Der Grand Canyon S 700 von Hymer und Weinsbergs Carabus 540 MQ Edition Fire verfolgen sehr unterschiedliche Ansätze, auch wenn beide mit Aufstelldach grundsätzlich als vierpersonentaugliche Busse antreten. Erster augenfälliger Unterschied ist das Basisfahrzeug. Der Grand Canyon S 700 basiert auf dem Mercedes Sprinter, im Testwagen zudem mit optionalem 190-PS-Motor und Allradantrieb ausgestattet, Serie sind 170 PS und Heckantrieb. Beides sorgt für souveränes Vorankommen, und insbesondere die Höherlegung des Sprinters verpasst ihm ein bulliges Auftreten. Der Weinsberg ist klassischer unterwegs, denn er basiert auf dem Fiat Ducato mit 140 PS und Frontantrieb.
Die Länge macht den Unterschied – oder auch nicht
Ein weiterer, klar ersichtlicher Unterschied ist die Länge der beiden Kastenwagen. Während der Hymer mit 6,97 Metern in den Bereich teilintegrierter Reisemobile vorstößt, bleibt der Weinsberg mit 5,41 Metern äußerst kompakt – ideal für handliches Rangieren und städtisches Umfeld. Dabei ist die Sprinter-Karosserie zwar lang, aber schmaler als beim Ducato und hat zum Dach hin deutlich stärker eingezogene Seitenwände – was sich im Raumgefühl durchaus bemerkbar macht. Der Flur im Sprinter misst stellenweise nur 52 Zentimeter – da wird es manchmal ganz schön eng.
Im Weinsberg ist der begrenzende Faktor dagegen klar die knappe Fahrzeuglänge, doch die Raumausnutzung ist geschickt gelöst. Etwa im Bad, wo der Hymer durch seine Schwenkwandlösung zwar mehr Duschkomfort bietet, überrascht der konventionellere Carabus-Sanitärraum aber mit reichlich Stauraum. Im Schlafabteil ist zwar der Hymer nominell im Vorteil: Seine Liegefläche misst 205 mal 170 Zentimeter, allerdings mit dreigeteilter Matratze und ohne separate Unterfederung. Das Weinsberg-Bett ist zwar deutlich kleiner, kann dafür aber mit einer komfortableren Matratze samt Topper auf Lattenrosten punkten. Beide Fahrzeuge sind optional mit einem Aufstelldach ausgestattet, das zwei zusätzliche Schlafplätze mitbringt.
In puncto Stauraum überzeugt der Hymer mit einer bis zu 5,40 Meter langen Durchlademöglichkeit bei hochgeklapptem Bett, was ihn für Sportequipment wie Surfboards prädestiniert. Der Weinsberg bietet unter dem Bett ein gut nutzbares Fachsystem mit kleineren offenen Ablagen und Zugang zum Frischwassertank, der im Innenraum liegt. Preislich spielt der Hymer Grand Canyon S 700 in einer anderen Liga: Mit über 150.000 Euro ist der Testwagen mehr als doppelt so teuer wie der Weinsberg in der Fire Edition, der als Gesamtpaket deutlich erschwinglicher bleibt.
Maße, technische Daten und wo welcher der beiden seine Stärken und Schwächen hat, zeigen wir im Folgenden.
Platz im Fahrerhaus
Ist der Tisch im Carabus aufgebaut, geht es im Cockpit der Ducato-Basis sehr eng zu. Groß gewachsene Camper stoßen schnell mit den Knien an die Lenksäule. Wenn der Tisch im Wohnraum abgebaut ist, lässt sich der Fahrersitz weiter nach hinten schieben. Die Sitzposition im Ducato ist zudem vergleichsweise hoch und entsprechend die Sicht nach vorn-oben, etwa zu Ampeln, eingeschränkt. Praktisch ist die offene Ablage über dem Fahrerhaus. Allerdings schränkt sie den Raumeindruck merklich ein und sorgt für manche Beule beim Durchsteigen.

Im Sprinter-Fahrerhaus des Grand Canyon S geht’s luftig zu, denn über dem Fahrerhaus gibt es lediglich kleine Ablagefächer, die kaum stören.
