Der erste Teil des Reports zur Nachhaltigkeit im Caravaning in der letzten promobil-Ausgabe hinterließ einen überwiegend positiven Eindruck. Die dort vorgestellte Studie des ifeu (Institut für Energie- und Umweltforschung) zeigt, dass es weitaus umweltschädlichere Reiseformen als Urlaub mit dem Reisemobil oder dem Caravan gibt. Gerade wegen der emissionsarmen Phasen während des Wohnens und des Übernachtens schneiden Urlaubsreisen mit dem Freizeitfahrzeug gegenüber Aufenthalten im Hotel deutlich besser ab.

Dennoch hinterlässt wie alles menschliche Handeln auch der Reisemobil-Tourismus Spuren auf der Erde. Umso erfreulicher ist es da, dass viele Reisemobilisten und Platzbetreiber einiges tun, um den eigenen ökologischen Fußabdruck zu minimieren. Mehr und mehr setzen auf Zubehör aus wiederverwertbaren Materialien und auf regionale Produkte. Dabei wird die Liste der nachhaltig geführten Camping- und Stellplätze immer länger, wenn wo einige Betreiber ihre Ausstöße nicht vermeiden können, kompensieren sie. Diese Art des Umweltschutzes bedeutet für die Emissionsverursacher, die umweltschädlichen Ausstöße durch die Unterstützung klimafreundlicher Projekte auszugleichen.
Doch noch zeigt sich kein vollständiges Bild von der Umweltverträglichkeit der mobilen Urlaubsform. Wie sieht es bei den Fahrzeugen selbst aus? Wie nachhaltig ist das Material für Aufbau und Interieur und was tut sich beim Zubehör? Wie ökologisch ist die Produktion, und was setzen die Unternehmen einem sich verändernden Klima entgegen? Wie stellt sich die Branche die Zukunft des Reisens mit einem Freizeitfahrzeug vor? promobil hat bei mehreren Unternehmen nach deren Aussichten und Strategien zum Umweltschutz gefragt.
Was ist Corporate Social Responsibility?

Wenn in Unternehmen wie Carthago oder Hymer das Thema Nachhaltigkeit auf der Agenda steht, ist oft von CSR die Rede. Die drei Buchstaben stehen für Corporate Social Responsibility, was darauf hinweist, dass das Thema nicht nur den verantwortungsvollen Umgang mit der Umwelt und den Klimaschutz beinhaltet, sondern auch soziale und wirtschaftliche Aspekte im Arbeitsumfeld miteinschließt.
Zwar ist die Notwendigkeit, ressourcenschonend und energieeffizient zu arbeiten und im besten Fall wiederverwertbare Werkstoffe zu nutzen, in vielen Unternehmen der Caravaning-Branche angekommen, aber manche Hersteller beginnen gerade erst damit, die Verantwortung für die große Aufgabe dafür vorgesehenen Mitarbeitern und Positionen konkret zuzuordnen.
Optimierung der täglichen Abläufe

Julian Madlener von Carthago wird demnächst eine Schulung machen, an deren Ende seine TÜV-qualifizierte CSR-Prüfung steht. Seit Anfang Mai dieses Jahres ist Madlener beim Aulendorfer Reisemobil-Hersteller Umwelt- und Nachhaltigkeitsbeauftragter. Seine Aufgabe: Schauen, dass bei Carthago in allen Abteilungen nachhaltiger, energieeffizienter und ressourcenschonender gearbeitet wird. Zunächst stand für Madlener die Aufnahme des Ist-Zustandes im Fokus. In welcher Abteilung wird wie viel Strom benötigt, wo ist der Bedarf an Heizenergie besonders hoch? Dafür wurden extra zusätzliche Stromzähler installiert, berichtet Madlener.
Ursprünglich kommt der Nachhaltigkeitsbeauftragte aus dem Abfallmanagement, von wo er folgende These mitgebracht hat: "Der beste Abfall ist der, der nicht anfällt." Wie sich Abfall in der Fahrzeugproduktion reduzieren lässt, erklärt er an mehreren Beispielen. Für den Transport der Bugmasken für die Integrierten kommen eigens angefertigte Transportgestelle zum Einsatz. Ändert sich die Bugmaske – beispielsweise wegen eines neuen Designs oder Technik –, bedeutet dies aber nicht unbedingt, dass ein neues Gestell angeschafft werden muss.

