Hymer Free 540 (2020) im Test
Flexibler 5,40 Meter-Campingbus für zwei Personen

Die Kunst beim Ausbau eines 5,41 Meter langen Fiat Ducato ist, Bett, Küche, Bad und Sitzgruppe genau so viel Platz einzuräumen wie nötig. Hymer beweist beim Free 540 ein glückliches Händchen dafür.

Hymer Free 540 (2020)
Foto: Jürgen Bartosch

Auf den Parkplatz vor unserem Haus passt der 5,41-Meter-Bus mühelos. Schon mal ein dicker Pluspunkt. Beim typischen Sechs-Meter-Ducato dagegen braucht es viel Gefühl, um die Hinterachse auf den halbabgesenkten Bordstein zu hieven, ohne vorn an die Hauswand zu boxen. Alles schon passiert. Doch reicht der Lebensraum in dem kompakten Bus, um bequem zu zweit und eventuell auch mal zu viert zu verreisen? Eine Vater-Sohn-Tour in die Toskana soll Klarheit bringen.

Bei der Zwischenübernachtung in den Alpen bleibt das Aufstelldach zu. Wir schlafen unten. Zwei Männer im Heckbett – das erweist sich als Herausforderung. 1,95 Meter lang und 1,32 Meter breit – klingt nicht schlecht –, doch das sind die Maximalmaße. Diese Länge erreicht das Bett nur in den seitlichen Einbuchtungen, die lediglich 85 Zentimeter breit sind – auf Dauer für zwei große Erwachsene echt knapp.

Hymer Free 540 (2020)
Jürgen Bartosch
Für zwei Erwachsene mit Gardemaß wird es auf dem Heckbett schon ganz schön knapp. Matratze und Lattenrost sind bequem.

Wenn wenigstens einer mit einsachtzig auskommt, kann es klappen. Zumal es am Liegekomfort mit 11,5 Zentimeter dicker Matratze und Lattenrost nichts zu mäkeln gibt. Die Seitenwände sind innen mit Holz verkleidet – kuscheliger wäre ein Bezug mit schaumkaschiertem Stoff. Neben den beiden Heckfenstern hat der Testwagen sogar noch ein Exemplar in der rechten Seitenwand – ganz angenehm. Es kostet Aufpreis, genauso wie ein mögliches, aber weniger sinnvolles Fenster am Fußende. Helle, verschiebbare Lesespots erfreuen nicht nur Bücherwürmer. Die Deckenspots im Gang lassen sich praktischerweise per Wechselschaltung vom Einstieg und vom Bett aus zünden.

Eine USB-Ladebuchse und Ablage fürs Handy sucht man am Bett aber vergeblich, ebenso eine Ein- und Ausstiegshilfe für die 93 Zentimeter über dem Boden eingebaute Liegefläche.

Großzügige Sitzgruppe mit wenig Licht

Beim schnellen Frühstück,bevor die Fahrt weitergeht, zeigt sich die Sitzgruppe weniger beengt als gedacht. Der Tisch hat eine vernünftige Größe, und mit der ausschwenkbaren Verlängerungsplatte wird auch der Beifahrersitz gut eingebunden. Beim Durchstieg ins Fahrerhaus muss man allerdings achtgeben, den Kopf nicht an das Brett unter dem Dachstaukasten zu stoßen, während man sich auf die Stufe zum Sitzgruppenpodest konzentriert.

Hymer Free 540 (2020)
Jürgen Bartosch
Für einen 540er-Ausbau ist die Sitzgruppe vergleichsweise großzügig geschnitten, sodass vier Personen rund um den verlängerbaren Tisch recht bequem sitzen können.

Die Querbankpolster sorgen für eine bequeme, leicht nach hinten geneigte Sitzhaltung und geben sogar etwas Seitenhalt für die Fahrt. Ein Manko der Sitzgruppe ist allerdings die geringe Helligkeit – sowohl bei Tag wie am Abend. Die zwei Lesespots unten an den Hängeschränken mühen sich zwar redlich, hätten aber noch Unterstützung von der Decke verdient. Der große Dachausschnitt für den Aufstieg ins Oberstübchen macht die Anbringung von Deckenleuchten aber schwierig – und verhindert tagsüber natürlich auch den Lichteinfall von oben. Obwohl – könnte man nicht auch in die GfK-Dachschale ein Fenster einsetzen? Bei näherem Hinsehen erkennt man sogar eine eingeformte Fläche dafür. Doch in der Aufpreisliste ist keine entsprechende Option zu finden. Oder man verzichtet auf den Staukasten über dem Cockpit und baut hier ein Dachfenster ein – wie bei manchen Konkurrenten.

Mit mindestens 3490 Euro und 100 Kilo Zusatzgewicht schlägt das Aufstelldach ganz schön ins Kontor. Ob es das wert ist, wird sich heute Nacht zeigen. Denn wir wollen morgen früh gut ausgeruht zu einer ausgiebigen Sightseeing-Tour nach Florenz aufbrechen.

Zum Dachaufstellen müssen eine Stoffverkleidung aufgeknöpft und die Sicherheitsgurte und Butterfly-Verschlüsse gelöst werden. Einmal kräftig drücken, dann entfaltet sich das Dachzelt von selbst. Mittels einer zweiteiligen Leiter ist die Mansarde erreichbar. Die Liegefläche misst 1,99 mal 1,30 Meter. Die Matratze ist zwar nur 30 Millimeter dick, lagert aber auf Tellerfedern. So macht sich das Bett in luftiger Höhe rundum beliebt. Als Wünsche bleiben nur noch eine Ablage für Smartphones mit USB-Ladebuchse und eine einfachere Bedienung des Schutznetzes über der Durchstiegsöffnung, das auch Kopfkissen vor dem Absturz bewahren kann.

