Beim großen Basisfahrzeug-Vergleichstest 2014 verdiente sich der neue Ford Transit bereits erste Meriten. Vom Fleck weg eroberte er hinter Mercedes und VW den dritten Platz. Nun muss er sich das erste Mal als Ausbaubasis für einen Campingbus bewähren. Karmann realisiert in der 5,98 Meter langen Blechhülle einen klassischen Querbett-Grundriss. So weit nichts Besonderes, doch der Dexter Go 560 nutzt geschickt die Vorzüge des Transit und bietet damit einige ungewöhnliche Lösungen. Mischt das neue Dexter-Modell damit die etablierte Campingbus-Szene auf Fiat-Basis um Pössl & Co. auf?
Fahren & Sicherheit
Das neu gestaltete Transit-Fahrerhaus bietet mehr Bewegungsfreiheit als beim Vorgänger, und auch die für viele Fahrer etwas schwierige Sitzposition ist Vergangenheit. Die stark geneigte Frontscheibe sorgt indessen dafür, dass der Raumeindruck im Kopfbereich nicht so großzügig ist, zumal wenn das typische Ablagebord des Kastenwagens innen am Cockpithimmel hängt. Andererseits nimmt man dessen vier Fächer gerne mit in Beschlag, obwohl es auch sonst rund ums Armaturenbrett nicht an Ablagen und Haltern für Becher, Flaschen und Handy – inklusive USB-Ladebuchse – mangelt. Das griffige Lenkrad hat serienmäßig zahlreiche Bedientasten für Bordcomputer, Tempomat und optional auch fürs Radio – für weniger verspielte Fahrer wirkt es aber eher überladen und verwirrend. Die nach links versetzte Handbremse mit abklappbarem Hebel zeigt, dass Ford auch an die Nutzung als Wohnmobil gedacht hat. Das erleichtert das Drehen des Fahrersitzes, macht es aber immer noch nicht so einfach, wie man es sich wünschen würde.
Unterstützt wird der Fahrer auch durch eine gute Rundumsicht, insbesondere über die großzügigen Spiegel mit exzellenten Weitwinkelteilen. Lenkung, Fahrwerk und Federung zeigen einen guten Kompromiss zwischen Komfort und Verbindlichkeit. Der 125-PS-Serienmotor lässt sich ohne die einst Transit-typische Anfahrschwäche einkuppeln. Er legt dann ganz passabel los, lässt aber auch relativ schnell wieder nach und fordert zum fleißigen Schalten auf – was immerhin leicht und präzise vonstatten geht. Schaltfaul darf man aber auch auf der Autobahn nicht sein. Der ziemlich lang übersetzte sechste Gang macht schon bei mittleren Steigung zurückschalten nötig. Trotz nominell mehr Drehmoment wirkt der Ford-Antrieb schwächer als das vergleichbare Ducato-Aggregat mit 130 PS. Wer nicht auf den letzten Cent achten muss, wird mit dem 155-PS-Aggregat glücklicher.
In puncto Sicherheit ist der Transit auf der Höhe der Zeit. Airbags und ESP sind serienmäßig, ebenso ein Bremsassistent, der eine Notbremsung erkennt und automatisch den Bremsdruck erhöht. Vielleicht auch ein Grund für die beachtlich kurzen Bremswege, die der Testwagen beim im Supercheck obligatorischen strapaziösen Bremsentest erzielte. Mit einem FI-Stromschutzschalter und soliden Herausfallschutznetzen am optionalen Kinderbett lässt der Karmann auch sonst nichts anbrennen. Ein paar scharfe Kanten am Möbelbau zeigen aber auch Nachbesserungsbedarf am Vorserienmodell auf.
Sitzen & Schlafen
Fünf Personen können in der Sitzgruppe platznehmen, und auf der verlängerbaren Tischplatte zudem auch bewirtet werden. Allzu üppig dürfen die Platzansprüche dabei aber nicht sein. Die Platte ist schmal, und man sitzt eher gedrängt. Fahren Passagiere mit, sollte man den Tisch aus Platz- und Sicherheitsgründen abbauen. Eine geschickte Verwahrmöglichkeit wäre dafür hilfreich.
Ungewöhnlich: Der Seitensitz lässt sich optional in einen weiteren Fahrplatz verwandeln. Dafür muss die unbequem steil stehende Rückenlehne umgesetzt werden. Ein Beckengurt sichert den rückwärtsgewandten Notsitz.