Vielmehr werden die alten Gestelle entsprechend angepasst, sodass manche Exemplare bereits mehr als zehn Jahre im Einsatz sind, berichtet Madlener. Auch beim Verkleben und Abdichten mit dem Verbundkleber von Sika spart Carthago. Entgegen der Praxis in manchen anderen Produktionsstätten, in denen der Werkstoff aus Zwei-Liter-Flaschen gepresst wird und reichlich Überschuss anfällt, erhalten Carthagos Monteure die Klebemasse in 0,2-Liter-Portionen aus einem Automaten. Das hinterlässt kaum Überschuss an ungenutzter Klebemasse.
Beim Thema Überschuss kommt man beim Aulendorfer Reisemobilbauer schnell auf den Begriff des "dynamischen Nestings". In den Produktionsstandorten von Carthago optimiert dieses Verfahren das Ausschneiden einzelner Holz-Bauteile mit der CNC-Fräse. Demnach werden am Computer sämtliche benötigten Bauteile gewerkübergreifend automatisch so positioniert, dass von der Platte möglichst wenig Material übrig bleibt. So entsteht weniger Verschnitt und die Fläche der Holzplatte wird optimal ausgenutzt.
Ökologisch bedenkenlose Materialien

Die Hersteller von Zubehör benötigen zum Verpacken und Versenden ihrer Produkte jede Menge Füllmaterial. Viele verzichten dabei schon seit Längerem auf die Verwendung von Plastik und Folien. Reimo und Fritz Berger beispielsweise nutzen vollständig recycelbare Voll- oder Wellpappe. Gewonnen wird das Füllmaterial mit einer eigens dafür angeschafften Maschine, die ausgemusterte Kartons zu entsprechendem Material für die Auspolsterung der Versandkartons verarbeitet. Bei Fritz Berger sind auch die Produktkataloge auf wiederaufbereitetem Papier gedruckt.
Recycling spielt außerdem auch bei der Fahrzeugproduktion eine Rolle. In der Caravan-Baureihe Style des Vollsortimenters LMC beispielsweise werden Polsterstoffe eingesetzt, für deren Herstellung PET-Flaschen wiederverwertet wurden. Und für die Verdunklungsrollos im Caravan Tandero setzen die Münsterländer auf Naturfaserrollos. Kleinere Ausbauer wie die Ostallgäuer von Southvan setzen bei ihren Campingbussen ebenfalls auf natürliche Werkstoffe. Klingt spannend? Einen Campingvan von Southvan hatten wir schon im Test: Hier gehts zum Southvan Camper.

So ist der Innenboden im Southvan Allrounder zum Beispiel mit Schafswolle gedämmt. Auch dem Entwickler und Besitzer der Marke Freiraum3 Mobile Frank Hammermeister ist eine natürliche Isolierung wichtig. Der gelernte Maschinenbau-Ingenieur dämmt seine VW-Crafter-Ausbauten daher mit Kork, Jute und Hanf. Das Gute dabei: Diese Art der Wärmeisolierung besteht nicht nur aus nachwachsenden Rohstoffen, sondern lässt sich zudem gut an die Geometrie der Dach- und Wandstruktur des Crafter anpassen, meint Hammermeister. Den ersten Crafter von Freiraum3 gibt es hier zu sehen.
Die Fahrzeug-Entwickler Nathalie Kolbatz und Maximilian Heinrich von Bruch gehen bei dem Gebrauch von natürlichem Material noch einen Schritt weiter. Ihre Monocoque-Pick-up-Kabine der neuen Marke Cabineer besteht aus sogenanntem NfK. Der Verbundstoff ist im Prinzip wie GfK aufgebaut, doch statt Carbonfasern wird Kurzflachs eingesetzt, das als Nebenprodukt bei der Leinenherstellung anfällt.
Zum Laminieren der Kabine verwenden sie Greenpoxy, das anders als gängiges Epoxidharz nicht aus Mineralöl, sondern aus Leinöl besteht. Gegen- über GfK hat NfK zudem eine geringere Dichte und damit auch ein niedrigeres Gewicht. Die Dämmung besteht hier ebenfalls aus Kork. Die Möbel bestehen teils ebenso aus diesen Materialien. Den Cabineer können Sie sich hier anschauen.

