Stark, da sind sich die meisten einig, sehen die grob profilierten AT-Reifen natürlich schon aus. Erst recht, wenn sie noch mit einer markanten Seitenwandstruktur und auffälligen, erhabenen oder farblich abgesetzten Schriftzügen versehen sind. Montiert auf einem hochbeinigen Campingbus oder Reisemobil, idealerweise mit Allrad, scheint es nichts mehr zu geben, was die Abenteuerlust und den Vorwärtsdrang auf jeglichem Terrain bremsen kann.
Um herauszufinden, wie gut sich die All-Terrain-Modelle für den Einsatz am Campingfahrzeug eignen, haben wir sieben unterschiedliche Modelle getestet. Sie mussten sich auf unterschiedlichem Untergrund und sogar im Winter beweisen. Hier geht es direkt zum Test.
Sind AT-Reifen wirklich besser?
Ist das wirklich so? Sind diese Reifen tatsächlich normaler Straßenbereifung bei leichtem Geländeeinsatz überlegen? Leichtem Geländeeinsatz deshalb, weil die meisten der gängigen Transporterfahrgestelle wegen der verwendeten Allradsysteme, des hohen Schwerpunkts, des teils langen Hecküberhangs und der unterflur montierten Komponenten, wie Trittstufen und Abwassertanks, tatsächlich nicht zu mehr in der Lage sind. Der schwere Geländeeinsatz bleibt Basisfahrzeugen wie dem Iveco Daily 4x4, dem Unimog oder diversen Pick-ups vorbehalten, deren Bereifung in Ausmaß und Profilierung aber nochmals zu einer anderen Kategorie gehören – MT, also Mud-Terrain-Reifen.

ATs sind nicht nur traktionsstark, sie sind auch schwer und teils über 30 % schlechter in Rollwiderstand und Spritverbrauch – das kostet Kraft.
Des Weiteren soll der Reifen robust sein gegen mechanische Beschädigungen, etwa beim Überfahren von Gesteinsbrocken oder sonstigen Hindernissen. Ein Job, den übrigens auch konventionelle C- (Commercial) und CP-Reifen (Camping) ganz gut beherrschen. Zuletzt sollen sie durch ein optimiertes Abriebsverhalten auch möglichst lange halten. Das war’s. Im zentraleuropäischen Straßenverkehr entscheidende Kriterien, wie kurze Bremswege und sicheres Kurvenverhalten auf nasser und trockener Straße, stehen bei der Entwicklung von AT-Reifen – auch wegen technologischer Zielkonflikte – nicht an erster Stelle. Bei dieser Ausrichtung von AT-Reifen ist in sportlicher Hinsicht auf Asphalt also nicht viel zu erwarten. Das wäre für Camper sicher leicht zu verschmerzen, hinge mit dem bestmöglichen Grip nicht auch ein Gutteil der Fahrsicherheit zusammen. Auf die möchte natürlich keiner gerne verzichten. Das ist eine Herausforderung für die Reifenentwickler.
Wie wintergeeignete AT-Reifen den Spagat zwischen allen möglichen Einsatzgebieten schaffen, wie sich ein sommeroptimiertes AT-Profil dagegen schlägt oder ob ein straßenlastig gestalteter SUV-Reifen nicht die bessere Alternative ist, soll dieser Vergleichstest zeigen.
Sie bevorzugen Allseason-Reisen? Hier gibt es den Ganzjahres-Reifen-Test. Oder Sie suchen Winterreifen? Den aktuellen Winterreifen-Test gibt es hier. Die Modelle für den Sommer gibt es hier: Sommerreifen fürs Wohnmobil im Test.
Testsieger AT-Reifen-Test

Der General Grabber AT3.
Welcher AT-Reifen ist denn der beste? Der Falken Wildpeak sammelt auf allen Untergründen gleichmäßig viele Punkte ein. Besonders überzeugt er mit guten Offroad-Eigenschaften und gleichzeitig viel Grip auf Nässe. Soll der Reifen aber auch vollwertig im Winter eingesetzt werden, kann sich insgesamt der General Grabber noch knapp davor an die Spitze schieben.
