Kennen Sie das: Sie sind in einer geselligen Runde, erzählen von Ihrem letzten Reisemobilurlaub – und dann kommt dieser Satz: "Camping? Also ich weiß ja nicht, ist das nicht viel zu...?" An dieser Stelle darf man nun alles einfügen, was die Klischeekiste so hergibt. Die Fragesteller zeichnen sich nicht nur dadurch aus, dass sie Reisemobilurlaub mit Zelt- und Dauercamping gleichsetzen, sie sind oft auch vehement davon überzeugt, im Besitz der einzig gültigen Wahrheit zu sein.
Als passionierter Reisemobilist will man sein liebstes Hobby verständlicherweise verteidigen, man könnte auch einfach nur darüber schmunzeln. Oder man fragt sich, ob vielleicht doch ein Körnchen Wahrheit in den Mythen steckt, die sich ums Camping ranken. promobil hat daher die sieben größten Campermythen zusammengetragen und auf ihren Wahrheitsgehalt geprüft.
1. Vorurteil: Camping ist teuer

Eines ist klar: Wer für ein Reisemobil viel Geld ausgeben will, hat dazu reichlich Gelegenheit. In der Linerklasse fangen die Preise oft erst jenseits der 150.000-Euro-Marke an, bei einem neuen Reisemobil für 40.000 Euro spricht man schon von einem Schnäppchen – gleichwohl ist auch das eine stattliche Summe, die nicht jeder aufbringen kann. Zum Anschaffungspreis kommen die Übernachtungsgebühren. Ein Campingplatz verlangt in der Saison schon mal 50 Euro pro Nacht, gut ausgestattete Stellplätze kosten teils mehr als 30 Euro.
Pauschal kann man trotzdem nicht behaupten, dass Camping teuer ist. Wer keine hohen Summen für ein Neufahrzeug aufwenden will, kann auch einen Gebrauchten kaufen oder selbst ausbauen. Zudem kann der Anschaffungspreis zwar hoch sein, Reisemobile haben aber eine hohe Wertstabilität und können daher zu einem guten Preis wieder verkauft werden. Auch fürs Übernachten muss man nicht tief in die Tasche greifen. Ein Stellplatz kostet im Schnitt 10 Euro, und es gibt schließlich auch kostenlose Stellplätze – mit der Stellplatzradar-App von promobil lassen sie sich sogar extra herausfiltern.
2. Vorurteil: Camping ist billig
Ein Zelt auf der grünen Wiese, Isomatte, Schlafsack: Wer so campen geht, kann auch heute noch ziemlich günstig reisen. Hinzu kommt, dass man beim Camping meistens die Möglichkeit hat, selbst zu kochen, und das ist nun mal deutlich billiger als Restaurantbesuche. Allerdings wollen viele auf einen gewissen Komfort nicht verzichten, weshalb man der Aussage, Camping sei billig, nicht ohne Weiteres zustimmen kann. Reisemobilurlaub setzt entweder den Erwerb eines Fahrzeugs voraus oder zumindest die Miete desselben. Gerade in der warmen Jahreszeit, die ja die meisten für ihren Urlaub wählen, sind die Mietpreise keine Schnäppchen. In Relation zu einem Last-minute-Pauschalurlaub kann Camping daher deutlich teurer sein.

