Es gibt kaum etwas Entspannteres als einen schönen Sommerabend in Flensburg. Die Menschen zieht’s raus an die Hafenspitze in der Stadt. Sie sitzen auf Holzpontons, haben eine Flasche Wein, ein paar Bier oder Cocktails dabei, manche breiten die Picknickdecke aus und genießen das mitgebrachte Abendessen. Hunde liegen entspannt dabei, Möwen trauen sich manchmal ganz nah ran. Paare flanieren in entspanntem Tempo an der Promenade, dazwischen Skater und Radfahrer, Kinder sausen quietschvergnügt zwischendurch.
Vor Restaurants und Buden füllen sich die Tische, die untergehende Sonne beginnt ihr Farbenspiel. Die Häuser der Altstadt gegenüber werden angestrahlt und beleuchten sich auch selber. Sehr idyllisch hier.
Die geplante Route
Flensburg ist die erste Station unserer Tour ganz im Norden der Republik. Wir wollen mit Rad und Reisemobil die Förde erkunden und dann weiter an die Schlei. Immer schön am Wasser bleiben – das ist unser Motto für diesen Sommer. Für die erste Nacht steht das Mobil am Stellplatz "Am Industriehafen". Der ist zwar nicht besonders hübsch, aber kostenlos und gut gelegen. So, dass die Stadttour bequem zu Fuß oder mit dem Rad zu machen ist.

Die Flensburger Förde zieht sich von der offenen Ostsee 30, 40 Kilometer ins Landesinnere. Das Städtchen Glücksburg mit dem Schloss und die Halbinsel Holnis zählen zu den Highlights am Weg. Eine ruhige Landschaft, in der man mit dem Rad durch Orte wie Langballig, Dollerup, Steinbergkirche bis zum Naturschutzgebiet Geltinger Birk fahren kann – immer das tief-blaue Wasser und oft die gegenüberliegende dänische Küste im Blick.
Ist die Förde ein Fjord?
Das geht ja hier wild durcheinander. Die gängigste Erklärung: Eine Förde wurde durch eine Gletscherzunge landeinwärts gegraben, Fjorde sind durch seewärts wandernde Gletscher entstanden. Die Flensburger Förde ist also ein langgezogener Seitenarm der Ostsee. Die nächste Förde, südlich gesehen, ist die Schlei. Da wollen wir als Nächstes hin.
Und das ist wirklich der richtige Weg auf den Stellplatz hier in Kappeln, direkt an der Schlei? Tatsächlich über die Promenade? Aber ja, da ist wieder ein Schild. Also: freundlich lächeln und im Schritttempo vorbei an den vielen UrlauberInnen. Auf dem Stellplatz an der Marina sind die Plätze mit Schleiblick belegt, aber der Stellplatz ist riesig.
Historisches Stadtzentrum von Kappeln

Die breite Promenade von Kappeln mit ihren Lokalen und Cafés (und Reisemobilen) kennen wir ja schon. Von hier aus führen schmale Wege hinauf ins historische Stadtzentrum. An der Promenade wird es auch nicht langweilig: Ausflugsschiffe, Segelboote und Schiffe aller Größen – sie alle wollen unter der gewaltigen Klappbrücke durch. Da ist Geduld gefragt. Jeweils 15 Minuten vor jeder vollen Stunde öffnet sie sich. Dann geht auf vier Spuren einige Minuten lang nichts mehr für die Fahrzeuge – und auf dem Wasser wuselt’s dafür.
Die Schlei ist ein gutes Segelrevier. Und auch Radfahren macht hier Freude: Nach Maasholm radeln wir durch wilde Natur. Der hübsche Ort liegt auf einer Halbinsel gerade noch an der Schlei. Von hier aus sind es eineinhalb Kilometer bis zur offenen Ostsee. Großer Hafen, reetgedeckte Fischerkaten, es gibt sogar einen – natürlich auch gut besuchten – Stellplatz, mit Grillstelle.

Am westlichen Ende der Schlei liegt die kleine Stadt Schleswig, die ebenfalls mit einem tollen Stellplatz aufwartet – mit Wasserblick und direkt am Hafen. Der Platz ist Ausgangspunkt für die nächste Radtour, diesmal mit Schwerpunkt Kultur. Das weiße Schloss Gottorf auf der Schlossinsel, einst Residenz der Gottorfer Herzöge, beherbergt heute die Schleswig-Holsteinischen Landesmuseen für Kunst und Archäologie.
Hinter dem Schloss liegt der berühmte Barockgarten mit Terrassen und Teichen. Die Symmetrie erschließt sich am besten von der Terrasse des Globushauses aus. Es enthält den Nachbau des Gottorfer Globus von 1650, der außen die Erde und im Innern das erste Planetarium der Menschheit zeigt. Er ist drei Meter hoch, mit Sitzbank im Inneren für maximal zwölf Personen – und im Corona-Sommer leider zu. Daher fällt die astronomische Entdeckungsreise momentan leider aus.

