Wohnmobil-Tour durch Asien
Von Sachsen bis nach Fernost

Mit dem Reisemobil quer durch Asien und zurück: Kerstin und Thomas Meyer erfüllen sich den Lebenstraum Weltreise – und setzen dabei auf einen bodenständigen Sachsen.

Mobile Menschen in Asien
Foto: Kerstin und Thomas Meyer

Für eine Weltreise braucht man ein geländegängiges Expeditionsmobil, ein für alle Eventualitäten hochgezüchtetes Autarkiewunder, für das man locker einen sechsstelligen Betrag hinblättern muss. Wirklich? Dass es auch anders geht, beweisen Kerstin und Thomas Meyer aus Dresden. Die beiden Ruheständler sind mit einem Teilintegrierten aus dem Capron-Werk im sächsischen Neustadt unterwegs – einem Carado T337, genannt „Mey-Hus“. Der erste Teil ihrer Weltreise führte die beiden 2017 von Sachsen nach Thailand und zurück, insgesamt rund 52.000 Kilometer Wegstrecke.

Mit dem Carado-Teilintegrierten auf Weltreise

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Kerstin und Thomas Meyer
Laos: Extreme klimatische Verhältnisse erwarten die Meyers im Regenwald.

Wie kommt man auf die Idee, für ein solches Unterfangen ein Reisemobil von der Stange zu wählen? Thomas Meyer sieht das nüchtern: „Wir wollten ein robustes Fahrzeug mit wenig Schnickschnack, außerdem waren 95 Prozent der von uns gefahrenen Strecken normale Straßen beziehungsweise gute Schotterstraßen. Die wenigen Abschnitte, die für den Carado und uns eine Herausforderung waren, rechtfertigen nicht die wesentlich höheren Anschaffungskosten eines Spezialfahrzeugs.“

Wie sich herausstellte, war das die richtige Entscheidung, denn die Meyers sind mit ihrem Carado sehr zufrieden. Der Aufbau des Teilintegrierten verursachte nur wenige Probleme. Anders die nachträglich angebaute Motorradhalterung: Wegen des langen Überhangs am Heck und der teilweise dann doch recht schlechten Straßen wurde der Boden der Heckgarage herausgerissen. Dennoch: Eingedenk der Länge der Reise, der klimatischen Bedingungen und vor allem der Straßenverhältnisse kann sich die kurze Schadensbilanz sehen lassen.

Abenteuerliche Überfahrt in Pakistan

Außer den Strapazen für das Fahrzeug birgt ein Roadtrip nach Fernost aber auch noch andere Herausforderungen, etwa die teilweise heikle politische Lage. Ursprünglich wollten die weltreisenden Sachsen mit dem Schiff von Gwadar in Pakistan nach Muscat im Oman übersetzen. Da die Fähre aber nicht in Betrieb war und fast alle Straßenübergänge von Pakistan in den Iran geschlossen waren, führte die Reise in das von Anschlägen der Taliban heimgesuchte Quetta an der Grenze zu Afghanistan.

Drei Tage verbrachten sie in Schutzhaft in einer Polizeistation – obwohl diese als bevorzugtes Ziel von den Taliban angegriffen werden. Erst dann erhielten sie ein Dokument, das die polizeiliche Eskorte von Quetta durch das von den Taliban als Rückzugsgebiet genutzte Nordpakistan entlang der Grenze zu Afghanistan garantierte. Auf iranischer Seite ging es wegen der angespannten Sicherheitslage ebenfalls mit Polizeischutz weiter.

Auch das Wetter spielte nicht immer mit: Im Norden Indiens und in Nepal waren durch die extremen Monsunregenfälle zahlreiche Straßen und Brücken zerstört oder schwer passierbar.

Das Highlight China

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Kerstin und Thomas Meyer
China: Hinter dem Tor am Platz des Himmlischen Friedens in Peking beginnt die Verbotene Stadt, bis 1911 Wohnsitz des Kaisers.

Trotz der Entbehrungen und Gefahren überwiegen die positiven Reiseerfahrungen. Insbesondere von einer Region sind die Dresdner begeistert: „China war mit Abstand das schönste Land auf unserer Reise! Das liegt zum einen an den vielen Sehenswürdigkeiten, die Ausländer oft kostenlos besuchen dürfen, zum anderen gefielen uns die Sauberkeit in den Städten, die Freundlichkeit und Hilfsbereitschaft der Menschen und der Top-Zustand der meisten Straßen.“

Hilfreich war in China auch, dass Autobahnen und Fernstraßen in Englisch beschriftet waren. Die Sprachbarriere ist ein Grund, weshalb viele vor einer Weltreise zurückschrecken – nicht so die Meyers. „Mit den Kenntnissen in Russisch aus der Schulzeit in der DDR konnten wir uns in Russland und den ehemaligen Sowjetrepubliken ganz gut verständigen. Ansonsten hat Thomas mit seinen Englischkenntnissen die Verständigung in fast allen asiatischen Ländern gewährleistet“, gibt Kerstin zu Protokoll.

Die Hochs und Tiefs

Im Gegensatz zu China war Indien nicht nach dem Geschmack der Meyers: „Überall lag Müll herum und selbst in Großstädten wie Delhi wird der Plastikmüll zum Heizen verwendet – mit entsprechender Geruchsentwicklung. Außerdem waren die Straßen und Brücken in einem teilweise sehr schlechten Zustand.“

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Kerstin und Thomas Meyer
Iran: Das Kloster Sankt Thaddäus wurde laut Überlieferung im Jahre 66 als erste Kirche der Welt gegründet.

Ein Highlight auf der Asienreise war sicherlich die Gastfreundschaft der Menschen: „In den meisten Ländern wurden wir sehr herzlich empfangen und über uns und unsere Reise befragt. Am größten war die Gastfreundschaft – trotz der Beteiligung von Deutschland am Boykott – im Iran, wobei die Religion nie eine Rolle gespielt hat.“

Die Gastfreundschaft zeigt sich bei vielen Gelegenheiten, so zum Beispiel auch in der iranischen Stadt Garmsar, wo sie ihr Lager neben einer Moschee aufschlagen – und kurze Zeit später von Menschen umringt sind, die sie mit kulinarischen Geschenken überhäufen und sie zu sich nach Hause einladen. Solche Erfahrungen finden Kerstin und Thomas Meyer enorm wichtig und es bestärkt sie in ihrer Ansicht, dass man sich die Welt anschauen muss – und sich nicht vom heimischen Sofa aus ein Urteil bilden sollte.

Die Reisen gehen weiter...

Nach neun Monaten kommen Kerstin und Thomas Meyer im November 2017 wieder wohlbehalten in Deutschland an – so endet der erste Teil der Weltreise. Für die Sachsen kein Grund, die Hände in den Schoß zu legen: Nach einigen Reparaturen an „Mey-Hus“ geht es nach sechsmonatiger Pause im Juni 2018 weiter nach Amerika.

Von Alaska bis Feuerland führt die Reise dieses Mal, nachzulesen auch unter www.meyer-weltreise.de. Und danach? Vielleicht Afrika, Island, Skandinavien – eine Fortsetzung folgt garantiert.

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Erscheinungsdatum 03.05.2023

148 Seiten