Eigentlich wäre absehbar gewesen, was passieren würde. Aus unserer Sicht sowieso, weil es bei Restaurierungen immer wieder so läuft. Aber auch für Lars Ehrmann, weil er sich mit dem Thema auskennt und sich mit halben Sachen ungern zufriedengibt. Und dann ist da noch seine Frau, die Kabarettistin Dagmar Schönleber. Mit der Wellenlänge scheint es bei den beiden jedenfalls zu klappen, sie erwiesen sich als gutes Team.
Doch von Anfang an: Nachdem Lars und Dagmar positive erste Erfahrungen mit einem gemieteten Wohnmobil gemacht hatten, beschlossen sie, ein eigenes Exemplar anzuschaffen. "Wir hatten dabei diese Freiheit und Flexibilität im Kopf, die ich von T3-Bullis kannte, von denen ich im Laufe der Jahre diverse besessen hatte", so Lars.
Zu alt sollte ihr Camper aber nicht sein. "Ich hatte früher mal beruflich alte Engländer restauriert", erläutert Lars, "und reichlich Erfahrungen mit ausufernden Restaurierungen." Dass man schließlich beim T4 landete, war naheliegend. "Wir wollten einen eher kompakten Camper", erzählt der 50-jährige Fahrzeugtechnik-Ingenieur, "aber mit mehr Platz und wegen der Langstreckentauglichkeit auch mit mehr Motorleistung als ein T3."
Bulli-Youngtimer mit Campingausstattung
Ein T4 mit Hochdach und langem Radstand sollte es werden. In die engere Wahl kamen schließlich die seltenen Camper vom schwäbischen Hersteller Fischer-Mobile Reutlingen (mittlerweile in Neuhausen auf den Fildern), hinten nicht mit Ausstattung zu sehr zugebaut, sondern mit klappbarer Sitzbank, etwas höher als ein normaler T4 mit Hochdach, zu fahren fast wie ein Pkw.
Es dauert etwas, bis ein attraktives Angebot gefunden ist. Der Bulli ist aus erster Hand und steht auf der Schwäbischen Alb. Einziger Wermutstropfen: "Der T4 hatte an der Seite einen Unfallschaden", erzählt Lars, "und er war im Winter mit Salz in Berührung gekommen, da die Vorbesitzerin regelmäßig ihre Kinder damit zur Schule gebracht hatte."
Scheinbar gute Basis

Klein, aber nicht spartanisch: Im wohnlichen Innenraum des T4 ist alles Nötige vorhanden.
Preis und Zustand stimmen, man wird handelseinig. Schon bald sammeln Lars und Dagmar erste Erfahrungen mit ihrem eigenen Camper. "Wir haben ihn im Rahmen eines Griechenland-Urlaubs gründlich ausprobiert", erinnert sich Lars, "alles war super, Handling, Leistung, Verbrauch, sogar das Offroad-Verhalten mit dem Frontantriebsfahrwerk. Im Laufe der folgenden Wochen sind mir dann aber immer mehr Stellen aufgefallen, wo irgendwann mal etwas an dem Bus gemacht werden musste."
Lars schätzt die Lage ab und berät sich mit seiner Frau: Man könne die Dinge pragmatisch angehen und das Wohnmobil als Lebensabschnittsgefährt sehen, das man nach ein paar Jahren abstößt. Man könne es aber auch gründlich aufarbeiten – auf die Gefahr hin, irgendwann ein Tal der Tränen durchschreiten zu müssen.
"'Allein mache ich das dann aber nicht‘, habe ich ihr gesagt", erinnert sich Lars, "‚das wird viel Arbeit und Nerven kosten. Wenn, dann machen wir das gemeinsam.‘" Dagmar ist dabei, und wie immer treten viel mehr Baustellen zutage, als am Anfang abzusehen ist. Allein das partielle Entfernen des originalen PU-Unterbodenschutzes erweist sich als echte Sisyphusarbeit. Wie allerdings anderes auch.
