Gerade Neueinsteiger äußern häufig den Wunsch nach einem Camper ohne Gas an Bord. Diese Erfahrung hat auch der Vermieter Hannes Camper gemacht und sein neuestes Modell deshalb gasfrei konzipiert. Es handelt sich um einen rund sechs Meter langen Bus auf Basis des Mercedes-Benz Sprinter mit Hinterradantrieb (Allrad optional), der unter dem Markenlabel Viica vertrieben wird. Gefertigt wird der Viica 60 S wie alle Modelle des Vermieters bei Robeta in Slowenien, bekannt für hochwertige Ausbauten. Alle Modelle – also auch den neuen Mercedes-Van – bietet Hannes Camper zum Kaufen oder zum Mieten an.
Im Grunde handelt es sich beim Viica 60 S um einen klassischen Grundriss mit Querbett im Heck, Küchenblock an der Schiebetür, Bad gegenüber und Halbdinette mit drehbaren Fahrerhaussitzen im Bug.
Die gasfreie Ausführung erfordert aber einiges an (kostspieliger) Technik. Relativ einfach ist die Sache noch bei Heizung und Warmwasser. Hier sorgt eine Truma-Combi-Dieselheizung für den nötigen Komfort. Ein Kompressor-Kühlschrank, der anders als ein Modell mit Absorber-Technik stets mit Strom arbeitet, ist im Kastenwagen-Segment ohnehin seit einigen Jahren Standard.
Gasfrei kochen im Viica, so ist es möglich
Spannender wird es beim Kochen. Will man hier auf Gas verzichten, kommt meist ein Induktionskocher an Bord – so auch beim Viica 60 S. Das leistungshungrige Gerät verlangt nach 230-Volt-Wechselstrom. Will man nicht nur am Landstrom kochen, muss folglich ein Wechselrichter an Bord. Eine großzügig bemessene Batteriekapazität – am besten Lithium – kann ebenfalls nicht schaden.

Die Küche kann durch öffnen der Seitentür als "Outdoor" Theke dienen.
Viica stattet den 60 S deshalb serienmäßig mit einem 2000-Watt-Wechselrichter von Mastervolt aus und installiert als Standard Lithiumakkus mit 200 Amperestunden Energieinhalt. Der Testwagen verfügte über das optionale 400-Ah-Paket (2.200 Euro). Gegen weitere 1.800 Euro Zuzahlung sind auch 600 Ah möglich.
Um die Leistungsfähigkeit des gasfreien Systems zu erproben, haben wir im Test einen Liter Wasser zum Kochen gebracht. Auf der 1000-Watt-Kochfläche gelang dies in sieben Minuten, auf der leistungsstärkeren 1300-Watt-Platte in sechs Minuten – da kommt kein Gaskocher mit.
Batteriekapazität und Leistung
Vertrauenserweckend: Um den einen Liter Wasser zum Kochen zu bringen, sinkt der Akkufüllstand laut Anzeige gerade mal von 98 auf 95 Prozent. Allerdings fließen rund 83 Ampere, wenn die 1000-Watt-Platte mit voller Leistung arbeitet. Würde man mit diesem Verbrauch weiterkochen, wäre der Akku nach weniger als fünf Stunden leer, verkündet die Anzeige.

Interessant ist es dabei, den Bordcomputer auf dem Zentraldisplay im Blick zu behalten.
Dennoch: Im Test erwies sich die gasfreie Bordtechnik des Viica 60 S als überraschend unkompliziert. Ein Kippschalter neben dem Display aktiviert den Wechselrichter, die Bedienung des Induktionskochfelds mit Touch-Tasten ist kinderleicht. Einzig der akustisch sehr präsente Lüfter des Kochers fällt auf.
Nach dem Kochen und insbesondere vor der Nachtruhe empfiehlt es sich, den Wechselrichter auszuschalten. Nicht nur weil das Gerät sonst permanent Strom zieht, sondern vor allem weil sonst nachts der Lüfter des Wechselrichters regelmäßig anläuft – und der ist unter dem Bett verbaut.
Während des mehrtägigen Praxistests hing der Viica nie am Landstrom, wurde allerdings täglich bewegt, so dass über die Lichtmaschine der Akku nachgeladen wurde. So kamen wir nicht ansatzweise in Bedrängnis, was die Batteriekapazität anging. Aber auch zwei, drei Tage autarkes Stehen ohne externe Energiezufuhr oder Fahren sollte das Set-up problemlos wegstecken. Wer auf Nummer sicher gehen will, kann sich ja noch einen Gas-Kartuschenkocher in die Schublade legen.
Wie wirkt sich der gasfreie Ausbau auf die Gewichtsbilanz aus?
Immerhin spart man die schweren Gasflaschen, holt sich aber gewichtige große Akkus an Bord. Mit vollem Wasser- und Dieseltank kommt der Testwagen auf 3.135 Kilogramm. Beim 3,5-Tonner bleiben somit ordentliche 365 Kilogramm Zuladung. Einen Vorteil gegenüber einem Camper mit Gas macht hier jedoch der schwere Akku zunichte. Wer mit dem Gedanken an das optionale Aufstelldach spielt, wird mit 3,5 Tonnen zulässiger Gesamtmasse hingegen nicht sinnvoll auskommen.
Verarbeitung und Platzangebot
Auch jenseits der gasfreien Bordtechnik hinterließ der Viica 60 S im Test einen sehr guten Eindruck. Beim Fahren bietet der Sprinter bekannt viel Komfort. Im Viica kommt ein Möbelbau dazu, der keinen Mucks macht. Störend waren beim Testwagen deutlich vernehmbare Windgeräusche vom Midi-Heki über der Sitzgruppe. Viica Vans will künftig einen Spoiler für 350 Euro Aufpreis anbieten, der die Windgeräusche reduzieren soll.
Anmutung und Verarbeitung der Möbel gefallen außerordentlich. Schrankklappen öffnen per Push-to-open an soliden Aufstellern und Scharnieren. Duschwanne und Küchenplatte sind sehr sauber verfugt. Die Decke ist wertig mit Kunstleder verkleidet, die Seitenwände mit Stoff – hier hält der Robeta-Ausbau, was Hannes Camper verspricht.

