Der neue Dauertestwagen, ein Carado T 447, rollt im Juli in die Redaktion. Nachdem die ersten Nutzer damit unterwegs waren, kommt die Rückmeldung, der Abstandsregeltempomat (ACC) funktioniert nur bis 90 km/h. Ungläubiges Staunen – das kann doch nicht sein. Ein 3,5-Tonnen-Wohnmobil darf doch schneller fahren. Gerade wenn man auf der Autobahn im Geschwindigkeitsbereich von 100 bis 120 km/h unterwegs ist, würde man den ACC gerne benutzen. Dann kann man entspannt im Verkehr mitrollen und der ACC beschleunigt und bremst selbsttätig und hält dabei automatisch den vorgewählten Abstand zum Vorausfahrenden.
Das lässt sich bestimmt in irgendeinem Untermenü einstellen – so die einhellige Meinung in der Redaktion. Doch keiner findet den entsprechenden Menüpunkt. Inzwischen trudeln auch die ersten Leserbriefe und Beschwerden zu dem Thema ein und in diversen Internetforen wird intensiv darüber diskutiert. Eine Anfrage bei Fiat bringt dann die kleinlaute Rückmeldung und Erklärung, dass tatsächlich von Dezember 2024 bis Juni 2025 über ein paar Monate hinweg eine nicht genannte Anzahl an Kastenwagen und Fahrgestellen, die als Campingfahrzeug-Basis konfiguriert waren, mit der falschen Version des Abstandstempomaten bestückt wurde.
Falsche Version des Adaptive-Cruise-Control (ACC)

Vielen FahrerInnen sind die Probleme des Tempomaten schnell aufgefallen.
Tatsächlich wurde die Variante für Nutzfahrzeuge eingebaut, bei der es durchaus Sinn ergibt, dass der ACC über 90 km/h nicht mehr verfügbar ist. Um den Fehler nachträglich zu beheben, bedarf es allerdings eines speziellen Updates, das erst programmiert werden muss. Fiat verspricht, es schnellstmöglich fertigzustellen und Bescheid zu geben, sobald es verfügbar ist – was seit Mitte Oktober der Fall ist.
F52W nennt sich die Serviceaktion in der internen Fiat-Systemnomenklatur. Bei den Ducato-Schwestermodellen Jumper, Boxer und Movano, wo das Problem ebenso auftritt, hat die Aktion andere Bezeichnungen – bei Citroën GP4, bei Peugeot MZN und bei Opel KTQ. Auch die Fehlermeldung, die im Kombiinstrument erscheint, hat einen etwas anderen Wortlaut. Was bei Fiat "Adaptive Cruise Control" heißt, wird zum Beispiel bei Citroën "Co-Driver" genannt.
Da der Carado wegen eines Frontscheibenschadens ohnehin gerade in der Werkstatt steht, wird das Update gleich mit aufgespielt. So weit, so gut. Doch nach der Abholung des Fahrzeugs zeigt sich, dass der ACC immer noch die gleiche Limitierung auf Tempo 90 hat wie zuvor. Dies der Werkstatt anzukreiden, ist jedoch zu kurz gesprungen. Denn das Update schien ordnungsgemäß übertragen worden zu sein.
Tempomat-Update ist mehr Arbeit als gedacht

Der externe Stromanschluss sorgt für stabile Bordnetzspannung während des Updates.
Bei einem Update geht die Werkstatt wie folgt vor: Zunächst wird das Bordstromnetz des Fahrzeugs an eine externe Energiequelle angeschlossen. Damit wird verhindert, dass bei schwacher Starterbatterie womöglich die Bordspannung während der Übertragung des Updates zusammenbricht. Das hätte zur Folge, dass ein aufwendiger Wiederherstellungsprozess der Software-Grundkonfiguration nötig würde.
Im nächsten Schritt wird ein WLAN-Adapter an die OBD-Schnittstelle des Fahrzeugs angeschlossen. Damit kann der Servicecomputer mit der Zentralsteuerung kommunizieren. Das Serviceprogramm analysiert daraufhin die komplette Konfiguration des Fahrzeugs mit allen elektronischen Bauteilen. Anschließend werden auf dem Bildschirm die Steuergeräte angezeigt, die eingebaut sind. Beim Ducato sind das zwischen 20 und 30, je nachdem, welche Extras mitbestellt wurden. Wenn für ein Steuergerät ein Update verfügbar ist, wird dies durch einen "Blitz" neben dem Symbol angezeigt.
Im Falle des Carado-Dauertestwagens war der Blitz nach der Update-Übertragung ordnungsgemäß verschwunden. Damit schien alles okay zu sein. Eine Probefahrt auf die nächste Autobahn, um die Behebung des Fehlers zu verifizieren, ist bei einem Zeitbudget von zwölf Minuten, das Fiat für das Update vergütet, kaum drin. Da der Fehler nach der Abholung des Carado jedoch weiterhin auftrat, musste sich der Fiat-Professional-Servicepartner in Pforzheim der Sache ein zweites Mal annehmen. Tatsächlich brauchte es sogar noch zwei, drei weitere Update-Durchgänge – und diesmal auch entsprechend durchgeführte Probefahrten –, bis der ACC wirklich einwandfrei funktioniert.

Nachdem das Update korrekt aufgespielt wurde, kann der Abstandstempomat endlich auch bei höherem Tempo genutzt werden.
Möglich, dass diese Schwierigkeiten beim Aufspielen des Updates im Redaktions-Dauertestwagen eine Ausnahme waren. Trotzdem tun Fahrzeugbesitzer, die das Update aufspielen lassen wollen, gut daran, bei der Werkstatt darauf zu drängen, dass anschließend bei einer Probefahrt der Erfolg der Maßnahme auch überprüft wird. Ansonsten muss der Servicepartner womöglich wiederholt aufgesucht werden, was keinem dient.
ACC-Update beim Fiat-Servicepartner
Die Durchführung des Updates muss bei einer Vertragswerkstatt von Fiat Professional erfolgen. Nur die hat die entsprechende Servicesoftware und den Zugang, um das Update vom Fiat-Server herunterzuladen und zu übertragen. Der Redaktions-Dauertestwagen wurde dafür zu Kleinmann Automobile in Pforzheim gebracht, wo sich Kfz-Meister Andre Mörgenthaler darum kümmerte, dass das Software-Update aufgespielt wurde – und auch wirklich richtig funktioniert. Was tatsächlich komplizierter und aufwendiger war als von allen Beteiligten gedacht.





