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Ob ständige Überwachung per Kontrollsystem oder regelmäßige manuelle Prüfung: Wer auf optimalen Reifendruck achtet, fährt nicht nur länger, sondern auch sicherer. Ist der Reifen zu schwach befüllt, vergrößert sich seine Auflagefläche, und der erhöhte Rollwiderstand sorgt für mehr Verschleiß und Kraftstoffverbrauch. Außerdem erhitzt sich der Gummi stärker – und wer einen heißen Reifen fährt, riskiert die Spurstabilität seines Reisemobils.
Also lieber mehr Luft in den Reifen füllen als vorgeschrieben?
Hoher Reifendruck verbessert zwar die Tragfähigkeit, schmälert aber den Komfort. Zudem ist der Bremsweg nur bei korrektem Luftdruck optimal. Statistisch fährt nur ein Viertel der Autofahrer mit dem richtigen Druck. Experten empfehlen, den Reifendruck alle 14 Tage zu überprüfen. Wichtig ist, dass der Reifen dabei kalt ist, das heißt maximal drei Kilometer innerorts gefahren. Mit steigender Reifentemperatur erhöht sich der Druck um rund 0,3 Bar. Wird der warme Reifen auf 5 Bar befüllt, bleibt also nach dem Abkühlen nur noch ein Druck von 4,7 Bar.
Was ist der richtige Reifendruck?
Manche Reisemobilisten verunsichert, dass Reifen- und Fahrzeughersteller unterschiedliche Empfehlungen geben. "Die Fülldruckempfehlung des Reifenherstellers bezieht sich in der Regel auf die strukturelle Haltbarkeit der Reifen. Dieser Druck sollte grundsätzlich niemals unterschritten werden", sagt Christian Koch, Leiter der Fachabteilung Unfallanalytische Gutachten bei der Dekra in München. Im Gegensatz zum Pkw muss beim Reisemobil der hohe Schwerpunkt und die erhöhte Wankneigung berücksichtigt werden. "Ein höherer Fülldruck wirkt dem Wanken zumindest teilweise entgegen", erklärt Koch und empfiehlt, im Zweifelden Empfehlungen des Fahrzeugherstellers zu folgen.
Diese Empfehlung gilt jedoch sehr oft für den Fall weitgehender Auslastung der zulässigen Gewichtsgrenzen, der bei Reisemobilen durchaus nicht selten ist. Die maximale Tragfähigkeit des Reifens wird nur bei maximalem Fülldruck erreicht, was wiederum ebenso maximal den Fahrkomfort einschränkt. Liegt die Realmasse deutlich unter der Tragfähigkeit, kann der Druck entsprechend abgesenkt werden. Mit der Folge, dass sich das für den Komfort mitentscheidende Eigenfederverhalten des Reifens deutlich verbessert.
Die Waage entscheidet!
Wer den optimalen Fülldruck für sein Reisemobil erfahren will, fährt damit am besten auf die Waage. Die Tabelle im kostenpflichtigen PDF-Download (siehe oben) zeigt die Abhängigkeit des Reifendrucks von der Traglast für die zwei Ducato-Größen. Analog gibt es beim Reifenherstellerauch Angaben für andere Größen und Basisfahrzeuge. Gut zu erkennen: Die höchste Tragfähigkeit der Campingreifen (CP) von Conti, Michelin und Pirelliist bereits bei 4,75 Bar erreicht. Die höheren Druckangaben entsprechen der Überlastreserve für Mobile, die auch mal jenseits des Erlaubten unterwegs sind.
Dass der Druck so bleibt, wie er soll, überwachen elektronische Reifendruck-Kontrollsysteme (RDKS). Reisemobile fallen jedoch nur in seltenen Fällen unter die RDKS-Pflicht (siehe dazu promobil.de/rdks), und nur wenige Hersteller verzeichnen das Original-RDKS des Basisfahrzeugherstellers als Sonderausstattung in ihrer Preisliste. Wer will, kann ein Kontrollsystem selbst nachrüsten beziehungsweise nachrüsten lassen.
Testgeräte für den Reifendruck im Test
Bei der Bestellung der Testgeräte zeigte sich, dass viele Reifendruck-Kontrollsysteme nicht auf die bei Reisemobilen geforderten Reifendrücke ausgelegt sind. So konnte der Anbieter ELV kein Gerät für den Test entsenden, da sein RDKS eine zu geringe Warnschwelle aufweist. "Das Thema Reifendruckkontrolle ist immer noch ein Nischenmarkt, vor allem im Reisemobilbereich",erklärt ELV-ProduktmanagerThomas Rohlfs. Drei Systeme der Marken Inpro, Schrader und Tiremoni blieben schließlich übrig und traten zum Test an. Schon bei der Montage der Sensoren zeigten sich erste Unterschiede: Das Nachrüstset TiremoniCheckair TPM-240 wird wie eine Kappe auf das Ventil aufgeschraubt. Vorausgesetzt, die Reifen sind mit einem Metallventil bestückt. In einigen Fällen kommt es bei Reisemobilen vor, dass Gummiventile verbaut sind. Dann müssen diese zunächst vom Fachmann getauscht werden, bevor die jeweils zehn Gramm schweren Sensorköpfe montiert werden dürfen.
