Ein Rechercheanruf des ZDF-Teams von "Wiso" in der promobil-Redaktion unterstrich kürzlich noch zusätzlich die Brisanz des Themas: Unterschlagung von Reisemobilen. Die Masche ist simpel. Ein Reisemobil wird ganz regulär angemietet, dann allerdings während der Mietzeit mit gefälschten Papieren versehen – und einfach weiterverkauft. Juristisch ausgedrückt: Eine fremde bewegliche Sache wird aus der Obhut seines Eigentümers entfernt und an einen gutgläubigen Käufer veräußert.
Und hier liegt der entscheidende Unterschied zum Diebstahl. Dieser setzt voraus, dass eine Sache gegen den Willen des Eigentümers weggenommen wurde. Bei einer Vermietung liegt der Fall aber so, dass der Eigentümer das Fahrzeug ja ganz bewusst in Erfüllung des Mietvertrags an den Mieter übergibt und – wichtig! – diesem damit den Besitz einräumt.
Achtung, jetzt kommt die Krux: Wird das Fahrzeug nach Ende der Mietzeit nicht zurückgegeben, liegt eine Unterschlagung, aber kein Diebstahl vor. Und das ändert vieles. Insbesondere aus Sicht der Versicherung.
Tipps für den sicheren Gebrauchtkauf
Die Masche mit der Unterschlagung von Freizeitfahrzeugen hat in den letzten zehn Jahren deutlich zugenommen. Wer als Privatkäufer ein gebrauchtes Fahrzeug sucht, sollte mit großer Sorgfalt vorgehen.
- Überprüfen Sie immer das ganze Angebot mit allen noch so kleinen Details, das auf Ihre Suchanfrage passt.
- Vorsicht bei Dumpingangeboten. Versuchen Sie über weitere Angebote desselben Modells oder derselben Baureihe zu einer realistischen Preisvorstellung zu kommen.
- Finger weg von Angeboten, bei denen der Verkäufer nur Barzahlung akzeptiert.
- Größter Argwohn ist angebracht bei mehrfach erscheinenden Anzeigen im gleichen Portal.
- Ignorieren Sie Anzeigen, bei denen als Kontakt nur eine E-Mail-Adresse oder nur eine Mobilnummer angegeben ist.
- Augen auf bei Angeboten mit "Sofort-Verfügbarkeit", denn das ist auf dem leergefegten Markt regulär sehr unwahrscheinlich.
- Nehmen Sie Abstand von Angeboten, bei denen der Verkäufer das Fahrzeug auf einem Rast- oder Parkplatz, womöglich gegen Barzahlung, übergeben will.
- Gehen Sie zur Sicherheit nie alleine zu einer Kaufabwicklung.
1. Was steht im Gesetz?
Die erste Frage, die sich ergibt: Wird der "gutgläubige" Käufer – und das ist bei einem Gerichtsprozess entscheidend – auch neuer, rechtmäßiger Eigentümer des Reisemobils, oder muss er es zurückgeben? Hier gibt das Bürgerliche Gesetzbuch Aufschluss: Tatsächlich kann nach Paragraf 932 auch Eigentum an einer Sache erworben werden, wenn der Verkäufer nicht berechtigt ist, diese zu verkaufen. Entscheidend hierbei ist, dass es sich um einen sogenannten "gutgläubigen" Erwerb handelt, der Käufer also nicht wusste, dass der Verkäufer das Fahrzeug nicht hätte veräußern dürfen.
So jedenfalls entschied der Bundesgerichtshof im Jahr 2013. Bei dem zu verhandelnden Fall hatte sich der Verkäufer eines Wohnmobils gegenüber dem Käufer als Eigentümer ausgegeben und die entsprechenden Papiere vorgelegt. Die Richter entschieden, dass zwischen der unter falschem Namen handelnden Person und dem Käufer ein wirksamer Kaufvertrag zustande gekommen war, weil in solch einer Situation nicht verlangt werden könne, dass jemand einen professionell gefälschten Fahrzeugbrief als unecht erkennt (Az. V ZR 92/12).