Generell muss man beim Reisemobilurlaub erst einmal investieren, bevor man genießen kann. Neben dem Kaufpreis merkt man das vor allem beim Zubehör: Campingmöbel und -geschirr, Auffahrkeile, Kabeltrommel, Chemie für die Toilette – die Liste ließe sich noch lange fortführen. Viele Anschaffungen sind zwar einmalig, müssen aber dennoch getätigt werden. Prinzipiell kann man also sagen, dass Camping billiger wird, je länger man es betreibt, also je mehr Zeit man hat, damit sich die anfänglichen Investitionen amortisieren. Ob nun teuer oder billig, eines sollte man bei der Betrachtung der Kosten-Nutzen-Rechnung nicht vergessen: nämlich die vielen Vorzüge, die eben nur diese Art des Reisens mit sich bringt. Und die sind einfach unbezahlbar.
3. Vorurteil: Camping ist umweltschädlich
Über Spritverbrauch und Feinstaub wird derzeit überall diskutiert, und so rückt auch die Frage nach der Umweltverträglichkeit des Reisemobil-Urlaubs in den Fokus. Kritiker bringen an, dass ein Reisemobil mehr Sprit verbraucht, als ein normaler Pkw und somit schädlicher für die Umwelt sei. Wer so argumentiert, hat allerdings zu kurz gedacht, denn neben dem Spritverbrauch spielen noch viele andere Faktoren eine Rolle.
So hat das Öko-Institut Freiburg in einer Studie von 2012 herausgefunden, dass Reisemobilurlaub klima- und umweltfreundlicher ist als Flug- oder gar Schiffsreisen. In der Studie heißt es: "Im Vergleich zu Hotelübernachtungen schneidet die mobile Unterkunft in der Regel besser ab. Im Sommer entstehen pro Nacht im Wohnmobil etwa 1,5 Kilogramm CO2-Äquivalente anstelle von rund 17 Kilogramm im Hotel." Warum schneidet der Hotelurlaub im Vergleich zum Reisemobil so schlecht ab? Zum einen liegt es an den Hotelküchen, die meist 24 Stunden in Betrieb sind. Um das Essen an den Theken warm zu halten, wird viel Energie aufgewendet, außerdem bleiben viele Speisen übrig und müssen entsorgt werden. In Hotels werden Handtücher und Bettzeug häufig gewechselt, der Wasserverbrauch beim Waschen trägt ebenfalls zur negativen Klimabilanz bei. Dasselbe gilt für den Energieverbrauch für klimatisierte Zimmer. Auch der Aufbau der Infrastruktur benötigt beim Camping weniger Energie: Eine Hotelanlage ist nicht nur sehr viel aufwendiger beim Bau, sondern versiegelt auch eine weitaus größere Fläche als ein Stell- oder Campingplatz.
4. Vorurteil: Camping ist spießig
Abgezirkelte Parzellen, Lattenzaun und Gartenzwerge – für manchen ist das der Inbegriff des spießigen Dauercampertums, andere packt beim Anblick von altbackenen Polstern oder Glasvitrinen im Reisemobilinneren das kalte Grausen. "Geschmackssache", sagen die einen, "unfassbar spießig", die anderen. Aber was ist ein Spießer überhaupt? Laut Wikipedia jemand, der "sich durch geistige Unbeweglichkeit, ausgeprägte Konformität mit gesellschaftlichen Normen und Abneigung gegen Veränderungen der gewohnten Lebensumgebung auszeichnet".
Wer Camping heute noch spießig nennt, hat ein paar wesentliche Entwicklungen eindeutig verschlafen. Sei es der #Vanlife, unter dem in den sozialen Medien Zigtausende ihren gelebten Traum vom individuellen Camping teilen, oder seien es die zahllosen originellen Selbstausbauten, in denen viel Kreativität und Erfindungsreichtum stecken. Caravaning erlebt zudem momentan einen nie dagewesenen Boom, und auch immer mehr junge Leute entdecken Camping als Urlaubsform für sich. Wikipedia definiert die Abneigung gegen die Veränderung des Gewohnten als eine wesentliche Eigenschaft des Spießers – für Reisemobilisten ist jedoch gerade die Veränderung des Gewohnten einer der großen Vorteile dieser Urlaubsform: sich nicht lange an einen Ort zu binden, flexibel und ohne große Planung verreisen zu können – das macht den Reiz des Campens aus. Spießig? Ganz und gar nicht!
5. Vorurteil: Camping ist unhygienisch
Erzählt man Nicht-Campern von seinem Hobby, kommt irgendwann unweigerlich die Frage nach Dusche und WC. "Was, du musst dein eigenes Klo leeren?!" Mit solchen Fragen wurden wohl die meisten schon mal konfrontiert. Ja, es stimmt: Man muss sein Klo selbst ausleeren, und nein, man hat nur wenig Einfluss auf die Sauberkeit von Sanitäranlagen auf Stell- und Campingplätzen. Das heißt aber noch lange nicht, dass Reisemobilisten kleine Dreckspatzen sind. Umfragen ergeben immer wieder, dass saubere Sanitäranlagen das Top-Kriterium der Gäste für die Bewertung eines Campingplatzes sind.

