Es muss nicht immer das dreimonatige Sabbatical mit Feuerland-Trip sein. Manchmal reichen auch drei Tage Rhön, um runterzukommen und neue Perspektiven zu gewinnen. Zum Beispiel im neuen Caddy California von VW.
Es muss nicht immer das dreimonatige Sabbatical mit Feuerland-Trip sein. Manchmal reichen auch drei Tage Rhön, um runterzukommen und neue Perspektiven zu gewinnen. Zum Beispiel im neuen Caddy California von VW.
Wenn die Kreise kleiner werden, muss das kein Zeichen von Entbehrung sein. Viele von uns haben die Welt gesehen, kennen aber weder Hunsrück noch Bayerischen Wald – oder auch die Rhön. Corona ist auch eine Zeit der Rückbesinnung auf das, was unser eigenes Land zu bieten hat. Und das ist eine ganze Menge.
Gelegenheit dazu bot VW mit der Einladung zum Probecampen im neuen Caddy California: Auto ausfassen in Frankfurt, zwei Tage kreuz und quer durch die Rhön inklusive zweier Übernachtungen inmitten der Natur und am Nachmittag des dritten Tages retour. Hört sich nach engem Zeitkorsett an? Mag sein, angefühlt hat es sich völlig anders. Als ich schließlich in Frankfurt wieder in den Zug nach Hause steige, fühle ich mich bereichert und erholt.
Dabei begann der erste Tag hektisch. Erst mit einem Zugausfall auf der Anreise. Dann piepten und blinkten mich auf der Autobahn ständig Meldungen diverser Caddy-Assistenten an. Ich gestehe: Neue Autos bin ich nicht wirklich gewöhnt, und so musste ich mich mit den meist hilfreichen, manchmal aber eher überflüssigen Helfern zunächst mal anfreunden. Radio bedienen erst nach Recherche in der katalogdicken Bedienungsanleitung? Ein No-Go. Ansonsten aber wurden der muntere kleine Flitzer mit der 122-PS-Diesel-Topmotorisierung und ich schnell zu Freunden. Die Freude am Fahren beansprucht zwar eine andere Marke für sich. In den folgenden Tagen sollte sie dennoch zum ständigen Begleiter werden.
Als es knapp 150 Kilometer nördlich von Frankfurt bei Romrod runter von der A5 und erst mal in den unteren Vogelsberg hineingeht, ist die Anreise schon vorbei. Kleine Landsträßchen in Richtung Osten liefern wunderbare Ausblicke und leiten zur Rast in Schlitz, einem Städtchen mit historischem Fachwerk-Ortskern samt Türmen, Herrenhäusern und Burgen. Historisch interessiert, könnte man allein hier locker zwei Tage verbringen.
Irgendwo im Südosten, rund 50 Kilometer Luftlinie entfernt, ragt er dann auf, der mit 950 Metern höchste Berg Hessens, den wir auf unserer Tour aber weitgehend aussparen werden: die Wasserkuppe. Keinen allzu guten Ruf genießt er bei den Einheimischen, vom "Spaßberg" spricht man gern etwas abfällig. Und es sind viele, die da oben Spaß suchen. Erst kamen die Skilifte, dann eine Sommerrodelbahn, Lastenkräne, Märchenparadies, Kletterwald ...
Mit jeder neuen "Attraktion" werden aufs Neue viele Kubikmeter Beton auf den Berg gekippt. Eine gute Sicht indes soll man von da oben haben: Ob die Gipfel des Thüringer Waldes, des Harz, des Knüll- und Rothaargebirges oder Spessarts und Taunus, bei klarem Wetter soll man sie alle sehen können. Und so wird die Rhön auch "Land der offenen Fernen" genannt.
Bis 1989 allerdings waren diese Fernen keineswegs so offen, wie der Slogan glauben machen will. Bis dahin nämlich zog sich durch das im Herzen Deutschlands gelegene Dreiländereck aus Hessen, Bayern und Thüringen ein Vorhang aus Stahl, den auch noch so viel Fernweh nicht zu überwinden vermochte: die Grenze zur DDR. Sie degradierte die Rhön einerseits zum Zonenrandgebiet, andererseits rückte sie sie jedoch auch ins Zentrum der Konfrontation zwischen den waffenstarrenden Blöcken. Die Demarkationslinie der Ostzone – sie folgte der historischen Grenze zwischen dem Königreich Preußen und dem Großherzogtum Sachsen-Weimar-Eisenach – hatte dort ihre westlichste Ausbuchtung. An diesem Punkt – Point Alpha genannt – standen sich die Vorposten von Nato und Warschauer Pakt nur wenige hundert Meter voneinander getrennt gegenüber. Auf 411 Meter Höhe bietet sich von hier ein guter Überblick über das Gelände, das im Ernstfall als vorderstes Aufmarschgebiet des Warschauer Pakts galt.
