Mit steilem Kühlergrill und quergelegten Scheinwerfern tritt der neue Renault Master deutlich bulliger auf als sein Vorgängermodell. Für die vorderradgetriebenen Kastenwagen stehen drei Motoren zur Auswahl mit 135, 150 und 180 PS. Letztere beiden gibt es wahlweise auch mit automatisiertem Schaltgetriebe – Renault bleibt diesem Automatiktyp weiter treu, obwohl alle anderen Transporterhersteller inzwischen zur klassischen Wandlerautomatik wechselten.
Das sogenannte Quickshift in Kombination mit der mittleren Leistungsstufe treibt auch den Testwagen an. Wenn man sich erst mal mit der wenig definierten Schaltkulisse des joystickartigen Wählhebels angefreundet hat, erfreut die Roboterkupplung mit schnellen Gangwechseln und entsprechend kurzen Zugkraftunterbrechungen. Kleinste Gaspedalbewegungen interpretiert die Steuerung als Aufforderung zum Schalten, eher ein wenig zu hektisch als zu träge.

Zusammen mit dem turbinenhaft hochdrehenden Twin-Turbo-Motor steht damit stets genügend Vortrieb zur Verfügung – das Geld für den fast doppelt so teuren Topmotor, kann man bedenkenlos anderweitig ausgeben. Etwa für die Klimaanlage, die im Ahorn Van extra kostet. Der Modellwechsel hat auch für einen neuen Armaturenbrett-Look gesorgt. Alle wesentlichen Bedienelemente – Lenkrad, Schalthebel oder Lüftungsregler – blieben dabei aber unverändert, und auch die hartplastikhafte Materialanmutung hat nur unwesentlich dazugewonnen.
Unverändert zeigen sich – glücklicherweise – auch die Straßenlage und der Fahrkomfort. Die Federung arbeitet sensibler als zum Beispiel beim Ducato, und das Fahrwerk hat im Grenzbereich sogar noch etwas mehr Reserven. Allerdings ist die Lenkung indirekter und gefühlloser. Beim Rangieren stört vor allem der raumgreifende Wendekreis, bedingt durch den sehr langen Radstand von 4,33 Meter. Das führt auch schnell mal zum Aufsetzen und damit zu Schäden an der elektrisch ausfahrbaren Trittstufe. Klapper- und Quietschgeräusche aus dem Möbelbau trüben zudem den guten Fahrkomfort.
Schicke Küche, schmales Bad

Der Ahorn-Ausbau begrüßt seine Gäste gleich am Einstieg mit seinem Prunkstück, der Küche. Eine geschwärzte Glasplatte dient als Arbeitsfläche, auf der ein hochaufragender Designwasserhahn neben der stattlichen Edelstahlspüle montiert ist. Zwei Einzelbrenner mit Elektrozündung sind in einer Reihe ebenfalls auf der Glasplatte montiert und bieten auch größeren Pfannen und Töpfen Platz. Kehrseite der glänzenden Medaille: Durch die großzügige Verteilung bleibt kaum Arbeitsfläche übrig. Abdeckungen für Kocher und Spüle gibt es nicht, immerhin aber eine klappbare Verlängerungsplatte an der Stirnseite.
Ästheten, die vom schicken Ensemble auf dem Küchenblock begeistert sind, sollten aber besser nicht ein Stockwerk tiefer schauen. Denn am Design des 90-Liter-Kompressorkühlschranks in schlichtem grauen Plastik scheint sich seit Jahrzehnten nichts verändert zu haben – was seiner Funktion indessen keinen Abbruch tut. Drei Schubladen und ein Hängeschrank nehmen Kochutensilien und -vorräte auf. Fürs Frühstück reicht’s, wer gerne ausgiebiger kocht, muss noch einen der sich anschließenden Schränke über oder unter den Betten rekrutieren.
An der Sitzgruppe ist es der Tisch, der vor allem das Interesse weckt. Er hat nicht nur eine herausschwenkbare Verlängerungsplatte, sondern ist zudem mittig längs teilbar. So sitzen Sozius-Passagiere nicht so eingeklemmt, und der Tisch muss nicht komplett abgebaut werden. Der wandseitige Platz ist allerdings nichts für Erwachsene, da die Kopffreiheit unter dem Hängeschrank nicht ausreicht. Kritik erntet aber auch der Tisch für seine wackelige Wandaufhängung. Praktisch ist dagegen die Dreiersteckdose neben dem Hängeschrank mit 12-, 230-Volt- und USB-Ladebuchse. Noch hilfreicher wäre es, wenn eine passende Ablage für das stromhungrige Smartphone in Reichweite vorhanden wäre.

