McLouis Tandy 636 G im Dauertest

McLouis Tandy 636 G im Dauertest
Über alle Berge

Zuletzt aktualisiert am 27.10.2009

Bereits vor mehr als zwanzig Jahren reifte in der promobil-Mannschaft die Erkenntnis, dass in den bis dato verwendeten Testformaten immer eine Dimension fehlte – die Zeit. Folglich wurde der Dauertest eingeführt, und so gaben sich seitdem meist im Jahresrhythmus die verschiedensten Reisemobile quasi die Redaktionsklinke in die Hand. Nahezu alle größeren Hersteller stellten sich dieser Herausforderung – bislang aber nur heimische Marken.

Das erste Importmodell im Dauertest

Mit dem McLouis Tandy 636 G wagte sich nun das erste Importmodell an die strapaziöse Langzeitprüfung, die den Reisebetrieb mit wechselnden Besatzungen – sommers wie winters – ebenso umfasst, wie die Mitwirkung bei diversen Sondertests und Fotoaktionen.

Was kann die einst als Billigangebot gestartete Marke McLouis wirklich? Ist die höher positionierte Baureihe Tandy dem Dauerstress gewachsen? Im Großen und Ganzen kann diese Frage für den McLouis mit Ja beantwortet werden, allerdings geriet die Liste der Detailmängel nicht eben kurz.

Viele Touren, viele Erkenntnisse

Schon bald nachdem der Tandy im Winter 2008 seinen Dienst antrat, ging es auf die erste Reise, ein Kurzurlaub zu viert ins nahe Elsass brachte erste Erkenntnisse: Die Verkleidungsteile zwischen Fahrerhausdach und Alkoven sorgten während der Fahrt für ein nerviges Zwitscher- und Quietschkonzert. Den klappbaren Alkovenboden vermochte die Gasdruckfeder nicht zuverlässig oben zu halten, der Teleskopfuß des Tisches wackelte sehr, die Polster der Seitensitzbank machten sich in Kurven selbständig und in der Folge auch der lediglich aufgelegte Sitztruhendeckel.

In den Hängeschränken fehlte es zudem an Zwischenböden, die Kühlschranktür öffnete eher ungeschickt zur Sitzgruppe hin und nicht zur Küche, die Elektrozündung am Kocher tat keinen Mucks, und die Tür zum Heckbereich klapperte, und ihr Griff löste sich ein ums andere Mal.

Schwerwiegender als diese kleinen Ärgernisse war allerdings die magere Ausdauer der Stromanlage. Was anfangs noch auf eine nicht ausreichende Vollladung der durchaus angemessenen 90-Ah-Gel-Batterie zurückführbar schien, entwickelte sich zum Dauerleiden, das allerdings durch den Einbau einer Hybridanlage lange Zeit kaschiert wurde.

Erst am Testende wurde klar, dass die Batterie offenbar schon mit einer Vorschädigung eingebaut wurde. Wie bei italienischen Herstellern üblich wird die Batterie erst vor der Auslieferung beim Händler eingesetzt – wie und wo da beim Dauertest-Tandy etwas schief lief, war im Nachhinein nicht mehr rekonstruierbar.

Heizungsaussetzer durch Stromprobleme

Durch die Stromprobleme bedingt, kam es allerdings auch zu unbemerkten Heizungsaussetzern im abgestellten Mobil, die in beiden Wintern jeweils Frostschäden an den Küchen- und Badarmaturen nach sich zogen, zumal das Entleeren des Wassernetzes durch ein unzureichend zugängliches Ablassventil erschwert wird. Im Frühjahr wurde es dann höchste Zeit, den Tandy beim Händler vorzuführen und die aufgelaufene Mängelliste abarbeiten zu lassen. Die nächstgelegene McLouis-Vertretung in Geisingen fixierte die Seitenbankpolster mit Klettverschlüssen und montierte an den Truhendeckel Folienscharniere, die Zwischentüre wurde mit Gummileisten beruhigt und der Griff stramm festgeschraubt. Einige Hängeschränke erhielten Zwischenböden – zwar etwas grob, aber stabil ausgeführt. Am Klappalkoven wurde eine zweite Gasdruckfeder montiert, die Tür des Kühlschranks von Rechts- auf Linksanschlag umgebaut und die Bad- und Küchenarmaturen ausgewechselt.

