Kabe Estate 660 DGDL (2025) im Test

Kabe Estate 660 DGDL (2025) im Test
Wie winterfest ist der Caravan aus Schweden?

Veröffentlicht am 30.11.2024

Schon eine Stunde bevor die Stena Germanica in Göteborg einläuft, gleitet sie im fahlen Morgenlicht an bezuckerten Schären vorbei. Der Schnee wird uns auch auf den folgenden 490 Kilometern Landweg von Göteborg nach Tandådalen in Mittelschweden begleiten. Mal liegt er als dünne, mal als dickere Decke über dem Land, hier und da hat sie der Wind auch über die Straße gebreitet. Das Thermometer zeigt schon hier im südlichen Teil des Landes beständig Werte unter dem Gefrierpunkt. Darum verraten nur blaue Flecken auf dem Navi die hunderten von kleinen und großen Seen entlang der Route, die jetzt unter Eis und Schnee verborgen liegen.

Kabe Estate 660 DGDL (2025) Test f
Ingo Wagner

Unser Reiseziel Tandådalen. Hier betreibt der Caravan Club of Sweden einen Campingplatz inmitten des zweitgrößten schwedischen Skigebietes. Und genau dorthin hat Kabe vom Stammsitz in Tenhult aus schon vor Wintereinbruch eine Handvoll Caravans gebracht. Einen davon dürfen wir für ein paar Tage bewohnen, um zu erleben, ob und wie sich so ein Schwedenwagen in einem Winter bewährt, der diesen Namen noch zu Recht trägt.

Auf den letzten 100 Kilometern vor Tandådalen hat sich Väterchen Frost so richtig ins Zeug gelegt. Die Scheinwerfer unseres Allrad-Campingbusses leuchten in einen Tunnel aus Schnee. Bei jetzt –13 Grad ist die geschlossene Schneedecke erstaunlich griffig. Während Bedingungen wie diese in Deutschland zum Verkehrskollaps führen, wird hier gefahren wie auf Asphalt. Der darf sich übrigens den ganzen Winter lang verstecken, weil generell kein Salz gestreut wird. Imposante Scheinwerfer-Batterien und Spikereifen gehören hier deshalb zur Standardausrüstung vieler Autos.

Test Kabe Estate 660 DGDL

Kabe Estate 660 DGDL (2025) Test f
promobil
  • Grundpreis ab: 61.550 Euro
  • Gesamtlänge/Breite/Höhe: 8,74/2,50/2,78 m
  • Zul. GesamtgewichT: 2.000–2.300 kg
  • Schlafplätze: 4+3

Härtetest für den Kabe

Der Schlüssel für den Estate 660 DGDL, der meinem Sohn Oskar und mir zugeteilt wurde, und die Chipkarte für die Schranke liegen wie am Telefon besprochen im Zu-spät-Ankömmlings-Briefkasten an der Rezeption. Wir zippen den tiefgefrorenen Reißverschluss des stabilen und mit einem Holzboden ausgelegten Wintervorzeltes auf und treten ein in unsere Bleibe auf Zeit, die muckelig vorgeheizt auf uns wartet.

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Ingo Wagner

Der Estate ist die Einsteigerbaureihe von Kabe, die zu Grundpreisen von 40.050 (470 GLE) bis 67.850 Euro (780 DGDL und BGXL) bereits serienmäßig über eine Warmwasser-Raum- und Fußbodenheizung und dieselbe hochwertige Aufbautechnik verfügt wie die deutlich teureren Kabe-Baureihen. Dazu kommen ein innenliegender Abwassertank, eine Lüftungsklappe in der Seitenwand, eine dicke 130-Ah-Bordbatterie und DAB-Radio samt Lautsprechern und Außenantenne.

Dass die gesamte Bordtechnik über ein zentrales Display gesteuert wird, versteht sich bei Kabe ebenso von selbst wie dass sich die Außenbeleuchtung ohne Zugfahrzeug aktivieren lässt. Auf dem Campingplatz, wo Caravans von Kabe das Bild dominieren, wird offenbar, dass dieses Feature gerne genutzt wird, um den eigenen Wagen im Schnee in Szene zu setzen. Und wo es im Winter lange dunkel ist, freut man sich besonders über Licht. Das gibt es im Estate nicht nur im Wohnraum zu Genüge und fein modulierbar, sondern auch im Gaskasten und im Skiauszug (eine weitere skandinavische Besonderheit).