Restaurierung mit unschönen Überraschungen
In weiterer mühsamer Kleinarbeit arbeiten sich die beiden voran, machen selbst vor Hohlräumen nicht halt, legen überlappende Bleche frei und entrosten alles, um es anschließend wieder zuzubiegen oder zu verschweißen und, teilweise mit Mike Sanders, teilweise mit Dinitrol, zu konservieren. "Da hatten wir dann unser Tal der Tränen", stellt Lars zurückblickend fest und fügt hinzu, was auch als Warnung für allzu naive Nachahmer gelten darf: "Wie viel Korrosion sich im Verborgenen an einem Auto finden kann, das eigentlich noch recht gut dasteht, hat mich wirklich überrascht."

Nasses Laub sammelt sich gerne hinter dem Kotflügel und setzt der Substanz des Fahrzeugs stark zu.
Was sich am Radlauf zeigte, schienen nur ein paar harmlose Bläschen zu sein. Tatsächlich befand sich unter der Lackoberfläche nur noch wenig Substanz, sodass auch hier eine aufwendigere Blechreparatur nötig war.
Nach Demontage des Kotflügels fanden sich darunter dauerfeuchte Laubmassen im Zustand fortgeschrittener Kompostierung. Nach Entfernung des Moders trat am Blech fortgeschrittene Korrosion zutage. Mittels der passenden originalen Reparaturbleche, die nach Heraustrennen der maroden Bereiche angepasst und eingeschweißt werden konnten, ließ sich der T4 hier wieder in einen mängelfreien Zustand zurückversetzen.
Noch bevor abschließend der Unterboden mehrmals lackiert und alles wieder zusammengebaut wird, fällt die Entscheidung, den Antriebsstrang auf Syncro-Technik, größere Bremsen und Räder umzubauen. Entsprechend wird der Motor durch einen gleich starken TDI Typ AXL ersetzt, ein gedrosseltes 151-PS-Aggregat, mit dem der Camper im Gegensatz zum eingebauten ACV-Motor eine grüne Umweltplakette erhält. Zu guter Letzt baut Lars noch mit Unterstützung durch Matthias Niermann die Elektrik auf ein modernes Lithium-Akku- und Solarsystem um.
Verbesserung am Interieur

Mit neuem Alcantara-Stoff wird der Innenraum wohnlicher gestaltet.
Im Originalzustand sind beim Fischer-Mobil viele Flächen der Inneneinrichtung mit Filz beklebt. Dagmar und Lars ersetzten diesen durch Alcantara-Stoff, der widerstandsfähiger ist und vor allem deutlich hochwertiger wirkt.
Über drei Jahre nach Beginn der Arbeiten ist alles wieder zusammengebaut und darf sich auf einer Probefahrt in den Ardennen bewähren, zwar mit einer Panne, einem Defekt am ABS-Steuergerät, aber ansonsten zur vollen Zufriedenheit. Im Sommer 2023 folgt dann ein Korsika-Urlaub zusammen mit Freunden, bei dem sich der T4 auch auf losem Untergrund bewährt.
Geduld und Kreativität
Weit über 2.000 Stunden Arbeit stecken in dem T4. Doch es gibt wichtigere Dinge: "Nachhaltiger geht’s nicht", findet Lars, "das Auto wird uns hoffentlich auf ewig erhalten bleiben. Es war auch von Anfang an klar und einer der Gründe, dieses Projekt gerade jetzt anzugehen, dass ich mir diese Arbeit in 15 oder 20 Jahren nicht noch mal antun würde." Was auch aus einem anderen Grund schwieriger wäre, so Lars: "Die Ersatzteilversorgung seitens VW hat sich allein in der Zeit der Restaurierung massiv verschlechtert. Ich spekuliere aber auf eine rührige Szene ähnlich jener der alten Bulli-Baureihen und des Käfers."
Das Ergebnis der Arbeit kann sich sehen lassen, auch die Zusammenarbeit zwischen Lars und seiner weniger automobilaffinen Frau klappte weitgehend reibungslos. So legte Dagmar bei der schier endlos scheinenden Reinigung des Unterbodens einen bewundernswerten Stoizismus an den Tag. Lars war weniger geduldig und eilte in Gedanken immer schon ein paar Schritte weiter, etwa um sich mit Feinheiten des endgültigen Designs oder technischen Optimierungen zu beschäftigen.
