Wohnmobil-Tour durch Unterfranken
Die Freuden der Langsamkeit

Im schönen Maintal zwischen Odenwald und Spessart verläuft die Region Churfranken – eine lebensfrohe Weingegend, die Mobilfahrer freundlich empfängt. Unser Tipp für eine Tour mit dem Wohnmobil.

Unterfranken 10
Foto: Thomas Cernak

Der Morgen ist wie in mattes Glas gehüllt. Schiffshörner ertönen. Zum Glück sorgt die warme Frühlingssonne dafür, dass sich der Nebel rasch lichtet. Hier vom Stellplatz aus, auf der rechten Mainseite zwischen Campingplatz und Yachthafen, genießt man einen großartigen Ausblick auf die Altstadt von Miltenberg mit ihren roten Buntsandsteinmauern. Diese machen neugierig auf das, was aus der Ferne betrachtet im Verborgenen liegt: ein Netz aus kopfsteingepflasterten Gassen mit freundlichem Fachwerk im Schutz der ehrwürdigen Mildenburg.

Es war vermutlich um das Jahr 1200, als der Mainzer Erzbischof die Burg als östliche Verteidigungsanlage errichten ließ. Von da an lenkten mehr als 600 Jahre lang die Kurfürsten und Erzbischöfe aus der Rheinmetropole die Geschicke des Ortes und seiner fruchtbaren Umgebung zu Füßen der waldreichen Höhen von Spessart und Odenwald. Einen Namen allerdings hatte die Region zwischen dem sogenannten Mainknie und Aschaffenburg bis vor ein paar Jahren nicht. Findige Touristiker tauften sie 2007 „Churfranken“ – in Anlehnung an die früheren Landesherren und die heutige Zugehörigkeit zu Bayern und dem Frankenland.

Ihren Reichtum verdankte die Stadt, die als „Perle des Mains“ bezeichnet wird, dem im Mittelalter praktizierten Stapelrecht. Es legte fest, dass die durchziehenden Kaufleute ihre Waren in der Stadt für einen bestimmten Zeitraum abladen und anbieten mussten. Oft konnten sie sich jedoch durch Zahlung eines Stapelgeldes von dieser Pflicht freikaufen. Womöglich floss es in den Bau der repräsentativen Häuser, die zum Beispiel den Alten Markt zieren mit dem filigran gehauenen Justitia-Brunnen in der Mitte. Ein häufig vorkommendes Bau-Detail, das sofort ins Auge sticht, sind die aufwendig gestalteten doppelstöckigen Erker. Wer gemütlich mit dem Rad oder zu Fuß die liebliche Tallandschaft erkunden möchte, wählt am besten den Fränkischen Rotweinwanderweg. Er führt über sechs maximal 17 Kilometer lange Etappen von Großwallstadt nach Bürgstadt vorbei an den sonnenverwöhnten Steillagen Chur­frankens.

Höchst willkommene Pausenstationen sind die „Häckerwirtschaften“ in den traditionellen Weinbaudörfern – mit Aussicht auf die malerischen Winzerhäuschen. Doch auch die Freunde edler Hopfengetränke kommen zu ihrem Recht: unter anderem bei einer Kostprobe in den urigen Kellergewölben der Erlebnisbrauerei Faust im historischen Miltenberger Schwarzviertel, wo seit über 350 Jahren teils außergewöhnliche Sorten im Holzfass reifen – darunter der mit Gold- und Silbermedaillen mehrfach prämierte extra starke „Eisbock“. 

Unterfranken – eine Region voller Geschichte(n)

Das Thema Braukunst begleitet Churfranken-Entdecker auch andernorts, wie etwa ein Rundgang durch das alte Aschaffenburg zeigt. Denn dieser endet fast immer in der „Schlossgass“, im „Schlappeseppel“, der berühmten Brauereigaststätte. Deren Gründung soll auf folgende Begebenheit zurückgehen: Als 1631 König Gustav von Schweden die Stadt einnahm, stellte man entsetzt fest, dass in den Fässern im Schlosskeller kein Tropfen Bier mehr war. Als Helfer in der Not erwies sich der kriegsversehrte Soldat Joseph Lögler, „lahmer Seppel“ genannt, dem es auf Anhieb gelang, ein königliches Bier zu brauen. Historiker halten diese Schilderung jedoch für unglaubwürdig, was der schönen Geschichte aber keinen Abbruch tut.

Am Altstadtrand erhebt sich über dem Main das besagte Schloss Johannisburg; es gilt als eines der schönsten Renaissance­bauwerke in Deutschland. Zuerst residierten auch hier die Mainzer Kurfürsten und später König Ludwig I. Der Schöngeist ließ im Schlosspark ein „Pompejanum“ bauen, eine Nachbildung einer pompejischen Villa. Sein Import südländischer Pflanzen hat ebenfalls dazu beigetragen, dass man heute zu Recht vom „bayerischen Nizza“ spricht. Einheimische und Gäste genießen gleichermaßen das mediterrane Flair – vornehmlich auf Spaziergängen durch den Park und auf der da­runter liegenden Mainpromenade. Wie in Miltenberg residieren die Wohnmobilisten am Ufer gegenüber.