Eine Gliederschiebetür führt in den Sanitärraum – wobei der Begriff Nasszelle die Platzverhältnisse besser beschreibt. Die generell nicht üppige Stehhöhe von 1,85 Meter im Gang schrumpft im Bad nochmals um rund fünf Zentimeter. Im Zweifel verzichtet man darum lieber auf den eingelegten Holzrost in der Bodenwanne.
Die Idee, Toilette, Waschbecken und Spiegel mittels Faltwand abzutrennen und so eine passable, sauber ausgekleidete Duschkabine zu erhalten, funktioniert ganz gut – zumindest für kleinere, schlanke Personen. Auf der Toilette und beim Händewaschen ist im Gegenzug die Schulterfreiheit aber ziemlich eingeschränkt. Allzu schwungvoll sollte man am kleinen Klappwaschbecken ohnehin nicht hantieren, damit das Wasser nicht am Spiegel und in den Ecken, sondern möglichst vollständig in dem flachen Becken landet und spätestens beim Hochklappen auch zuverlässig den Ausgang durch den Ablauf findet. Handtuchring, Zahnputzbecher, Klorollenhalter und Kleiderhaken sind vorhanden. Schrankraum gibt es dagegen keinen, nur ein offenes Ablagebord.
Vom Bad ist der Weg in die Einzelbetten im Heck nicht mehr weit. Allerdings ist das Erklimmen der 90 Zentimeter über dem Boden eingebauten Liegeflächen für kleine Personen etwas mühsam. Vorschlag: Die kleine Schottwand, die den Heckstauraum abtrennt, zu einem Trittkasten erweitern, schon wäre der Betteinstieg leichter. Die rechte Liegefläche streckt sich auf ganze zwei Meter Länge. Die linke Matratze endet allerdings schon bei 1,85 Meter. Immerhin bleiben bis zu den Hecktürfenstern noch gut zehn Zentimeter Luft.

Die sind allerdings nur einfach verglast, weshalb man hier in der kühlen Jahreszeit gerne etwas Abstand hält und den Vorhang vorzieht. Die Matratzen sind zwölf Zentimeter dick und ruhen auf Lattenrosten, dennoch liegt man etwas hart.
Serienmäßige Ambientebeleuchtung,
aufpreispflichtiger Beifahrer-Airbag
Vier Hängeschränke und mehrere offene Ablagen nehmen Klamotten und Utensilien auf. Der Kleiderschrank hängt über dem linken Bettende, ist aber ziemlich niedrig. Immerhin lässt sich der Boden entnehmen, dann können Jacken und Hemden unten heraushängen. Wer mehr Platz möchte, kann sich in dem großen Schrank unter dem rechten Bettende aber leicht noch einen zweiten Kleiderschrank einrichten. Insgesamt verbergen sich hinter den Schiebetüren in den Möbelzeilen rechts und links vier Staufächer, die erstaunlich viel Ladevolumen offerieren. So kann der nicht besonders große, offene Laderaum in der Mitte sperrigem Gepäck vorbehalten bleiben.
Rechts im Heck ist zudem die Bordelektrik mit AGM-Batterie, Ladegerät und Sicherungen sauber installiert. Der 100-Liter-Frischwassertank inklusive Druckpumpe sitzt dagegen vorn in der Querbanktruhe. Die Truma-Combi-Heizung findet sich wiederum unter dem linken Einzelbett. Sie verbrennt Diesel, weshalb sich der Gaskasten hinten links im Eck mit dem Volumen für eine Zwölf-Kilo-Flasche begnügen kann – alleine zum Kochen reicht das einige Zeit aus.

