Vor kurzem durchsuchte die Staatsanwaltschaft Stuttgart die Geschäftsräume von Knaus. Es geht um den Verdacht, der Hersteller würde Fahrzeuggewichte zu niedrig angeben. Die Hymer-Gruppe hat diese Ermittlung schon hinter sich; sie wurde gegen Zahlung eines millionenschweren Bußgeldes eingestellt. Nicht erst seitdem stellt sich die Frage, ob die Gewichtsangaben in den Prospekten auch wirklich stimmen. promobil geht dieser Frage nach.
Welche Gewichte werden angegeben?
Seit einiger Zeit muss man auf den Internet-Seiten der einzelnen Marken eine Erklärung als gelesen markieren, die das Zustandekommen von Leergewicht, Gewicht fahrfertig und Zuladung definiert. Dort steht auch, dass sich die Hersteller eine fünfprozentige Toleranz auf die sogenannte "Masse im fahrbereiten Zustand" zugestehen. Also der Gewichtsangabe, die abgezogen vom zulässigen Gesamtgewicht die nutzbare Zuladung ergibt. Fünf Prozent bedeuten bei einem Mobil mit beispielsweise drei Tonnen fahrbereiter Masse immerhin 150 Kilo Mehrgewicht. Damit kann das Wunschmobil mit Personen und Gepäck schnell aus der 3,5-Tonnen-Liga herausfallen.
Begründet wird die Toleranzforderung meist mit der Verarbeitung von Holz, das als Naturmaterial nicht immer die gleiche Dichte hat. Nutzen die Hersteller diesen Toleranzbereich tatsächlich aus und wenn ja, stets zu Lasten der Käufer?
promobil wiegt nach
promobil hat exemplarisch 27 Testwagen der Heftjahrgänge 2024 und 2025 überprüft. Die Hersteller geben das Gewicht fahrfertig in Serienausstattung an, promobil misst das reale Fahrzeuggewicht inklusive aller Extras. Zur Kontrolle der Werte ist darum eine Vergleichsrechnung nötig.
Zunächst muss das Mehrgewicht aller Extras des Testwagens zur Herstellerangabe addiert werden. Zudem wiegt promobil stets mit komplett gefüllter Wasseranlage. Den Herstellern ist aber die Vorgabe einer Fahrstellung mit begrenztem Volumen erlaubt – 50, 20, 10 oder gar nur 1 Liter. Die Differenz addieren wir ebenfalls. Ähnliches gilt für den Gasvorrat – statt bis zu zwei Stahlflaschen reicht laut Norm ein Alu-Exemplar. Auch dieses Mehrgewicht wird aufsummiert.
Bleibt der Kraftstofftank, der zu 90 Prozent gefüllt sein soll. Bei den weit verbreiteten 75- bis 90-Liter-Tanks sind das 7,5 bis 9 Liter (ca. 6–7,5 kg) weniger als bei der promobil-Gewichtsmessung. Da sich der Tankinhalt nie ganz genau auf den Liter einschätzen lässt – je nach Zapfsäule und Außentemperatur –, rechnen wir generell 7 kg drauf. Zu guter Letzt muss noch der 75-Kilo-Normfahrer vom Herstellergewicht abgezogen werden, da promobil ohne jegliche Personen im Fahrzeug wiegt. Dann kann man diese hochgerechnete Werksangabe mit dem real gewogenen promobil-Leergewicht vergleichen.
Wohnmobile leichter als angegeben
Das spannende Ergebnis: 19 Testwagen waren sogar leichter als die Werksangabe. Der Carado T 457 trifft mit dem gewogenen Wert den rechnerischen ganz exakt. Sieben Testwagen waren schwerer als der berechnete Wert – blieben aber dennoch innerhalb der Fünf-Prozent-Toleranz, meist sogar deutlich. Einzig den beiden Forster-Modellen könnte man formal ankreiden, dass sie nicht in der Fünf-Prozent-Grenze blieben, aber sie weichen tatsächlich zugunsten der Kunden davon ab.
Die Marke scheint lieber konservative Gewichtsangaben zu machen, um auf der sicheren Seite zu bleiben. Werte um +/– 1 % müssen als Messungenauigkeit der Waagen einkalkuliert werden. Die größte prozentuale Abweichung nach oben zeigte der Dethleffs Globetrail Performance. Ihm muss man aber zugutehalten, dass der Testwagen noch ein Prototyp war und noch nicht dem Serienmodell entsprach. Ähnliches gilt für den Morelo Palace, der aber 2,9 % leichter war als die berechnete Werksangabe.