Als Käufer eines Aufstelldach-Campers hast du heutzutage ja die Qual der Wahl. Wobei diese Erkenntnis angesichts der zahlreichen Alternativen zum großen VW California viel zu negativ klingt. Freuen darf man sich! Darauf, dass es noch viele weitere Modelle gibt, die in diesem Segment praktisch ihre eigene kleine Nische besetzen. Darauf, dass ihre Anbieter im Jahr unter 100 anstelle von 10.000 Fahrzeugen an den Camper bringen und somit viel mehr Spielraum für individuelle Kundenwünsche und -anforderungen bieten können. Und vielleicht sogar darauf, dass zwischen Käufer und Hersteller ein persönlicher, vertrauensvoller Kontakt entsteht. Denn nicht selten gilt in diesen Markt-Gefilden: vom Liebhaber für den Liebhaber.
Zwei von diesem Schlag heißen Craig Kammeyer und Uwe Werz. Beide verdienen ihre Brötchen damit, Volkswagens T-Baureihe auszubauen, und gehen damit ihrer Passion nach. Kammeyer hat dafür die Firma Custom Bus im norddeutschen Langenhagen ganz in der Nähe des Volkswagen-Werks für Nutzfahrzeuge gegründet. Werz, der jahrzehntelange Erfahrung in seinem Metier nachweisen kann, hat sich vor Jahren mit dem gleichnamigen Betrieb im beschaulichen St. Johann-Upfingen auf der Schwäbischen Alb niedergelassen. Beide Hersteller haben sich längst etabliert und bieten mittlerweile ein breit gefächertes Modellangebot.

Bei Custom Bus bekommen Kunden neben dem Camper mit klassischem California-Grundriss in drei Ausbaustufen noch den Multi mit herausnehmbarer Küchen-Box hinter dem Fahrersitz oder den Office als mobiles Büro – beide jeweils mit einer Dreier-Schlafsitzbank. Und dann gibt es da noch die von Möbeldesigner Nils Holger Moormann entworfene, sogenannte Holzklasse mit einem zeitlos edel gestalteten Innenausbau im Stile einer Schiffskajüte. Bei Werz Wohnmobile können Käufer aus drei Linien wählen: den Piccolo mit sechs Ausbauvarianten, den geräumigeren Magnum mit langem Radstand in fünf Varianten sowie den wintertauglichen Exclusive mit ausladendem GfK-Schlafhochdach und geschlossener Nasszelle im Heck. Und neben den Campern auf VW-T6-Basis gibt es auch noch ausgebaute Mercedes Vito.
Zu diesem Vergleich rücken die beiden Campingbusse in der klassischen Grundriss-Variantemit Aufstelldach und linksseitiger Möbelzeile an. Und wir nehmen sie nur allzu gerne genau unter die Lupe.
Auf das Besondere und Einzigartige seiner Busse angesprochen, verweist Kammeyer auf die Inneneinrichtung „wie aus einem Guss“. Tatsächlich wirkt die Möbelzeile im Holzdekor sehr massiv. Die teils großflächigen Türen, Schubladen und Verkleidungsteile am Korpus laufen in exakten Spaltmaßen blockartig zusammen. Auch die Edelstahlspüle und der Zweiflammherd – beide mit einer klappbaren Glasabdeckung versehen – sind beinahe bündig in der Oberfläche der Küchenzeile versenkt.
Den Eindruck von hoher Stabilität unterstreicht eine insgesamt gute Verarbeitungsqualität. Da die Möbel gedämpft lagern, bleibt der Ausbau während der Fahrt nahezu geräuschlos.

Dachhimmel und Innenwände sind mit dem gleichen dunklen Holzdekor verkleidet, weshalb der Innenraum fast höhlenartig wirkt. Das muss man mögen. Der vollflächig mit Extrem-Isolator unterlegte PVC-Boden und die schwarz-grauen Polsterbezüge tun dabei ihr Übriges. Wer es heller mag, bekommt alternativ aber ein Ahorn- oder Birnendekor und kann beim Boden und der Dachhimmelverkleidung zu Eiche oder Teak greifen. Zieht man den Vergleich zu VWs California, gleichen sich die Möbelzeilen lediglich in Größe und Positionierung.
Im Custom Bus kommt direkt hinter dem Fahrersitz gegen Aufpreis ein größerer 65-Liter-Kompressor-Kühlschrank unter. Daneben ein Schrank mit zwei Regalfächern, in dessen unterem Eck – und damit umständlich zu erreichen – die Absperrventile der Gasanlage kauern. Der Werz Piccolo ist diesbezüglich praktischer veranlagt.
Das Tischkonzept gefällt vor allem aufgrund der Größe. Je nach Bedarf können zwei Tischplatten, die während der Fahrt zwischen Fahrersitz und Möbelzeile verstaut sind, einzeln an der Küchenzeile befestigt werden. Dazu werden zunächst die Blende des Gaskochers und die Besteckschublade herausgezogen, die Platten hier dann einfach aufgelegt. Das Resultat ist eine großzügige Arbeitsfläche, die sowohl von der Rückbank als auch von den Vordersitzen bequem zu erreichen ist. Der Zugriff auf die Schublade ist dann allerdings blockiert.

