Dethleffs E.home Eco: E-Wohnmobil aus Flachs, Popcorn und Solarzellen

Dethleffs E.home Eco (Studie)
Ein Wohnmobil aus Flachs, Popcorn und Solarzellen

Veröffentlicht am 06.07.2025

Dethleffs will bis 2028 ein Wohnmobil mit Elektroantrieb und mindestens 400 km Reichweite auf den Markt bringen. Ziel ist es, ein ganzheitliches Konzept zu entwickeln, das E-Mobilität, Nachhaltigkeit und Konnektivität in einem Freizeitfahrzeug vereint. Schon 2025 legt der Hersteller mit der Studie E.home Eco los – ein erster Entwurf, der zeigt, in welche Richtung es gehen könnte. Mit viel Mut zum Experiment und für alle damit verbundenen Herausforderungen wagt sich Dethleffs an ein Projekt, das andere Reisemobilhersteller bislang eher scheuen. Wir zeigen die aktuelle Konzeptstudie E.home Eco – und was danach noch kommen könnte.

Materialien für den Aufbau

Auf den ersten Blick unterscheidet sich der E.home Eco kaum von einem normalen Teilintegrierten. Er besitzt ein Ford-Fahrerhaus und einen kastenförmigen, überwiegend weißen Aufbau mit den üblichen Folierungen an den Seiten. Doch der zweite Blick offenbart: Hier läuft einiges anders, als Camperinnen und Camper es von der Massenware gewohnt sind. Die weißen Flächen des E.home Eco sind foliert. Darunter blitzt – gewagt ins Außendesign integriert – das eigentliche Material des Aufbaus hervor: eine Sandwichwand aus Flachsfasern. Dieses Material, das von der Firma Green Boat ursprünglich für den Yachtbau entwickelt wurde, ist bekannt vom Greenlander Sherpa. Die Manufaktur fertigt rund zehn Expeditionsmobile im Jahr und schreibt sich Nachhaltigkeit in der Materialwahl groß auf die Fahne.

Auch Dethleffs experimentiert nun mit diesem Material, das deutlich bessere CO₂-Werte mit sich bringt. Bereits GFK weist im Vergleich zu Aluminium bessere Werte auf, doch der flachsbasierte Faserverbundstoff unterbietet diese laut Dethleffs noch einmal um rund 80 %. Für die Isolierung verwendet man im E.home Eco ein Material aus 100 % recycelten PET-Flaschen, was den CO₂-Fußabdruck weiter senkt.

Aerodynamik

Dethleffs E.home Eco Wohnmobil-Studie E-Camper Kamera
Samira Matschinsky

Auffällig: Der E.home Eco verzichtet auf die üblichen großen Seitenspiegel. Stattdessen setzt Dethleffs zur Verbesserung der Aerodynamik auf Kameras, deren Bildschirme links und rechts im Fahrerhaus angebracht sind – eine Technik, die bisher vor allem in Lkw zum Einsatz kommt. Zur Reduktion des Luftwiderstands tragen zusätzlich die hinteren Radläufe bei. Anstelle der üblichen ausladenden Radkästen sorgen integrierte Radblenden für eine geschlossene Optik. Auf Dachaufbauten wie Klimaanlagen, Lüfter und SAT-Anlagen verzichtet Dethleffs ebenfalls – zugunsten besserer Aerodynamik.

Autarkie und Technik

Dethleffs E.home Eco Wohnmobil-Studie E-Camper Heck
Samira Matschinsky

Das Dach des E.home Eco wird anderweitig genutzt: zur Energiegewinnung. Mit Solarpanels auf Dach und Heck erreicht Dethleffs eine Nennleistung von bis zu 1.700 W. Den ursprünglichen Plan, diese Energie direkt der Fahrzeugbatterie zuzuführen und wieder zu entnehmen, musste das Entwicklerteam im Laufe des Projekts verwerfen. Stattdessen kommen zwei zusätzliche Batterien und ein Wechselrichter zum Einsatz, um die gewonnene Energie zu speichern.

Das elektrische Basisfahrzeug und die Solaranlagen weisen bereits den Weg – hin zu einem vollständig elektrischen Fahrzeug. Der E.home Eco ist gasfrei und somit im wahrsten Sinne des Wortes voll elektrisch. Partner Truma liefert mit dem E-Thermosystem eine platz- und gewichtssparende Lösung zum Heizen, Kühlen und Lüften. Gekocht wird auf einem Induktionskochfeld von Thetford, gekühlt mit einem raumhohen Kompressorkühlschrank. Auch das Warmwasser kommt – natürlich elektrisch – von Truma.

