Eigentlich ist es erstaunlich. Da fährt man mit einem funkelnagelneuen Hymer aus der sogenannten Nullserie kreuz und quer durchs Land – und dennoch bleiben neugierige Blicke und Fragen aus. Die Erklärung liegt wohl darin, dass der neue Hymer Exsis-i 588 der bekannten B-Klasse in DL-Ausführung wie aus dem Gesicht geschnitten erscheint. Nur im direkten Vergleich erkennt man, dass sich der kleinste Integrierte aus dem Hause Hymer eine gute Portion Eigenständigkeit bewahrt hat.
Der Aufbau des Exsis-i ist 19 Zentimeter flacher, das Mobiliar darin heller – und auf seiner Rechnung steht ein Preis, der rund 10.000 Euro niedriger liegt als bei einem B-DL. Allein das ist ein Grund, den Neuen unter die Lupe zu nehmen.
Flüstertöne im Cockpit
Für Hymer Exsis-i-Fahrer ist die Verwechslungsgefahr mit dem noblen B-DL sicher kein Nachteil. Bei Premium-Pkw kennt man so etwas schon lange. Wer kann schon den Bug neuer Audi-Baureihen auf Anhieb unterscheiden? Viele Ähnlichkeiten mit dem B-DL erwarten den Exsis-i-Fahrer auch im Cockpit.

Gut so, denn hier wie dort orientierten sich die Entwickler ebenfalls an automobilen Maßstäben. Der Fahrerplatz wirkt wie aus einem Guss und sortiert selbst exotische Schalter wie den der Bodenkamera für das Anpeilen des Entsorgungsgullys logisch und leicht auffindbar. Noch wichtiger: Die Geräuschdämmung übertrifft sogar fast die des Original-Fiat-Fahrerhauses, was längst nicht allen Integrierten gelingt.
Hymer Exsis-i 588: Auch mit Tempo 130 noch entspannt
Während man in solchen Fällen oft zur Lärmminderung vom Gas geht, fährt man im neuen Hymer Exsis-i 588 auch mit Tempo 130 sehr entspannt dahin. Der 150-PS-Motor des Testwagens bringt die nötige Kraft mit und verlangt auch bei betont zügiger Fahrweise nicht mehr als zwölf Liter auf 100 Kilometer.Hier macht sich der flache Aufbau ebenso positiv bemerkbar wie das geringe Gewicht. Gegenüber dem zuletzt getesteten B-DL 588 ist der Exsis-i 120 Kilogramm leichter und hat als 3,5-Tonner die entscheidenden Kilos mehr an Zuladung.
Die neuen Außenspiegel, mit denen der Hymer Exsis-i 588 ausgerüstet ist, bekommt künftig auch die B-Klasse. Sie sorgen für hervorragende Rücksicht, ohne den Blick nach schräg vorne über Gebühr einzuschränken. Die Sicht durch die Windschutzscheibe bleibt Hymer-typisch: Wenn es um Hindernisse direkt vor dem Kühlergrill oder hängende Ampeln geht, sieht man in vielen anderen Integrierten etwas mehr. Auch in einem Punkt bleibt der Exsis-i zurückhaltend: Seine Türen öffnen sich nicht wie bei modernen Reisemobilen vielfach üblich per Fernbedienung, sondern herkömmlich mit dem Schlüssel. Beim Einstieg durch die Fahrertür hilft auf Wunsch eine blitzschnell ausfahrende Stufe.
Wie beim Vorgänger wird auf den Doppelboden verzichtet
Betritt man den Wagen durch die Aufbautür, erkennt man gleich einen wesentlichen Unterschied zur B-Klasse: Wie das Vorgängermodell verzichtet auch der neue Hymer Exsis-i 588 auf einen Doppelboden; sichtbar durch die Stufe zwischen Sitzgruppe und Wohnraum.

Großgewachsene, die hier in Richtung Fahrerhaus abbiegen, sollten außerdem den Kopf einziehen: Das Hubbett ragt mit seiner harten Holzkante bis in den Einstiegsbereich. Weil sich die Befestigung an einem Zurrgurt auf welligen Straßen oft lockert, hängt es manchmal noch ein paar Zentimeter tiefer als vorgesehen.
Besser nimmt man erst einmal Platz und lässt das Interieur auf sich wirken. Eine B-Klasse mag edler sein, der Hymer Exsis-i 588 strahlt eine freundliche Frische aus. Bei der anschließenden Fühlprobe leisten sich die Möbel nur einen Lapsus: Schließt man die Hängeschrankklappen nicht mit Bedacht, fallen sie mit einem lauten Knall zu. Das passt nicht zur sonstigen Gediegenheit.
Die Einteilung des Wohnraums gewährt zwei Personen genug Freiheiten. Erst zu viert an Bord spürt man, dass der Exsis-i weiterhin zur Kategorie der schlanken Integrierten zählt. Für einen Seitensitz hinter dem Beifahrer war kein Platz.
Für große Menschen können die Betten etwas kurz sein

