fahrzeug stammen, 2030 sogar schon mehr als 50 Prozent. Das gab die Geschäftsführung von MB Vans jüngst bekannt.

Das Ganze läuft technologiegetrieben und trägt den kryptischen Namen "Van.EA", wobei das Kürzel für "Van Electric Architecture" steht. Diese Elektro-Architektur soll laut Leitung von Mercedes-Benz Vans die Weichen stellen, "um im Bereich der leichten Nutzfahrzeuge bei Elektromobilität und Digitalisierung führend zu sein".

Elektrofahrzeuge fürs Camping

Was steckt hinter Van.EA?

Ab 2026 verwenden alle mittelgroßen und großen Vans der Marke die modulare Architektur Van.EA als Basis, sofern sie rein elektrisch fahren. Die Fahrzeuge nutzen drei Module, die beliebig anpassbar sind:

  • Frontmodul: Hier sitzen der elektrische Antrieb und die Vorderachse. Um effizient zu produzieren, ist diese bei allen Varianten gleich.
  • Mittelmodul: Dieses Teil bestimmt die Fahrzeuglänge. Es dient gleichzeitig als Sitz des vereinheitlichten Batteriegehäuses, das je nach Nutzungsszenario Hochvoltbatterien mit unterschiedlichen Kapazitäten verwenden kann.
  • Heckmodul: Es ist in zwei Varianten verfügbar. Entweder mit elektrischem Motor für einen Allradantrieb oder ohne Motor für Fronttriebler.
Modularer E-Baukasten, Van.EA, Mercedes-Benz
MB Vans
Schematische Darstellung des modularen Dreiklangs von Van.EA.

Die Schlagworte, die Mercedes-Benz Vans im Zuge der modularen Struktur nennt, sind Effizienz und Leistung. Einerseits will der Autobauer günstig produzieren, andererseits viel fürs Geld bieten. Optimierungen gibt es im Bereich Aerodynamik, elektronischem Antriebsstrang, Reifen und Karosserie. Genauere Angaben über diese Details gibt der Hersteller noch nicht bekannt.

Zwei Varianten, bis zu 500 Kilometer Reichweite

Mercedes will zwei Varianten des Van.EA produzieren: eine für Privatkunden und eine für kommerzielle Zwecke.

  • Van.EA-P: "steht für die privaten mittelgroßen Vans mit einem neuen Luxusniveau". Das gilt für VIP-Shuttle, fahrendes Home-Office und Familienfahrzeuge für aktive Menschen. Mittels der Software MB.OS, dem Operating System (Betriebssystem), sollen alle Alltagsbedürfnisse an ein Fahrzeug erfüllt werden. Reichweite: über 500 Kilometer.
  • Van.EA-C: "steht für die mittelgroßen und großen Transporter im gewerblichen Bereich". Die Software kann für Logistik-Dienste optimiert werden. Dabei handelt es sich um Transporter für Lieferdienste, Basisfahrzeuge für Krankenwagen oder Kühlwagen, Pritschenwagen sowie Hubsteiger – und: Campingfahrzeuge.
Campervans, Van.EA, Elektrocamper
MB Vans
Mercedes plant fest, Campingfahrzeuge zu elektrifizieren.

Letztere Version, so Mercedes, soll auch in der Caravaning-Branche Verwendung finden, als Basisfahrzeug für Campingbusse. Der Van.EA soll das Reisemobil-Portfolio auf jeden Fall "erweitern". Die Rede ist von mittelgroßen bis großen Campern, die direkt ab Werk als vollelektrische Fahrzeuge konzipiert sind. MB-Vans geht sogar so weit, zu verkünden, einen "neuen Industriestandard für Elektro-Camper zu entwickeln", gemeinsam mit internationalen Reisemobil-Partnern.

Wie werden die Mercedes Elektro-Vans zum Camper?

Wer genau die Entwicklungspartner sind und wie der Standard aussieht, scheint noch ein großes Betriebsgeheimnis zu sein und wurde noch nicht bekannt gegeben. Es bleibt nur der Rückblick auf bereits am Markt vorhandene Fahrzeuge:

