Ein Spezialfall war der Nugget ja schon immer. So speziell, dass man bei keinem anderen Kompaktcampingbus – und das ist der Nugget auch in der Langversion noch – einen solchen Einstieg wählen könnte: nämlich den durch die Heckklappe. Ist übrigens auch bei Regen nützlich – in diesem Sommer unnötig, wir wollten’s nur mal erwähnen.
Und dann steht man eigentlich auch schon mittendrin, im Herzen dieses Busses, eingerahmt von den zwei Schenkeln der großen L-Küche, diversen Schränken rechter Hand und – das ist neu – einer Kassettentoilette, ausgeformt als Bank. Verglichen mit dem kleinen Nugget ist die Bewegungsfreiheit im Heck größer, und es gibt viel mehr Schrankraum. Sogar die Ablage quer über der Heckklappe ist tiefer, weil sich an der Stelle das Dach nach außen wölbt.

Konzeptbedingt fehlt dem Nugget im Heck aber immer noch ein flexibel nutzbarer Kofferraum für größere Gepäckstücke. Immerhin jedoch bekommt man im Plus brauchbare Falt-Campingstühle hinter der Küche und einen Tisch für draußen unter. Gibt’s beides als Extra. Auch das mit der Toilette ist im Grunde eine feine Sache. De facto gewinnen Nugget-Plus-Fahrer mehr Unabhängigkeit von Campingplätzen und anderen Sanitäreinrichtungen. Auch die Tatsache, dass man die Schüssel nicht mit anderen teilen muss, vermittelt einem ein gutes Gefühl.
An dieses Exemplar hätten die sogenannten Herren der Schöpfung jedoch noch einen dringlichen Wunsch: Vor allem im vorderen Bereich sollte Thetford die Schüssel ein wenig großzügiger ausformen, wenn Sie verstehen, was ich meine. Für etwas Privatsphäre sorgt ein gut brusthohes Rollo, das wohl vor Blicken schützt, aber eben Ohren und Nase nicht schont. "Schatz, könntest du wohl mal eben vor die Tür ...?" Keine Sorge, der Wunsch wird verstanden.
Gutes Raumgefühl durch das Aufstelldach
Das GfK-Hochdach mit dem charakteristischen Näschen und der Ausformung am Heck sitzt formschön, passgenau und akkurat abgedichtet auf der Karosserie. Garagentauglich ist der Nugget Plus damit natürlich nicht mehr. Dafür werden Besitzer mit stolzen 2,20 Meter Stehhöhe im Innenraum entschädigt. Raumgefühl und Anmutung liegen damit spürbar über einem vergleichbar langen, aber niedrigeren Campingbus mit Aufstelldach. Noch ein anderer Faktor ist erwähnenswert. Selbst wenn das Dachbett heruntergeklappt und auf volle Länge ausgefahren ist, bleibt die Sitzgruppe noch voll nutzbar. Auch wenn oben schon einer liegt, sind auf der Rückbank über Kopf noch rund zehn Zentimeter Luft.

Obwohl die Dachbett-Konstruktion aus dem kurzen Nugget bekannt und lang bewährt ist, bereitete uns der Klapp- und Schienenmechanismus im Test Schwierigkeiten. Die kleinen Rollen, in denen die Bettteile links und rechts in den Aluprofilen geführt sind, sprangen von ihren Zapfen an der Unterkonstruktion. Ohne massive Kratzer im Mobiliar und den Schienen ließ sich das Bett daraufhin nicht mehr zur vollen Länge ausziehen. Als es noch lief, erfreute das Dachbett aber mit stolzen Maßen. Auf über 2,20 Meter Länge und fast 1,40 Meter Breite kann man sich ausbreiten. Topwerte für die Klasse, die zwei Personen umso mehr genießen können, als die Matratze auf beinah der gesamten Fläche mit Tellerfedern gedämpft und unterlüftet ist.
Dach und Wände im Obergeschoss sind rundum Velours-verkleidet, neben der Dachhaube gibt es zum Querlüften zwei seitliche Fensterchen, und jeder hat seine eigene Leselampe für sich. Einzig die Kopffreiheit ist eingeschränkt, vor allem unter dem Dachfenster, dessen Rahmen ziemlich aufträgt. Vorhanden ist außerdem ein robustes Netz als Herausfallschutz. Den Aufstieg ins Oberstübchen über eine Leiter und den Küchenblock schaffen selbst Kinder.
Bequeme Liegefläche trotz schweren Umbau