Die Holmer Beliebung
Dafür gibt’s noch einen Kultur-Ausflug, diesmal zu Fuß und direkt in Schleswig: in die ehemalige Fischersiedlung Holm. Einst lag sie auf einer Insel, aber der Schlei-Arm wurde schon vor langer Zeit zugeschüttet. Und hier lauert die Eine-Million-Euro-Frage: Was ist die "Holmer Beliebung"? Nein, kein Schreibfehler. 1650 – es grassierte die Pest – fanden sich Männer "aus freiem Belieben", also ohne Anordnung der Obrigkeit, zusammen, um die Verstorbenen anständig und christlich zu beerdigen und den Hinterbliebenen zu helfen. Es ist also eine Totengilde, der der runde Friedhof und die Kapelle gehören, der Mittelpunkt des Dorfes.
Nachbarschaftliche Solidarität, generationenübergreifend – das gilt heute noch in Holm. Die schnuckeligen Häuser mit ihren bunten Klöndören (für das gemütliche Gespräch quer geteilte Türen) gruppieren sich um das Dorfzentrum herum. Stockrosen vor den Türen, liebevoll dekorierte Fenster, Kopfsteinpflaster, Gassen bis ans Wasser, alles atmet Geschichte. Durch die historische Altstadt spazieren wir wieder zurück zum Stadthafen. Und das Abendessen gibt’s direkt am Hafen, ein paar Schritte nur vom Reisemobil entfernt. Immer schön am Wasser bleiben – das geht hier ganz einfach.
Mitfahrbank um Flensburg
Wenig Busverbindungen, fehlende Einkaufsmöglichkeiten im Ort, für die wenigen anfallenden Fahrten lohnt sich der Kauf eines Autos aber nicht – in der Region rund um Flensburg etabliert sich mit der Mitfahrbank momentan eine innovative Ergänzung zum öffentlichen Personennahverkehr. Das Prinzip ist dabei so einfach wie wirkungsvoll: An den Haltestellenschildern neben den Bänken lassen sich bis zu fünf verschiedene Richtungsschilder mit Zielorten aus der Umgebung ausklappen. Also einfach das passende Schild nach oben klappen, und dann heißt es warten.

Da vorbeifahrende AutofahrerInnen so sofort sehen können, wohin es gehen soll und sich das sympathische System mittlerweile bei immer mehr umweltbewussten AutofahrerInnen zunehmender Beliebtheit erfreut, sollte sich die Wartezeit in Grenzen halten.
Norddeutsche Klassiker: Rote Grütze

Der traditionelle Nachtisch aus roten Beerenfrüchten zählt besonders in den Sommermonaten zu den beliebtesten Süßspeisen im norddeutschen und skandinavischen Raum. Zu den häufigsten Zutaten gehören Schattenmorellen, Rote und Schwarze Johannisbeeren sowie Him- oder Erdbeeren. Als Bindemittel für die, je nach Geschmack, mehr oder weniger stark gezuckerten Früchte dienen Speisestärke, Gries oder Sago. Dazu wird kalte Milch, Sahne, Vanillesauce oder auch Eis gereicht.
Der Wikinger-Friesen-Weg
Von Küste zu Küste: Über rund 300 gut ausgeschilderte Kilometer erstreckt sich dieser reizvolle Fernradwanderweg von St. Peter-Ording im Westen bis ins idyllische Fischerdorf Maasholm im Osten. Unterwegs auf den historischen Spuren einstiger Handelsrouten der Wikinger und Friesen haben Radwanderer hier die Möglichkeit, die jahrtausendealte Kulturlandschaft des Nordens zu entdecken. Unterwegs gibt es an vielen Stationen Infotafeln, Museen und archäologische Denkmäler. Zudem können Radler an 43 Hörstationen in die Zeit der Wikinger und Friesen eintauchen – ein kostenfrei ausleihbarer Audioguide macht es möglich.

Sechs Stopps für Meer-Feeling im Norden

- Flensburg Die am Ende der Flensburger Förde gelegene Stadt ist mit ihren etwa 90.000 Einwohnern die drittgrößte Stadt Schleswig-Holsteins. Zu den größten Besuchermagneten gehören der historische Hafen mit dem Schifffahrt- und Rummuseum sowie die zahlreichen maritimen Veranstaltungen im Sommer.
- Glücksburg Gut 6.000 Einwohner zählt die nördlichste Stadt Deutschlands. Zu den schönsten Sehenswürdigkeiten des auf der Halbinsel Angeln gelegenen Ortes gehört das imposante Renaissance-Wasserschloss Glücksburg. Glücklich macht auch der Strand beim großen Ostseecamp Glücksburg-Holnis.
- Langballigau Langballigau liegt an der Flensburger Außenförde. Mit seinem Yacht- und Fischereihafen, Naturbadestrand mit Spielplatz, Strandpromenade, kleinen Restaurants, Eisdielen und einem großen Campingplatz gehört es zum Erholungs- und Luftkurort Langballig zwei Kilometer landeinwärts.
- Maasholm Nur knapp 600 Einwohner hat der anerkannte Erholungs- und Ferienort an der Schleimündung. Der Sportboothafen mit seinen Surf- und Segelschulen und dem Segelbootverleih ist zugleich Ausgangspunkt für Ausflugsfahrten, Hochseeangeltouren und den Fernradwanderweg Wikinger-Friesen-Weg.
- Kappeln Die 8.500-Einwohner-Stadt am nördlichen Ende der Schlei gehörte einst zu den wichtigen Handels- und Fischereiorten der Region. Im Museumshafen und dem Schleimuseum wird die Geschichte der Stadt wieder zum Leben erweckt. Zudem lohnt die spätbarocke St. Nikolai-Kirche einen Besuch.
- Schleswig Die 25.000-Einwohner-Stadt an der Schlei hat interessante Kulturschätze. So informiert das Wikingermuseum Haithabu über die Lebenswelt der Nordleute, und Schloss Gottorf verfügt über gleich zwei der Schleswig-Holsteinischen Landesmuseen sowie einen prachtvollen Terrassengarten.