Die knapp sechs Kubikmeter Volumen der T6-Basis füllt die Custom-Bus-Crew mit reichlich Verstaumöglichkeiten. Im Heck offeriert die Möbelzeile neben dem bodentiefen Kleiderschrank noch weitere verschließbare Fächer und mehrere offene Ablagen. Weiteren Platz bieten die beiden leicht herauszuziehenden Boxen unter der Rückbank. Auf Höhe der aufstellbaren Heckablage, die an ihrer Unterseite den optionalen Campingtisch aufnimmt, befindet sich rechts noch ein Fach für Schmutzwäsche. Links kommt der Gasvorrat für den Kocher und die Truma-Heizung in einer 11-kg-Flasche unter.
Ein Crashsensor ist serienmäßig. Wie viele Mitbewerber trägt der Camper ein Aufstelldach von SCA. Das Bett im Oberstübchen ist seit diesem Jahr tellergefedert und dürfte daher nun das bequemere Nachtlager sein. Im Testwagen galt das zunächst für die dicker gepolsterte, schnell umgelegte Schlafrückbank.
Testwertung des Custom Bus Camper
Design und Nutzwert sind im Camper wunderbar kombiniert. Wie viel Wert die Custom-Bus-Crew auf die Optik legt, zeigt sich an den exakt fortlaufenden Maserungen der einzelnen Furnierflächen oder den sauber in die Innenverkleidung integrierten LED-Leuchten mit Dimmfunktion. Die Campingtauglichkeit kommt dabei keineswegs zu kurz: Neben der vollwertigen Küche mit großem Kühlschrank stehen einige Verstaumöglichkeiten bereit. Eine vierköpfige Familie kann mit dem Schlafplatzangebot auf Reisen zurechtkommen. Für Transportfahrten im Alltag kann die Rückbank entfernt werden. Das Preis-Leistungs-Verhältnis ist angemessen, das Ausstattungsangebot üppig. Kurzum: Der Camper bietet viel und sieht dabei auch gut aus.
Oberbett im Testwagen unkomfortabel (noch ohne Tellerfedern), dunkler Innenraum, Aufstell- oder Hochdach nicht im Basispreis enthalten.
Werz Piccolo Slimline
Gurt-/Schlafplätze: 4/4
Gesamtgewicht: 3000 kg
Länge: 4,90 m
Preis: ab 41.900 Euro
Der Innenausbau des Piccolo strotzt geradezu vor Funktionalität, wirkt im Vergleich zu dem des Custom Bus aber auch weniger durchgestylt. Dass der Nutzwert vorn ansteht, zeigt sich an Details wie den bereits erwähnten, stets griffbereiten Gasabsperrventilen oder dem an der Außenwand des Kleiderschranks installierten Kontrollbord, das zur Abfrage des Batterie-Ladezustands und der Wassertankfüllstände sowie zur Steuerung von Pumpe und Gasheizung dient.
In der zum Vergleich angetretenen Slimline-Ausführung fällt die linksseitige Möbelzeile einige Zentimeter schlanker aus als im Custom-Bus-Kontrahenten – oder den anderen Werz-Grundrissen. Dennoch kommt hier eine vollwertige Camping-Ausstattung unter.