Mollig warm und gemütlich

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Ingo Wagner

Der 660 DGDL ist ein wuchtiger, 2,50 Meter breiter Einachser für 61.550 Euro, der Familien mit Kindern eine Menge Platz und mindestens vier feste Betten bietet. Zwei, auf Wunsch auch drei Etagenbetten postiert Kabe hinten quer und stellt ihnen eine gemütliche Kinder-Dinette zur Seite. Oskar entscheidet sich fürs untere Bett und nimmt auch das restliche Kinderzimmer in Beschlag.

Wie es sich gehört, tropfen unsere dicken Winterstiefel auf dem Fußabtreter hinter der Eingangstür ab. Und schon, wie wir so in Strümpfen unsere Sachen einräumen, fällt uns auf, wie gleichmäßig und harmonisch temperiert der 660 DGDL ist. Weder Hände noch Füße erfühlen unangenehm kühle Stellen oder Bereiche. In der Sitzgruppe bildet die von den Konvektoren aufsteigende Luft einen unsichtbaren Vorhang zwischen Menschen und Fenstern, vor denen die Nachtluft inzwischen noch weiter abgekühlt ist.

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Ingo Wagner

Denselben Effekt erleben darf man auch im "französisch" geschnittenen Längsbett mit seinem sich verjüngenden Fußende. Zudem belegt Kabe die Alu-Innenwände mit einem "atmungsaktiven" Teppich – zwei Kabe-Spezialitäten, die sich unter diesen Bedingungen bestens bewähren. Selbst als sich am Abend des dritten Tages noch Wind und starker Schneefall zur Kälte gesellen, genügt der Alde-Heizung die elektrische Heizstufe mit maximal 3,4 kW; schwedische Campingplätze sind auf hohen Strombedarf vorbereitet, weswegen auch in der Nachbarschaft eher selten Gasflaschen getauscht werden.

Und wenn das doch mal nötig ist, zeigt sich, dass ein simpler Klappdeckel vor dem Flaschenkasten nicht schlecht sein muss: Es fallen nämlich weder Eis noch Schnee hinein. Der Klappgriff aus Metall ist stabil genug, dass man die Klappe auch öffnen kann, wenn sie teilweise zugefroren ist. Und wo draußen schon mal Schneetreiben herrscht, probieren wir die Lüftungsklappe neben dem Bett aus. Und siehe da: Frische Luft kriecht in den Estate, doch der Schnee bleibt draußen.

Kabe Estate 660 DGDL (2025) Test f
Ingo Wagner

Teils unsaubere Verarbeitung

Durch die aufsteigende Warmluft beschlagen auch die Rahmenfenster nicht. Nur morgens, wenn die Rastrollos geschlossen waren, zeigt sich an den Fensterrändern ein wenig Wasser, das aber ebenso schnell verschwindet wie die kleinen Wasserlachen unter den Winterstiefeln im Eingangsbereich. Im Kontext der Bordtechnik gibt es nur einen negativen Punkt, der aber nur diesen Testwagen betreffen könnte: Die Aluleiste, die Türschwelle und Heizungsleitung abdeckt, knackt rhythmisch laut, sobald die Umwälzpumpe wieder warmes Wasser zu den Konvektoren fördert.

Kabe Estate 660 DGDL (2025) Test f
Ingo Wagner

Unabhängig von seiner unbedingten Qualität als Winterquartier zeigt der bereits von einigen Crews bewohnte Kabe hier und da doch Zeichen von Nachlässigkeit. An einigen Stellen fehlen bereits Schraubenabdeckungen, Kabel liegen teils in großen Schlaufen hinter den Möbeln und lugen unter den Dachstauschränken der Sitzgruppe hervor.

Größter offensichtlicher Lapsus: Zwischen Duschwanne und Wand im Bad klafft ein breiter Spalt, an dem sich das Silikon gelöst hat. Vermutlich steht die Bodenwanne an dieser Stelle zu stark unter Spannung. Da wir im gut ausgestatteten, aber etwas karg gestalteten Bad nur Waschbecken, Toilette und den formidablen, optionalen elektrischen Handtuchwärmer/-trockner nutzen, bleibt er ohne Folgen.