Ein wenig mehr ins Detail ging das Oberlandesgericht Köln mit seinem Urteil vom 29.11.2017, indem es entschied, dass zu den Mindestanforderungen an den gutgläubigen Erwerb eines Kraftfahrzeugs auch gehört, sich die Zulassungsbescheinigung Teil II, also den Fahrzeugbrief, vorlegen zu lassen. Das Fehlen des Zweitschlüssels schließt den gutgläubigen Erwerb an einem Fahrzeug indessen nicht aus; maßgeblich sind vielmehr die gesamten Umstände des Einzelfalls. Ähnlich hatte auch das OLG Karlsruhe schon 2012 (AZ. 9 U 143/10) entschieden: Je nach den Umständen des Einzelfalls kann man als gutgläubiger Käufer das Eigentum erwerben, obwohl das Wohnmobil unterschlagen wurde.
2. Wie schützen sich Vermieter?
Die zweite Frage, die sich zwangsläufig anschließt: Tritt in solch einem Fall die Versicherung ein, oder geht der ursprüngliche Besitzer, in diesem Fall der Vermieter, leer aus?
Dazu erklärt Christos Vardis, Geschäftsführer des Versicherungsbüros ESV Schwenger in Stuttgart, die sogenannte Unterschlagungsversicherung:
"Um bei einer Unterschlagung entsprechend abgesichert zu sein, müssen gewerbliche Vermieter zur bestehenden Vermietversicherung einen Zusatzbaustein buchen, in diesem Fall die Unterschlagungsversicherung. Der Preis hierfür richtet sich nach dem Neupreis/Listenpreis des Fahrzeugs. Eine ‚normale‘ Kfz-Police beinhaltet keine Unterschlagung. Deshalb sollten Vermieter ihre Versicherungspolicen ganz genau überprüfen – und diesen Baustein dazubuchen, wenn er nicht enthalten ist."
Anders sieht es für Privatpersonen aus. Dazu erläutert der Versicherungsprofi:
"Wird ein Fahrzeug privat versichert, gehen Versicherungen von einer ausschließlich privaten Nutzung aus, womit sich eine Vermietung und demzufolge eine Veruntreuung nicht ergibt und sich eine Privatversicherung auch nicht erweitern lässt. Gewerbliche Vermieter (laut aktueller Rechtsprechung beginnt die finanzrechtliche Auslegung von gewerblich/unternehmerisch ab etwa fünf Vermietungen pro Jahr) können, wie schon erwähnt, eine Vermietversicherung plus Zusatzbausteine abschließen. Wer sein Fahrzeug hingegen über eine Vermietplattform wie Paul-Camper oder Yescapa vermietet, sollte sich die dort geltenden Versicherungsbedingungen ganz genau anschauen."
Ein Blick auf die Website von Paul-Camper gibt Aufschluss: "Jedes über Paul-Camper gemietete Wohnmobil muss natürlich versichert sein – entweder über unsere Versicherung, die Allianz, oder die vom Vermieter selbst bereitgestellte Vermietversicherung", steht dort geschrieben. Aber was enthält die von Paul-Camper (und völlig identisch von Yescapa) angebotene Gruppenversicherung bei der Allianz?
In den Versicherungsbedingungen für Kfz-Versicherungen von Nutz- und Flottenfahrzeugen, Teil A, Baustein Kaskoversicherung, Punkt 1, steht: "Eine Entwendung durch Unterschlagung ist nur versichert, wenn dem Täter das Fahrzeug weder zum Gebrauch in seinem eigenen Interesse noch zur Veräußerung oder unter Eigentumsvorbehalt überlassen wird." Licht ins Versicherungs-Kauderwelsch bringt Fachanwalt Manfred Zipper aus Schwetzingen:

"Wer sein Fahrzeug vermietet, übergibt es ja ganz bewusst dem Mieter und räumt ihm damit den Besitz ein. Anders ausgedrückt: Dem Täter wird das Fahrzeug unter Eigentumsvorbehalt überlassen, was dann zum Wegfall des Versicherungsschutzes führen würde. Deshalb rate ich jedem, der sein Fahrzeug mehrere Male im Jahr, und zwar auch über die verschiedenen Internetplattformen, zur Anmietung anbietet, zum Abschluss der speziellen Bausteine der Vermieterversicherung. Die Prämien können ja dann auf den Mieter umgelegt werden."