Einfach so mit links lässt sich auch das untere Bett nicht herrichten. Am besten gleitet die Sitzbank mit viel Silikonspray durch die Bodenschienen, doch selbst dann braucht’s noch eine kräftige Hand. Sind die Vordersitze in Fahrtrichtung gedreht, zieht man die Bank nach vorn und faltet Sitzfläche und -lehne flach auseinander. Die so entstehende Liegefläche ist trotz vieler Stöße erstaunlich bequem, weil ziemlich plan, allerdings nur für Menschen bis etwa 1,80 Meter Körperlänge ausreichend groß. Die Füße stecken mit dem schmalen Bettende im Küchenblock, wo sich tagsüber das Bettzeug gut verstauen lässt. Der Schalter für die Lampe über dem Tisch liegt bei der Schiebetür, ist nur mit langem Arm erreichbar.
Leicht klappt der Umgang mit der Sitzgruppe. Ohne die Türen öffnen zu müssen – was bei Kompaktcampingbussen in der Regel notwendig und ziemlich lästig ist –, lassen sich die Vordersitze drehen. Tipp: Lenkrad ganz einschieben. Der Tisch wirkt mit seinem dünnen Stützfüßchen auf den ersten Blick eher wackelig, zeigt sich dem Campingbetrieb aber dann doch gewachsen. Flugs klappt man die Platte auf die doppelte Fläche aus, die wir eigentlich fast immer genutzt haben. Uns gefällt außerdem die weich gummierte Kante; mancher blaue Fleck lässt sich so vermeiden. Für die Fahrt muss man das Standbein sauber in ein Loch in der Verkleidung einfädeln. Die Arretierung an der Seite ist nett gemeint, hält aber nicht sehr dauerhaft.
Weil sie sich nach ein paar Kurven löst, schwankt der Tisch in seiner Schiene hörbar hin und her; auch da hilft Silikonöl gegen das Knarzen. Ansonsten ist der Ford mit 170 PS für sehr respektable Fahrleistungen gut, sofern man darauf achtet, dass das 2-Liter-Dieselchen erst ab rund 1600 Touren munter wird. Darunter spricht der Wagen nur zögerlich an. Weil die Gänge ellenlang übersetzt sind, heißt es deshalb früh zurückzuschalten, insbesondere an längeren Steigungen. Die Federung gefällt mit gutem Komfort, und die neuen Sitze überzeugen mit zwei Armlehnen, vor allem aber mit mehr Seitenhalt als vorher. Trotz seiner Größe ist der Nugget auch als Plus zum Glück ein, wenn auch etwas weniger wendiges, Fahrerauto geblieben. Und ein echt sympathischer Spezialfall.
Basisinfos Ford Nugget Plus
Gurte/Schlafplätze: 5/4
Zul. Gesamtgewicht: 3365 kg
Länge/Breite/Höhe: 5,34/1,86/2,80 m
Grundpreis: ab 59.274 Euro
Daten und Preise
Auf- und Ausbau
Stahlblech-Karosserie mit GfK-Hochdach, innen verkleidete Kunststoff-Formteile, Isoliermaterial Wand/Boden PE-Schaum, Stärke 20 mm, kein Doppelboden, 5 einfach verglaste Fenster, 2 Kunststoff-Isolierfenster mit PU-Rahmen (Dach), 1 Dachhaube.
Bordtechnik
Kraftstoff-Gebläseheizung Eberspächer Hydronic, 2 Ausströmer (Sitzgruppe, Küche), Frischwasserschläuche, Abwasserrohre, Tauchpumpe.
Basisfahrzeug
Ford Transit Custom, Kastenwagen, Vorderradantrieb, Vierzylinder-Turbodiesel, Hubraum 1995 cm3, Leistung 125 kW/ 170 PS bei 3500/min, Drehmoment 405 Nm bei 1750–2500/min, Sechsgangschaltgetriebe.
Fahrleistungen
Beschleunigung 0–50/80/100 km/h 4,7/10,6/16,2 s; Elastizität 60–80/ 100 km/h (4.//5. Gang) 5,1/10,8//8,5/16,1 s, Testverbrauch 10,7 L/100 km.
Grundpreis: 59.274 Euro
(Ford Transit, Motor 96 kW/130 PS) mit TÜV und Zulassungsbescheinigung II
Testwagenpreis: 61.892 Euro
Fazit
Der Nugget macht alles anders als andere und gewinnt gerade dadurch Sympathien. Als Plus schlägt er die Brücke zu großen Campingbussen mit Bad, ohne allerdings seinen Pkw-haften Charakter zu verlieren. Der Antrieb wirkt durch das Turboloch aber etwas unharmonisch, lässt die Automatik reizvoll erscheinen. Top für die Klasse: die gut nutzbare Küche und das große Dachbett. Nicht so toll: die Probleme mit der Dachbettkonstruktion.