Kabe Estate 660 DGDL (2025) Test f
Ingo Wagner

Die Elektrik funktioniert trotz der teils wirren Kabelei tadellos und intuitiv. Schon bei vergangenen Tests von Kabe-Caravans fiel auf, dass die Funktion Priorität vor dem letzten Quäntchen Finesse genießt. Stabilität und Konstruktion des Mobiliars sind davon unberührt. Alle Klappen verfügen über Riegel und Gasdruckaufsteller, in der funktionalen, recht schmalen, aber dennoch stauraumreichen Küche werden die Auszüge inklusive des ausziehbaren Schneidebretts zentral verriegelt.

Und auch den serienmäßigen Dunstabzug weiß man sehr zu schätzen, wenn man die Fenster aufgrund von Kälte nicht öffnen kann oder möchte. Durch die Winterabdeckungen auf den Lüftungsgittern arbeitet auch der Absorberkühlschrank bei Eiseskälte zuverlässig. Optional bietet Kabe ein Kompressorgerät an.

In Kleider- und Wäscheschrank ist es dagegen mollig warm. Und so stapft man stets im warmen Zwirn durch den Schnee ins Waschhaus und zurück. Herrlich.

Daten und Messwerte

Karosserie

  • Aufbau: Sandwichbauweise mit XPS-Isolierung, PU-Leisten, Alu-Glattblech, DachGfK, Boden Holz. Stärken 41/45/50 mm. Aufbautür 170 x 57 cm.
  • Anbauteile: einteiliger Heckleuchtenträger, integrierte Rangiergriffe. Bugelemente aus ABS, Deichselkasten aus ABS, Deckel an Klappbeschlag.
  • Fenster/Hauben: 8 Ausstellfenster mit Rastaufstellern und Rastrollo-Verdunkelung, Panoramafenster. 3 Dachfenster.

Möbel

  • Material/Beschläge: Sperrholzmöbel mit Metallscharnieren, Gasdruckaufstellern, Softclose-Funktion und Pushlock-Verriegelung, Kunststoff-Hakenschnäpper an Küchenunter- und -oberschränken, Schubladen mit Selbsteinzug.

Bordtechnik

  • Gas/Heizung: Gas-/Elektro-Warmwasserheizung Alde Compact 3030 mit Fußbodenheizung. Leistung 5,5 kW (Gas) und 3 kW (230 Volt). Boiler 10 Liter.
  • Wasseranlage: 40-L-Fischwassertank, Tauchpumpe, 32-L-Abwassertank.
  • Elektrik: Umformer m. Ladegerät 30 A. 130-Ah-AGM-Akku. Bedienpanel mit LCD-Display für Hauptschalter und Füllstände.
  • Beleuchtung: Spots in Heki-Baldachin, Flächendeckenleuchte, Ambiente- und Hauptlicht dimmbar.
  • Küchenausstattung: 7 Auszüge mit Zentralverriegelung, davon 1 Mülltrenner. Ausziehbares Schneidebrett. Zweistöckiger Korbauszug. Dreiflammkocher mit Zündhilfe, Edelstahl-Rundspüle mit Hebelmischer. Absorberkühlschrank Dometic RMD 10.5 XS mit automatischer Energiewahl, Nutzinhalt 171 L, Gefrierfach 35 L.
  • Sanitär: Toilette Thetford C-263 CSL, separate Dusche.

Preise und Ausstattung

Grundpreis: 61.550 Euro

Testwagenpreis: 68.780 Euro

  • TÜV/Zulassungsbesch. Überführungspauschale: 990 Euro
  • Auflastung auf 2.300 kg zul. Gesamtmasse: ✔ 1.431 Euro
  • ✘ Komfort-Paket 2 m. Regalen in Oberschränken, Nackenstützen, Handtuchtrockner (8 kg): ✔ 785 Euro
  • ✘ Design-Paket 2 mit Panoramadachhaube, Alufelgen, Tür mit Fenster, Deichselabdeckung: 2.078 Euro
  • ✘ Klimaanlage Dometic Freshjet (34 kg): 3.377 Euro
  • Gasregler m. Umschaltung und Eis-Ex (1,2 kg): ✔ 466 Euro
  • City-Wasseranschluss (1 kg): ✔ 625 Euro
  • Abwasser-Direktabfluss (1 kg): ✔ 205 Euro
  • Backofen (10 kg): 1.700 Euro

✘im Testwagen enthalten; ✔empfehlenswert; notwendige Ausstattung