3. Wie schützen sich private Käufer?
Damit stellt sich Frage drei: Was bedeutet das konkret für private Käufer, also diejenigen, die ein gebrauchtes Freizeitfahrzeug von privat kaufen möchten, beispielsweise über Internetportale oder Kleinanzeigen? Wie können sie sich vor Betrügern schützen? Und worauf sollte unbedingt geachtet werden?
Dazu hat Fred Benz, Geschäftsführer der auf Freizeitfahrzeuge spezialisierten Gebrauchtwagenplattform caraworld.de, eine klare Antwort:

"Wer ein Wohnmobil vom Händler kauft, geht auf Nummer sicher und kann den Erwerb eines unterschlagenen Freizeitmobils ausschließen."
Die Anbieter von Fahrzeug-Marktplätzen im Internet kennen den boomenden Reisemobilmarkt natürlich gut und wissen von der damit einhergehenden Attraktivität für Betrüger, deren Maschen immer dreister werden. Deshalb haben viele der Plattformen auch Hinweise und Ratschläge aufgelistet, die Käufern helfen sollen, rechtzeitig ein unseriöses Angebot zu erkennen.
Dazu noch mal Fred Benz:
"Der Gebrauchtmobil-Markt ist im Moment recht leer gekauft. Die Interessenten brauchen viel Geduld und nehmen lange Wartezeiten für ihr Traummobil in Kauf. Umso leichter haben es Betrüger mit unterschlagenen Fahrzeugen, die sie mit ‚sofort verfügbar‘ bewerben. Da sollte man schon stutzig werden."
Welche Anzeichen deuten auf Betrug hin?
Ob beim Kauf von privat oder vom Händler – Vorsicht ist immer geboten, wenn der Verkäufer versucht Druck aufzubauen und auf schnellstmöglichen Vertragsabschluss mit Geldübergabe pocht. Wer das Gefühl hat, auf einen vermeintlichen Hehler gestoßen zu sein, sollte sich, so Rechtsanwalt Manfred Zipper, dringend rechtlichen Beistand suchen.
Ebenfalls sensibel sollte man sein bei Angeboten, bei denen ein Verkäufer für eine andere Person agiert, wie beispielsweise für den erkrankten Onkel oder den verstorbenen Opa, und deshalb auf der Stelle das Fahrzeug verkaufen will. Auch wer gar nichts über die Historie des Fahrzeugs weiß, keine Ahnung von der Technik hat und auch nichts über Zusatzeinbauten sagen kann, sollte mit Vorsicht behandelt werden.
Ebenfalls verdächtig: Dumpingpreise. Selbst Schnäppchenjägern muss klar sein, dass ein unfallfreies teilintegriertes Wohnmobil einer gefragten Marke, das gerade mal drei Jahre alt ist und wenig Kilometer hat, kaum für 30.000 Euro regulär über den Tisch gehen kann. Bei einem solchen Angebot liegt der Verdacht auf Hehlerware ziemlich nahe.
Für Privatpersonen ist es aber oft gar nicht so leicht, einen realistischen Preis abzuschätzen, vor allem für Neueinsteiger. Eventuell kann ein Anruf beim Händler oder Hersteller mehr Klarheit schaffen. Als hilfreich erweisen sich auch Vergleiche in den verschiedenen Onlineportalen wie mobile.de und caraworld.de, um einen Überblick zu erhalten.
Auch kurz vor Vertragsabschluss gibt es noch ein paar Dinge zu beachten, um einen aus juristischer Sicht "gutgläubigen" Erwerb zu vollziehen, erklärt Rechtsanwalt Zipper:
"Wer hier nicht von vorneherein grob fahrlässig handeln will, der muss beim Kauf eines gebrauchten Fahrzeugs mit besonderer Sorgfalt vorgehen. Dazu zählt beispielsweise die Vorlage des originalen Fahrzeugbriefs sowie des Fahrzeugscheins (Zulassungsbescheinigung I und II) und des Personalausweises. Wenn es hier ‚Ungereimtheiten‘ gibt oder sogar einen Hinweis auf Fälschung, sollte der Käufer von einem Kauf die Finger lassen und den Kaufvertrag nicht abschließen. Denn rechtlich heißt es: Bei mangelnder Sorgfalt kann kein gutgläubiger Eigentumserwerb geltend gemacht werden."

Vermieter und Gebrauchtkäufer also aufgepasst: Ein gesunder Schuss Skepsis schadet nie.