  • E-Sprinter: Der Transporter ist laut Herstellerangaben der derzeit effizienteste Mercedes-Benz Elektro-Van. Bei einer Prototypen-Testfahrt von Stuttgart nach München und zurück konnte der E-Sprinter 485 Kilometer mit einer Batterieladung zurücklegen (promobil berichtete). Ein Vorserienfahrzeug in den USA soll mit einer Batteriekapazität von 113 kWh von Las Vegas (Nevada) nach Long Beach (Kalifornien) 443 Kilometer gefahren sein, ohne zwischendurch zu laden. Hier erörtern wir, inwieweit sich der E-Sprinter als Wohnmobil-Basis eignet.
  • EQV: Der sogenannte Midsize-Van eignet sich laut Mercedes für "Business, Familienleben oder das nächste Camping-Abenteuer". Bereits auf dem Caravan Salon 2022 zeigte Mercedes-Benz selbst einen EQV-Ausbau für den Campingurlaub. Ein frischer Look und die neueste MBUX-Generation (Infotainment-Software) sollen den Elektrovan stark nach Luxus-Segment und gleichzeitig nach der Pkw-Anmutung ausrichten.
  • EQT: Erst im Dezember 2022 stellte Mercedes mit dem elektrischen Hochdachkombi erstmals ein Konzeptfahrzeug für Microcamper vor. Hier geht's zum kompletten Bericht über den Mercedes Concept EQT Marco Polo.

Autonomes Fahren dank Digitalstruktur

Viele der rund 30 digitalen Extras über die Mercedes me-App scheinen zunächst nur technische Spielerei zu sein. Doch spannend für Reisemobile: Erstens bietet Mercedes-Benz Vans Funktionen, um unter anderem übergroße Fahrzeuge zu navigieren. Die Software kann beispielsweise Durchfahrtsbeschränkungen beachten und eine entsprechende Routenführung erstellen.

Zweitens kann die Digitalstruktur kundenspezifische Extras enthalten. Diese dienen in erster Linie der gewerblichen Nutzung, beispielsweise in Form von Lade- und Lastmanagement für Logistikunternehmen. Denkbar wäre hier unter anderem eine Serviceverbindung zum Reisemobil-Hersteller.

Mercedes Van.EA, Umriss
MB Vans
Geheimnisvoll: Nur dieses Foto zeigt Mercedes von der aktuellen Van.EA-Entwicklung. Noch dieses Jahr (2023) soll das Fahrzeug vorgestellt werden.

Drittens soll künftig eine Auswahl von Diensten und Anwendungen von Drittanbietern zur Verfügung stehen. Sie werden integriert im oben genannten Betriebssystem MB.OS, das zum Marktstart fester Teil der Van.EA-Fahrzeuge ist. Es handelt sich dabei um eine "flexible, modulare und service-basierte Chip-to-Cloud-Architektur".

Vor allem die Verbindung in die Cloud ist hier interessant. MB.OS kann künftig "Over-the-Air"-Updates (OTA) erhalten, sich also ohne physische Verbindung ins Netz einwählen und neue Infos erhalten. Damit rückt Mercedes den Transporter näher ran ans "Internet-of-Things" (IOT), bei dem Dinge miteinander kommunizieren.

Zukunft der Mercedes-Elektromobiliät, Fahrplan
MB Vans
Der Zukunftsfahrplan von Mercedes geht nicht nur in Richtung Elektromobilität, sondern auch zum autonomen Fahren.

Es ist die Absicht von Mercedes-Benz in den Van.EA-Fahrzeugen automatisierte Fahrfunktionen ab Level 2 aufwärts zu installieren. Bis Ende der 20er-Jahre soll hochautomatisiertes Fahren nach Level 3 für Privatkunden möglich sein. Zeitgleich soll für gewerbliche Zwecke ein voll automatisiertes Fahren nach Level 4 angeboten werden, um fahrerlose Transporte und Lieferungen zu ermöglichen.

Fazit

Im Marktsegment "Transporter" machen 80 Prozent gewerblich genutzte Fahrzeuge aus, entsprechend richtet Mercedes sich danach aus. Neben Campervans und Privatfahrzeugen sollen die neuen Elektro-Vans Van.EA auf die Nutzung als Lieferfahrzeug optimiert sein. Ganz irrelevant soll die Ausrichtung auf die Caravaning-Branche allerdings nicht sein.

Die neue Generation von Mercedes-Transportern und Nutzfahrzeugen soll nicht nur elektrisch und autonom fahren können, sondern schnell die Welt des Premium-Segments erobern. Mehr als Konzepte stellt der Autobauer aktuell noch nicht vor. Eine erste Fahrzeug-Neuerung und -Präsentation ist für Sommer 2023 erwartet. promobil bleibt für Sie am Thema dran.

Hier lesen Sie mehr zum Thema kooperatives Wohnmobil von Mercedes und Ideen zum autonomen Fahren von VW.

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Promobil 06 / 2023

Erscheinungsdatum 03.05.2023

148 Seiten