Vergleichstest Campingbusse
Marco Polo, Trio Style und Club Joker

Die neuen Kompakten von Mercedes, Reimo und Westfalia kommen überall durch: enge Gassen, steile Bergpässe – und auch im Alltag. Wie schlagen sich Marco Polo, Trio Style und Club Joker City?

Uferpromenade in Torri del Benaco am Gardasee.
Foto: Ingolf Pompe

Die Landschaft wird immer bunter – nicht nur im Frühling, wenn frisches Grün und bunte Blüten sprießen. Auch bei den kompakten Campingbussen mit Aufstelldach ist vieles in Bewegung. Bevor sich der Bestseller VW California anschickt, mit einer neuen Modellgeneration anzugreifen, hat die immer vielfältigere Konkurrenz bereits vorgelegt.

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pro 09/2015
Vergleichstest Mercedes Reimo Westfalia
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Antreiber der Veränderung sind einerseits erneuerte Basisfahrzeuge wie Mercedes V-Klasse/Vito, Ford Transit Custom und Renault Trafic. Und auf der anderen Seite Marken, die erstmals oder seit Längerem wieder in dieser Klasse mitmischen – wie Traditionshersteller Westfalia. Oder auch die Marke Karmann, die ihren ersten Kompaktcamper Colibri auf Renault-Trafic-Basis leider nicht rechtzeitig zum Test bereitstellen konnte.

Aufstelldach

Mit viel Spannung wurde der neue Mercedes Marco Polo erwartet. Kein Campingbus wurde bislang so konsequent von vorn bis hinten durchgestylt. Ob er sich auch in der Praxis bewährt, gerade auch im Vergleich zu einem ausgewiesenen Praktiker wie dem Reimo Trio Style, war die Frage. Der bringt den neuen Ford Transit Custom als Basisalternative mit ein. Und der Westfalia: Was spricht außer der Toilette noch für das neue Grundrisskonzept des Club Joker City

TEIL 1: WOHNEN

So stellt man sich einen Campingbus von Mercedes vor. Edel und wie aus einem Guss. Cockpit und Ausbau bilden optisch und funktional eine Einheit. Am bewährten Grundriss mit seitlicher Möbelzeile und verschiebbarer Schlafsitzbank hat sich freilich nichts geändert. Auch die Bank selbst ist vom Vorgänger her weitgehend bekannt. Neu ist der Tisch, der nach California-Vorbild an einer Schiene am Küchenblock entlanggleitet und so schnell aufgebaut ist.

Drehstühle kosten im Reimo extra

Das Drehen der Cockpitsitze gelingt auch mit geschlossenen Fahrerhaustüren – am besten, wenn man daneben steht. Einfach lässt sich auch der Beifahrersitz im Westfalia-T5 drehen, deutlich zickiger zeigt sich das Fahrerpendant. Paare können sich die hier optionale Drehkonsole auch einfach sparen. Im Reimo kosten sogar beide Drehkonsolen extra. Schon etwas dreist, schließlich möchte man auch zu zweit gerne mal gegenüber sitzen. Eher hemdsärmelig behandelt man auch das Thema Tischaufbau. Der ist nämlich im Heckstauraum untergebracht und nur von außen zugänglich – im Zweifelsfall durch Regen und Kälte. Die praktische Seite ist seine Doppelnutzung – in der Sitzgruppe als allerdings etwas wackeliger Einsäulentisch oder im Freien auf vier Beinen.

Der Westfalia-Tisch ist während der Fahrt sicher in der Innenverkleidung der Schiebetür untergebracht und kann bei Bedarf an einer Wandschiene eingehängt und stabil aufgestellt werden. Besonders zu viert muss man seine Beine unter dem Tisch dabei gut sortieren, denn anders als bei den beiden Kontrahenten ist die Bank hier fix und kann nicht bedarfsweise nach hinten geschoben werden.

Auch beim Bettenbau geht der Westfalia eigene Wege, ein Umbau der Sitzgruppe ist nur gegen Aufpreis möglich. Die im Testwagen nicht vorhandene Option besteht aus Matratzen und Verstärkungsplatten, die hinten an der Banklehne montiert sind und sich zu einer 1,80 mal 1,10 Meter großen Liegefläche entfalten sollen. Sehr bequem ist das Dachbett mit Froli-Tellerfedern als Unterbau, und auch der Aufstieg im Heck über ein gepolstertes Brett funktioniert relativ mühelos. Zwei helle LED-Schwanenhalslampen erfreuen Leseratten, die sich genauso auch im Mercedes-Dachbett finden. Ein Indiz dafür, dass auch der Marco-Polo-Ausbau – in Lohnfertigung – bei Westfalia entsteht. Als Matratzenunterfederung nutzt man hier aber das mindestens ebenso komfortable Lattoflex-System. Praktisches Detail: die Handy-Ablageschale mit USB-Ladebuchse.

