Auch nach gut fünf Jahrzehnten ist das sommerliche Campen noch lebhaft in Erinnerung: Abenteuer in freier, wilder Natur. Keine Mauern, keine Zäune, kaum Hindernisse. Hoch hinauf auf die Bäume oder hinunter an den See – ganz egal. Hauptsache raus aus dem regelbasierten Alltag. Unter Gleichgesinnten sein. Lebensfreude pur.
Die Nächte waren kurz und aufregend. Nur der Weg zu Waschräumen und Toiletten war weit – und manchmal beschwerlich: Sich mit voller Blase aus dem Schlafsack zu winden, überlegte man sich zehnmal, bevor man es wagte. Statt Sterneküche gab es gegarte Kartoffeln und halbverbrannte Bratwürstchen vom Lagerfeuer. Selbst das lauwarme Bier erschien als Offenbarung.
Wann sonst – außer beim Campen – gelten solche Zugeständnisse an die Lebensumstände als völlig normal? Wo wird Kompromissbereitschaft sonst so freudig gefeiert wie auf dem Campingplatz?
Der "Extrem-Sportler unter den Caravans"
Der Plan, beim Motorrad-Abenteuer in Villars mit der eigenen KTM Supermoto zu starten, fand erst volle Zustimmung – auch bei der Partnerin –, als das Angebot stand, mit einem Wohnanhänger der Marke Knaus, Typ Sport&Fun, zu reisen. Ein "dynamischer Lifestyle-Lademeister", wie es in der Werbebroschüre heißt: progressives Design und Raum für Action.
Tatsächlich gilt der Sport&Fun in der Szene als "Extrem-Sportler unter den Caravans". Mit 6,25 Metern Länge, 2,32 Metern Breite, 2,57 Metern Höhe und einem Gesamtgewicht von nur 1.300 Kilogramm ist er ein leichtes Anhängsel – passend zu unserer 519 PS starken Zugmaschine, einem Porsche Cayenne Coupé SE-Hybrid in "Kreide"-Lackierung.
Porsche Cayenne Coupé SE-Hybrid als Zugwagen

Selten gesehenes Gespann: Porsche Cayenne Coupé SE-Hybrid und Knaus Sport&Fun.
Das Gespann – Porsche Cayenne Coupé SE-Hybrid und Knaus Sport&Fun – dürfte zu den aufsehenerregendsten Kombinationen auch jenseits der Campingplätze gehören. Der Preisunterschied ist beachtlich: 130.400 Euro Grundpreis für den Porsche, 22.820 Euro für den Caravan. Doch beide lassen sich mit Aufpreislisten üppig bestücken. Während der Porsche locker 180.000 Euro erreichen kann, überschreitet ein voll ausgestatteter Sport&Fun schnell die 30.000-Euro-Marke. Vorteil Caravan: keine nennenswerten Folgekosten – abgesehen vom Unterstellplatz.
Mit dem Wohnwagen nach Villars
Wir, die wir zu Hause in Stuttgart, im Ferienhaus in Kärnten oder im Hotel die Annehmlichkeiten bisher gern in Anspruch genommen haben – und Wohnmobile auf der Straße schon mal als rollende Chemieklos verspotteten –, wir haben den Spaß an gelebter Kompromissbereitschaft tatsächlich wiederentdeckt. Wenn auch nur für ein zweinächtiges Intermezzo beim vom Action-Team der Motorpresse Stuttgart organisierten Supermoto-, Enduro- und Trial-Event im französischen Villars, rund 80 Kilometer hinter der deutschen Grenze.

Der Sport&Fun überzeugt unsere "Camper-Neulinge".
Fast so wie vor einem halben Jahrhundert haben wir uns nachts leise aneinander vorbeigeschmuggelt, um dringend nötige Toilettengänge nachzuholen. Nach der Rückkehr aus dem Dixi-Klo wurden alle Luken geöffnet, weil es im Inneren stickig war. Dabei kam die Kabine ins Wanken – wie sich später herausstellte, waren nicht alle Stützen korrekt gesetzt.
Nächtliche Abenteuer
Der Sprung aus der hinteren Tür geriet im Dunkeln und nach der fummeligen Öffnung der beiden Riegel deshalb so ungelenk, weil der einzig verfügbare Fußhocker vor der anderen, seitlichen Eingangstür aufgestellt war. Bis die Schlafstatt über dem Frachtabteil ausgeklappt und hergerichtet war, die Lage der Lichtschalter eruiert, das Gepäck sorgsam verstaut, der Kühlschrank in Gang gesetzt und mit Kaltgetränken gefüllt, der Wassertank aufgefüllt, die Funktion des kleinen Kaffeeautomaten für den Frühstückskaffee erprobt und für die Bad- und Hygieneartikel passende, sprich: erinnerbare Ablagen gefunden waren, war der Mond schon wieder hinter den Waldwipfeln verschwunden.
Die dunkle Nacht war kurz, aber erholsam – trotz (oder weil?) der ungewohnten, intimen Enge unter der Schräge und der Bettdecke für zwei. Statt TV-Berieselung nun überwiegend Stille, nur ab und an ungewohnte Geräusche. Dabei kamen schöne Erinnerungen hoch und daraus resultierend auch kühne Gedanken und Projekte.