Beim Kochen kommt der Hymer Free an seine Grenzen

Hymer Free 540 (2020)
Jürgen Bartosch
Sehr kompakter Küchenblock. Die klappbare Arbeitsplattenverlängerung und die hinten angrenzende Ablage sind hilfreich.

Matt und hungrig erreichen wir wieder den Bus. Gut, dass wir dank seiner kompakten Länge relativ nah der Florentiner City parken konnten. Raus aus der Stadt und auf den Stellplatz in den Chianti-Bergen. Als Erstes wird das Pasta-Wasser aufgesetzt – der Zweiflammkocher unterstützt mit elektrischer Zündung. Parallel den Salat vorbereiten. Dabei muss der Tisch aushelfen, denn der kurze Küchenblock hat kaum echte Arbeitsfläche frei – die klappbare Verlängerungsplatte hilft, ist aber klein.

Die Spüle ist flach, viel Geschirr passt da nicht hinein, und dem einfachen Kunststoffhahn lässt sich nur mit Nachdruck Wasser entlocken – erst in absoluter Endposition des Hebels schickt der Mikroschalter Strom zur Tauchpumpe. Auch mit Stauraum geizt die Kombüse, weil der 65-Liter-Kompressorkühlschrank Platz beansprucht und zudem der Kleiderschrank in den Küchenblock integriert ist – immerhin ein echter Kleiderschrank in einem 540er-Bus.

Gut, dass es unter dem Heckbett weitere Fächer gibt, die bedarfsweise noch für Küchenutensilien genutzt werden können. Insgesamt reicht das Platzangebot in Hängeschränken und Staufächern für eine Zwei-Personen-Besatzung aber gut aus. Für Sperriges gibt es zudem den variabel einteilbaren Heckstauraum.

Bleibt noch das schmale Bad, das sich mit dem restlichen Platz begnügen muss. Am besten schließt man die Gliederschiebetür nur, wenn es nötig ist. Mit nicht allzu korpulentem Körperbau kommt man aber schon zurecht. Geduscht wird jedoch besser draußen – dank Badfenster kein Problem.

Hymer Free 540 (2020)
Jürgen Bartosch
Neben den flächenbündig eingesetzten Alu-Rahmenfenstern putzt sich der Hymer Free 540 optional mit schwarzer Lackierung und 16-Zoll-Alurädern heraus.

Schnell sind die Urlaubstage vorbei, und der Ducato zieht mit sportlichen 150 PS (Modelljahr 2019) wieder gen Norden. Schade, dass wir schon Abschied nehmen müssen – von der Toskana und von dem flexiblen Kompaktbus, der uns ans Herz gewachsen ist.

Basisinformationen Hymer Free 540

Gurte/Schlafplätze: 4/2-4
Zul. Gesamtgewicht: 3300 kg
Länge/Breite/Höhe: 5,41/2,08/2,60 m
Grundpreis ab: 42.790 Euro

Daten und Messwerte

Hymer Free 540 (2020)
Jürgen Bartosch

Auf- und Ausbau
Kastenwagen mit Aufstelldach, außen Stahlblech, innen Kunststoff-Formteile und foliertes Sperrholz, Aufstelldach GfK, Isoliermaterial Wand/Dach PE-Schaum, Boden Holz, Wandstärke Wand/Dach/Boden 16–19/23/18 mm, kein Doppelboden, 6 Kunststoff-Isolierfenster mit Alu-Rahmen, keine Dachhaube.

Bordtechnik
Gas-Gebläseheizung/Boiler Truma Combi 4, 8 Ausströmer (2 x Fahrerhaus, Einstieg, Küche, Bad, Heckbett, 2 x Heckstauraum), Wasseranlage: Frischwasserschläuche/Abwasserrohre, Tauchpumpe.

Basisfahrzeug
Fiat Ducato, Kastenwagen mit Blechhochdach, Vorderradantrieb, Vierzylinder-Turbodiesel, Hubraum 2287 cm3, Leistung 110 kW/150 PS bei 3600/min, Drehmoment 380 Nm bei 1500/min. Sechsgang-Schaltgetriebe.

Fahrleistungen
Beschleunigung 0–50/80/100 km/h 6,4/13,2/19,7 s; Elastizität 60–80/100 km/h (4.//5. Gang) 5,0/11,5//7,3/15,2 s, 80–100 km/h (6. Gang) 9,6 s, Testverbr. 10,4 L/100 km.

Wertung

Test Wertungen
Wohnen
Beladen
Technik
Fahren
Preise

Fazit

Das Aufstelldachbett ist gerade für den kompakten 540er eine tolle Erweiterung – selbst wenn man nur zu zweit unterwegs ist. Oben schlafen große Personen bequemer. Schade, dass es den Wohnraum etwas dunkel macht. Die Sitzgruppe passt, die Küche ist knapp, aber funktional. Das Bad leidet unter der begrenzten Länge am meisten. Hier stört es mich persönlich aber am wenigsten. Qualität und Preis sind gehoben.

Technische Daten
Hymer Camper Van
Grundpreis42.790,00 €
AufbauCamperVan
Maße541 x 208 x 260 mm
Leistung88 kW / 130 PS
Motor2,3 Multijet
Sitze mit Gurt4 bis 4
Schlafplätze2 bis 6