Bekommt man für unter 54.000 Euro bereits einen vernünftigen Integrierten? Carado sagt ja und legt mit dem neuen I 339 gerade sein drittes Modell auf. Im Test muss sich zeigen, was es taugt.
Bekommt man für unter 54.000 Euro bereits einen vernünftigen Integrierten? Carado sagt ja und legt mit dem neuen I 339 gerade sein drittes Modell auf. Im Test muss sich zeigen, was es taugt.
Integrierte kosten einfach mehr als andere Reisemobilarten. Das ist auch nachvollziehbar, wenn man sich vor Augen führt, wie viel zusätzlicher Entwicklungs-, Material- und Produktionsaufwand in der eigenständigen Front und dem erweiterten Cockpit stecken.
Seit gut einem Jahr mischt auch Carado bei den Integrierten mit. Die Marke hat sich mit scharf kalkulierten und dennoch soliden Teilintegrierten und Alkovenmobilen einen Namen gemacht. Der Start in der sogenannten Königsklasse des Reisemobilbaus kam darum eher überraschend.
Nach der ersten Saison mit zwei I-Modellen stößt nun ein drittes, kürzeres hinzu. Der neue I 339 ist damit – gemeinsam mit seinem Zwilling Sunlight I 69 S – aktuell der günstigste Integrierte aus deutscher Produktion. Passen der gehobene Anspruch, den die Aufbauform mit sich bringt, und der notwendige Sparzwang bei der Ausführung und Ausstattung dennoch zusammen?
Dass er vor allem aus optischen Gründen gekauft wird – wie das bei anderen Integrierten oft der Fall ist –, kann man beim Carado I schon bezweifeln. Ob sein Gesicht gefällt, ist dabei sicherlich Geschmacksache, aber der abrupte Übergang von der GfK-Frontmaske zur Dachplatte wirkt etwas ungelenk, der ganze Aufbau ziemlich kastig. Was danach folgt, ist optisch und technisch ohnehin identisch mit den anderen Modellen der Marke.
Der Aufbau wird mit EPS-Schaum isoliert und mit Holzlatten verstärkt, der Unterboden in Sperrholz mit Schutzanstrich ausgeführt. Fenster und Türensind von einfacher Machart. Das Dach hüllt sich immerhin in hagelresistentes GfK. Insgesamt setzt der Carado damit auf eine Aufbautechnik, die unter Integrierten sonst kaum noch zu finden ist. Fünf Jahre Dichtigkeitsgarantie gewähren immerhin eine gewisse Zeit der Sorglosigkeit.
Die steile, eckige Front hat innen aber auch ihre Vorzüge: Das Fahrerhaus und damit auch die Sitzgruppe erscheinen besonders großzügig. Außerdem kann sich das Hubbett obendrüber auf nicht selbstverständliche 1,50 Meter Breite ausdehnen. Dass die Liegefläche zudem fast zwei Meter Länge erreicht, ist ebenso bemerkenswert; allerdings auch, dass die Tellerfedern unter der Matratze mit so großen Abständen montiert sind, dass sie sich dazwischen durchdrückt. Hier wurde spürbar gespart.
Die Sitzrunde um den verlängerbaren Tisch macht ihre Sache ordentlich. Der schmale Seitensitz taugt allerdings nur als Notplatz. Als Beinauflage etwa beim abendlichen Fernsehen ist er dagegen klasse. Dank seitlicher Klappe kann die kleine Sitztruhe als praktisches Schuhlager dienen.
Gewöhnung erfordern die Stufen im Fahrzeug, besonders die, die vom Sitzgruppenpodest nach unten und von der Küche hoch ins Bad führen. Dort angekommen, kann man die jüngste Änderung am 339er Grundriss begutachten, den es als Teilintegrierten schon länger gibt. Bislang war der Durchgang zwischen Bad und Queensbett – zumindest bei Einsatz des Verlängerungspolsters – praktisch nicht mehr passierbar. Nach Modifizierung des Sanitärraums – die hintere Wand wurde schräg gestellt – geht das nun besser.
Allerdings zu Lasten der Bewegungsfreiheit im Bad. Bereits mit durchschnittlicher Statur fühlt man sich auf der Toilette und vor dem Waschtisch eingepfercht. Immerhin, es gibt einen Ausweg: Wenn man die Tür über den Gang schließt, entsteht eine Art Raumbad. Als Abtrennung Richtung Schlafzimmer dient dabei ein Vorhang.
In die Duschkabine gegenüber ist ein Podestteil eingelegt, um für den Durchgang zum Bett Bodengleichheit zu schaffen. Nimmt man es heraus und schließt die Türen hinter sich, findet man sich in einer gut nutzbaren Duschkabine wieder, die vor allem durch üppige Stehhöhe glänzt. Die abklappbare Trockenstange ist seit neuestem in allen Carado-Nasszellen Serie, die feste Duschabtrennung und der Holzrost kosten aber weiter Aufpreis.