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Dass optisch langweilige, weniger abenteuerlustige Standardreifen mit Sommer- oder Allwetterprofil auf der Straße sicherer und mit geringerem Spritverbrauch umweltfreundlicher sind, sollte jedem, der sich für einen AT-Reifen entscheidet, aber bewusst sein.
Alle Reifenmodelle des AT-Reifentests 2024
Im Test: fünf wintertaugliche All-Terrain-Reifen, die mit Schneeflocken-Symbol (3PMS) ganz legal bei winterlichen Straßenverhältnissen gefahren werden dürfen. Dazu gehören der BF Goodrich All-Terrain T/A KO2, der Bridgestone Dueler A/T 002, der Falken Wildpeak AT 3 W/A, der General Grabber AT3 und der speziell für Wohnmobile entwickelte Loder AT1. Dank seiner besonders hohen Tragfähigkeit (max. 1320 Kilogramm) kann er auch für schwerere Reisemobile bis etwa 4,5 Tonnen genutzt werden.
Als moderner Sommer-AT-Reifen fährt zudem der neue Goodyear Wrangler All-Terrain Adventure mit sowie der eher straßenoptimierte SUV-Reifen Conti Cross-Contact H/T.
Bei der Planung der Tests wurde schnell klar, dass der Crew nichts weniger als der aufwendigste Reifentest der promobil-Geschichte bevorsteht. Neben den drei Untergründen, die für einen Winterreifentest relevant sind – Schnee, Nässe und trockene Straße –, kommen mindestens nochmal soviele Bodenarten hinzu, wie etwa Schotter, Erde, Wiese, Sand – und das womöglich noch in nass und trocken.
Traktion, Bremsen und Handling als Test-Fokus
Um den ohnehin erheblichen Testaufwand einigermaßen in Grenzen zu halten, wurde der Fokus auf folgende Anforderungen gelegt: Traktion, Bremsen und Handlingversuche auf feinem, losem Schotter (Gravel), Anfahrversuche auf Erd-Fahrbahnen sowie die Traktion und das Anfahren auf tief ausgefahrenen, schlammigen Wegen. Bei Tests auf Sand, das haben frühere Versuche bereits gezeigt, spielt weder die Reifenmischung noch die Profilgestaltung der Reifen eine wesentliche Rolle für die Traktion.

Eine ganze Armada von Messgeräten unterstützt die Testfahrer bei der Bewertung der Reifen. Hier werden Brems- und Beschleunigungswege per hochpräziser GPS-Messung aufgezeichnet.
Für besten Vortrieb auf Sand ist ein fast profilloser Reifen mit möglichst großer Aufstandsfläche bei kleinstmöglichem Luftdruck ideal. Reifen mit grobem Profil und hohem Negativanteil neigen eher dazu, sich schnell einzugraben, als dass sie nach vorn ziehen. Erst recht dann, wenn das Fahrzeug, wie die meisten Allrad-Camper, nicht über manuell einlegbare 100-%-Sperren für die Differenziale verfügt.
Bei der berüchtigten nassen Wiese ist es hingegen die Art des Untergrunds unter dem Rasen, der über den Vortrieb entscheidet. Ist er weich, können sich grobe Profilblöcke mit ihm verzahnen. Nimmt man dabei größeren Flurschaden in Kauf und lässt die Räder auch mal durchdrehen, entsprechen die Traktionswerte denen des Grips auf schlammigen Erdfahrbahnen. Ist der Untergrund jedoch hart, hängt es von der Zahl der Greifkanten des Reifens und der Elastizität der Gummimischung ab, wie gut der Reifen auf den plattgedrückten Grashalmen haftet. Die Reifen verhalten sich dann, nach unserer Erkenntnis, analog zum Nassbremsen. Auf künstlich bewässertem Asphalt lassen sich die Unterschiede zwischen den Reifen trennscharf und vor allem reproduzierbar ermitteln. Bei den Tests auf feuchter Wiese war die Streuung der Messwerte aber so groß, dass keine zuverlässige Auswertung möglich war.
