Fast 70 Jahre lang galt hierzulande das Rabattgesetz, das den Preisnachlass auf maximal drei Prozent beschränkte. Wenn wir als Deutsche etwas darüber zu wissen glauben, so haben wir das selten seit dem Tag der Abschaffung, dem 25. Juli 2001 gelernt. Meist stammt unser "profundes" Wissen eher aus einschlägigen Reiseführern für arabische Länder, à la: Lassen Sie sich unbedingt aufs Feilschen ein, denn die einheimischen Händler sind sonst beleidigt! Und beleidigen will man ja niemanden.
Dass Beleidigen aber auch durch die Herabwürdigung des Verkaufsobjekts seines Gegenübers möglich ist, sollte dem potenziellen Wohnmobilkäufer stets bewusst sein. Andererseits liegt in Zeiten hoher Nachfrage und knappen Angebots der strategische Vorteil klar auf Seiten des Verkäufers. Ein wenig psychologische Munition für die Verkaufssituation kann also sicher nicht schaden. Im Folgenden wollen wir Ihnen Anregungen geben, wie sie als Käufer Fallstricke vermeiden und dennoch einen für Sie annehmbaren Preis erzielen können.
Verhandlungspsychologie beim Gebrauchtkauf
Fragen Sie nicht schon am Telefon nach dem letzten Preis, ohne das ohne das Fahrzeug gesehen zu haben. Keine Frage nervt VerkäuferInnen mehr. Zwar weiß er, dass auf dem Gebrauchtmarkt fast immer verhandelt wird, doch hat er natürlich auch eine gewisse Vorstellung vom Wert seines Fahrzeugs. Ihm schon am Telefon zu signalisieren, dass man diesen Preis nicht zahlen will, kann der Verkäufer als eine Art Zurückweisung seines Angebots und damit seiner Person empfinden. Das ist nicht nur unhöflich, es drängt den Verkäufer auch von vornherein in die Defensive und damit in eine Art Verteidigungsposition.
Loben Sie das Fahrzeug, aber nicht zu sehr. Sagen Sie offen, was ihnen gefällt, aber sagen Sie ebenso deutlich, was ihnen nicht gefällt. Wenn Sie das Fahrzeug nur schlechtreden, darf der Verkäufer zu Recht an Ihrem Kaufinteresse zweifeln. Äußern Sie sich ausschließlich positiv, erscheint die weitere Verhandlung über den Preis aus der Sicht des Verkäufers inkonsequent und unlogisch.
Bedenken Sie: Der Verkäufer hat wahrscheinlich noch immer eine positive Beziehung zu seinem Fahrzeug, auch wenn er es verkaufen will. Das Mobil nur schlecht zu machen, beleidigt indirekt auch seinen Noch-Besitzer. Dann geht der Rollladen runter und mit ihm die Bereitschaft, Ihnen beim Preis entgegenzukommen. Jeder verkauft lieber an jemanden, der ihm sympathisch ist. Und mit derlei Aussagen verspielen sie Sympathiepunkte.
Sagen Sie nicht: "Wie weit können Sie mir denn entgegenkommen?" oder "Was wäre Ihr letzter Preis?". Im Angebot hat der Verkäufer seine Preisvorstellung ja bereits genannt. Machen Sie ihm stattdessen ein Angebot. Wie wäre es mit Betrag x? Oder können wir uns auf Betrag x einigen? Seien Sie dabei ruhig mutig. In Verhandlungen treffen zunächst immer zwei Maximalforderungen aufeinander, die sich dann annähern. Aber bleiben Sie fair. Sie setzen den Verkäufer mit einer solchen Frage zwar unter Zugzwang, setzen ihm aber nicht die Pistole auf die Brust, sondern signalisieren gleichzeitig Spielraum. Der Verkäufer ist jetzt am Zug und muss sich zu Ihrem Angebot positionieren. Niemand signalisiert seinem Gegenüber gern rundweg Ablehnung, wie alle Menschen wollen auch Verkäufer gemocht werden. Achtung: Nehmen Sie dem Verkäufer diesen Druck nicht, in dem sie zu früh wieder das Wort ergreifen. Sie haben ihr Angebot abgegeben, jedes weitere Wort würde es relativieren und dem Verkäufer den Druck zur Positionierung nehmen. Schweigen ist nicht leicht auszuhalten, psychologisch aber sehr wichtig.
Sagen Sie nicht: "Den Preis zahle ich auf keinen Fall" oder "So viel ist die Karre niemals wert". Begründen Sie stets sachlich, warum sie einen niedrigeren Preis für realistisch halten, beispielsweise: "Insgesamt gefällt mir das Fahrzeug schon gut, aber der Riss in der Dusche…, die Beule in der Tür…, der Fleck auf der Matratze …". Diese Mängel kennt der Verkäufer schließlich auch und kann ihre Kritik daran deshalb auch nicht zurückweisen.
Bringen Sie an dieser Stelle auch zum Ausdruck, wenn das Fahrzeug nicht exakt der Beschreibung in der Annonce entspricht. Psychologisch ist der Verkäufer Ihnen dann sozusagen etwas schuldig, schließlich sind sie aufgrund seiner "fehlerhaften" Fahrzeugbeschreibung zur Besichtigung gekommen. Die Bereitschaft, Ihnen preislich entgegenzukommen, ist dadurch automatisch höher.
Formulieren Sie Ihre Preisvorstellung als Angebot. Sagen Sie nicht "Mehr als 15.000 Euro zahle ich auf keinen Fall", sondern: "Für 15.000 würde ich ihn mitnehmen." Psychologisch ist das ein Riesenunterschied. Der Verkäufer hat den Wagen ja nicht ohne Grund zum Kauf angeboten. Er möchte, im für Sie besten Fall muss er ihn loswerden. Wenn Sie den Wagen mitnehmen, suggerieren Sie dem Verkäufer, ihm durch den Kauf sogar einen Gefallen zu tun.