Ein ansprechendes Design ist für Auge und Geist eine Wohltat. Der Auftischkocher im Frankia Neo ist so ein Fall. Der sieht richtig schick aus, wertig wie ein moderner Gasherd zu Hause, und ganz anders als bei vielen Reisemobilen von der Konkurrenz; so dient er auch der Differenzierung. Sich zu unterscheiden vom Mainstream, macht ja auch etwas mit dem Bewusstsein. Und trotzdem kann man über den Kocher im Dauertest-Mobil durchaus geteilter Meinung sein. Dass er, wenn man ihn gerade nicht benutzt, nicht einfach zugeklappt und mit einer Glasplatte abgedeckt werden kann wie sonst oft üblich, ist in manchen Situationen unpraktisch. Es geht dadurch nämlich gut nutzbare Abstellfläche verloren. Beim Einräumen vor dem Start unserer Italien-Tour stelle ich unbedacht einen vollen Beutel auf die Küche, erwische damit versehentlich einen der Knöpfe vom offenen Kochfeld und höre plötzlich irritiert das Ticken des Zünders. Wenn jetzt noch die Kochflamme anspringen würde, ... Meine eigene Unachtsamkeit, klar, aber das kann eben schon mal passieren, wenn man's eilig hat loszukommen. Also: aufgepasst!
Vermutlich hat so oder ähnlich auch einer der vielen Vornutzer des Neo den Arm von einem der Topfträger abgebrochen. Normalerweise wird so etwas im Fahrtenbuch festgehalten und bei der Übergabe besprochen, damit man weiß, dass man bei Gelegenheit danach schauen muss. Die Roste sind ja schnell ausgetauscht, das ist kein Fall für die Werkstatt. Trotzdem: Nach der Reise müssen wir sie kontaktieren, um das Ersatzteil zu bestellen. Ich mache eine Notiz.
Viel Platz für Gepäck
Pluspunkte sammelt derweil das enorme Stauraumangebot im gesamten Fahrzeug und in der dank der Heckklappe außergewöhnlich gut erreichbaren und großen Fahrradgarage. Kleidung verschwindet in den zahlreichen Dachschränken, Hemden und Jacken im Kleiderschrank unter dem Bett und Sperriges in der riesigen Heckgarage. Kleinkram findet Platz in den nützlichen Fächern des doppelten Bodens. Kurz bevor wir loskommen, geht die Sonne unter und die mehrschichtige und größtenteils dimmbare Beleuchtung zeigt, was sie kann.

Der Konvoi setzt sich erst nach Sonnenuntergang in Bewegung. Mit Bett und Bad an Bord ist man ja aber ohnehin für alles gerüstet.
Kurz nach 20 Uhr starten wir zu dritt mit zwei Reisemobilen und zwei Hunden im Konvoi Richtung Italien. Aufgrund der späten Abfahrt ist Österreich, genauer die Tankstelle hinter dem Grenztunnel Füssen, das angedachte Etappenziel für die erste Zwischenübernachtung. Auf der Autobahn spielt der Sprinter, der die Basis des Neo stellt, seine Stärken aus, auch im direkten Vergleich zum Begleitfahrzeug, einem Grand California auf VW-Crafter, der seine Sache anerkanntermaßen ja auch alles andere als schlecht macht.
Mercedes fahren – gewohnt kommod
Punkten kann beispielsweise der potente Antrieb (170 PS) in Kombination mit der präzise schaltenden 9-Gang-Automatik. Besser als beim Crafter sind der Abstandsregeltempomat, der beim Sprinter auch im Stand funktioniert, die Mercedes-eigene "Hold"-Funktion, die sich intuitiv über das Durchdrücken des Bremspedals aktivieren lässt und die elektronische Handbremse. Nicht restlos überzeugen konnte uns schon bei früheren Sprinter-Tests der Spurhaltassistent, der nur grob per Bremseingriff regelt.
Beim Thema Vernetzung merkt man, dass der Crafter die modernere Konstruktion ist. Android Auto verbindet sich im VW zeitgemäß via WLAN. Beim Sprinter muss ein USB-Kabel aus dem Fach oberhalb des Armaturenbrettes gezogen werden. Fremd-Apps laufen teils etwas instabil und sind nicht perfekt an die vorhandene Bildschirmfläche angepasst. Wie das mit Apple Carplay funktioniert, konnten wir bei unserer Tour nicht ausprobieren. Letztlich ist das aber auch Jammern auf hohem Niveau. Alles in allem funktioniert das Multimediasystem MBUX im Mercedes samt Sprachsteuerung prima, und ein Gewinn an Bequemlichkeit ist es obendrein. Die Auflösung des großen Displays in der Armaturenbrettmitte ist präzise und klar, und insbesondere bei der Nutzung der Rückfahrkamera liefert es gestochen scharfe Bilder.
Camping bei Minustemperaturen
Als nach der ersten klirrend-kalten Nacht die Sonne am wolkenlosen Himmel aufgeht, finden wir uns bei Sonnenschein in einer herrlichen Alpen-Winterlandschaft wieder. Nach dem morgendlichen Hundespaziergang im Schnee geht es weiter Richtung Fernpass und Italien.