Das Doppelbett im Heck nutzt die Innenmaße der Karosserie passabel aus und kommt auf bis zu 1,88 Meter Länge und 1,38 Meter Breite. Auf der zwölf Zentimeter dicken, dreiteiligen Schaummatratze liegt man recht bequem. Die Wände ringsum sind mit speziellen Kunststoff-Formteilen sauber verkleidet. Im Vergleich zu textilen Bezügen wirken sie aber etwas nackt und kühl. Ein bis zwei weitere Schlafplätze kann die Sitzgruppe bereitstellen. Der Umbausatz aus einem Brett und drei Polstern ist serienmäßig mit an Bord. Wem das nicht reicht oder wer nicht täglich umbauen möchte, bekommt gegen Aufpreis ein Zusatzkinderbett, das über der Heckliegefläche an seitlichen Stangen eingehängt werden kann. Mit 1,50 Meter Länge, fast 80 Zentimeter Breite und bis zu 70 Kilo Belastbarkeit erscheint es sogar teeniegeeignet. Allerdings schränkt der Hängeschrank rechts die Liegelänge de facto auf etwa 1,30 Meter ein. Die Kopffreiheit ist mit fast 68 Zentimeter unten und 55 Zentimeter oben relativ komfortabel. Ein Grund dafür ist die üppige Innenhöhe im gesamten Fahrzeug.
Bad & Küche
Davon profitiert auch das Bad. Obwohl das Bodenniveau hier rund zwölf Zentimeter höher liegt, bleibt die Stehhöhe mit 1,94 Meter dennoch spürbar großzügiger als in typischen Ducato-Ausbauten. Die Ellenbogenfreiheit ist ebenfalls gut. Noch luftiger würde das Bad mit einem Fenster wirken. Natürliches Licht fällt nur durch eine kleine Dachhaube. Das Waschbecken hat eine gute Größe, Ablagen und Stauraum in Hänge- und Unterschrank sind in angemessenem Maß vorhanden. Mit auffallender Sorgfalt zeigen sich Ecken und Stöße verfugt. Zum Duschen zieht man einen klassischen Vorhang einmal um sich herum und angelt sich den Brausekopf aus der Waschtischarmatur. In der Duschwanne liegt serienmäßig ein Holzrost. Nur ein kleiner Ablauf in der Duschwanne ist als Abflussmöglichkeit fürs Wasser allerdings wenig. Beim Verlassen des Bads fährt die Gliederschiebetür platzsparend zur Seite – und schwenkt nicht störend in den Mittelgang hinein. Stören könnte allerdings das ratternde Begleitgeräusch, etwa wenn einer nachts aufs Töpfchen muss.
Apropos Topf – auf dem Küchenblock gegenüber kann auf zwei Flammen gekocht werden. Der Piezozünder ist dabei ebenso hilfreich wie die zweigeteilte Glasabdeckung der Kocher-Spüle-Kombination und das klappbare Verlängerungsbrett am Einstieg, die bedarfsweise Arbeits- und Abstellfläche zur Verfügung stellen. Praktisch auch: das Gewürzbord in der Wandnische. Unten im Küchenblock hält ein immerhin 90 Liter großer Kühlschrank mit automatischer Energiewahl gekühlte Vorräte parat. Daneben bunkern eine Schubladen und zwei Fächer Besteck und Geschirr. Bleibt noch ein Hängeschrank, der allerdings erst oberhalb der Schiebetüröffnung beginnt, was einerseits Stauraum kostet und andererseits den Zugriff für kleinere Köche schwierig macht.
Aufbau & Bordtechnik
Die Stahlblechkarosserie ist gedämmt mit EPS-Schaum an den ebenen Flächen und Mineralwolle an den Holmen und Rundungen. Den Abschluss auf der Innenseite bilden überwiegend sauber eingepasste Kunststoff-Formteile. Ein Mini-Heki und eine kleine Dachhaube lassen nur mäßig viel Licht von oben herein. Drei solide PU-Schaum-Rahmenfenster sind in den Seitenwänden eingesetzt. In die Hecktüren sind dagegen die Original-Ford-Scheiben eingeklebt, die weder zu öffnen noch isoliert sind. Als Verdunkelung findet sich innen am Bett ein großer Vorhang, der die ganze Heckbreite überdeckt. Er ist zweilagig und dämmt so auch ein wenig. Sollte der Hecktürspalt nicht ganz dicht sein, verhindert er zudem unangenehmen Luftzug.
In Sachen Autarkie punktet der Dexter Go 560 mit 100 Liter Frisch- und Abwassertank-Kapazitäten sowie zwei 80-Ah-Bordbatterien serienmäßig. In den Gaskasten hinten rechts passen entweder zwei Fünf- oder eine Elf-Kilo-Flasche. Die Bordtechnikkomponenten und -leitungen sind weitgehend geschützt, aber, wo nötig, dennoch zugänglich montiert. Eine Ausnahme bildet allerdings der Frischwassertank in der Sitztruhe. Zum Reinigen muss hier umständlich der Truhendeckel abgeschraubt werden. Für gelegentliche Wintereinsätze kann der Karmann bereits serienmäßig mit einem isolierten und beheizten Abwassertank sowie der starken Truma Combi 6 aufwarten. Lediglich ein Ausströmer für Fahrerhaus und Sitzgruppe lässt jedoch Zweifel aufkommen, ob die Wärmeleistung auch den richtigen Ort erreicht.