Gute, reproduzierbare Ergebnisse liefern hingegen die Versuche zur Traktion und zum Bremsen auf feinem Schotter. Hierzu wird auf einer eigens angelegten Schotterfahrbahn nach einem zuvor festgelegten geometrischen Muster wiederholt gebremst und beschleunigt. Unterschiedliche Reibwerte der Strecke werden durch zehnmalige Wiederholung des Versuchs und durch Bildung eines Mittelwerts egalisiert. Gemessen und bewertet werden Bremswege in Metern oder Beschleunigung in m/s².
Da auf solchen Gravel-Fahrbahnoberflächen gerne mal weit schneller als Schrittgeschwindigkeit gefahren wird, sind hier die Fahrsicherheit der Reifen, ihre Seitenführung und ihr Handling von Interesse. Um die Gripunterschiede der Reifen zu erfassen, stoppen wir auf einem eigens präparierten, kurvenreichen Schotterkurs die Rundenzeiten und erfassen die subjektiven Fahreindrücke.
Ein Test, den wir allerdings nicht mit einem Campingbus, sondern mit einem VW Atlas, einem robusten, primär für den US-amerikanischen Markt entwickelten SUV – auf den die großen Räder passen –, durchgeführt haben. Wie sich die Reifen auf Erdfahrbahnen verhalten, soll zudem ein Anfahrversuch am Berg zeigen. Aus der Zeit, die das Testfahrzeug – optimal, aber dennoch gefühlvollbeschleunigt – für die ersten zehn Meter braucht, errechnet die Messelektronik einen Beschleunigungswert, der wiederum auf den Anfahrgrip der Reifen schließen lässt.
Schlammtraktion, Nass- und Trockenqualitäten

Zur reproduzierbareren Messung der Schlammtraktion wurde ein beladener Toyota Hilux mit Sperrdifferenzialen eingesetzt.
Weit aufwendiger als diese Tests sind die Versuche zur Ermittlung der Schlammtraktion. Um hier vernünftige Ergebnisse zu erzielen, muss zunächst eine rund 150 Meter lange Erdfahrbahn mit landwirtschaftlichem Gerät wiederholt geeggt und bewässert werden. Es gilt, die oberflächliche Erdschicht möglichst gleichmäßig aufzulockern und zu durchfeuchten. Allein die Vorbereitung dieser Strecke dauerte schon mehr als 14 Tage.
Die Testprozedur: In den ausgefahrenen Schlammspuren versucht der erfahrene Testfahrer, hier mit einem allradgetriebenen, voll durchgesperrten Toyota Hilux, mit viel Gefühl optimal anzufahren und zu beschleunigen. Gemessen wird die Zeit vom Anfahren bis zum Erreichen von 25 km/h. Dieser Versuch wird an unterschiedlichen Stellen der Strecke mehrfach durchgeführt, für das Ergebnis wird ein Mittelwert gebildet.
Anschließend müssen die Räder ummontiert werden. Aber natürlich nicht bequem in der sauberen Halle, auf der Hebebühne. Offroad-Reifentest heißt auch Offroad-Radwechsel. Also draußen, bei sommerlicher Hitze. Schön, dass zuvor die gründliche Reinigung des mit klebrigem Schlamm verspritzten Testwagens per Feuerwehr-C-Strahlrohr auch Tester und Bodenpersonal erfrischt. Doch all das kostet Zeit, nur drei, maximal vier Reifensätze sind pro Tag zu schaffen.
Schneller geht's bei den standardisierten Tests zur Beurteilung der Nass- und Trockenqualitäten der Reifen auf Asphaltfahrbahnen. Auf künstlich homogen bewässerten Strecken untersuchen wir die Aquaplaning-Eigenschaften, messen die Bremswege wie auch die Seitenführungskräfte. Ebenso interessiert uns, wie sich die Reifen auf regennassen Straßen im Grenzbereich verhalten. Und weil man vorzugsweise bei Sonnenschein auf Reisen geht, prüfen wir durch Brems-, Ausweich- und Handlingversuche wesentliche Sicherheitskriterien auf trockener Straße ab.