Im Sprinter-Fahrerhaus des Grand Canyon S geht’s luftiger zu, denn über dem Fahrerhaus gibt es lediglich kleine Ablagefächer, die kaum stören. Das bringt auch groß gewachsenen Fahrern wohltuende Kopffreiheit. Ausreichend Platz gibt es ebenso für die Beine. Man stößt mit den Knien nicht gleich an, auch wenn der Sitzgruppentisch aufgebaut ist. Zum positiven Eindruck kommt eine uneingeschränkte Sicht nach vorn.
Platz in der Sitzgruppe
Der Tisch im Hymer lässt sich komplett wegklappen, was den Bewegungsraum deutlich erhöht. Auf ein Tischbein verzichtet der Hersteller zudem, trotzdem ist der Fußraum nicht übermäßig üppig, besonders, wenn sich zwei Personen gegenübersitzen. Positiv sind die vielen Stromanschlüsse, die den Hymer fast zum mobilen Office machen. Für den Beifahrer ist der Tisch jedoch zu kurz.
Anders als im Hymer kann der Beifahrer im Carabus dank der ausklappbaren Platte ebenfalls am Tisch sitzen. Trotzdem merkt man hier sehr stark die Fahrzeuglängen-Unterschiede – von Beinfreiheit kann kaum die Rede sein. Zum Fahren sollten groß gewachsene Camper den auch hier beinlosen Tisch abbauen. Die offenen Ablagen und der Hängeschrank schaffen viel Stauraum, schränken aber die Kopffreiheit erheblich ein.
Die Kochstelle
In der Küche des Hymer fehlt es allenfalls etwas an Arbeitsfläche. Platz zum Schnippeln gibt es immerhin auf einem an der Stirnseite einhängbaren Erweiterungsbrett. Die beiden Gasflammen liegen eng beieinander – mit größerem Kochgeschirr wird es schwierig, ebenso wie das Säubern in der kleinen Spüle. Die Beleuchtung unter den Hängeschränken ist schlecht ausgerichtet und erhellt nur den Bereich der Spüle. Stauraum gibt es in den Hängeschränken und Schubladen. Der Schrank neben dem Kühlschrank ist für Klamotten gedacht.

Auch die Weinsberg-Küche ist solide, die Spüle sogar größer als im Hymer.
Auch die Weinsberg-Küche ist solide, die Spüle sogar größer als im Hymer. Die Flammen stehen auch hier nah beieinander. Es fehlt, trotz klappbarem Erweiterungsbrett, auch hier an Arbeitsfläche. Den Schrank neben dem Kühlschrank nutzt man wahlweise für Lebensmittel oder Kleidung. Recht hell und gleichmäßig ist die Beleuchtung.
Das Bad und die Dusche
Das Plus an Fahrzeuglänge zeigt sich vor allem im Bad des Grand Canyon S. Das solide Klappwaschbecken ist groß genug, um sich auch mal die Haare darin zu waschen. Der Raum vor der Banktoilette ist üppig bemessen. Mittels Schwenkwand wandelt sich zudem der Toilettenraum in eine stattliche Dusche. Erfreulich ist das kleine, aber feine Badfenster, das für ein wenig Tageslicht und Frischluft sorgt.
Die Weinsberg-Nasszelle ist mehr als 30 Zentimeter kürzer als die des Hymer. Das wirkt sich entsprechend nachteilig auf den Raumeindruck aus. Ins Gewicht fällt das besonders bei der Dusche und ihrem sehr knapp bemessenen Fußraum. Allerdings kann das Bad im Weinsberg mit drei nützlichen, offenen Ablagen und zwei kleineren Schränken punkten. Mit Vorhang zu duschen ist nicht die reine Freude.
Durchgang
Auch bei den Eingängen der Kastenwagen macht sich die Gesamtlänge bemerkbar. Im Weinsberg bleibt den Campern gerade mal ein halber Meter zum Einsteigen durch die seitliche Schiebetür zwischen Beifahrersitz und Küchenzeile hindurch. Ähnlich knapp bemessen geht es im Flur zwischen Küchenblock und Rückbank bzw. Sanitärraum zu. Obwohl die Karosserie des Ducato mit 2,05 Metern breiter ist als die des Sprinter (2,02 Meter), geht es im Weinsberg sogar etwas enger zu. Das liegt am breiteren Küchenblock, der dem Gang vor der Kochstelle eine Tiefe von lediglich 47 Zentimetern einräumt.