Stauraum & Zuladung
Das Stauraumangebot liegt auf dem üblichen Niveau von Sechs-Meter-Campingbussen. Für zwei reicht es gut, vier Reisende müssen sich schon genauer überlegen, was wirklich mit muss. Damit für das optionale Kinderbett oben im Heck genug Platz bleibt, gibt es hier nur einen Hängeschrank. Der Kleiderschrank mittlerer Größe hängt gut erreichbar über dem Fußende des Doppelbetts. Unter den Matratzen findet sich links ein kleines Staufach, rechts sogar ein relativ großes mit seitlichem Ablagebord. Der Heckstauraum in der Mitte ist durch einen herausnehmbaren Zwischenboden geschickt in zwei Fächer geteilt. Um etwa Fahrräder bis zum Urlaubsort zu transportieren, lässt sich zudem auch das vordere Schottbrett sowie der Bettrost und die Matratzen zur Seite räumen – dann ist die Durchlademöglichkeit komplett frei. Anders als bei vielen Campingbussen auf Ducato setzt der Karmann serienmäßig auf die Transit-Version mit 3,5 Tonnen. Das ist auch gut so, denn ein Leichtgewicht ist er nicht gerade. Für zwei Personen reichen die Zuladungsreserven in der Regel aus. Bei Vollbesetzung mit vier oder gar fünf Personen wird es an der Vorderachse, aber auch insgesamt schnell knapp. Eine Auflastung ist bislang nicht vorgesehen.
Ausstattung & Preise
Der Dexter Go 560 ist mit rund 41.000 Euro Grundpreis auf den ersten Blick kein Schnäppchenangebot. Kalkuliert man aber seine ziemlich umfangreiche Serienausstattung mit ein – insbesondere was Basisfahrzeug und Bordtechnik anbelangt –, merkt man schnell, dass man hier viel Campingbus fürs Geld bekommt. Damit muss er sich auch keineswegs vor guten Angeboten auf Basis Fiat Ducato verstecken. Nur selten muss man die Aufpreisliste bemühen – manches fehlt jedoch darauf.
Lichttechnick (angelehnt an DIN EN 12464-1)
Mit 48 Lux im Mittel und 76 Lux maximal bleibt es an der Sitzgruppe deutlich zu finster.
Auch in der Küche erhellen nur 63 Lux im Schnitt die Arbeitsfläche. Der Schalter für das Badlicht hängt hoch an der Decke. Das Gesicht im Spiegel bekommt 120 Lux – aber nur einseitig – ab.
Nur die Schwanenhalsleuchten an den Heckbetten erreichen eine gute Helligkeit (> 500 Lux).
Die Baureihe: Dexter Go
Preise: 39.390-41.390 Euro
Basis: Ford, Fiat, Renault
Länge: 5,54-6,20 m
Gesamtgewicht: 3.500 kg
Modelle: Die günstige Unterbaureihe des Dexter bietet fünf Modelle. Das kürzeste ist das Querbett-Modell Go 540 auf Renault. Ebenfalls auf Querbetten setzen der getestete 560 auf Ford und der längere 620 wiederum auf Renault. Einzelbetten finden sich schließlich im Sechs-Meter-Fiat-Modell 600 und in der etwas längeren Renault-Variante 630.
Das fiel uns auf:
+ Zwei 80-Ah-AGM-Batterien sind bereits serienmäßig in einer Nische des Heckstauraums installiert.
+ Der Sitzgruppentisch kann auch außen eingehängt werden – fürs kleine Frühstück unterwegs.
+ - Der Holzrost ist serienmäßig. Die Duschwanne begnügt sich aber mit nur einem kleinen Ablauf.
- An den einfach verglasten Ford-Heckscheiben kann sich im Winter Schwitzwasser bilden.
- Im Spritzbereich des rechten Vorderreifens: Nebelscheinwerfer und Waschwasserbehälter.
Fazit
Der Karmann-Ausbau des Ford Transit mit Superhochdach lockt mit viel Stehhöhe. Optional wird damit auch ein zusätzliches Kinderbett möglich. Die Chance, als Modell speziell für groß gewachsene Camper zu punkten, nutzt er aber nicht konsequent. Dafür müsste das Heckbett länger sein, etwa durch Karosserieverbreiterungen. Attraktiv ist auf jeden Fall der Preis für das gut ausgestattete Modell. Die Erweiterungsmöglichkeiten auf vier oder fünf Personen sind interessant. Dafür sollte es aber eine Auflastungsoption geben.
Karmann Mobil Dexter Go! | |
Grundpreis | 40.990,00 € |
Aufbau | Campervan |
Maße | 568 x 197 x 274 mm |
Leistung | 92 kW / 125 PS |
Leergewicht | 2.729 kg |
Sitze mit Gurt | 4 bis 5 |
Schlafplätze | 2 bis 4 |