Stress an der Ladesäule: Camping mit dem E-Zugwagen klappt & nervt trotzdem

Kia EV9 mit Dachzelt und Wohnwagen hinten dran
Abkuppeln, fluchen, laden – E-Camping klappt!

vom Campingprofi seit 1959
ArtikeldatumVeröffentlicht am 07.12.2025
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Dass Elektromobilität im Alltag funktioniert, bezweifeln üblicherweise nur die, die sie noch nie probiert haben. Was aber, wenn man nicht nur den Alltag, sondern auch den Campingurlaub mit Wohnwagen elektrisch bestreiten möchte?

Das wollten wir wissen und haben uns zu viert auf den Weg gemacht, mit einem Knaus Sport & Fun hinter und einem Dachzelt auf dem Kia EV9, der eines von mittlerweile vielen Beispielen für Elektroautos mit satter Anhängelast ist. Die 2,5 Tonnen, die der Kia ziehen, und die 1,7 Tonnen, die der Knaus wiegen dürfte, reizen wir trotz drei E-Bikes und eines Bio-Fahrrads an Bord des Sport & Fun nicht ansatzweise aus. Auf die Aerodynamik, die bei den Fahrwiderständen die größte Rolle spielt, hingegen hat der Caravan enormen Einfluss. Das Dachzelt macht die Sache nicht besser, was sich schon an den Windgeräuschen ablesen lässt. Unterwegs wird sich die Matratze auf dem heißen Blechdach noch aus einem anderen Grund als Hemmschuh erweisen – doch dazu später mehr.

Der Kia EV9 Fakten & Leistung

Der EV9, ein 2,7 Tonnen schwerer Gigant mit zwei Motoren, vier kuscheligen Einzelsitzen und zwei elektrisch versenkbaren Zusatzplätzen im Kofferraum, steht schon ohne Dachzelt stramm im Wind, was sich in Alltagsverbräuchen zwischen 23 und 30 kWh/100 km widerspiegelt.

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Ingo Wagner

Die Energie speichert der Koreaner in einem 99,8 kWh großen Akku, der sich unterwegs zuverlässig und kurz nach dem Einstöpseln mit knapp über 200 kW Ladeleistung füllt, sofern er alleine an einer entsprechend starken Ladesäule hängt. Technisch sind die Voraussetzungen für die Elektro-Urlaubstour also bestens.

Der Beginn unserer E-Tour

Wir starten mit 90 Prozent östlich von Stuttgart. Erstes Ziel: der Seecamping Berghof am Ossiacher See. Für die Strecke prognostiziert die App "A better Routeplanner" (ABRP), die sich bei den 1567 Mitgliedern der Facebook-Gruppe "Elektroauto mit Wohnwagen" großer Beliebtheit erfreut unter Zuhilfenahme der Parameter "Autotyp", "Anhänger schwer", "30 Prozent SoC bei Ankunft" (SoC = State of Charge), "Ladestation geeignet für Anhänger" und "Wetter": 6:15 Stunden Fahrzeit plus 2:20 Stunden Ladezeit für 549 km.

Obwohl der Akku schon am Albaufstieg sichtbar Prozente liegenlässt, erreichen wir nach 141 km die erste von elf Ladestationen mit deutlich höherer Restladung als von ABRP vorausgesagt. Positiv stimmt uns auch, dass es eine Durchfahrstation von Fastned ist, an der wir nicht abkuppeln müssen. Bereits nach 15 Minuten geht es weiter.

Der Komfort eines Privatjets

Die Musik aus der Meridian-Anlage des Kia übertönt das Pfeifen vom Dach bereits mit geringem Pegel. Im Fond werden unterdessen die Rückenlehnen flacher gestellt und die Augen geschlossen – der Reisekomfort an Bord des EV9 ist phänomenal. Quasi ein Privatjet auf Rädern. Nur etwas langsamer.

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Ingo Wagner

Apropos Geschwindigkeit: Weil Sonntag ist, können wir uns nicht in den Windschatten von Lkw klemmen, stellen den Tempomat auf 94, was GPS-genauen 90 und ausreichend flottem Vorankommen entspricht.

Schon bald zeigt sich: Der Verbrauch liegt mit durchschnittlich 38 kWh/100 km deutlich niedriger, als die App zugrundelegt – und nicht dramatisch über dem Solo-Niveau. Wir korrigieren also immer wieder den SoC am Bildschirm, wo er via Apple Carplay angezeigt wird – und stellen alsbald auf "Anhänger mittel". Doch der Unterschied ist geringer als vermutet. Erst auf der Rückfahrt trauen wir uns, die Ladeempfehlungen zu ignorieren und auch mal weiterzufahren. Insgesamt hätten wir uns so drei Stopps sparen können.

Laden mit Anhäger – Ein Problem?

Eine Ladestation zu finden war bis auf die Region zwischen Gorizia/Nova Gorica und Triest nie ein Problem. Jedoch war unter den insgesamt acht Ladestationen auf der Reiseroute nur eine, die baulich auf Autos mit Anhänger ausgelegt war. Dass wir drei weitere Male nicht abkuppeln mussten, war dem Umstand geschuldet, dass nichts los war und wir uns trauten, für ein paar Minuten zwei der drei Säulen zu blockieren.

Zwei weitere Stopps wären ohne Dachzelt vermeidbar gewesen. Und zwar aus einem einfachen Grund: Beide Plätze in Slowenien (Saksida Wine & Camping Resort und Camping Koren) halten für Gäste Wallboxen an der Rezeption vor. Wäre der Kia EV9 also nicht als Dachzelt-Basis auf der Parzelle gebraucht worden, hätte er sich über Nacht gemächlich an 11 kW sattzuzeln dürfen.

Fazit