Der Zweiflammherd und die Edelstahlspüle werden für den Gebrauch schubladenartig um einige Zentimeter vorgezogen. Der Kocher kann zudem herausgenommen und mit der kleinen 2,5-Liter-Gasflasche im Heckfach auch außerhalb des Fahrzeugs verwendet werden. Um die Auszüge nicht zu blockieren, wird der Mitteltisch nicht am Küchenkorpus, sondern auf einem Schwenkarm an der rechten C-Säule der Karosserie installiert. Der Bereich direkt vor der Küchenzeile bleibt somit komplett frei. Je nach Position ist der Tisch auch von außerhalb des Fahrzeugs als Ablage nutzbar, innen ist er allerdings nicht von allen Plätzen gleichermaßen bequem zu erreichen.
Die Stauräume und somit auch der Kleiderschrank sowie die offenen Ablagen fallen in der schmaleren Möbelkonstruktion logischerweise knapper aus. Im unteren Küchenteil kommen ein etwas kleinerer Kühlschrank und weniger tiefe Stauschränke unter. Anstelle der zusätzlichen Stauboxen hat der Piccolo unter seiner Rückbank zwei Klappen als Durchlademöglichkeit oder für den Zugriff zum Heckstauraum. Hier gibt es einen praktischen Heckauszug, der das Beladen vereinfacht und darüber hinaus die beiden Wasserkanister mit Tauchpumpe trägt. Die Heckablage ist eigentlich nur ein Rahmen, der integrierte Campingtisch fungiert als eigentliche Auflage. Wird er herausgenommen, kann ein beiliegender Rollrost stattdessen eingesetzt werden, auf dem dann das Bettpolster aufliegt.

Um die fest eingebaute Rückbank in ein Bett zu verwandeln, sind mehr Handgriffe nötig als im Custom Bus. Aufgrund der schmalen Möbelzeile ist die Liegefläche dafür gut zehn Zentimeter breiter und auch länger. Keine Abweichungen gibt es bei den Abmessungen des Oberbetts unter dem identischen Aufstelldach. Das Bett ist aber komfortabler – dafür sorgen ein Lattenrost und eine dicker gepolsterte Matratze, die es beide gegen Aufpreis gibt. Mit dem ebenfalls optionalen Ausstellfenster hinten rechts wirkt das Piccolo-Interieur deutlich großzügiger. Mehr Licht trifft hier auf die helleren Möbel.
Die sind wie im Custom Bus sauber verarbeitet und bleiben während der Fahrt ebenso unauffällig. Dass der Piccolo-Testwagen teurer und schwerer ist, liegt vor allem am Allradantrieb und der installierten Solaranlage.
Testwertung des Werz Piccolo Slimline
Funktionalität und Komfort stehen beim Piccolo im Vordergrund. Das Werz-Team hat viel Tüftelarbeit investiert, und das sieht man in allen Winkeln. Die Möbelzeile ist schmaler als üblich, bringt in der wohldurchdachten Konstruktion aber dennoch Kühlschrank, Zweiflammherd und Spüle unter. Der gewonnene Raum kommt der Schlafrückbank zugute, die breiter ausfällt als in vielen anderen Campingbussen mit Möbelzeile und mit viel Komfort verwöhnt. Die Einbußen beim Stauraumangebot sind zu verschmerzen. Das Design des Ausbaus ist im Vergleich zum Custom Bus nüchterner, aber keineswegs charmelos. Käufer bekommen für ihr Geld einen voll aufs Reisen ausgerichteten Campingbus mit vielen Optionen zur Individualisierung.
Schlafrückbank nicht herausnehmbar, geringerer Gasvorrat, kleinere Verstaumöglichkeiten, einfache Innenbeleuchtung, Preise des Serienfahrzeugs und der Zusatzausstattung online nicht verfügbar.
Fazit
Schick oder Funktional? Was reitet der eigentlich so auf den Gas-Absperrventilen herum, werden Sie sich vielleicht fragen. Natürlich ist das nichts, was am Ende über „besser oder schlechter“ entscheidet, zeigt aber ganz gut, wie die beiden Campingbus-Ausbauer an das Thema herangehen. Die Custom-Bus-Schmiede fokussiert sich auf zeitloses Design, lässt die Alltags- und Reisetauglichkeit aber keineswegs zu kurz kommen. Das Werz-Team baut den VW T6 funktionsorientierter aus und legt viel Wert auf hohen Schlafkomfort im oberen und unteren Bett. Mir persönlich ist der Custom Bus aus diesem Vergleich innen zu dunkel, weshalb ich den Werz bevorzugen würde. Da stört mich allerdings der deutlich kleinere Stauraum in den Schränken. Gut, dass es dafür Lösungen gibt: Für den Piccolo die breitere Möbelzeile und für den Custom Bus hellere Dekore.