Am wackeligen Tischfuß ließ sich jedoch wenig ändern – im aktuellen Modelljahr kommt inzwischen eine stabilere Version zum Einsatz.

Für die scheinbar defekte Kocherzündung gab es dagegen eine einfache Lösung: Der AUX-Schalter am Kontrollbord muss einfach nur eingeschaltet sein. Der Händler wagte sich sogar an das Problem der quietschenden Teile am Fahrerhaus-Alkovenübergang und erreichte eine dauerhafte Beruhigung – Respekt.

Zudem wurde der Ducato unaufgefordert beim örtlichen Fiat-Händler vorgeführt, wo er fällige Updates erhielt. Rundum fit gemacht, startete das vielseitige Alkovenmobil in den folgenden Wochen und Monaten zu einigen Touren mit unterschiedlichsten Besatzungen und Zielen.

Vogesen, Schwarzwald, Camargue, Schweiz – im Reisebetrieb schätzten die wechselnden Benutzer vor allem das großzügige Raumangebot und die stimmige Aufteilung des Tandy 636 G. In der flexiblen Sitzgruppe können auch mal Gäste empfangen werden. Der Längsschenkel der L-Bank ist klappbar, eine Verbreiterung des Querschenkels in den Gang hinein möglich. Die Tischplatte hat eine gute Größe und ist passend verschiebbar – eine optimale Position für den Fahrbetrieb fehlt allerdings.

Viel Lob für Küche und Bad

Lob erntet auch die Winkelküche mit ausgelagertem großen Kühlschrank. Praktisch ist die Frontbedienung des Vierflammkochers – der aber leicht auf eine Flamme zugunsten eines größeren Kochfeldes verzichten könnte. Wenig wirkungsvoll zeigt sich die Dunstabzugshaube, die zudem viel Stauraum im Oberschrank verschlingt. Effektiver wäre die optionale Ventilatordachhaube stattdessen serienmäßig einzusetzen.

Viel Anklang fand auch die Idee, mit einer stabilen Zwischentüre den Heckbereich des Aufbaus als Privatsphäre abzutrennen. Bad und Duschkabine stehen sich dahinter gegenüber und lassen sich so leicht zu einer Art Raumbad verbinden, zumal die Gliederschiebetüre des Bads auch geöffnet nicht stört.

Alkoven- und Heckbett können mit guten Liegemaßen aufwarten. Im Heck mangelt es zwar etwas an der Breite, aber vor allem an einer Unterfederung der relativ schlichten Matratze – in dieser Preisklasse ist man Besseres gewöhnt. Das Stauraumangebot ist besonders durch die großzügige, von drei Seiten zugängliche Heckgarage erfreulich. Nicht nur durch mehr Schränke statt offener Ablagen über dem Heckbett könnte die Situation aber noch weiter verbessert werden. Überwiegend Zustimmung fand auch die Kombination aus Vier-Tonnen-Ducato mit 2,3-Liter-Motor – zuvor gezielt für den Test ausgewählt. Selbst bei Ausnutzung der Zuladungsreserven war das Befahren von Alpenpässen problemlos. Auch auf der Autobahn reichten 130 PS für das ohnehin gesetzlich tempobegrenzte Mobil. Insgesamt glänzte die Fiat-Basis über die Testdauer durch Problemfreiheit. Lediglich ein Boxenstopp war nötig, um ein durch einen Rempler gesprungenes Spiegelgehäuse zu ersetzen.

Das Fahrtenbuch sammelte dagegen weitere Einträge zu Auf- und Ausbau: Ecken ließen sich schlecht putzen, ein Gasflaschenhalter riss ebenso aus der Wand wie eine Zurrschiene in der Garage, die eleganten Griffleistenöffner an den Hängeschränken hakelten zunehmend, und der Kleber in Sichtfugen an Aufbauschürzen löste sich ab – zumeist Kleinigkeiten, aber doch ärgerlich.