Zwischenstopp am Supermarkt Kren, Käsewurst und Almdudler dürfen bei keinem Österreich-Besuch fehlen.
Nachdem wir die Alpen bei bestem Wetter überquert haben, peilen wir für die zweite Zwischenübernachtung die Po-Ebene an, die wir erst lange nach Sonnenuntergang erreichen. Wir finden ein wunderschönes Fleckchen direkt am Fluss Po.
So wohnt es sich im Frankia MT 7 GT Neo
Passend zum Reiseziel gibt es frische Pasta. Die Sitzgruppe ist groß genug, die drehbare Tischerweiterung für den Beifahrersitz ist praktisch, aber auch etwas druckempfindlich, wenn man sie mit zu viel Gewicht belastet. Das anschließende Spülen geht dank Druckwasserpumpe und ordentlich Wasserdruck leicht von der Hand.
Der nächste Morgen startet mit einer Dusche im Neo, und die gehört zum Besten, was in dieser Klasse zu finden ist. Platzangebot, Wasserdruck, Belüftung und Beleuchtung sind top. Dass dafür Toilette und Waschbecken schiebbar ausgeführt sind, ist ein akzeptabler Kompromiss. Dem Fahrzeugpreis nicht angemessen ist derweil die Umsetzung der Schiebekonstruktionen hinter den Kulissen: Wir hatten das Thema im Zusammenhang mit dem Dauertestwagen schon öfter und haben darüber auch bereits mit dem Hersteller gesprochen. Frankia arbeitet aktuell an einer Lösung. Wenn es soweit ist, stellen wir sie an dieser Stelle gerne vor.

Durch selbstsichernde Muttern ließe sich das Problem der herausfallenden Dämpfer ein für alle Mal abstellen. Hoffentlich bessert Frankia hier noch nach.
Als wir am zweiten Tag der Reise das Meer sehen, ist die Euphorie groß, bis wir feststellen, dass wir wohl nicht die einzigen Camper mit der Idee waren, den Jahreswechsel am Meer zu verbringen. Die wenigen offenen Camping- und Stellplätze sind komplett ausgebucht und können maximal eines, aber keinesfalls zwei Reisemobile unterbringen.
Leicht demotiviert finden wir schließlich zwei Stellplätze auf dem Campingplatz Camping Valdeiva, der zwar einige Kilometer vom Meer entfernt liegt, dafür aber mit einem Shuttleservice aufwartet. Auch hier ist die Auslastung sehr hoch, weshalb wir für die ersten Übernachtungen jeweils auf dem Platz selbst umziehen müssen.
Autarkes Camping ist kein Problem
Auf einem der Hundespaziergänge finden wir schließlich einen Wendehammer in der Nähe der Grauwasserentsorgung und dürfen uns nach einigen Verhandlungen dort ausbreiten. Dank Powerstation für die Kaffeemaschine und Solar auf beiden Dächern, kommen wir bei dem stabilen Wetter auch ohne Landstromanschluss gut über die Runden.

Nach kurzer Verhandlung dürfen wir den Wendehammer unterhalb des Campingplatzes in Beschlag nehmen, da wir dank Solar und Powerstations keinen Landstrom brauchen.
Als kleines Highlight der Reise geht es am 29.12.24 bei 16 Grad Lufttemperatur zum Abbaden ans Meer. Den Jahreswechsel zelebrieren wir zwar ohne Feuerwerk, dafür aber mit einer Wohnmobil-Party in unserer kleinen Wagenburg.