Mit an Bord ist eine bequemen Camping-Garnitur für Zwei.
Die Technik ist überwiegend selbsterklärend.
Ein wenig Routine im Umgang mit moderner Caravan-Technik hilft ebenso wie das Studium der ausführlichen Bedienungsanleitung, um sich mit diesem Umfeld schnell zu arrangieren. Die Technik, sei es das Andocken des Wohnanhängers an das Zugfahrzeug, die Gangbarmachung des Kühlschranks, des Gasherds oder der Heizung, bzw. der Klimaanlage, ist bis auf kleine Einschränkungen selbsterklärend.
Dank klar strukturierter Technik und Bedienungsanleitung findet man sich schnell zurecht. Kühlschrank, Gasherd, Heizung und Klimaanlage sind weitgehend selbsterklärend. Nur wer nach dem Aufdrehen des Gashahns den Entlüftungsknopf vergisst, darf sich nicht wundern, wenn der Kühlschrank warm und die Heizung kalt bleibt.
Gut durchdachte Stauräume und große Garage
Das Interieur ist klug aufgeteilt: eine wegklappbare Liegefläche über dem Stauraum, ein Tisch mit hydraulischem Fuß, der bei Bedarf zur Liegefläche wird, sowie zahlreiche praktische Fächer. Alles wirkt solide verarbeitet; selbst bei dynamischer Fahrt bleiben die Schlösser zuverlässig geschlossen.
Die vordere "Garage" fasst problemlos zwei E-Bikes, die dank beidseitiger Türen leicht zu verstauen sind. Praktisch: alle Schlösser lassen sich mit demselben Schlüssel öffnen.
Improvisation bei der Motorradbefestigung

Damit das Vorderrad des Bikes soliden Halt findet, kommt ein Radträger zum Einsatz.
Anders beim Motorrad: Die KTM SX-F 350 verlangt Mehraufwand. Die Auffahrschiene ist unter der breiten Hecktür untergebracht und lässt sich bequem herausziehen. Im Inneren fixiert ein Radträger das Vorderrad sicher, doch die zusätzliche Abspannung mit Gurten ist umständlich – die vorgesehene Öffnung in der Leichtbauwand erweist sich als wenig praktisch. Hier ist Improvisation gefragt.
Anfänger-Missgeschicke und die Furcht vor der Kassettenentleerung
Missgeschicke blieben nicht aus: Beim holprigen Einfahren ins Fahrerlager verabschiedete sich der Ablassstopfen des Frischwassertanks. Ursache: wohl zu niedriger Wasserstand in Verbindung mit starkem Wellengang.
Auch die geringe Stehhöhe im Nassbereich und das schwer auffindbare Licht hinter dem Badspiegel sorgten kurzzeitig für Verwirrung. Die Bordtoilette ließen wir ungenutzt – weniger aus Platzgründen, sondern wegen des abschreckenden Gedankens an die Endreinigung. Für unsere kurze Camping-Premiere erschien der Gang zum Dixi-Klo die einfachere Lösung.
Überzeugender Auftritt des Sport&Fun

Von den 1,3 Tonnen im Schlepptau zeigt sich die 519-PS-Zugmaschine naturgemäß wenig beeindruckt.
Insektengitter, Jalousien, solide Verarbeitung – der Sport&Fun überzeugt bis ins Detail. Einzige Ausnahme: die Stoffabdeckungen über den Schlössern der Hecktür, die lediglich mit Drahtklemmen befestigt sind.
Die 1,3 Tonnen Anhängelast spürt der Porsche kaum. Doch die Versuchung ist groß: erlaubte 100 km/h auf der einen, PS-Übermacht auf der anderen Seite. Zum Trost: Am Ziel abgekoppelt, fährt man wieder unbeschwert. Selbst die kleinen Stöße des Einachsanhängers, die auf unebener Fahrbahn ins Zugfahrzeug übertragen werden, verschwinden dann.
Und so tauchte auf der Rückfahrt nach Stuttgart die Frage auf: Wäre ein Knaus Sport&Fun nicht vielleicht auch etwas für uns?