Nutzen zwei Menschen das L-Sofa, wird die Beinfreiheit knapp. Baut man es für die Fahrt zur Halbdinette mit zwei Gurtplätzen um, sollten die Passagiere besser keine Berührungsängste haben. Schlafgelegenheiten sind für eine Vierer-Crew vorhanden – vorausgesetzt, es sind keine Zwei-Meter-Menschen dabei. Dem Hubbett fehlt es nämlich an nichts als an Länge. Und auch im Heck dürften es in dieser Dimension ein paar Zentimeter mehr sein.
Wirklich beengt fühlt man sich hier dennoch nicht, zumal sich die Liegefläche denkbar einfach auf durchgehend fast zwei Meter verbreitern lässt. In diesem Fall nutzt man eine Leiter statt noch komfortablerer Stufen. Gewicht und gleichzeitig Bauhöhe spart das Abstandsgewirke an Stelle von Lattenrosten unter den Matratzen, was als akzeptabler Kompromiss erscheint. Mit der Kopffreiheit kommt man gut zurecht, und die Garage darunter erreicht auch beim flachen Exsis-i ein vollwertiges Format.
Viel Stauraum im kompakten Integrierten
Die Staumöglichkeiten im Fahrzeug lassen ebenso wenig zu wünschen übrig. Schränke und Ablagen nutzen den vorhandenen Platz bestens aus und sind zumindest für die typischen Bedürfnisse von Paaren großzügig bemessen. Das lässt sich auch von der Küche sagen. Ohne tiefes Bücken ist alles gut zur Hand. Die nötige Abstellfläche entsteht durch eine ausklappbare Zusatzplatte. Nur die offene Ablage im Hängeschrank bleibt ein hübscher Design-Gag, weil Kleinigkeiten hier während der Kurvenfahrt nicht lange liegen bleiben.

Fehlt noch die Begutachtung der Sanitärabteilung, die für B-Klasse-Kenner keinerlei Überraschungen bereithält. Doch es bestand auch kein Anlass für Neuerfindungen: Auf dieser Grundfläche lässt sich das Waschen, Duschen und die Toilettenbenutzung kaum besser organisieren. Vor allem dann, wenn ein Bad wie hier mit Wohnlichkeit verwöhnt und ohne klapprige Klappmechanismen auskommt.Die Nutzbarkeit von Dusche und Bad gewinnt im neuen Modell durch etwas größere Wassertanks.
Überhaupt gehört die – versteckte, aber bestens erreichbare – Bordtechnik zu den klaren Stärken des Exsis-i. Und bedürfte es noch irgendeines Beweises für den oberschwäbischen Tüftlergeist, käme die Heizungsinstallation gerade recht. Die Wärme erreicht die Weiten des Fahrerhauses ebenso unauffällig und effizient wie die hintersten Ecken, wobei die Stränge entlang der hinteren Betten sogar einzeln regulierbar sind. Wo man hinblickt, entdeckt man eine Steckdose inklusive mehreren USB-Anschlüssen.
Ganz zeitgemäß bekommt man nun auch einen richtig großen Bildschirm oder etwa Füllstandsanzeigen über das eigenwillige Navi. Nur gut, dass das Kontrollbord weiterhin klar, einfach und selbsterklärend ist.
Eine andere technische Verbesserung lässt sich nur erahnen: Passend zum automobilen Anspruch kommt nun Aluminium statt Sperrholz an der Innenseite des Aufbaus zum Einsatz. So wundert es nicht, dass flüchtige Betrachter leicht unterschätzen, wie neu der Exsis-i für die Saison 2018 wirklich ist.
Hymer Exsis-i 588 in Zahlen
- Gurte/Schlafplätze: 4/4
- Zulässiges Gesamtgewicht: 3500 kg
- Länge/Breite/Höhe: 6,99/2,22/2,77 Meter
- Grundpreis: ab 72.390 Euro
Auf- und Ausbau
Sandwich-Bauweise, Wand/Dach außen und innen Alu, Boden GfK, Isoliermaterial Wand/Dach PU-Schaum, Boden XPS, Wandstärke Wand/Dach/Boden 34/34/41 mm, kein Doppelboden, 4 Kunststoff-Isolierfenster mit Alu-Rahmen, 2 Dachhauben, 1 Panorama-Dachfenster.
Bordtechnik
Gas-Gebläseheizung/Boiler Truma Combi 6, 11 Ausströmer (3 x Fahrerhaus, 2 x Sitzgruppe, Mittelgang, Sanitärraum, 2 x Einzelbetten, Abwassertank, Garage), Wasseranlage: Frisch- Abwasserschläuche, Tauchpumpe.
Basisfahrzeug
Fiat Ducato, Alko-Tiefrahmen, Vorderradantrieb, Vierzylinder-Turbodiesel, Hubraum 2287 cm3, Leistung 110 kW/ 150 PS bei 3600/min, Drehmoment 380 Nm bei 1500/min, Sechsgang-Schaltgetriebe.
Fahrleistungen
Beschleunigung: 0–50/80/100 km/h 6,2/13,8/20,7 s
Elastizität: 60–80/60–100 km/h (4./5. Gang) 6,2/13,6//9,5/20,0 s
Testverbrauch: 10,9 L/100 km.
Fazit
Integrierte und Fahrdynamik – da stoßen oft Welten aufeinander. Der neue Hymer Exsis-i 588 führt sie zusammen. Umso erfreulicher, dass sein kompakter Aufbau keine übermäßigen Kompromisse beim Wohnen fordert – es sei denn, man sucht ein wirklich langes Bett.