Auch beim Zubehör sind ökologische Werkstoffe auf dem Vormarsch. Der schwedische Branchenriese Dometic präsentierte der Öffentlichkeit vergangenes Jahr das firmeneigene Material Redux, das aus 100 Prozent recycelten Plastikflaschen besteht. Eingesetzt wird der Stoff etwa bei aufblasbaren Zelten des Hauses.
Fritz Berger nutzt für seine Teppiche ein nachhaltiges Polypropylen (PP), das teils aus Fabrikresten und defekten Produkten hergestellt wird. Ein Teil stammt zudem von einem Lieferanten für Recyclingmaterial, der Abfallschüsseln und -flaschen sammelt und sie nach dem Sortieren und Waschen zu PP-Kunststoffbahnen formt.
Leichtbau und Elektrifizierung als Zukunftsperspektive

Materialkunde spielt im Bezug auf Nachhaltigkeit nicht nur aus Sicht der Umweltverträglichkeit eine große Rolle besonders im Fahrzeugbau. Wichtig ist die Auswahl des richtigen Werkstoffs auch im Bezug auf das Gewicht, denn viel Gewicht bedeutet auch viel Verbrauch. Das gilt für Fahrzeuge mit Verbrennungsmotor genauso wie für Elektromobile. In diesem Zusammenhang experimentieren Hersteller wie Knaus Tabbert mit unterschiedlichen Werkstoffen im Möbelbau, die neben einem geringen Gewicht trotzdem die Ansprüche an die Robustheit erfüllen müssen.
Der Möbelbau des Caravans Travelino beispielsweise besitzt Sandwichplatten mit Papierwabenkern, die aus einem nachwachsenden Rohstoff bestehen und gleichzeitig vergleichsweise leicht sind. Zudem verzichten die Entwickler hierbei weitgehend auf Beschläge, was ebenfalls Gewicht einspart und zusätzlich die Montage effizienter macht. Den Travelino hat unser Schwestermagazin CARAVANING hier schon getestet.

Auch Alko, im Caravaning bekannt für Fahrzeugchassis, -komponenten und -zubehör, findet Wege, das Reisen mit Freizeitfahrzeugen effizienter zu gestalten. Den Fokus legen die Schwaben dabei auf Leichtbau und Aerodynamik. Im Vergleich zu den entsprechenden Original-Chassis kommt die Alko-Variante, laut Aussage des Unternehmens, auf eine Gewichtseinsparnis von 30 bis 40 Kilogramm. Außerdem heißt es, dass durch Optimierungen im Front- und Heckbereich sowie am Unterboden der Luftwiderstand um bis zu 30 Prozent gesenkt werden kann.
Ein weiteres Experimentierfeld ist die Elektrifizierung, in der manche die Caravaning-Zukunft sehen. Bislang haben sich dahingehend zwei größere Hersteller hervorgetan. Im vergangenen Jahr präsentierte Knaus Tabbert auf dem Caravan Salon die Studie Knaus E.Power Drive. Statt eines Dieselmotors mit Sechsganggetriebe besitzt der Teilintegrierte einen Elektromotor, der bis zu 180 kW leistet. Zur Reichweitenerweiterung soll später eine Brennstoffzelle zum Einsatz kommen.Noch wartet der E-Teilintegrierte aber auf seine erste Bewährungsprobe. Hier haben wir über die Studie von Knaus berichtet.

Einen anderen Weg geht Dethleffs, wo zusammen mit der Muttergesellschaft Erwin Hymer Group (EHG) und dem Technologiepartner ZF der elektrisch angetriebene Caravan E-Home Coco gebaut wurde. Der Wohnwagen besitzt einen eigenen elektrischen Antrieb, wodurch auch schwächer motorisierte Zugwagen wie kleinere E-Fahrzeuge einsetzbar werden. S
eine Feuertaufe bestanden hat der E-Home Coco im Sommer 2021, wo er zusammen mit einem Audi E-Tron die fast 400 Kilometer vom allgäuischen Isny ins italienische Riva del Garda meisterte. Bis der E-Anhänger jedoch serienreif ist, dauert es noch eine bisschen. Wie gut die Reise über die Alpen geklappt hat, können Sie hier nachlesen.
Bauliche Maßnahmen zur Klimaschonung