Wintereignung von AT-Reifen
Damit nicht genug: Nachdem viele Käufer und Käuferinnen von ihrem AT-Reifen erwarten, dass er ganzjährig einsetzbar ist, also auch bei winterlichen Bedingungen etwas taugt, haben wir die entsprechenden Tests dazu bereits im Frühjahr in Skandinavien durchgeführt. Dort wurden alle Schneeflocken-legitimierten, winterzulässigen Reifen des Testfelds auf ihre Wintereignung hin geprüft. Bremsen, Traktion, Seitenführung und Handling – eben alles, was zu einem kompletten Winterreifentest dazugehört.
So schneiden die Offroad-Modelle ab
Die Ergebnisse der Offroadtests ergeben folgendes Bild: Auf der Schlammstrecke liefern die fünf wintertauglichen AT-Reifen recht homogene Leistungen ab. Mit überdurchschnittlicher Traktion kann sich hier der Falken Wildpeak etwas hervortun, am Ende der Gruppe landet hingegen der Bridgestone.
Nimmt man die Sommer-ATs hinzu, ist es der Goodyear Wrangler, der im Schlick messbar noch besser greift als alle wintertauglichen ATs. Auf den straßenoptimierten Conti hingegen ist bei derart glitschigen Bedingungen kein Verlass.
Deutlichere Unterschiede, auch zwischen den wintertauglichen Profilen, zeigen die Schotterprüfungen: Hier hebt sich der bissige Falken mit besten Traktions- und Seitenführungswerten deutlich vom Wettbewerb ab. Der auf Schotter fast schon sportlich fahrbare BF Goodrich wie auch der Bridgestone sind nahe dran. General, Goodyear und Loder fallen hier hingegen etwas ab.
Auf festgefahrenen Erdfahrbahnen kommt der Goodyear dagegen besonders gut in Fahrt, während Bridgestone und Falken auf diesem Untergrund in der Traktion hinterherhängen. Dass der Quasi-Straßenreifen Conti Cross-Contact H/T in allen Offroad-Prüfungen nur schwer Anschluss findet, ist angesichts der Profilgestaltung und Reifenkonstruktion keine Überraschung.
Auf der Straße müssten sich die Verhältnisse folgerichtig umkehren. Für den reinen Sommereinsatz hat der H/T-Softroader Conti Cross-Contact tatsächlich bei allen Disziplinen die Nase vorn und liefert das mit Abstand sicherste Fahrverhalten. Trotz der schwachen Leistungen abseits der Straße ist er im Wettbewerbsumfeld beim Bewertungsansatz mit zehn Prozent Offroadanteil/Sommer "überragend" und nicht zu schlagen. Bei der gleichen Bewertungsgewichtung schließen sich Bridgestone und Falken mit "sehr gut" an, auch General Grabber und Goodyear erreichen noch ein "gut".

Die Ergebnisse der Offroad-Prüfung.
Der besonders tragfähige Loder AT1 und der optisch ansprechende, aber sehr laute BF Goodrich sind für den überwiegenden Straßeneinsatz im Sommer eher nicht zu empfehlen. Insbesondere auf nasser Fahrbahn birgt die sehr schwache Haftung ein nicht unerhebliches Sicherheitsrisiko.
Und im Winter? Hier werten wir die ATs ihren Fähigkeiten nach als Allwetterreifen. Keine Punkte gibt es hier natürlich für Conti und Goodyear, die ohne Schneeflocke auf der Seitenwand bei winterlichen Bedingungen nicht gefahren werden dürfen.
Mit Schneeflocke und im Testfeld überragender Winterperformance punktet der Loder AT1, der sich in den Disziplinen auf Schnee sogar noch vor dem bissigen BF Goodrich und dem im Winter identisch platzierten General Grabber einordnen kann. Mit ordentlicher Traktion und gutem Bremsen ist – wenn man von den dynamischen Schwächen auf Schnee absieht – auch der Falken noch eine gute Wahl. Den Bridgestone Dueler All Terrain A/T 002 empfehlen wir nur bei sehr seltenem Schneekontakt.