Heute ist Point Alpha Gedenkstätte. Mit rekonstruierten Grenzanlagen, Ausstellungen und Führungen wird dieses Stück deutsch-deutscher, aber auch der Weltgeschichte dort erleb- und begreifbar gemacht. Eine wichtige Aufgabe. Fragen Sie mal Ihre Kinder, was die davon noch wissen … Spuren und Erinnerungen schwinden schnell. Schlängelt man sich heute dies- und jenseits der ehemaligen Zonengrenze durch die Region, sieht man den Ortschaften kaum mehr an, zu welchem Teil der Welt sie einst gehörten.
Als Fahrzeug ist mir der Caddy schon mal sympathisch, jetzt nähert sich der Zeitpunkt, an dem er mich als Camper überzeugen soll. Als Student hätte man sich für so ein Vehikel den Arm abgehackt: eine Minimalunterkunft auf Rädern mit ausreichend Bett für ein junges Paar, klein, wendig und sparsam, weil locker mit unter sechs Litern Diesel zu bewegen.
Allerdings hat mein Testwagen auch alles in petto, was VW potenziell bietet: den stärksten Motor, ein prall geschnürtes Paket Assistenzsysteme, Allradantrieb, Discover-Pro-Navi, die 35 Zentimeter längere Maxi-Version (4,85 m Länge), Standheizung, Miniküche und nicht zuletzt das Panorama-Glasdach, das die kommenden Nächte besonders machen wird. Unterm Strich stehen stattliche 54.871 Euro. Dass der Grundpreis knapp unter 30.000 Euro liegt, wird besagte Studenten da kaum trösten.
In Windeseile lässt sich das Bett über der umgeklappten Rückbank aufschlagen. Seine eher dünne Kaltschaummatratze ist mit Tellerfedern unterbaut, was einem als Single-Schläfer bequemes Lümmeln erlaubt und beim Schlafen zu zweit ein Stück weit von störender nächtlicher Unruhe entkoppelt. 1,98 mal 1,07 Meter Liegefläche sind für lange Kerle geeignet, für Paare aber etwas knapp. Weil im Ellenbogenbereich zu den Türen hin neben der Matratze noch Raum bleibt, kommt es einem weniger schmal vor. Lieb sollte man sich trotzdem haben … Als Drei-Tages-Reisender ist mein Gepäck eh begrenzt. Platz wäre besonders reichlich, würde man die für den Bettaufbau unnötige hintere Sitzreihe vorher ausbauen, was ziemlich flott geht. Das vordere Bettende ruht nämlich nicht wie früher beim Caddy Beach auf den Sitzen, sondern auf Aussparungen in der B-Säule.
In Absprache mit den jeweiligen Gemeinden hat VW zwei tolle, aber temporäre Übernachtungsplätze im Grünen organisiert; einen auf einer ruinengekrönten Bergkuppe, den anderen an einem Steinbruch im grünen Nichts. Doch auch Normalreisenden bietet die Rhön eine gute Auswahl an Camping- und Stellplätzen. Und es werden mehr – die Gemeinden des ehemaligen Zonenrandgebiets haben an Tourismus rein gar nichts auszusetzen.
Da steht er nun im Dunkel neben jahrhundertealten Mauern, "mein" Caddy. Die Nacht schickt sich an, sternenklar zu werden. Und so verzichte ich gern auf die Verdunklung des getönten Glasdachs mit der etwas umständlich zu handelnden Stoffbahn. Der Sternenhimmel wird mir später ein romantisches Schauspiel so hart am Kitsch liefern, dass ich den Raum auf der Matratze gern geteilt hätte. Die hinteren Seitenfenster sind auf Wunsch mit vorgehängten Textiltaschen verhüllt, alle weiteren Fenster per Stofftuch mit eingenähten Magnetleisten verdunkelbar. Frischluft dringt durch faltbare Fenstergitter, die in die Scheiben der vorderen Türen geklemmt werden. Wer im Dunklen lesen möchte, ist mit den vier LED-Leuchten im Heck nur dann gut bedient, wenn er mit dem Kopf hinten schläft. Die weiteren Lampen vorn brennen nur, wenn die Zündung an ist.