Im Mercedes wird eine extra Matratze benötigt

Schläfer im optionalen Reimo-Dachbett müssen im Vergleich etwas hartgesottener sein. Unter der etwas dickeren Matratze sucht man vergeblich nach Unterfederung oder Unterlüftung. Dafür punktet er mit dem besten Bett im Parterre. Sitz- und Lehnenfläche der Bank werden nach vorn geklappt, und man schläft dann auf der extra weicher gepolsterten Rückseite. Zusammen mit der Verlängerung entsteht so eine relativ breite, ebene Liegefläche. Das Mercedes-Bett ist da eher ein zerklüfteter Notbehelf. Wer es regelmäßig nutzen will, ordert besser die Matratzenauflage mit.

Unter zwei Rauchglasabdeckungen kommen Kocher und Spüle in der Marco-Polo-Küche zum Vorschein. Die beiden Flammen sind relativ groß und elektrisch zündbar. Das halbkugelförmige Becken kann – wie auch im Westfalia – mehr optisch als praktisch überzeugen. Ins rechteckige Reimo-Exemplar passen Pfannen besser hinein. Dort mangelt es dagegen an Kocherfläche und Zündhilfe sowie einer Besteckschublade.

Die beste Küche gibt's im Westfalia

Die beste Arbeitsfläche und den meisten Stauraum kann die Westfalia-Kombüse aufbieten. Der 50-Liter-Kühlschrank wartet in griffgünstiger Höhe gegenüber auf seinen Einsatz. Vergleichsweise unübersichtlich bevorratet die Kühlbox im Mercedes das Kühlgut. Sie dient wahlweise auch als Gefriertruhe. Gekocht wird im Westfalia wie gewohnt im Stehen, während die Küchenzeilen von Reimo und Mercedes auf sitzende Köche ausgerichtet sind. Vorteil: Das geht auch bei geschlossenem Dach.

Die große Besonderheit des Westfalia-Ausbaus ist die Kassettentoilette, die links im Heck eingebaut ist. Kein eigenes Klo dabei zu haben, ist für manche das größte Manko kompakter Campingbusse. Ob die halboffene Bauweise ohne richtigen Sichtschutz aber mehr bringt als ein Porta-Potti, das man aus einem entsprechenden Fach herausziehen kann – wie im Reimo –, bleibt fraglich.

Und auch die Praxistauglichkeit der optionalen, beim Testwagen noch nicht funktionsfähigen Dusche mit ultraflacher Bodenwanne ist zweifelhaft. Der zugehörige Boiler kann sich immerhin auch anderweitig beliebt machen.

Die bequemsten Dachbetten bieten Mercedes und Westfalia, das beste Umbaubett der Reimo. Ein wackeliger, umständlich zugänglicher Tisch kostet ihn bei der Sitzgruppe Punkte, ebenso die fehlende Besteckschublade und Kocherzündhilfe in der Küche. Der Möbelbau ist durchgehend solide, bei Mercedes und Westfalia aber aufwendiger und feiner. Ob die Toilette in letzterem ihre Nachteile an anderer Stelle aufwiegt, bleibt eine Frage der Prioritäten.


Die Campingbusse im Überblick

ReimoTrio Style

  • Gurt-/Schlafplätze: 5/4
  • Gesamtgewicht: 3100 kg
  • Länge: 4,98 m
  • ab 42.690 Euro 

WestfaliaClub Joker City

  • Gurt-/Schlafplätze: 4/2
  • Gesamtgewicht: 3000 kg
  • Länge: 4,89 m
  • ab 48.490 Euro 

Mercedes Marco Polo

  • Gurt-/Schlafplätze: 4/4
  • Gesamtgewicht: 3050 kg
  • Länge: 5,14 m
  • ab 54.835 Euro

Fazit

Der Bus kommt: Der modernste Kompaktcamper in diesem Trio ist eindeutig der Mercedes Marco Polo. V-Klasse-Basis und konsequent darauf abgestimmter Ausbau bilden eine klasse Einheit, die sich super fahren lässt und auch beim Campen vieles –
aber noch nicht alles – bestens macht.

Der Reimo Trio Style ist mehr robust als fein eingerichtet und punktet mit Variabilität, Praxistauglichkeit und günstigem Grundpreis. Mit Aufstelldach reicht er aber über zwei Meter Höhe hinaus. Der Westfalia Club Joker City ist eine interessante Alternative, wenn möglichst viel Sanitärkomfort in einen kompakten und dabei tiefgaragentauglichen Bus passen soll.

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Promobil 06 / 2023

Erscheinungsdatum 03.05.2023

148 Seiten