Zudem ist einer der großen Vorteile des Reisemobilurlaubs, dass man immer sein eigenes Badezimmer dabei hat und es entsprechend sauber halten kann. Moderne Sanitärzusätze oder Einbausysteme wie die SOG-Toilettenentlüftung verhindern zudem unangenehme Gerüche aus der WC-Kassette. Für den Inhalt Letzterer gibt es auf allen Campingplätzen und den meisten Stellplätzen Entsorgungsstationen. Inzwischen trifft man auch immer öfter automatische Entsorgungsstationen an, die die Kassette nicht nur leeren, sondern auch spülen. Camping an sich ist also nicht unhygienisch, die Voraussetzungen für einen sauberen Urlaub bringt jedes Reisemobil mit. Wie oft man duscht, das Bad putzt oder die Toilette reinigt, liegt dann bei jedem einzelnen.
6. Vorurteil: Camping ist nur was für Asketen
Wer heutzutage behauptet, Camping sei nur was für Asketen, hat vermutlich einst in seiner Jugend Bekanntschaft mit Zelt, Luftmatratze und Schlafsack gemacht. Und zugegeben: So abenteuerlich diese Erfahrung sein kann, besonders viel Komfort bietet sie nicht. Klar ist auch, dass man beim Campen keinen Zimmerservice wie im Hotel hat. Man wird nicht bedient und muss selbst kochen. Allerdings kann man es auch als Vorteil sehen, dass man nicht auf die Kochkünste eines einzigen Hotels angewiesen ist, sondern im Reisemobilurlaub die freie Wahl hat, selbst zu kochen oder ein Restaurant zu besuchen.

Den Komfort betreffend sind Reisemobile von heute denen vergangener Jahrzehnte überlegen – vom Unterschied zum Zelturlaub ganz zu schweigen. Das fängt bereits bei den Betten an, bei denen man heute viel Wert auf Komfort legt. Tellerfeder- oder Lattenroste sorgen für eine gute, orthopädisch wertvolle Unterfederung, während die Matratze selbst an jeden Benutzer angepasst werden kann. Zwar erfüllen die serienmäßigen Betten oft nicht die höchsten Ansprüche, doch das Nachrüsten von Schlafsystemen ist gang und gäbe – die Ergebnisse, die damit erzielt werden, stehen der Qualität der Betten zu Hause in nichts nach.
Auch die Bäder haben sich inzwischen teilweise von der einfachen Nasszelle zu schicken Raumbädern emanzipiert. Der Geldbeutel bestimmt, wie viel Spa es im Mobil sein darf. In den Reisemobilküchen gilt dasselbe: Kaffeeautomat, Backofen oder Mikrowelle sind kein extravaganter Luxus mehr, Reisemobilhersteller der Oberklasse achten inzwischen auch auf hochwertige Arbeitsflächen. Eine ganz andere Frage ist, ob man diesen ganzen Komfort überhaupt zum Campen braucht. Zum Glück darf das jeder für sich selbst entscheiden.
7. Vorurteil: Camper sind Prolls

TV-Serien wie "Die Camper" verbreiteten jahrelang das Bild des Camper-Prolls, der, angetan mit Doppelrippunterhemd und Goldkettchen, sein Dasein in einem abgetakelten Wohnwagen fristet. Dass das nur ein Spiel mit Klischees ist, dürfte eigentlich jedem klar sein. Oder ist doch was dran? Ja, Camper sind gesellig und sitzen abends gern zusammen, aber Bierdosen zum Frühstück trifft man höchstens auf Festivals an. Auf Stell- und Campingplatz ist es dann doch eher die Flasche Wein zum Abendessen oder eben ein kühles Blondes.
Was die modische Erscheinung angeht, so sind Camper ganz unterschiedlich unterwegs, eben ein Querschnitt durch die Bevölkerung. Eventuell mit einer Tendenz zum Legeren, schließlich ist man viel draußen, aber einen Hang zur Ballonseide kann man nicht attestieren – höchstens zu Trekking-Sandalen, aber das steht auf einem anderen Blatt.
Fazit
Heute ist Caravaning zwar ein boomender Markt, aber in nicht allzu ferner Vergangenheit waren Camper noch eine Randgruppe, die oftmals belächelt oder durch den Kakao gezogen wurde. Aus diesen Zeiten stammen wohl auch die meisten Klischees oder Vorurteile übers Campen. Campen ist unkomfortabel? Der erfahrene Reisemobilist kann darüber schmunzeln, schließlich weiß er es aus eigener Erfahrung besser. Camping ist unhygienisch? Das hat jeder selbst in der Hand. Camping ist billig? Schön wär’s–zumindest an diesem Punkt würde man sich dann doch wünschen, dass mehr als ein Körnchen Wahrheit in den Campingmythen steckt.