Mit 1,50 Meter ist das Queensbett genauso breit wie das Hubbett. Die Länge wächst allerdings erst nach Einlegen des zwölf Zentimeter breiten Zusatzpolsters auf ein passables Maß von 1,89 Meter. Die Matratze ist angemessen dick, kann aber nur in der oberen Hälfte auf eine Lattenrost-Unterstützung bauen.
Rechts und links des Heckbetts finden sich zwei identisch große Kleiderschränke mit herausnehmbarem Zwischenboden und automatischer Beleuchtung. Zwei Hängeschränke und besonders der Wäscheschrank unter dem Fußende des Betts mit drei großen Fächern bieten reichlich Platz für die Kleidung. Ein Bodenpodestfach und drei Hängeschränke über der Sitzgruppe ergänzen das für zwei Reisende großzügige Stauraumangebot.
Für mehrköpfige Besatzungen – und sperriges Gepäck – kann obendrein der Heckstauraum aushelfen. Wegen der knappen Höhe von unter einem Meter, aber auch durch den eingebauten Gaskasten bedingt, ist er für gängige Fahrräder ohnehin kaum geeignet.
Apropos Gaskasten: Dass man für den Zugriff zwei Türen öffnen muss – okay. Schwerer wiegt beim Wechseln, dass die Flaschen hintereinander stehen. Die übrige Bordtechnik ist schlicht, aber meist funktional ausgeführt. Die Doppel-USB-Ladebuchse an der Sitzgruppe spendiert Carado nun serienmäßig – eine zweite am Heckbett wäre wünschenswert. Für die stärkere Truma-Combi-Heizung muss ebenfalls kein Aufpreis bezahlt werden, für den Frostschutz des Abwassertanks dagegen schon.
Nachvollziehbar, dass der stattlich große 167-Liter-Kühlschrank ebenso extra kostet. Auf eine Zündhilfe am ansonsten ganz praxisgerechten Dreiflammkocher muss man leider verzichten. Daneben gefällt die Winkelküche besonders mit viel Stauraum. Echte Arbeitsfläche ist jedoch Mangelware.
Und wie fährt sich der I 339? Hat man sich als Einsteiger erst an die ungewohnten Abmessungen des Vorderwagens gewöhnt, lässt sich die steile Frontganz gut einschätzen. Nur wenig hilfreich sind die relativkleinen Außenspiegel ohne Weitwinkelteil. Mit dem 150-PS-Motor ist man flott unterwegs. Die Klapper- und Poltergeräusche vor allem vom Hubbett mindern den Fahrkomfort aber deutlich.
Auf- und Ausbau
Sandwich-Bauweise, Holz-Verstärkungen, außen Seitenwände Alu, Dach/Heck GfK, Boden Holz, innen foliertes Sperrholz, Isoliermaterial Wand/Dach/Boden EPS-Schaum, Wandstärke Wand/Dach/Boden 34/34/42 mm, kein Doppelboden, 4 vorgehängte Kunststoff-Isolierfenster, 3 Dachhauben, 1 Dachfenster.
Bordtechnik
Gas-Gebläseheizung/Boiler Truma Combi 6, 9 Ausströmer (3 x Fahrerhaus, 1 x Sitzgruppe, 1 x Einstieg, 1 x Küche, 1 x Bad, 1 Heckbett, 1 x Heckstauraum), Wasseranlage: Frisch-/Abwasserschläuche u. -rohre, Tauchpumpe.
Basisfahrzeug
Fiat Ducato, Flachrahmen, Vorderradantrieb, Vierzylinder- Turbodiesel, Hubraum 2287 cm3, Leistung 110 kW/150 PS bei 3600/min, Drehmoment 380 Nm bei 1500/min, automatisiertes Sechsganggetriebe.
Fahrleistungen
Beschleun. 0–50/80/100 km/h 8,4/16,2/23,6 s; Elast. 60–80/100 km/h (4.//5. Ga.) 6,3/13,8//8,9/22,8 s, 80–100 km/h (6. Ga.) 13,9 s, Testverbr. 12,4 L/100 km.
Grundpreis: 53.764 Euro (Fiat Ducato 35 L, Motor 96 kW/130 PS) mit TÜV und Zulassungsbescheinigung II
Testwagenpreis 69.752 Euro
Zusatzausstattung im Testwagen:
Taugt der was? Das hängt vom Anspruch ab. Mit außergewöhnlicher Technik, Ausstattung oder Verarbeitung wartet der Neue nicht auf. Als großzügige Alternative zu einem Hubbett-Teilintegrierten kann das schlichte I-Modell aber durchaus gefallen.