Mit der Zuladung eines Wohnmobils zurechtzukommen ist mitunter nicht leicht. Schuld sind die Hersteller heißt es oft, die ihre versprochenen Gewichtsangaben häufig nicht einhalten würden. Stimmt das wirklich?
Mit der Zuladung eines Wohnmobils zurechtzukommen ist mitunter nicht leicht. Schuld sind die Hersteller heißt es oft, die ihre versprochenen Gewichtsangaben häufig nicht einhalten würden. Stimmt das wirklich?
Lesen Sie immer das Kleingedruckte? Da kann man bei Reisemobilprospekten so manche Kuriosität entdecken, teils mit weitreichenden Folgen. Wie bei der fast immer vorhandenen Fünf-Prozent-Klausel. Die Hersteller gestehen sich darin eine fünfprozentige Toleranz auf die sogenannte "Masse im fahrbereiten Zustand" zu. Also der Gewichtsangabe, die abgezogen vom zulässigen Gesamtgewicht die nutzbare Zuladung ergibt.
Fünf Prozent klingen vielleicht erst mal nicht viel, aber wer sich klarmacht, dass das bei einem Fahrzeug mit 3000 Kilo fahrbereiter Masse bis zu 150 Kilo Mehrgewicht bedeuten kann, erkennt die Dimension dieser Fußnote. So erging es auch promobil-Leser Erhard Jacobi, dessen Fahrzeug nach seinen Angaben mit 145 Kilo und damit 4,7 Prozent zu viel ausgeliefert wurde. "Genau die Masse, die uns beim praktischen Betrieb fehlt", um innerhalb des 3,5-Tonnen-Limits zu bleiben, wie er beklagt.
Begründet wird die Toleranzforderung meist mit der Verarbeitung von Holz, das als Naturmaterial nicht immer die gleiche Dichte hätte. Da mehr als die Hälfte des Reisemobilgewichts aber auf das Chassis entfällt und auch im Auf- und Ausbau der Einsatz von Holz immer weniger wird, erscheint höchst fraglich, ob die großzügige Toleranz noch zeitgemäß ist. Vielmehr steht der Verdacht im Raum, dass die Hersteller "wissentlich die fünf Prozent Toleranz schamlos ausnutzen", wie Jacobi formuliert, denn wenn es sich um Materialschwankungen handeln würde, müssten auch Abweichungen nach unten auftauchen.
Dieser Frage wollte promobil konkret nachgehen und analysierte die Gewichtssituation der letzten zwölf Supercheck-Modelle. Um das promobil-Leergewicht, das sich ganz nah an der Praxis orientiert, in die eher theoretische Angabe der "Masse im fahrbereiten Zustand" umzurechnen, sind allerdings ein paar Schritte nötig.
Zunächst muss das Gewicht aller Extras im Testwagen abgezogen werden. Außerdem wiegt promobil stets mit komplett gefüllter Wasseranlage. Den Herstellern ist aber die Vorgabe einer Fahrstellung mit begrenztem Volumen erlaubt – 50, 20, 10 oder gar nur 1 Liter. Die Differenz ziehen wir ab. Ähnliches gilt für den Gasvorrat – statt zwei Stahlflaschen reicht auch ein Alu-Exemplar für die Norm, und der Kraftstofftank muss nur zu 90 Prozent gefüllt sein. Wir ziehen für beides pauschal 30 Kilo ab.
Hinzu addiert sich schließlich noch der 75-Kilo-Normfahrer, dann kann der Wert mit der Werksangabe verglichen werden. Bei neun von zwölf Testfahrzeugen ist das Gewicht zu hoch, allerdings maximal um drei Prozent – immerhin 85 Kilo. Ein Modell kommt genau auf die Werksangabe, zwei sind sogar leichter als deklariert – bis zu drei Prozent.
Die fünf Prozent werden, zumindest in diesen Beispielen, also nicht ausgenutzt. Eine Herabsetzung der Toleranz beispielsweise auf drei Prozent brauchen seriöse Hersteller also offenbar nicht zu fürchten. Trotzdem müssen die Gewichte im Schnitt runter und besser den Werksangaben entsprechen. Noch größer erscheint jedoch das Problem der legalen, aber praxisfernen Schlupflöcher bei den Betriebsstoffen, vor allem beim Wasser, und die Sache mit den Ausstattungspaketen, die die Preis- und Gewichtsangabe schönen, letztlich aber obligatorisch sind. Viele Modelle bleiben nur mit diesen Kniffen noch im Limit.
Die "Masse in fahrbereitem Zustand" setzt sich nach der EU-Verordnung Nr. 1230/2012 folgendermaßen zusammen. Zum absoluten Leer- oder Trockengewicht des Fahrzeugs in Serienausstattung wird ein zu 90 Prozent gefüllter Kraftstofftank hinzugerechnet, plus alle übrigen Betriebsstoffe zu 100 Prozent, die zum Einsatz nötig sind. Dazu gehört bei einem Reisemobil eine gefüllte Wasseranlage inklusive Boiler. Das Frischwassertankvolumen kann allerdings über ein Ventil auf eine kleinere Menge für den Fahrbetrieb reduziert sein. Ähnliches gilt für den Gasvorrat, wo meist nur mit einer Alu-Gasflasche gerechnet wird – der zweite Flaschenplatz gilt als Option. Hinzu kommt das Bordwerkzeug mit Ersatzrad oder Reifenfüllset und ein 75-Kilo-Normfahrer.
Leergewicht
+ 90 % Kraftstoff
+ Wasservorrat
+ Gasvorrat
+ Bordwerkzeug
+ Normfahrer
= Masse in fahrbereitem Zustand