Der Wohnraum lässt sich sowohl hell als auch stimmungsvoll beleuchten. Letzteres übernimmt eine serienmäßige Ambientebeleuchtung. Allerdings lässt sich die nur komplett an- und ausknipsen – im ganzen Ausbau inklusive Bad.
Schick fügen sich die Alu-Rahmenfenster nahezu plan in die Seitenwände. Für eine Fliegengittertür am Einstieg und die Faltverdunkelung im Fahrerhaus muss man dagegen extra bezahlen. Ebenso für den Beifahrer-Airbag, die elektrischen Fensterheber und Spiegel sowie den Tempomat, die neben weiteren Punkten im Chassis-Paket für 2590 Euro zusammengefasst sind. Dennoch bleibt der Van 620, der mit Nebenkosten ab 42.350 Euro erhältlich ist, ein preisattraktives Angebot.
Das fiel uns auf





Kontrollbord im Smartphone-Look. Ungewohnt ist die Farblogik: "Orange" für ein, "Grün" für aus.
Eine Elf-Kilo-Flasche reicht zum Kochen lange aus. Geschickt integrierte, optionale Außendusche.
Ziemlicher Kontrast: edel-moderne Küchenarbeitsplatte und altbackener Kühlschrank-Look.
Schlecht abgedichteter Schacht der Kassettentoilette, sogar mit "Ablauf" in die Duschwanne.
Für Erwachsene ist der wandseitige Sitzplatz unzumutbar, weil es an Kopffreiheit mangelt.
Ahorn Camp Van 620 (2021)

Gurte/Schlafplätze: 4/2-3
Zul. Gesamtgewicht: 3500–4000 kg
Länge/Breite/Höhe: 6,20/2,07/2,60 m
Grundpreis ab: 39.700 Euro
Testwagenpreis: 55.810 Euro
Daten und Messwerte

- Auf- und Ausbau: Stahlblechkarosserie mit Original-Blechhochdach, innen Kunststoff-Formteile/foliertes Sperrholz, außen Stahl, Isoliermaterial Wand/Dach/Boden Glaswolle/Glaswolle/EPS, Wandstärke Wand /Dach/Boden 25/9/41 mm, kein Doppelboden, 3 Kunststoff-Isolierfenster mit Alu-Rahmen, 2 Einscheiben-Glasfenster, 3 Dachhauben.
- Bordtechnik: Diesel-Gebläseheizung/Boiler Truma Combi D4, 5 Ausströmer (Sitzgruppe, Einstieg, Küche, Bad, hinterer Gang), Wasseranlage: Frischwasserrohre, Abwasserschläuche, Druckpumpe.
- Basisfahrzeug: Renault Master dCi 150 QS, Kastenwagen, Vorderradantrieb, Vierzylinder-Twin-Turbodiesel, Hubraum 2299 cm3, Leistung 110 kW/150 PS bei 3500/min, Drehmoment 385 Nm bei 1500/min, autom. Sechsganggetriebe.
- Fahrleistungen: Beschleunigung 0–50/80/100 km/h 6,7/13,9/21,2 s; Wiederbeschleunigung (60–80/100 km/h) 4,2/11,8 s; (80–100 km/h) 9,0 s, Testverbrauch 10,6 L/100 km.
Ausstattung des Testwagens (Auszug)
- 150-PS-/180-PS-Motor: 1290/2290 Euro (180 PS nicht im Testwagen enthalten)
- Klimaanlage: 1490 Euro (empfohlen)
- autom. Schaltgetriebe/Bremsassistent: 1890/350 Euro
- Luftfeder hinten/Auflastung (nur mit Luftfeder) 4,0 t (15/0 kg): 1290/360 Euro
- Chassispaket: Beifahrer-Airbag, Radio, el. Fensterheber u. Spiegel, Tempomat, Bergabfahrhilfe (15 kg): 2590 Euro (empfohlen)
- Sonderlack Grau/Alufelgen (2/0 kg): 790/600 Euro
- Abwassertankheiz./2. Bordbatt. (1/33 kg): 490/550 Euro
- Fliegengittertür/Faltverdunkel. (2/7 kg): 490/790 Euro (empfohlen)
Wertung
Fazit
... es muss nicht immer Ducato sein. Der Renault Master kann sich bei Fahrkomfort, Straßenlage, Leistungsentfaltung und mit dem fix schaltenden Quickshift-Getriebe Meriten verdienen. Der lange Radstand macht ihn beim Rangieren unhandlich. Der Ausbau hat Licht und Schatten, tolle Küche, beengtes Bad, ein langes, ein kurzes Einzelbett, flexibler, aber wackeliger Tisch. Insgesamt attraktiver Preis.