Die VW-Crew verwöhnt uns mit einem Top-Catering, und so bleibt die Miniküche kalt. Neben einer ausziehbaren Schublade mit reinigungsfreundlicher Edelstahlwanne samt Gasbrenner verfügt sie über eine Vorratsschublade mit integriertem Besteckkasten. Im Gegensatz zur Brennerschublade ist das Besteckpendant nicht arretierbar und folgt der Schwerkraft, steht der Caddy schief. Die Campingmöbel haben einen festen Platz, wie man es vom großen Cali kennt: Hier lagern Tisch und Stühle klapperfrei in einer Tasche im Heck.
Gestärkt ist unsere Truppe nun, aber noch fehlt Wasser – vor allem im Gesicht. Ab also ins nahe gelegene Freibad von Bischofsheim, das heute Morgen trotz Corona-Schließung für uns seine Duschen öffnet. Die müssen den fehlenden Wasservorrat im Caddy ersetzen, der außer auf den Wassertank übrigens auch auf eine Kühlbox verzichtet.
Im Gegensatz zu mir und den anderen PressekollegInnen, die nun wieder in neuem Glanze erstrahlen, sehen die possierlichen Tierchen, die wir jetzt besuchen, so aus, als hätten sie die Dusche noch vor sich: Bei Ehrenberg/Wüstensachsen kümmert sich Dietmar Weckbach mit seiner Schäferei seit vielen Jahren um das Rhönschaf, das noch in den neunziger Jahren vom Aussterben bedroht war. Sein Erkennungszeichen ist der schwarze, bis hinter die Ohren woll- und hornlose Kopf. Ein Charakterkopf – wie der Schäfer selbst, der uns beim Rundgang durch seine Schäferei launig unterhält und von dem man, liefert man ihm Angriffsfläche, auch schon mal auf herzliche Art beschimpft wird. Aus der Landschaftspflege vor Ort sind seine Tiere nicht mehr wegzudenken, erhalten sie durch die Abweidung doch die sensiblen Magerwiesen mit ihrem Artenreichtum.
Und davon hat die Rhön als Biosphärenreservat viel zu bieten – auch in ihren Hochmooren, dem Schwarzen und dem Roten Moor, das wir zusammen mit der Rhön-Rangerin Sibille Schleicher erkunden. Bis 1984 wurde hier noch Torf abgebaut, der innere Bereich der Moore dadurch stark geschädigt. Seitdem aber läuft die Renaturierung – eine Mammutaufgabe.
Unser zweites Nachtlager liegt bei Fladungen, der nördlichsten Stadt Unterfrankens. Dort hat man seit 1990 ein beeindruckendes Freilandmuseum aufgebaut, das in mehr als 20, auf dem Gelände wiederaufgebauten Gebäuden aus der Region das frühere Leben der Landbevölkerung in seinen historischen und sozialen Hintergründen beleuchtet. Ein Paradies für Nostalgiker,Innen das an manchen Tagen auch mit dem Rhön-Dampfzügle aus Richtung Mellrichstadt angefahren werden kann: ein Urlaubs-Topact gerade auch für Familien.
Am Vormittag des letzten Tages machen wir noch einen Abstecher zur Strecke 46, dem knapp 70 Kilometer langen, unvollendeten Teilstück der zwischen Fulda und Würzburg geplanten Reichsautobahn. 1939 hatte der Krieg dem begonnenen Bau ein Ende bereitet. Noch heute stehen Baufragmente inmitten der Landschaft und seit 2003 auch unter Denkmalschutz.