Schrader und Inpro liefern ihre Sensoren zusammen mit eigenen Ventilen. Der Weg in die Werkstatt ist bei diesen RDKS unausweichlich, da der Reifen von der Felge getrennt werden muss, um den Sensor einzubetten. Zusätzlich zum Kaufpreis des Sensor-Sets müssen daher noch einmal knapp 100 Euro für die Montage in vier Räder einberechnet werden. Dafür steht bei den innenliegenden Sensoren nur das Ventil aus der Felge hervor, und auf die schützende Kappe muss nicht verzichtet werden.
Nach der Montage müssen die Sensoren mit der zugehörigen Anzeige gekoppelt werden. Während die Daten der Tiremoni-Sensoren ohne weiteres Zutun angezeigt werden, aktivieren sich die Sensoren von Inpro und Schrader erst, nachdem etwas Luft abgelassen wird. Mit Hilfe des Handbuchs ist die Konfiguration der Inpro-Sensoren einfach. Schrader bietet die Anleitung leider nur in Englisch und Französisch, weshalb die Einrichtung des Systems ohne entsprechende Sprachkenntnisse schwer ist.
Reifendruck und Temperatur werden bei allen Geräten detailliert angezeigt. Da das Schrader-Display lediglich 3,5 mal 2 Zentimeter misst, sollte es nah am Fahrer platziert werden. Ansonsten ist die kleinteilige Anzeige schwer ablesbar. Tiremoni liefert sogar ein Stromkabel für den Monitor mit. Für die Darstellung hat sich Inpro eine raffinierte Lösung einfallen lassen: Anstatt die Daten auf einem eigenen Display anzuzeigen, nutzt das Gerät den vorhandenen Monitor von Radio oder Navigation. Das spart Platz im Cockpit, setzt aber ein kompatibles Gerät mit Videoeingang voraus. Im Kern funktionieren alle Systeme gleich zuverlässig: Bei Druckveränderung oder Temperaturanstieg wird der Fahrer umgehend akustisch und optisch gewarnt. Mit den Nachrüstsets wird der Zustand der Pneus somit detaillierter abgebildet als beim Original-Fiat-RDKS. Hier zeigt eine Warnleuchte lediglich an, wenn der Druck abweicht – welcher Reifen betroffen ist und wie stark der Druckverlust ist, wird dem Fahrer nicht mitgeteilt.
Schrader erlaubt für sein Retrofit Kit einen dauerhaften Druck von maximal 5,5 Bar. Wer noch höhere Drücke fährt, muss zum Tiremoni-System (maximal 12 Bar) greifen. Der Sensor von Inpro misst zwar zuverlässig bis 8 Bar, aufgrund einer zu niedrigen Warnschwelle erkennt das Gerät bereits ab 4,6 Bar einen zu hohen Druck und sendet ein Warnsignal. Daher eignet sich dieses RDKS nur für kleine Campingbusse. Auf promobil-Nachfrage bestätigt der Hersteller diesen Umstand: "Wir überlegen, ob es sinnvoll ist, eine geringfügig größere Messtoleranz in Kauf zu nehmen und dafür den anzeigbaren Druckbereich zu erhöhen." Für LKW bietet Inpro bereits ein System bis zu 14 Bar an.
Ventil-Fragen rund ums Wohnmobil
Reisemobilisten diskutieren seit langem, ob ein Snap-in-Ventil, auch Gummiventil genannt, bei Reifendrücken über 5 Bar verwendet werden darf. Innerhalb der KFZ-Branche gibt es dazu widersprüchliche Empfehlungen. In der Michelin-Betriebsanweisung heißt es: "Beim Einsatz von Snap-in-(Gummi-)Ventilen (Steckventilen) darf ein Druck von 4,5 Bar nicht überschritten werden." Ein Anruf bei der Hotline des Reifenherstellers bestätigte diese Vorgabe, während ein Michelin-Ingenieur das Snap-in-Verbot relativiert: "Es gibt inzwischen auch Gummiventile, die für höhere Fülldrücke geeignet sind. Generell haben wir daher nichts gegen den Einsatz von Gummiventilen mit unseren Reifen Agilis Camping, sofern der Hersteller des Ventils für den benötigten Fülldruck eine Freigabe gibt", erklärt dieser. Auch der TÜV bestätigt, dass hochdruckbeständige Ventile der Serie TR 600 an Reisemobilen gefahren werden dürfen, empfiehlt aus Sicherheitsgründen jedoch trotzdem den Einsatz von Metallschraubventilen.