Den Jahreswechsel feiern wir ohne Böller dafür aber mit einer kleinen Party in unserer Wagenburg.
Bevor wir am Neujahrstag den Campingplatz Richtung Heimat verlassen, tanken wir noch einmal Frischwasser auf. Leider ist der Druck am Campingplatz so gering, dass sich das Auffüllen hinzieht und wir parallel weiter packen. In der Annahme, der Frischwassertank habe einen funktionierenden Überlauf, verpassen wir die 100 % knapp und bemerken anschließend beim Blick auf den Tank im Zwischenboden, dass das überschüssige Wasser aus dem geschlossenen Weithalsdeckel drückt. Hier ist die Druckwasserpumpe mit ungeschützten 12-Volt-Anschlusskabeln montiert – in diesem Fall ein echtes Sicherheitsrisiko, geht bei uns aber gut. Neben dem Wasservorrat sind auch unsere Gasvorräte vom Heizen geschrumpft. Die Erkenntnis, dass Alugasflaschen bzw. die deutschen Tauschflaschen in Italien nicht oder nur bei ausgesuchten Campingplätzen zu bekommen sind, wandert auf die Merkliste für die nächste Reiseplanung.
Für den ersten Rückreisetag ist der Gardasee das geplante Etappenziel. Unzählige Mautstationen später finden wir in Monzambano einen wundervollen Stellplatz mit kleinem See und Vollversorgung. Um unsere dezimierten Gasvorräte zu schonen, wäre die Truma Combi 6E mit elektrischer Unterstützung tatsächlich mal eine praktische Ausstattungsoption.
Wie fährt der Frankia Neo bei Schnee?
Die geplante letzte Tagesetappe addiert sich auf circa 580 Kilometer bis in heimische Gefilde. Aber wie so oft, gehen Pläne nicht auf. Wir hangeln uns von Stau zu Stau und während uns der Mercedes-Bordcomputer eine niederschmetternde Durchschnittsgeschwindigkeit von 45 km/h errechnet, verstreicht der Reisetag mit Hörbuch und einem letzten Pizza-Stopp in Südtirol. Ungemütlich wird es nach Sonnenuntergang als Regen einsetzt und die Wetter-Apps immer häufiger vor Schneefall warnen. Und tatsächlich: Als wir gegen kurz nach 20:00 Uhr die ersten Steigungen des Fernpass unter die Räder nehmen, wird der Dauerregen zu Schnee. Auch ohne Kaffee hellwach, geht es im dichten Schneetreiben den Fernpass hinauf. Dabei überholen wir im Konvoi sogar das ein oder andere Fahrzeug, das traktionsbedingt nicht weiterkommt.

Auf dem Fernpass wird der Dauerregen zu dichtem Schneetreiben. Die Räumdienste kommen kaum noch hinterher.
Das ist als Kompliment an den Fronttriebler zu verstehen. Mit sanftem Gasfuß und permanent an der Regelschwelle von ASR und ESP erreichen wir schließlich die Tankstelle am höchsten Punkt des Fernpasses und beschließen für ein paar Fotos anzuhalten. Was wir ebenfalls beschließen: Für die nächste Alpenüberquerung in den Wintermonaten, egal wie weit es danach in den Süden geht, packen wir passende Schneeketten ein. Und üben das Anlegen vorher im Trockenen. Für den Fall der Fälle.

Der Anstieg ist geschafft. Die Tankstelle markiert einen der höchsten Punkte des Fernpasses.
Dann haben wir richtig Glück, denn gerade, als wir weiterwollen, dreht vor uns ein Räumfahrzeug und präpariert uns die Abfahrt. Gegen 23:30 Uhr, nach neun Stunden und gerade einmal 400 Kilometern, sind wir wieder in Deutschland. Da die Konzentration mittlerweile leidet und der Schneefall nicht abklingt, entscheiden wir uns spontan für eine weitere Zwischenübernachtung. Mit dem Risiko, dass uns die letzten Gasreserven ausgehen, steuern wir einen Autobahnparkplatz für die Nacht an.

Bei Schneefall schalten die Assistenzsysteme schnell ab, sobald der Frontradar zugeschneit ist.
Im Notfall würde uns eben der laufende Diesel mit etwa ein Liter Kraftstoff pro Stunde warm durch die verschneite Nacht bringen. Als wir früh morgens aufbrechen, sind die ersten Räumfahrzeuge bereits durch und der Schneefall hat aufgehört. Die letzten 180 Kilometer geht es zügig und ohne weitere Zwischenfälle heim.