Wie auch immer: Nicht nur dem T4, auch der Beziehung taten die teilweise schweren Zeiten gut. "Gemeinsam solche Erfahrungen zu machen ist besser als jede Paartherapie", findet Lars und lacht.
Details zu Fahrzeug und Restaurierung

Die geschickten Verfeinerungen am Design lassen den Camper gestreckter und eleganter wirken.
VW T4 Fischer Magnum B Camper
- Eckdaten: Reihenfünfzylinder, OHC, 2.461 cm³, 102 PS, 2.440 kg, 155 km/h, 1990 bis 2003
- Motor: Wassergekühlter Fünfzylinder-Viertakt-Dieselmotor, vorne quer, Bohrung x Hub 95,5 x 81 mm, Hubraum 2.461 cm³, Leistung 102 PS bei 3.500/min, max. Drehmoment 250 Nm bei 1.900–2.300/min, zwei Ventile je Brennraum, betätigt über eine zahnriemengetriebene obenliegende Nockenwelle, Hydrostößel, Kurbelwelle sechsfach gelagert, Motorblock aus Grauguss, Zylinderkopf aus Leichtmetall, Diesel-Direkteinspritzung Bosch, VTG-Turbolader, großer Ladeluftkühler.
- Karosserie und Fahrwerk: Selbsttragende Stahlblechkarosserie, rundum Einzelradaufhängung, vorn mit Doppelquerlenkern, Drehstabfedern und Zusatzfedern, hinten mit Schräglenkern, Schraubenfedern, Teleskopstoßdämpfer vo. und hi., Scheibenbremsen, ABS, Servolenkung, Räder 7 J x 16, Reifen 225/70 R16 All-Terrain.
- Fahrleistungen und Verbrauch: Vmax 155 km/h, 0–100 km/h in 18,4 s, Verbrauch ca. 10 Liter/100 km.
- Bauzeit und Stückzahl: 1990 bis 2003, ca. 1,9 Millionen Exempl., davon 148.710 TDI/ 102 PS (alle Motor- und Karosserievarianten).
- Maße und Gewicht: Radstand 3.320 mm, L x B x H 5.107 x 1.840 x 2.800 mm, Spur vorne/hinten 1.589/1.554 mm, Gewicht 2.440 kg.
- Kraftübertragung: Einscheiben-Trockenkupplung, Fünfganggetriebe, Syncro-Allradantrieb.
- Preis: ca. 35 000 Euro (guter Zustand)
- Charakter: Einigermaßen komplett ausgestattetes Wohnmobil, kompakte Maße, kräftiger Direkteinspritzer-Diesel, gute Alltagstauglichkeit.
- Kaufort/-jahr: Schwäbische Alb 2019.
- Kaufzustand: Befand sich von einem schlecht reparierten Unfallschaden auf der linken Seite und etwas Wartungsstau abgesehen in einem guten Zustand. Der Tachostand lag bei 260.000 Kilometern. Der Kaufpreis betrug 11.000 Euro, der Neupreis lag bei 90.000 Mark. Trotz guter Substanz lauerte viel Arbeit.
- Restaurierungsumfang: Das Fahrzeug wurde weitgehend zerlegt, gefährdete Bereiche gereinigt und entrostet (Trockeneis). Der Boden wurde dreifach lackiert und mit Mike-Sanders- und Dinitrol-Rostschutzprodukten konserviert. Auch von außen erfolgte eine Neulackierung in der Originalfarbe Dragon Green, aber mit Design-Verfeinerungen. Das Frontantriebsfahrwerk wurde auf Syncro-Technik umgebaut, der Serienmotor durch einen umweltzonentauglichen ersetzt. Nach Verfeinerungsarbeiten im Innenraum folgte etwas später noch der Umbau des Stromnetzes auf Lithium-Batterien. Insgesamt stecken weit über 2.000 Stunden Arbeit in der Restaurierung.
- Restaurierungsdauer: November 2019 bis Frühjahr 2023
- Fachkundige Unterstützung: M. Rost GmbH, Neuss (Fahrzeugtechnik); Niermann Fahrzeugtechnik Sonderlösungen, Langenfeld (Wohnmobilelektronik)
- Kosten: Über 40.000 Euro ohne Kaufpreis und ohne Eigenleistung





