Die ehemalige innerdeutsche Grenze – Beinahe wäre nichts davon mehr übrig geblieben. Die Menschen hatten nach dem 9. November 1989 nichts Eiligeres zu tun, dieser Grenze zunächst viele Schlupflöcher zu verpassen und sie dann schnell und vollständig wegzuräumen.
Die Sehnsucht nach Reisen ohne Mauer
Nichts war den meisten Deutschen in der DDR im Lauf der Jahre wichtiger geworden als das Reisen ohne Mauer. Die meisten wären – wie Millionen Reisende in aller Welt – am Ende einer Reise wieder nach Hause gefahren.
Natürlich wollten auch einige für immer weg. Allen stand ein Grenzregime entgegen, das sich in Zäunen, Mauern, Minen, Stacheldraht, Schutzstreifen und Grenztürmen materialisiert hatte. Grenzsoldaten schossen auf Flüchtende, eine Grenzordnung hielt die Menschen auf Distanz zur Grenze, Genehmigungen zu Reisen in westliche Länder wurden nur spärlich, willkürlich und mit Auflagen erteilt. Daher sollte die Mauer weg.
Der Erhalt der Mauer-Mahnmale
Historiker boten all ihre Überzeugungskraft auf, um Gedenk- und Mahnmale zu erhalten. Das ist ihnen an einigen Stellen gelungen. In anderen Fällen wanderten Grenzbefestigungsteile in bestehende Museen. Hie und da entstanden spezielle Grenzmuseen. Sie liegen größtenteils in unmittelbarer Nähe der ehemaligen innerdeutschen Grenze, waren manchmal auch Teil der Grenzanlagen gewesen.
Das ein oder andere Museum dieser Art zu besuchen bietet sich gerade mit dem Wohnmobil an. Die Gedenkstätten liegen meist landschaftlich reizvoll außerhalb der Netze öffentlicher Verkehrsmittel. Für das Übernachten gibt es überall Stellplätze.
Entlang der deutsch-deutschen Grenze: Von Schlagsdorf bis Mödlareuth
Um sich ein vollständiges Bild zu machen, ist der Autor dieser Zeilen die gesamte Strecke von Schlagsdorf im Norden bis Mödlareuth im Süden abgefahren und hat dabei 18 Grenzmuseen unterschiedlicher Charaktere besucht. Und da Deutschland nicht nur in seiner Mitte geteilt war, sondern auch mit einer Mauer mitten durch Berlin und um Westberlin herum leben musste, führte sein Weg auch in die Hauptstadt und dort in vier Einrichtungen zum Thema Grenze.
Wer sich für das Thema „ehemalige innerdeutsche Grenze“ interessiert, muss nicht sämtliche Museen, Informationsstellen und Freilandanlagen besuchen, wiewohl eine mehrtägige Fahrt im ehemaligen Grenzgebiet Ost und West reizvoll sein kann.
Zeitzeugen der innerdeutschen Grenze: Die Gedenkstätten
Grundsätzliches zum Thema „Innerdeutsche Grenze“ erfährt der Interessierte in jeder der angeführten Einrichtungen. Die Gedenkstätten unterscheiden sich durch den Umfang der zu sehenden Objekte, durch die regionalen Besonderheiten und die Art der Aufbereitung.
Den höchsten „Gewinn“ erzielen Besucher dort, wo sie sich mit sachkundigen Menschen unterhalten können. Einer von ihnen ist Wolfgang Schlicht, der mit einem Partner das Grenzlandmuseum Bad Sachsa führt. Er kann als ehemaliger Stabsoberfähnrich der Grenztruppen der DDR aus dem Nähkästchen plaudern. Und das macht er äußerst informativ und anschaulich.
Authentische Information gibt es auch in der Informationsstelle Tann beim ehemaligen West-Zöllner Albert Zörgiebel. Wer in Neustadt bei Coburg das Glück hat, Klaus Engelhardt in der Infostelle anzutreffen, erfährt, wie die Stadt versuchte, den Kontakt zum Osten zu erhalten, und hört von makaberen Beerdigungen im DDR-Grenzgebiet, die vom Westen aus beobachtet wurden.
Bewundernswert ist das Engagement von Frau Hermann in Philippsthal, die eine sehr kleine, bescheidene, aber wahrhaft informative Informationsstelle am Leben erhält.
Oft sind es Vereine, die die Gedenkstätten ins Leben gerufen haben und sie heute noch begleiten. Dazu zählt etwa Achim Walter vom Grenzdenkmalverein Hötensleben, der gern eine persönliche Führung anbietet. Dafür muss man sich vorher anmelden. Und wer eher zufällig in der Gegend ist und nicht gleich einen Termin bekommt, hat ja oft mit seinem Reisemobil einen gewissen zeitlichen Spielraum. Das gilt natürlich auch für andere Gedenkstätten.
Grenzanlagen im Original: Wie fühlt sich „Grenze“ an?
Die beeindruckendsten Originalanlagen stehen noch in Hötensleben und Mödlareuth. In Little Berlin, wie die Amerikaner das geteilte bayerisch-thüringische Dorf Mödlareuth nannten, ergänzt ein angeschlossenes Museum das Informationsangebot auf hohem Niveau. Die modernste Art, Grenzgeschichte zu sehen und per Audio-Guide zu hören, bieten das Grenzlandmuseum Eichsfeld und die Gedenkstätte Point Alpha.
Neben den Resten von Grenzanlagen sind es die zahlreichen Schriftstücke und Fotos aus der Zeit der deutschen Teilung, die die Besucher nachdenklich stimmen. Sie zeugen von teilweise erschütternden Einzelschicksalen, zeigen aber auch den großen politischen Rahmen – vom Potsdamer Abkommen bis zur DDR-Grenzordnung – in dem sich das Leben an und mit der Grenze abspielte.
DDR-Museen: Retrospektiven in den Alltag
Einige Museen begnügen sich nicht mit dem Thema Grenze, sondern geben Ein- und Rückblicke auf das Leben in der DDR, das ja nicht nur beim Reisen von systemspezifischen Einschränkungen geprägt war. Und alle Museen erinnern in Wort und Bild an die wunderbaren Wochen der Grenzöffnung und der Begegnung der Menschen aus Ost und West 1989/90.
Außer den Dauerausstellungen gibt es auch wechselnde Sonderausstellungen. Darüber informiert man sich vor Reiseantritt auf den Internetseiten der Gedenkstätten – mitten in Deutschland.