Wohnen und Innenraumdesign

Dethleffs E.home Eco Wohnmobil-Studie E-Camper Sitzgruppe, grüne Polster, indirektes Licht
Samira Matschinsky

Im Innenraum setzt Dethleffs auf nachhaltige Materialien. Für die Wandverkleidung wird Naturwollfilz aus Merinowolle verwendet – ein Material mit exzellenten schalldämmenden Eigenschaften, das zugleich das Raumklima verbessert, indem es Feuchtigkeit aufnimmt. Der Fußboden besteht aus Linoleum – einem vielfach unterschätzten Material, das zu 97 % aus natürlichen Rohstoffen wie Leinöl und Kork besteht. Es ist langlebig und pflegeleicht – ideal für den Einsatz im Reisemobil. Nur das Gewicht stellt noch eine Herausforderung dar.

Statt Plastikoberflächen und Styropor-gefüllter Möbelplatten verwendet Dethleffs Holzfurnier und leichtere, nachhaltige Konstruktionsmethoden. Besonders innovativ: die sogenannte Popcornplatte für Tisch und Küchenarbeitsfläche – hergestellt aus gepopptem Mais und dennoch überraschend stabil. Als Ersatz für Styroporkerne kommen Pappwaben zum Einsatz. Wo mehr Stabilität erforderlich ist, greift man auf zertifiziertes Pappelsperrholz zurück. Das im Innenraum dominierende Eichenfurnier wird mit Leinöl versiegelt, um den Einsatz von Lacken zu minimieren. Die grünen Polsterstoffe bestehen aus Schafwolle – robust, pflegeleicht dank Wollfett und recyclingfähig.

Dethleffs E.home Eco Wohnmobil-Studie E-Camper Waschbecken
Samira Matschinsky

Der Grundriss: Der Grundriss des E-home Eco ist klassisch mit Einzelbetten im Heck, einem Kompaktbad, einer Halbdinette sowie einer kurzen Küchenzeile im Eingangsbereich. Besonders am Design ist das viele Holz, das sich auch im Badezimmer in einem Schüsselwaschbecken aus Holz niederschlägt.

Das rollende Smarthome der Zukunft

Auch die Konnektivität spielt im Reisemobil der Zukunft eine zentrale Rolle. Basis ist die hauseigene Plattform Dethleffs Connect, mit der sich das Fahrzeug bereits heute per Smartphone steuern lässt. Zukünftig soll dieses digitale Ökosystem weiter ausgebaut werden – von Reiseinformationen über Servicebenachrichtigungen bis hin zu Lade- und Batteriemanagement.

Mit dem Vehicle-to-X-Ansatz wird das Reisemobil zudem zur mobilen Powerbank – ein Anwendungsfall, der in der Automobilbranche bereits Realität wird. Auch künftige Versionen des Dethleffs E.home Eco könnten diese Funktion unterstützen.

Das Basisfahrzeug: E-Chassis von Ford

Dethleffs E.home Eco Wohnmobil-Studie E-Camper
Samira Matschinsky

Wie eingangs erwähnt, basiert der E.home Eco auf einem vollelektrischen Ford-Chassis (Modelljahr 2023) mit 184 PS, Ein-Gang-Automatik und Heckantrieb. Das Chassis allein wiegt 2.265 kg. Die Ladezeit von 15 % auf 80 % beträgt etwa 28 Minuten, die WLTP-Reichweite liegt aktuell bei rund 240 km. Dethleffs will diesen Wert mit dem nächsten Konzept deutlich steigern – das Ziel: 400 km Reichweite. Damit wäre eine realistische Reisegeschwindigkeit für Wohnmobilisten erreicht.

Spannend: Fast zeitgleich kündigt der Stellantis-Konzern an, den Fiat E-Ducato stärker auf die Wohnmobil-Branche auszurichten. Der Autohersteller gibt als aktuellen Reichweite-Wert für Wohnmobile 320 km an.

Kompromisse wie die schwerere Isolierung und zusätzliche Batterien führen derzeit noch zu einem Leergewicht von 3.425 kg. Auch diesen Wert möchte Dethleffs mit dem nächsten Prototyp weiter senken, um den Zielen für 2028 näherzukommen.

Wenn von CO₂-Einsparungen oder dem CO₂-Fußabdruck die Rede ist, ist in der Regel das CO₂-Äquivalent gemeint – eine Maßeinheit, die die Klimawirkung verschiedener Treibhausgase auf eine gemeinsame Basis stellt.