Doch der Countdown läuft. Frei Schnauze mache ich mich schließlich auf den Heimweg gen Südwesten. Da, plötzlich dieses Ortsschild: Bad Brückenau. Ist hier nicht das Deutsche Fahrradmuseum, das ich schon immer mal besuchen wollte? Für heute lässt der Caddy-Abgabetermin keinen Spielraum. Für heute…
1. Point Alpha: Als einer von vier amerikanischen Beobachtungsposten an der innerdeutschen Grenze lag Point Alpha nicht nur an der am weitesten ins Nato-Gebiet hineinragenden Ausbuchtung des Eisernen Vorhangs, sondern auch im Zentrum der sogenannten "Fulda Gap". Hier erwartete die Nato im Ernstfall den Angriff des Warschauer Pakts. Zwischen dem thüringischen Geisa und dem hessischen Rasdorf gelegen, ist der 1991 von den US-Truppen aufgegebene Stützpunkt heute Mahn- und Gedenkstätte. Sie besteht aus dem amerikanischen Stützpunkt auf der hessischen Seite, einem Streifen der Original-Grenzsicherungsanlagen der DDR samt Wachturm sowie dem "Haus auf der Grenze", das eine Ausstellung zum Grenzregime im Kontext des Kalten Krieges beherbergt. Weitere Infos: www.pointalpha.com
2. Schäferei Weckbach: Zentral in der Hochrhön gelegen, widmet sich Schäfer Dietmar Weckbach in seiner Schäferei der Erhaltung und Pflege des Rhönschafes, einer Haustierrasse, die hervorragend an das Leben im rauen Klima des Mittelgebirges angepasst ist und noch vor nicht allzu langer Zeit vom Aussterben bedroht war.
Charakteristisch für die vergleichsweise kleinen Tiere ist vor allem der schwarze, woll- und hornlose Kopf. Ihr Fleisch ist besonders würzig. Von dessen direkter Vermarktung lebt der Rhönschäfer, der auch Führungen anbietet und in seiner Schäferhütte gern auch Gäste bewirtet. Doch nicht nur Gäste und damit der Fremdenverkehr, auch der Naturschutz profitiert von der Schäferei vor Ort. Im Gegensatz zu den intensiv bewirtschafteten Flächen werden die Schafweiden nicht überdüngt und tragen so in besonderem Maße zur Erhaltung der heimischen Artenvielfalt bei. Weitere Infos: www.rhoenschaefer-weckbach.de
3. Fränkisches Freilandmuseum Fladungen: 1990 ging es rund um den historischen Bahnhof Fladungen und die in unmittelbarer Nachbarschaft 1802 erbaute Ressmühle los, heute beherbergt das Freilichtmuseum über 20 historische Gebäude, die alle aus der Region stammen und mit Ausnahme besagter Gebäude allesamt am ursprünglichen Standort ab- und am neuen wieder aufgebaut wurden. Das älteste davon, das Wirtshaus zum Schwarzen Adler, entstand bereits vor dem Dreißigjährigen Krieg, das jüngste, ein typisches dörfliches Gemeinschaftskühlhaus, stammt aus dem Jahr 1958. Angereist werden kann aus Richtung Mellrichstadt an manchen Tagen im Jahr auch per Dampflok mit dem Rhönzügle. Weitere Infos: www.freilandmuseum-fladungen.de
Raumgefühl und Rundumsicht sind im Caddy auf hohem Niveau, der 122-PS-Diesel mit dem Sechsgang-Schaltgetriebe ist ein munteres Kerlchen. Knapp zwei Tonnen Leergewicht bereiten ihm keine Mühe, die mögliche halbe Tonne Zuladung sollte daran nicht viel ändern. Unter Ausnutzung der gebotenen Dynamik verbrauchte er auf der Testtour 6,3 Liter Diesel auf 100 Kilometer – man kann aber auch mit einem Liter weniger auskommen.
Der Caddy basiert jetzt auf dem modularen Querbaukasten von VW. Zwar hängen die hinteren Räder noch an einer Starrachse, die aber stützt sich jetzt auf Schrauben- statt Blattfedern. Ergebnis ist ein Fahrkomfort, dem es nie an Stabilität mangelt. Seine Lenkung sportlich zu nennen ist in dieser Fahrzeugklasse kaum übertrieben. In schnellen, engeren Ecken neigt er ein wenig zum Untersteuern, bleibt aber immer im grünen Bereich.
Geräuscharm ist der Neue auch im Aufbau, das Lärmniveau erscheint noch niedriger als im ohnehin schon leisen großen Bulli-Bruder. Bei Vollausstattung bleiben in Sachen Assistenzsysteme kaum Wünsche offen: Das autonome Fahren scheint gar nicht mehr so weit weg. Die Bedienung des Infotainmentsystems ist dagegen eher kompliziert, funktioniert nicht immer reibungslos und fordert während der Fahrt viel Aufmerksamkeit.