Der Einstieg im Hymer ist spürbar breiter. Zudem ermöglicht die etwas schlankere Küchenzeile einen in Teilen etwas breiteren Flur.
Der Einstieg im Hymer ist spürbar breiter. Zudem ermöglicht die etwas schlankere Küchenzeile einen in Teilen etwas breiteren Flur. Bewegungsraum im Kopfbereich bringen vor allem die schmaleren Hängeschränke. Bei der Stehhöhe geben sich die beiden Kastenwagen praktisch nichts – mit 1,90 und 1,91 Metern bieten beide Fahrzeuge ein übliches Maß.
Heckbett
Spätestens beim Heckbett wird klar, wo der Längen-Überschuss hin ist. Der Hymer kann mit einer Zwei-Meter-Längsliegefläche punkten, die für kleingewachsene Camper sogar zu dritt in der Breite nutzbar ist. Etwas weniger gut ist der Liegekomfort, denn die integrierten Tellerfedern sind nicht so bequem wie ein Lattenrost. Außerdem dürften manche die zwei Längsstöße in der dreiteiligen Matratze stören.
Im Weinsberg kann das Bett mit hohem Liegekomfort, aber nicht mit Größe punkten. Gefallen können die beiden offenen Ablagen und die zwei unabhängig schaltbaren Lesespots. Der Hymer besitzt hier zwei nur gleichzeitig schaltbare LED-Streifen. Die Kopffreiheit über der Liegefläche bis zu den Hängeschränken ist im Hymer besser.
Aufstelldach mit Bett
Bei beiden Fahrzeugen erklimmt man das Aufstelldach über eine separate Leiter. Einen festen Aufbewahrungsplatz gibt es im Hymer für die Aufstiegshilfe nicht. Die Liegefläche reicht für eine Person locker – zu zweit wird es eher kuschelig.
Mit 2,0 mal 1,3 Metern ist das Bett im Carabus-Aufstelldach größer – zwei Personen finden dort eher Platz. Bequem liegt man aber nicht wirklich, denn auf eine Unterfederung muss man verzichten. Erfreulich ist das zusätzliche Dachfenster im Aufstelldach, das auch mehr Licht an die Sitzgruppe bringt. Die Leiter hat im Fach über dem Cockpit ihren Platz.
Staufläche im Heck
Kastenwagentypisch lassen sich die Betten für Stauraum hochklappen. Der Hymer punktet dabei mit Länge, hat in der Breite aber das Nachsehen gegenüber dem Carabus. Auch im Bereich der Hängeschränke wird der Innenraum aufgrund der nach oben schmaler werdenden Bauform des Sprinters immer enger.

Kastenwagentypisch lassen sich die Betten für Stauraum hochklappen
Gerade die Breite des Heckstauraums weiß im Weinsberg-Camper zu gefallen. Zwar stört der nicht ganz aufrecht verharrende Lattenrost, aber dennoch bleibt reichlich Stauplatz. Bei den offenen Ablagen, weiteren Fächern, Schubladen und Schränken kann der Carabus allerdings nicht mit dem Hymer-Kastenwagen mithalten.
Daten und Zahlen
Hier noch einige wichtige Daten und zu Zahlen zu den beiden Fahrzeugen.
Hymer Grand Canyon S 700
- Basis: Mercedes Sprinter 419 CDI
- Länge/Breite/Höhe: 6,97/2,02/2,76 m
- Zul. Gesamtgewicht: 4100 kg
- Gurt-/Schlafplätze: 4/2-4
- Grundpreis: 101.500 Euro
Weinsberg Carabus 540 MQ Edititon Fire
- Basis: Fiat Ducato Light 140 Multijet
- Länge/Breite/Höhe: 5,41/2,05/2,78 m
- Zul. Gesamtgewicht: 3500 kg
- Gurt-/Schlafplätze: 4/2-4
- Grundpreis: 58.000 Euro