Oldie-Caravan: Wohnwagen von Eccles

Oldie-Caravan Trailer Caravan von Eccles
Oldtimer mit Waschmaschinen-Funktion

vom Campingprofi seit 1959
Zuletzt aktualisiert am 12.05.2023

"Cobwebs hieß er schon bei seinem vorherigen Besitzer", erzählt Anja Peter. Der Spitzname prangt gut lesbar an der Flanke des Eccles. "Das war ein richtiger, echter Scheunenfund, völlig verstaubt und mit Spinnweben eben, mit ‚cobwebs‘, wie die Briten sagen", fügt Brain Palasis an. Die beiden Oldiefans aus dem schönen Herzogtum Lauenburg kümmern sich liebevoll um den Klassiker, der seinen 90. Geburtstag – "Cheerio Miss Sophie!" – schon längst hinter sich hat. Da ist auch Raum für einen zweiten Spitznamen, intern sprechen die beiden gerne von "Agathe", und die hat eine Menge zu erzählen: "Der Caravan stand lange Zeit in Norwich", eben bei jenem Sammler, der seinerzeit den seltenen Scheunenfund gemacht hatte. "Vielleicht 100 wurden insgesamt gebaut", erklärt Anja und streicht sacht über die zweifarbige Flanke des sündschönen Freizeitfahrzeugs.

Dieses berichtet natürlich auch aus der Frühgeschichte der Caravanerei, die auf den britischen Inseln schon im 19. Jahrhundert Fans hatte. Als wohl erster Vertreter unseres geliebten Hobbys dürfte Dr. William Gordon Stables gelten, der sich im Juni 1885 mit einem vor Mahagoni strotzenden Wagen, getauft auf den passenden Namen "The Wanderer", zum Reisevergnügen von seinem Heimatort Twyford in Berkshire ins schottische Inverness aufmachte. Gezogen wurde die hölzerne Pracht von zwei kräftigen Pferden namens Polly Pea-Blossom und Captain Cornflower, das Auto war ja noch nicht auf der Welt. Denn während William nach Schottland reiste, trieb Carl Benz in Mannheim seinem Patent-Motorwagen die Kinderkrankheiten aus. Der Brite war auf jeden Fall mondäner unterwegs, er hatte auch noch einen Neufundländer und einen Kakadu an Bord der exzentrischen Fuhre.

Hohe Qualität zum teuren Preis

 Oldie-Caravan - Ausstellfenster
Bernd Thissen

Die erste Eccles wurde 1919 gefertigt, und schon früh baute die von Bill Riley begründete Firma auch Reisemobile. Bereits Ende der 1920er Jahre machte das Wachstum einen Umzug nötig, auf einem vier Hektar großen Gelände in Stirchley bei Birmingham entstand die wohl erste Wohnwagenfabrik der Welt, und hier wurde dann 1932 auch Cobwebs auf die Räder gestellt, mit Platz für vier Personen und gefertigt aus "besten Materialien", wie ein zeitgenössischer Prospekt verkündet. Zudem ist da von Bleiglasfenstern und einer modernen Küche die Rede, wobei man zu jener Zeit flotte 165 Pfund auf den Tresen zu legen hatte, das entsprach ungefähr dem Kaufpreis von zwei Autos. Und das zu einer Zeit, in der die meisten nicht mal von einem halben zu träumen wagten. "Der Eccles hatte aber auch einfach Charme", meint Brian und bittet ins Innere, dem man umgehend die britische Herkunft ansieht.

Oldie-Caravan - Porzellan
Bernd Thissen

Gediegenes Holz, liebevoll gefertigte Beschläge und Scharniere prägen das Bild, komplettiert wird das heimelige Ambiente durch passende Dekorationen. Winston pafft seine Zigarre, die Porzellan-Queen winkt freudig, und auch den Union Jack entdeckt man rasch. Das Innere ist nicht nur erstaunlich perfekt im Originalzustand, sondern zusätzlich noch durch feinfühlige Beigaben seitens der Besitzer spürbar aufgewertet. Wer je die Chance hat, sich hier zum High Tea einfinden zu dürfen, der sollte die Gelegenheit mit beiden Händen ergreifen! (Vielleicht ein paar Scones als Gastgeschenk mitbringen!)

Wäsche waschen während der Fahrt

Bei all der Pracht wiegt der nostalgische Eccles mit seinen nur 600 Kilo überraschend wenig, es verdankt sich dies vor allem der leichten, einschaligen Holzbauweise, als Fundament kommt eine Stahlkonstruktion zum Einsatz, "und die weltweit erste Auflaufbremse", wie Brian stolz vermerkt. "Das, was auch moderne Wohnwagen oder Anhänger heute so verbaut haben, das wurde damals bei Eccles entwickelt." So hautnah kann man der Mobilitätsgeschichte kommen, wobei zur Entstehungszeit des Caravans ohnedies noch andere Geschwindigkeiten gefahren wurden. "Lange Zeit galt für Wohnwagen in Großbritannien ein Tempolimit von 20 Meilen die Stunde, das wurde erst in den 1930er Jahren auf 30 Meilen angehoben, was knapp 50 km/h entspricht." Der als Zugfahrzeug eingesetzte Wolseley aus dem Jahr 1936 schafft mit seinen 56 PS natürlich mehr, und auch der historische Caravan ist robust genug für höhere Tempi, einen "Tempo 100"-Aufkleber wird er trotzdem niemals tragen.

Oldie-Caravan - Wäsche
Bernd Thissen

"Bei den Geschwindigkeiten würde wohl auch die Waschmaschine überlaufen", meint Anja schmunzelnd und öffnet einen Deckel nahe dem Eingang. Die in den Boden eingelassene Luke verdeckt eine Zinkwanne, in die Wäsche samt Seife und Wasser gegeben werden kann, das Geschaukel auf britischen Landstraßen sorgte dann für das Walken der Kleidung – eine pfiffige Idee, die man später auf den ersten Dethleffs finden konnte.

Eine Idee bunter wurde Cobwebs in den letzten Jahren auch: "Als wir den aus Norwich holten, da war der komplett grün gestrichen. Nur die außen auftragenden Holzleisten waren abgesetzt", erinnern sich die beiden. Das konnte natürlich keinesfalls so bleiben, und so kam es zur Neugestaltung in Creme und Rot, die Außenhaut ist mit Ölfarbe versiegelt, die in Kombination mit dem Baumwollüberzug für die Regendichtigkeit sorgt. "Fürs sichtbare Holz hingegen verwenden wir Klarlack", verrät Anja, "das passt auch bestens zu den Bleiglasfenstern", wie sie betont. Man muss ihr zustimmen – aber man tut dies natürlich dezent zurückhaltend. Wie es sich für den Umgang mit altem Adel geziemt.