Ressourcenschonung ist natürlich auch auf baulicher Ebene von Bedeutung. Dank gesetzlicher Regularien wie dem Gebäudeenergiegesetz (GEG) sind innerhalb der EU Niedrigstenergiehäuser inzwischen Standard beim Neubau. Dabei soll der Energiebedarf eines Gebäudes bei null oder sehr niedrig liegen und im Wesentlichen durch Energie aus erneuerbaren Quellen gedeckt werden, heißt es im Gesetz.
Kein Wunder also, dass auch neugebaute Produktionshallen, Ausstellungsräume und Verwaltungsgebäude in der Branche auf dem neuesten Stand der Technik sind. Doch auch im Bestand findet man clevere Nachhaltigkeitskonzepte: Die kelchartigen Stützen am großflächigen Vordach der Carthago World in Aulendorf beispielsweise fangen das Regenwasser auf und führen es geregelt in den Boden. Dort kann es zur Trinkwassergewinnung und zur Klimatisierung der Ausstellungshalle genutzt werden. Firmen wie LMC oder Fritz Berger machen sich die Energie der Sonne mittels Photovoltaik-Anlagen zunutze.

Neben Solaranlagen sind viele Werksgelände zudem mit Ladesäulen für E-Autos und E-Bikes ausgerüstet. LMC ist dabei, die Dienstwagenflotte zu erneuern, so dass dort demnächst ausschließlich Elektroautos zum Einsatz kommen. Auch Julian Madlener steuert sein E-Auto regelmäßig an die Carthago-Wallboxen. Ressourcenschonend geplant wird vielerorts auch in Sachen Wärmegewinnung. Viele Hersteller wie Morelo verfeuern die Holzabfälle aus der Produktion – so auch LMC, wo eine Biomasseheizungsanlage das gesamte Werksgelände versorgt.
Wo nicht reduziert oder minimiert wird, wird kompensiert

Bei der EHG ist Jan Francke, COO (Chief Operations Officer), seit Mitte 2021 verantwortlich für die CSR-Bereiche. In einem firmeneigenen Podcast berichtet er, dass Nachhaltigkeit einer der strategischen Schwerpunkte auf Gruppenebene sei. Stolz ist man in Bad Waldsee darauf, dass seit August vergangenen Jahres alle EHG-Produktionsstandorte klimaneutral arbeiten. Mehr als die Hälfte der CO2-Emissionen wurden dafür reduziert, der Rest wird über Kompensationsprojekte ausgeglichen.
Dabei ist Francke aber auch die soziale Komponente wichtig, wie ein Projekt in Ruanda zeigt, das die Gruppe unterstützt. In dem kleinen ostafrikanischen Land erhalten rund 50.000 Menschen einen energieeffizienten Kocher, der lediglich ein Drittel des Brennholzes benötigt als bei der üblichen Kochweise. Das mindert den CO2-Ausstoß und die Rodung der Holzbestände im Regenwald. Der Ofen besteht aus einem Mix aus Lehm, Schalenresten der Kaffeeproduktion, Ton und Metall und wird nachhaltig in Ruanda hergestellt. Letztlich profitieren von der Initiative nicht nur die Menschen vor Ort und der Klimaschutz, sondern auch die Regenwälder und die darin lebenden Berggorillas.
An einem ähnlichen Projekt in Kamerun beteiligt sich Alko. Dort werden ebenfalls spezielle Kochtaschen an die Bevölkerung verteilt. Zusätzlich unterstützt das bayerische Unternehmen die Initiative Treedom, bei der für einen bestimmten Betrag jeweils ein Baum gepflanzt wird, beispielsweise in Tansania oder auf Haiti. Außerdem wird das Alko-Kundenmagazin klimaneutral gedruckt.
10 Tipps für nachhaltigeres Camping
Camping ist im Vergleich zu Pauschal- oder Flugreisen nachhaltiger. Doch es gibt trotzdem vieles, was man unterwegs besser machen kann. Wir haben hier 10 Tipps für Sie zusammengestelllt.
Fazit
Es tut sich tatsächlich etwas
Aus Umweltsicht ist der Blick auf die Caravaning-Industrie erfreulich. Den Unternehmen dieser Branche ist Nachhaltigkeit durchaus bewusst. Einige Marken wie die der EHG produzieren klimaneutral, auch wenn Teile der Neutralität durch Kompensationen "erkauft" sind. Immerhin werden so wichtige Hilfsprojekte unterstützt, die gut fürs Klima sind und gleichzeitig eine soziale Komponente haben. Was der Umwelt ebenfalls nützt, ist die stetig angestrebte Gewichtsreduzierung, die die Entwickler dazu anhält, den Einsatz von Ressourcen und Material zu minimieren, um so Energie einzusparen. Gleichwohl bleibt in Sachen Klimaschutz noch viel zu tun.