High-End-Möbelbau vom Produktionspartner Robeta. Die Textilien werden in der eigenen Schneiderei in Slowenien verarbeitet.
Beim Platzangebot können aber auch die Slowenen nicht zaubern. Ein Sprinter-Kastenwagen ist und bleibt eine schmale Sache. Um ein Querbett mit vernünftiger Länge unterzubringen, setzt der Viica auf Karosserie-Verbreiterungen von Functional Design, die weniger dick auftragen als bei manch anderem Hersteller. Das verbessert die Sicht im Rückspiegel, beschränkt aber die Liegelänge auf von uns gemessene 1,91 Meter von Wand zu Wand.
Sehr groß gewachsene Camperinnen und Camper werden mit dem Viica 60 S somit nicht glücklich. Das gilt auch wegen der Stehhöhe von maximal 188 Zentimetern im Wohnraum und 186 Zentimetern im Bad.
Duschen im gasfreiem Sprinter-Campingbus
Ordentlich breit fällt für einen Sprinter-Kastenwagen der Mittelgang zwischen Bad und Küche aus – hier haben wir immerhin 43 Zentimeter gemessen. Das Bad kommt auf eine Grundfläche von 84 mal 74 Zentimeter, die sich Banktoilette und Duschtasse teilen. Das Waschbecken ist um 90 Grad schwenkbar, zum Duschen wird es über der Toilette platziert. Nutzbar bleibt es auch in dieser Stellung.

Das Waschbecken besitzt ein magnetgesichertes Schwenkelement für mehr Platz beim Duschen.
Da Viica auf einen Duschvorhang verzichtet, fällt die Bewegungsfreiheit unter der Brause recht großzügig aus. Viel Stauraum hält das Bad aber nicht bereit.
Wer Alternativen zur klassischen Kassettentoilette wünscht, bekommt von Viica auch eine Trockentrenntoilette oder eine Clesana-Verschweiß-Toilette ab Werk eingebaut.
Staurraum und Mercedes-Extras zum Nachrüsten
Der 74 Zentimeter breite und 70 Zentimeter hohe Stauraum unterm Heckbett fällt trotz fehlendem Gasflaschenkasten kleiner aus als erwartet – auch das große Batteriepaket und die weitere Bordtechnik benötigen Platz. Wo sich sonst die Tür zu den Gasflaschen befindet, baut Viica zumindest eine Schublade für Kleinteile ein.
Um sperriges Ladegut zu transportieren, lassen sich die Matratzenteile und der Lattenrost herausnehmen. Einfach hochklappen und arretieren geht nicht. Viica arbeitet an einer Lösung – für die Fiat-Modelle gibt es sie bereits.
Aktuell bietet Viica den 60 S in einer umfangreich ausgestatteten First Edition an. Im Grundpreis von 107.500 Euro sind neben Wechselrichter und 200-Ah-Lithiumakku auch zahlreiche Mercedes-Extras wie LED-Scheinwerfer, MBUX-Multimediasystem, Automatikgetriebe, elektrische Schiebetür und Abstandstempomat enthalten. Der Testwagen kommt auf 114.050 Euro. Zweifelsohne viel Geld – in der Sprinter-Klasse aber ein gutes Angebot. Zumal der Gegenwert stimmt. Und ab 150 Euro pro Tag lässt sich das Fahrzeug zur Probe ja erstmal mieten.
Daten und Preise: Viica Van 60 S

Der Viica 60 S bietet Anschnallmöglichkeiten für 4 Personen während der Fahrt. Insgesamt finden bis zu 2 Personen Platz zum schlafen.
- Basisfahrzeug: Mercedes-Benz Sprinter 315 CDI, Hinterradantrieb, Vierzylinder-Turbodiesel, Hubraum 1.950 cm³, Leistung 110 kW/150 PS, 9G-Tronic-Automatikgetriebe, Testverbrauch 11,0 L.
- Maße und Gewichte: Länge x Breite x Höhe 593,0 x 207,0 x 289,0 cm, Radstand 366,7 cm, zulässiges Gesamtgewicht 3.500 kg, Masse fahrbereit laut Hersteller 2.945 kg.
- Aufbau: Stahlblechkarosserie, Innenverkleidung mit Stoff und Kunstleder, Rahmenfenster, Dämmung (25 mm Armaflex) Wände, Türen, Decke und Boden.
- Ausbau: Heckbett 191,0 x 146,0 cm mit dreiteiligem Lattenrost, Kassetten-Toilette, ausziehbare Duschbrause, Küche mit Induktionskochfeld und beidseitig zu öffnendem Kompressor-Kühlschrank 70 L.
- Bordtechnik: Diesel-Standheizung/Boiler Truma Combi D4, Frischwassertank 112 L, Abwassertank isoliert 90 L, Bordbatterie 200/400/600 Ah LiFePO, Wechselrichter 2000 W.
- Preis: Grundpreis 99.500 Euro, First Edition 107.500 Euro, Testwagenpreis 114.050 Euro.












