Technikwissen Monocoque: Kokon auf Rädern

Technikwissen Monocoque im Reisemobil
Fugenlose Aufbautechnik

Zuletzt aktualisiert am 06.02.2020

Bevor Raupen sich in Schmetterlinge verwandeln, spinnen sie sich komplett in einen geschlossenen Seidenkokon ein. Ein Monocoque hat mit dieser Schutzhülle, von der es den Namen leiht, vieles gemeinsam.

Was steckt hinter der Monocoque-Technik?

Als Monocoque bezeichnet man einen Aufbau, bei dem Dach und Wände, gegebenenfalls auch das Heck und die Front aus einem einzigen Teil bestehen. An den Kanten der Kabine gibt es also keine Stoßfugen bzw. -nähte, die mit der Zeit undicht werden könnten. Per se zeichnet sich ein Monocoque durch eine hohe Verwindungssteifigkeit aus. Der glasfaserverstärkte Kunststoff, aus dem solche Kabinen gefertigt werden, ist zudem elastisch und deshalb unempfindlicher gegenüber Stößen oder Hagel als eine Aluminiumaußenhaut.

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Hersteller

Die Bauart erlaubt darüber hinaus große Freiheiten bei der Formgebung. Monocoque-Aufbauten fallen daher häufig durch ihr exklusives Design ins Auge: runde Dachkanten statt uneleganter Ecken, eingeformte Sicken, Lichtkanten, Radläufe und Türrahmen – fast alles ist möglich.

Geschichte des Reisemobil-Monocoques

Die Technik ist im Prinzip schon seit dem frühen 20. Jahrhundert bekannt. Die ersten Campingfahrzeuge mit Monocoque entstehen hierzulande allerdings erst in den 1960er Jahren. Die Firma Schäfer aus Detmold stellt ’62 ihren Superleicht-Caravan „Suleica“ in GfK-Bauweise vor. ’67 folgt eine Version mit Motor und ’69 der Orion 1, dessen atemberaubende Form ebenso aus dem Rahmen fällt wie sein exorbitant hoher Preis. Unter den ersten Exemplaren ist sogar ein schwimmfähiges Amphibienmobil, um die Möglichkeiten der Bauweise eindrücklich unter Beweis zu stellen. Es folgen Straßenmodelle auf VW-Transporter-, Hanomag- und ab 1978 auf Mercedes-T1-Basis. Große Erfolge sind der Marke allerdings nicht vergönnt.

Vergleichbare Reisemobile mit konventionellem Sandwichaufbau sind damals wie heute deutlich günstiger. Dies trägt der Tatsache Rechnung, dass die Technik sehr arbeitsintensiv, zeitaufwendig und teuer ist, was auch an hohen Werkzeugkosten, etwa für die großen Formen, liegt.

So entsteht ein Monocoque

In der Negativform des Aufbaus wird zunächst der sogenannte Gelcoat, die spätere hochglänzende Schutzschicht der Oberfläche, aufgespritzt. Lage für Lage bringt man danach GfK-Matten in Vlies- oder Gewebeform ein, die mit Polyesterharz getränkt werden. Luftblasen müssen dabei sorgfältig ausgewalzt werden, da sie die Stabilität und Optik der Struktur beeinträchtigen.

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Sven Baumert

Unter Wärmeeinfluss härten Harz und Glasfasern zu einem formstabilen Verbund aus. Verschiedentlich nimmt man dabei zur Unterstützung riesige Öfen zu Hilfe. Mit oder ohne dauert dieser Polymerisationsprozess mehrere Stunden, was die Produktivität natürlich limitiert.

Sowohl die ein- als auch die doppelschalige Bauweise sind möglich. Letztere ist bei Reisemobilen gängiger. Dabei wird die Dämmung zwischen der äußeren Hülle und der Innenschale einlaminiert. Wingamm, La Strada und andere verwenden zur Isolation einen hochdichten, geschlossenzelligen Polyurethanschaum (PU). Kabinen nach diesem Muster sind besonders stabil. Wegen der durchgehenden Dämmschicht hat der Aufbau keine Wärmebrücken, wie es bei konventionellen Kantenverbindungen mit Beschlägen oder Profilleisten oft der Fall ist.

Edel, aber selten

Die Auswahl an Reisemobilen mit Monocoque ist überschaubar. Bereits seit 1977 vertreibt die italienische Marke Wingamm ausschließlich Monocoque-Mobile; das Angebot umfasst kompakte Modelle auf VW-Transporter- und Fiat-Ducato-Basis. Ebenfalls aus italienischer Produktion stammen die Silverdream-Alkoven, die Mobilhändler Wanner auf den Mercedes Sprinter bauen lässt.

Ganz neu zur CMT 2020 legt Campingbusspezialist La Strada den Teilintegrierten Nova auf. Daneben existieren einige kleinere Individualhersteller, etwa Maurer aus der Schweiz oder Kubus aus Kappeln.