„Hymer USA“ – davon hatte man wohl 2017 beim schwäbischen Hersteller geträumt, als der Konzern die kanadische Marke Roadtrek kaufte. Damit sollte der große Schritt über den großen Teich auf den nordamerikanischen Markt gelingen.
Diese Pläne gingen allerdings nicht auf, seit 2019 ist die Erwin-Hymer-Gruppe eine 100-prozentige Tochter der US-Firma Thor Industries, und Thor seitdem der weltweit größte Freizeitfahrzeug-Hersteller. Roadtrek wurde nach mehreren Skandalen abgestoßen.
Hymer USA: Fahrzeuge mit europäischen Standards
Trotz der Probleme: Das Marktinteresse an Reisemobilen nach europäischem Zuschnitt scheint in den USA ungebrochen. „Die Marke Hymer und das Produktangebot haben bereits ein sehr positives Feedback aus unserem nordamerikanischen Händlernetz erhalten“, so Bob Martin, Präsident und CEO von THOR Industries. Laut Hymer-Geschäftsführer Martin Brand schätzen die US-Kunden vor allem die Kompetenz im Leichtbau.
Deshalb will Thor die Sache nun einfach umdrehen und in den Vereinigten Staaten mit „Hymer USA“ nach europäischen bzw. schwäbischem Vorbild Freizeitfahrzeuge produzieren.
Überblick: So unterscheiden sich US- von europäischen Reisemobilen
„Hymer USA wird eine ganz andere Art der Produktion aufweisen, die derzeit in der nordamerikanischen Wohnmobilindustrie noch nicht zu finden ist“, sagt Troy James, der Senior Vice President von Thor. „Dazu gehören auch automatisierte Prozesse, die die gesamte Konstruktion und Montage umfassen.“ Gleichzeitig soll allerdings die hohe Geschwindigkeit der Markteinführungen beibehalten werden, für die Thor Industries bekannt ist. Die Produktion der Fahrzeuge soll bereits im vierten Quartal 2020 starten.
Dass Projekte innerhalb der Thor-Gruppe auch zusammen mit Hymer schnell umgesetzt werden, bewies bereits die Campingbus-Studie Hymer Vision Venture. Deren Umsetzung benötigte grade einmal 10 Monate von der Idee bis zur Weltpremiere auf dem Caravan Salon 2019.
Team und Ort stehen bereits fest
Troy James war 2019 viel in Europa unterwegs und ist begeistert von den Fertigungsprozessen und Qualitätsstandards der Erwin-Hymer-Group. Das neue Unternehmen Hymer USA wird in bereits bestehende, frisch renovierte Werksanlagen ziehen, die in Bristol/Indiana stehen. Ein Ort, der nur 10 Minuten Autofahrt vom Thor-Hauptquartier entfernt liegt. 8 bis 10 Millionen Dollar will Thor noch in diesem Jahr investieren, der Großteil wird für Maschinen und Ausrüstung verwendet.
Als Vice President und Managing Director ist am US-Produktionsstandort Jochen Hein aus Deutschland zuständig. Er bringt sieben Jahre Produktionserfahrung aus Bad Waldsee mit. Er ist allerdings nicht der einzige, der von Oberschwaben nach Indiana entsandt wird. Ein Kernteam von Erwin-Hymer-Group-Mitarbeitern startet bereits 2020 in die USA und soll in den nächsten zwei Jahren die Produktion dort einführen.